Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 174. Band, (Jahrgang 1913-1914)

Perht, I-Tolda und verwandte Gestalten. 
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folgender eigentümlicher Brauch: Man zog am Drkgtag all 
jährlich nach dem Nach mittagsgottcsdienste mit Musik auf 
den Markt, sang ein geistliches Lied und rief sich dann einan 
der zu: ,Frau Holle wird verbrannt' (Brückner Landes 
kunde v. M. 368). Nach Bechstein, S. 1—3 wird als Ursprung 
der Sitte angegeben: die Äbtissin eines Nonnenklosters zu 
Eisfeld hatte mit dem Teufel zwei Kinder und wurde deshalb 
verbrannt. Zum Gedächtnis dessen fand der Brauch statt. 
Das ist selbstredend nur sekundär, ätiologisch. Ursprünglich 
hat es sich wohl tatsächlich um eine Verbrennung, und zwar 
einer weiblichen Puppe Frau Holle gehandelt, der verbreitete 
Brauch des Verbrennens des Vegdäm. Nach Brückner II 789 
gilt der Llolloch bei Kranichsfeld a. Ilm als Ausgangspunkt 
für die Umzüge der Frau Holle. Das ist sekundäre An 
knüpfung an den Namen, der unmittelbar zu hol hohl gehört. 
Im Nordosten Thüringens ist der Kyffhäuser bei Fran 
kenhausen zwischen Helme und Unstrut ein Zentrum mythi 
scher Vorstellungen. Die Sagen sind ja bekannt. Auch Holda 
wurde mit ihm in Verbindung gebracht. Sommer, S. 5 n. 2 
berichtet aus mündlicher Quelle in Halle: Ein französischer 
Marschall ließ sich im letzten Feldzuge sein Feldbett auf 
dem Kyffhäuser aufschlagen. Als es Mitternacht war, sandte 
Kaiser Friedrich, der seit undenkbaren Zeiten im Berge 
wohnt, die Königin Holle hinauf und ließ ihm sagen, er 
möge Napoleon abraten, nach Rußland zu ziehen, und ihn 
auffordern, Deutschland zu räumen. Der General tat dies 
auch. 
Die Königin Holle ist Kaiser Friedrichs Haushälterin 
im Kyffhäuser. Sie war eine reiche Königstochter und wurde 
freventlich ermordet. Sie fand daher keine Ruhe im Grabe, 
schwärmte umher, bis sie im Kyffhäuser eine Freistatt fand. 
Diese Sagen zeigen deutlich das Schwinden des mythi 
schen Gehaltes bei Holda in dieser Gegend. Anders bei Kuhn, 
Westf. S. I 304 n. 343, Witzschel, I S. 261: Während es in 
der Gegend um den Kyffhäuser fortwährend regnet, finden 
Hirten oben das schönste Wetter und Frau Hülle kommt aus 
dem Berge und trocknet Flachsknotten. Zum Beweis des 
schönen Wetters erbittet sich einer solche, zu Hause aber sind 
sie lauter Gold. Dasselbe Motiv in Frankenhausen von Frau
	        
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