Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 78. Band, (Jahrgang 1874)

Homerische Studien. 
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des Jota eine andere verbürgt. Aber wenn wir uns auf diese 
beiden Quellen unserer Erkenntniss beschränken wollten, wür 
den wir nicht erfahren, dass u in vielen Fällen nicht als Vocal, 
sondern ähnlich dem nächst verwandten Consonanten F ge 
sprochen worden sein muss, wie denn z. B. Niemand bestreitet, 
dass e'yx £U£ (— w hei Alcaeus, auxca (•- -- bei Pindar und su 
bei Homer in später vorzuführenden Beispielen als sy/epe, äFdra 
und eF sich dem Vers fügten, und in zahllosen Fällen u zu F 
ward, ehe der ursprüngliche Vocal spurlos verschwand. Kein 
Grammatiker und kein Zug der schriftlichen Tradition verräth 
uns etwas von der Existenz des Digamma bei Homer, das in 
Tausenden von Versen als ein lebendiger Laut gefühlt wurde, 
und doch war das Digamma den Grammatikern aus anderen 
Dialekten bekannt und sie sahen sein Zeichen, nach den uns 
erhaltenen Inschriftenresten zu schliessen, allenthalben auf Stein 
und Erz, so wie in den Exemplaren der aeolischen Dichter. Wie 
also der Vocal u seinen Trabanten F zur Seite hat und mit ihm in 
so lebhaftem Austausch steht, dass in den meisten Fällen über die 
Priorität des einen vor dem andern gestritten werden kann, so 
ist es möglich, dass noch in Homerischer Zeit und darüber hin 
aus neben dem i ein j sich erhalten, und beide Laute, wie in 
anderen Sprachen so im Griechischen, noch viel leichter als F 
und u einander vertraten, indem t und j um so viel einander 
näher liegen denn u und F, als u von dem U-Laut entfernt ist. 
Der Mangel eines eigenen Zeichens im griechischen Alphabet 
kann gegen die Existenz des consonantischen J-Lautes ebenso 
wenig beweisen, wie der Mangel eines besondern Zeichens für 
das consonantisclie u im lateinischen Alphabet dieses je in Frage 
gestellt hat; wir werden daraus nur entnehmen, dass bei Fixi- 
rung des griechischen Alphabets der vocalische und consonan- 
tische J-Laut einander so ähnlich waren, dass ein Zeichen für 
die verwandten Laute zu genügen schien. Diese Möglichkeit 
wird aber zu einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit erhoben, 
wenn wir einen Blick auf die griechischen Dialekte werfen, in 
welchen das j bei seinem Schwinden die verschiedenste Behand 
lung erfahren, woraus zu entnehmen, dass dasselbe erst mit der 
eintretenden Spaltung der Sprache in Dialekte, vielleicht nur 
um weniges früher, als der andere Spirant zu verklingen begann. 
Während es später in der Sprache der Litteratur so ganz 
Sitzungsber. d. pliil.-bist. 01. LXXVII1. Bd. I. Hft. 2
	        
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