Byzantinische Analekten,
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Ich wählte zu diesem Zwecke ein historisches Gedicht (oder,
besser gesagt, eine versificirte Chronik), sowohl um trotz der Kürze mei
nes Aufenthaltes etwas abgeschlossenes zu geben *), als auch wegen
des Interesses des darin behandelten Zeitabschnittes -— der Eroberung
Konstantinopels durch die Lateiner im Jahre 1204. — Ich habe heute
die Ehre, dasselbe der hohen k. Akademie mit einem Anhänge von bis
her unbekannten griechischen Urkunden und Actenstücken, die ver
schiedene Punete der byzantinischen Geschichte beleuchten und
aus Handschriften der k. k. Hofbibliothek gezogen sind, vorzulegen ~).
Bevor ich jedoch zu dem Inhalte des Gedichtes und der Erläu
terung der beigefügten Documente übergehe, sei es gestattet, einige
Worte über die Bedeutung der in der St. Markusbibliothek aufbe-
*) Bekker hat in dem erwähnten Bande der Abhandlungen der k. preuss.
Akademie ziemlich weitläufige Auszüge aus diesem Gedichte gegeben. Da
er aber, seiner Gewohnheit gemäss, kein Wort der Erläuterung beifügt,
so hat man nach seinen Auszügen durchaus keinen Anhaltspunct, weder
für die Länge des Gedichts, (das von fol. 1 — 13 b - geht), noch für die
Bestimmung des Zeitabschnittes, den es umfasst. Es dürfte nicht un
angemessen sein, über die Hs. selbst hier einiges anzumerken. Die
selbe trägt die Katalogsnummer 408 (s. Morelli Catalogus, p. 276), und
stammt aus der Sammlung des Cardinais Bessarion, wie die von seiner
Hand herrührende Note am untern Rande des ersten Blattes der Hand
schrift beweiset: 'Iuropixov £ia oxiyjuv Bvj<7<7aptcovo£ xapdivaliov roö
rwv Touffxwv. Die Hs. ist in 4°. auf Papier. Die drei ersten Verse sind
rotli geschrieben. Die Argumente, welche am obern und untern Rande
mit rother Farbe zur Zierde der Hs. stehen, ebenfalls in politischen
Versen, wie das ganze Gedicht. Dies veranlasst^ Bekker wahrscheinlich,
diese Argumente bei seinen Auszügen, obwohl mit kleinerer Schrift, in den
Text zu stellen. In der vorliegenden Ausgabe stehen sie am Rande. Ge
schrieben ist das Gedicht, wie die Schlussverse besagen, im Jahre der
Welt 6900. ind. 15. nach Chr. 1392. Auf dasselbe folgt in der Hs. die be
kannte griechische Bearbeitung der Alexandersage, und hierauf fol. 145—146
chronologische Notizen, die sich an das Gedicht von der Eroberung
Konstantinopels anschliessen und daher hier ebenfalls mitgetlieilt werden.
(Nr. II). Die übrigen Stücke, die sonst noch im Cod. enthalten, sind nicht
historischer Natur.
") fühle mich verpflichtet, hier öffentlich sämmtlichen Herren Beamten der
St. Markus-Bibliothek meinen Dank zu sagen für die Freundlichkeit und
Zuvorkommenheit, mit der sie meine Untersuchungen auf der Bibliothek
unterstützten und es mir ermöglichten, die kurze Zeit meines Aufenthaltes
einigermassen für die Wissenschaft nutzbringend zu machen.