Der Cartesianismus in Italien. I.: M. A. Fardella. 139 Zeitleben eine lebendige Culturtradition, deren Bedeutung weit über den von den Cartesianern an sie gelegten Maassstab der Werthschätzung hinausreicht. Der von Vico hiemit ausge sprochene Tadel trifft auch Fardella, sofern dieser Poesie und Eloquenz nur von Seite der durch ihre Hervorbringungen zu erzielenden Wirkungen, nicht aber um ihrer selbst zu würdigen weiss. 1 Es ist, mit Einem Worte, der abstracte Vernunftrationalis mus, welchen Vico im Cartesianismus bekämpft, und welchem er den Mangel an Apperceptionsfähigkeit für die Offenbarungen des Ewigen und Göttlichen in der lebendigen Wirklichkeit des geschichtlichen Menschheitsdaseins zum Vorwurfe macht. Gerade die sinnlich empirische Naturwirklichkeit, deren voll kommener Durchgeistung mittelst des reinen Vernunfthegriffes nach Fardella’s oben angeführten Erklärungen unüberwindliche Schwierigkeiten sich in den Weg stellen, erscheint hei Vico als das perpetuirliche Medium und Vehikel geistiger Weckung und Anregung zur geistigen Erfassung höchster 'Wahrheiten, welche sich aber freilich nicht auf das unerforsckliche innere Wesen der sinnlichen Dinge, sondern auf das Walten und Wirken der durch das Medium der sichtbaren Wirklichkeit dem Menschen sich offenbarenden Gottheit und auf die geistig moralische Ordnung des im geschichtlichen Progresse sich ent faltenden zeitlichen Menschheitsdaseins sich beziehen. Damit wird nun allerdings die philosophische Betrachtung auf ein ganz anderes Gebiet hinübergelenkt; an die Stelle der von den Cartesianern angestrebten ' philosophischen Welt- und Natur kunde tritt die Menschen- und Völkerkunde — statt der Be- wegungsgesetze der räumlich ausgedehnten Körperlichkeiten, deren Erforschung den Physikern anheimgegeben wird, sollen die Gesetze des menschlichen Zeitlaufes erforscht werden, an 1 Vgl. Fardella, An. hum. nat., p. 183 ff.: Si rhetoricae et poeseos insti- tutum, metam ac finem consulamus, maximas utilitates hujusmodi disci- plinae conferunt, atque commoda non pauca conferunt . . . Oratoriae artis finis praecipuus est veritati patroeinari, virtutes promovere, vitia profligare, oppressae innocentiae defensionem recipere . . . Poesis idem sonat ae fictio; est enim ingeniosa ac solers quaedam ars, quae dum humanas actiones effingit congruisque carminibus exprimit, ad vitam mstituendam, ad mores nempe aut perficiendos aut emendandos pro viribus tendit etc.