Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 5. Band, (Jahrgang 1850)

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Schnitzerei, bildeten die Kriegszeichen und Schilde mit ih 
ren Sinnbildern und Verzierungen, die bei einem so pracht 
liebenden Volke nicht fehlen konnten, welches auch nach der 
Zeugenschaft ausländischer Chronographen, selbst auf seinen 
Heereszügen, auf Gold und Silber ass, und aus solchen Geschir 
ren trank. Hat sich doch die Lust und das Geschick zur Holz 
schnitzerei noch bis zu diesem Tage auf den ungrischen Sohn 
der Haide als volksthiimlicher Hang vererbt, so wie anderseits 
die Liebe zu seinen mit Blumen gestickten Pelzen und bemahl- 
tem Hausgeräthe mit seiner sternigen und blumigen Spraclnveise 
in vollem Einklänge steht. 
Diess war der Unger des neunten und zehnten Jahrhunderts, 
der, wie noch Schneller den gleichzeitigen Annalisten ganz naiv 
nachbetete, Menschenherzen frass und Menschenblut soff! 
§. 5. Alles fing anders zu werden an, als Herzog Geza, 
einer der grössten Staatsmänner, die Ungern erzeugte, ein re- 
formatorischer Geist und kräftiger Regent, den Fürstenstuhl 
einnahm. Er war von der Unhaltbarkeit der ungrischen Macht 
für die Länge überzeugt, wenn diese fortführe, durch unausge 
setzte Angriffe Europa zum Kampf auf Leben und Tod aufzu 
fordern. Gleich im Beginn seiner Regierung setzte er in einer 
Reichsversammlung die Einstellung der bewaffneten Ausflüge 
durch. Er selbst wechselte Gesandtschaften mit den nachbar 
lichen Fürsten, und schloss mit ihnen Friedensschlüsse; zu Hause 
wies er sein Volk statt der Raubzüge auf andere Mittel des Er 
werbes , namentlich auf den Ackerbau und Handel hin, und un 
terstützte zu diesem Zwecke seinen trotzigen Ungern gegenüber 
die andern Völkerschaften seines Reiches, welche, in soferne sie 
nicht Kriegsdienste nahmen, die Jeden sogleich frei machten, bis 
dahin leibeigen waren, und bloss zur Viehzucht, Fischerei und 
Jagd angehalten wurden. Zu gleichem Zwecke gewährte er aus 
ländischen Einwanderern gastfreundliche Aufnahme und kräftigen 
Schutz. Ein zweites, nicht weniger mächtiges Mittel der Civili- 
sation, der Milderung der Sitten und der Befestigung des neuen 
Staates sah er im Christenthume, und ohne diesem aus Ueberzeu- 
gung oder Sympathie zu huldigen, gestattete er vorerst die Ver 
kündung und die öffentliche Ausübung desselben, nahm in dem 
selben , um die Sache durch sein Beispiel zu unterstützen, selbst
	        
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