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Scherer.
Das Verliältniss ist wie zwischen Abälard und Heloise. Der
Cleriker hat sie gewarnt vor ihren ritterlichen Standesgenossen,
die sie umwerben. Ihre Antwort darauf ist charakteristisch
(222, 42 ff.): porro quia me a militibus quasi a quibusdam
portentis cavere suades, bene facis. ego quidern scio quid caveam
ne incidam in caveam: tarnen salva fide ad te habita illos
omnino non abicio, dum tarnen non succumbam Uli quod eis in-
fligis vicio. ipsi enim sunt per quos, ut ita dicam, reguntur
iura curialitatis. ipsi sunt fons et origo totius honestatis. Auch
das Mädchen im Briefsteller des Matthäus von Yendome
(Wattenbach, Münchener Sitzungsber. 1872, 4, 594 ff.) steht
zwischen einem Geistlichen und einem Ritter. Und in einem
bekannten mittellateinischen Gedichte streiten Phyllis und
Flora über den Vorzug eines clericus oder miles als Liebhaber.
Unsere älteste Liebespoesie hat Müllenhoff Denkm.
zweite Auflage S. 36.4 f. behandelt. Dazu vergl. Preuss. Jahrb. 31,
488—490 und unten §. 2. Tiefere Liebesempfindung dürfen
wir in der älteren Zeit nur den Frauen Zutrauen. Der Ver
fasser von 37, 4, wenn ich mich nicht täusche, dann Meinloh
von Seflingen und der Burggraf von Regensburg versuchen
zuerst, aus dem Sinne der Frau heraus zu dichten.
Den Gedanken der vorliegenden kleinen Strophe weisen
Zingerle, Germ. 2, 383; Feifalik Wernhers Maria S. XX
Anm. 19, und Müllenhoff a. a. 0. im Volksmunde nach. Aus
der Wiener Hs. 5003 des XV. Jh. (Tabulae codd. 4, 2) theilt
mir J. M. Wagner den Reim mit: Ich pin dein und tu pist
mein, dy trew schol immer staet sein. Geistlich gewendet, findet
sich der Anfang in einem von Heinzei (Zs. 17, 18) heraus
gegebenen niederrheinischen Gedichte Z. 217. Goethe schreibt
an Frau von Stein am 6. December 1781 (2, 119): ,Schick
mir, Liebste, meine Schlüssel, die ich gestern habe liegen
lassen. Aber die Schlüssel, mit denen Du mein ganzes Wesen
zuschliessest, dass nichts ausser Dir Eingang findet, bewahre
wohl und für Dich allein/
3, 7. Wcer diu weit alliu min.
Ueber den Ton, der nicht ohne weiteres mit der Morolt-
strophe zu identificiren ist, vergl. Deutsche Studien 1, 284.
Vergl. auch die lateinischen Nachbildungen Carm. Bur. Nr. 108.