Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien
Philosophisch-historische Klasse
Sitzungsberichte
174. Band
Jahrgang* 1913/14
(Mit 2 Tafeln und 1 Karte)
Wien, 1915
In Kommission bei Alfred Holder
K. n. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler
Buchhändler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien
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Druck von Adolf Holzhausen,
k. und k. Hof- und Universitätfl-Buchdruckcr in Wien.
INHALT.
I. Abhandlung*. Battisti: Die Mundart von Valvestino. Ein Reisebericht.
(Mit 1 Karte.)
II. Abhandlung. Waschnitius: Perht, Holda und verwandte Gestalten.
Ein Beitrag zur deutschen Religionsgeschichte.
III. Abhandlung. Junker-Czermak. Kordofän-Texte im Dialekt von
Gebel Dair.
IY. Abhandlung. Bittner: Studien zur Laut- und Formenlehre der
Mehri-Sprache in Südarabien. IY. Zu den Partikeln. (Mit Nach
trägen und Indices.)
Y. Abhandlung. Wessely. Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen
Briefe. (Mit 2 Tafeln.)
a*
IX. SITZUNG VOM 23. APRIL 1913.
Der Sekretär überreicht eine Abhandlung von Dr. Viktor
Waschnitius in Wien, betitelt: ,Perht, Holda und verwandte
Gestalten. Ein Beitrag zur deutschen Mythologie*, uni deren
Aufnahme in die Sitzungsberichte der Verfasser bittet.
Der Sekretär legt die vom Privatdozenten Dr. Ludo
Moriz Hartmann in Wien übersandten Pflichtexemplare des
letzten Bandes des Werkes vor: ,Ecclesiae S. Mariae in Via Lata
Tabularium. Partem tertiam quae complectitur Chartas inde ab
anno 1119 usque ad a. 1200 conscriptas cum subsidiis Academiae
imperialis Vindobonensis ediderunt Ludovicus M. Hartmann
et Marg. Merores. Accedunt tabulae phototypae XV et indices
personarum et locorum atque rerum ad totum tabularium per
tinentes. Vindobonae MCMXIIP.
Das w. M. Hofrat E. Reisch überreicht namens der anti
quarischen Abteilung der Balkankommission das kürzlich aus
gegebene 6. Heft der ,Schriften der Balkankommission. Anti
quarische Abteilung: Die römische Stadt Doclea in Montenegro.
Unter Mitwirkung von L. Jelic und C. M. Ivekovih heraus
gegeben von Piero Sticotti. Mit 1 Tafel und 148 Abbildungen
im Texte. Ex hereditate Josephi Treitl. Wien 1913*.
Die Klasse delegiert zu der im Mai 1913 in Petersburg
stattfindenden Generalversammlung der Internationalen Asso
ziation außer den bereits früher genannten Herren noch ihr
w. M. Professor Leopold von Schroeder, und zwar für die
speziellen Beratungen betreffs der Pierausgabe des Mahäbharata.
VI
In der Gesamtsitzung der kais. Akademie am 14. März
1913 wurde beschlossen, aus dem auf die phil.-hist. Klasse ent
fallenden Anteil an den Erträgnissen der Erbschaft Treitl fol
gende Subventionen als Dotationen für die Spezialkommissionen
dieser Klasse pro 1913 zu gewähren:
1. Balkankommission, linguistische Abteilung . .
2. „ antiquarische „ . .
3. Sprachenkommissiou
4. Südarabische Kommission
5. Kommission für die Trienter Konzilskorrespondenz
6. Limeskommission
7. Kommission für die mittelalterlichen Bibliotheks
kataloge 1500
8. Atlaskommission 3000
9. Druckkostenbeitrag an die Klasse „ 5000
K 2000
„ 2000
„ 4000
„ 2000
„ 560
„ 8000
X. SITZUNG VOM 30. APRIL 1913.
Das auswärtige Ehrenmitglied der Klasse, Professor Hein
rich Kern in Utrecht, spricht seinen Dank aus für die ihm
zu seinem achtzigsten Geburtstage telegraphisch übermittelten
Glückwünsche der Akademie.
Der Sekretär überreicht den letzten Tagebuchbericht der
diesjährigen Kampagne der archäologischen Forschungsexpedition
in Ägypten, über die Zeit vom 5. bis zum 11. März 1913,
erstattet vom Leiter der Ausgrabungen, Prof. H. Junker.
Die königlich niederländische Akademie zu Amsterdam
übersendet, wie alljährlich, ihr ,Programma certaminis poetici
ab Academia regia disciplinarum nederlandica ex legato Hoeuff-
tiano in annum MCMXIIII indicti*.
