Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 67. Band, (Jahrgang 1871)

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Zimraerraann. 
und gar betrüge, dass sie ihn fälschlich für ihr eigenes Kind 
halte, da er doch nichts Anderes als ein Bastard der Einbil 
dungskraft sei, die, durch Erfahrung geschwängert, gewisse 
Vorstellungen unter das Gesetz der Association bringe und eine 
daraus entspringende subjective Noth Wendigkeit, d. i. Ge 
wohnheit, für eine objective aus Einsicht unterschiebe. Und 
hieraus folgerte er: die Vernunft habe gar kein Vermögen, 
solche Verknüpfungen, auch nur im Allgemeinen, zu denken, 
weil ihre Begriffe alsdann blosse Erdichtungen sein würden, 
und alle ihre vorgeblich apriorischen Erkenntnisse wären nichts 
als falsch gestempelte gemeine Erfahrungen, welches ebenso 
viel sagt, als es gäbe überall keine Metaphysik und könne auch 
keine geben. 
Kant nennt diese Folgerung ,übereilt und unrichtig'; 
Hume habe sein Schiff, um es in Sicherheit zu bringen, auf 
den Strand (den Skepticismus) gesetzt, da es denn liegen und 
verfaulen möge, statt ihm einen Piloten zu geben, der nach 
sicheren Principien der Steuermannskunst, die aus der Kennt- 
niss des Globus gezogen sind, mit einer vollständigen Seekarte 
und einem Compass versehen, das Schiff sicher führen kann, 
wohin es ihm gut dünkt. 
Kant lässt den Leser nicht im Zweifel, dass er darunter 
seine Kritik der reinen Vernunft meine. Gerade die in dersel 
ben niedergelegte Entdeckung apriorischer Elemente in unserem 
Erkenntnissvermögen galt ihm und gilt Vielen noch heutzutage 
als das einzige Bollwerk gegen die mögliche Wiederkehr des 
Skepticismus und Empirismus. Kant versuchte, ob sich nicht 
Hume’s Einwurf allgemein vorstellen Hesse und fand, indem wir 
uns möglichst seiner eigenen Worte bedienen, dass der Begriff 
der Verknüpfung von Ursache und Wirkung bei weitem nicht 
der einzige sei, durch den der Verstand a priori sich Ver 
knüpfungen der Dinge denke, vielmehr dass Metaphysik ganz 
und gar daraus bestehe. Sofort suchte er sich ihrer Zahl zu 
,versichern', und nachdem ihm dies ,nach Wunsch', d. i. aus 
einem einzigen Princip gelungen war, ging er, nunmehr 
,versichert', dass sie nicht, wie Hume besorgt hatte, von der 
Erfahrung abgeleitet, sondern aus dem reinen Verstände ent 
sprungen seien, an ,das Schwerste, was jemals zum Behuf 
der Metaphysik unternommen worden', nämlich an die ,Deduction'
	        
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