Das k. M. Hofrat Prof. August Fournier übersendet ein
Exemplar seines Werkes: ,Die Geheimpolizei auf dem Wiener
Kongreß. Eine Auswahl aus ihren Papieren. Wienu. Leipzig 1913.“
VII
Ferner sind folgende Druckschriften eingelangt:
1. ,Nachruf auf Alfred Ludwig. Von Max Grünert‘ und
(Verzeichnis der Werke und kleineren Schriften Alfred Ludwigs.
Zusammengestellt von M. Winternitz 1 . (S.-A. aus dem XX.
Jahresbericht des (Deutschen Vereins für Volkskunde und
Sprachwissenschaft' in Prag.) Übersendet von Prof. Dr. Max
Grünert.
2. Dikaiomata. Auszüge aus alexandrinischen Gesetzen
und Verordnungen in einem Papyrus des philologischen Semi
nars der Universität Halle (Pap. Hai. 1). Mit einem Anhang
weiterer Papyri derselben Sammlung. Herausgegeben von der
Graeca Halensis. Mit 9 Lichtdrucktafeln. Berlin 1913.
Der Sekretär legt das vom Autor, Hofrat Prof. Dr. Otto
Keller, ein gesandte Exemplar des II. Bandes des Werkes vor:
.Die antike Tierwelt. II. Band: Vögel, Reptilien, Fische, In
sekten, Spinnentiere, Tausendfüßler, Krebstiere, Würmer, Weich
tiere, Stachelhäuter, Schlauchtiere. Mit 161 Abbildungen im
Text und auf Tafeln sowie 2 Lichtdrucktafeln. Leipzig 1913',
zu dessen Vorarbeiten die Klasse seinerzeit eine Subvention
gewährt hatte.
Der Sekretär legt eine mit der Bitte um Abdruck im
Archiv für österreichische Geschichte eingesandte Abhandlung
von Dr. Otto Stolz, Staatsarchivskonzipist und Privatdozent
in Innsbruck, vor, unter dem Titel: ,Die Gerichte im Unter-
und Oberinntal, Vinstgau und Burggrafenamt 1 .
Der Sekretär verliest eine Zuschrift des w. M. Hofrates
Josef Seemüller, derzeit in St. Martin bei Klagenfurt, wonach
der niederösterreichische Landtag mit Dekret vom 21. April
1913 für das von der kais. Akademie im Vereine mit der
königl. bayerischen Akademie zu München herauszugebende
Wörterbuch der bayerisch-österreichischen Mundart eine Sub
vention von Iv 1000 für das laufende Jahr 1913 bewilligt hat.
VIII
XI. SITZUNG VOM 2. MAI 1913.
Se. Exzellenz der Präsident Ritter v. Böhm-Bawerk
macht Mitteilung von dem am 2. Mai d. J. erfolgten Ablehen
des Ehrenmitgliedes der Gesamtakademie. Sr. Exzellenz des
wirklichen Geheimen Rates und Präsidenten des k. k. Reichs
gerichtes Dr. Josef Unger.
Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides
von ihren Sitzen.
Der Sekretär legt die eben erschienene 17. Lieferung des
Werkes vor ,Enzyklopädie des Islam. Geographisches, ethno
graphisches und biographisches Wörterbuch der muhamedani-
schen Völker. Mit Untersttitzumg der internationalen Ver
einigung der Akademien der Wissenschaften und im Vereine
mit hervorragenden Orientalisten herausgegeben von M. Th.
Houtsma, T. W. Arnold, R. Basset und R. Hartmann.
Leiden und Leipzig 1913h
Ferner legt derselbe folgende an die Klasse gelangte
Druckwerke vor, und zwar:
1. Silvino Gigante: Fiume nel Quattrocento. Con illu-
strazioni di Riccardo Gigante. Fiume 1913.
2. The Eugenics Review. Special Education Number
(Vol. V, Nr. 1). London-Kingsway, April 1913.
3. Catalogue of the Periodical Publications including the
serial publications of Societies and Governments in the Li
brary of University College London. By L. Newcombe,
Sub-Librarian of the College. Oxford 1912.
4. I Jordbruksbefolkningen dess förh&llande tili andra
yrkesgrupper och dess sociala sammansättning af Hannes
Gebhard. (Subkomiten für den obesuttna befolkningen. Sta-
tistisk undersökning af socialekonomiska förhällanden i Fin-
lands landskommuner är 1901.) Helsingfors 1913.
IX
Der Sekretär legt zwei aus Anlaß der bevorstehenden
fünften Generalversammlung der internationalen Assoziation der
Akademien zu St. Petersburg eingelaufene Druckschriften vor,
und zwar:
1. Projet de Resolution presente a la cinquifeme assemblee
generale de l’association internationale des academies sous la
direction de l’academie imperiale des Sciences de Saint-Peters-
bourg 1913'; übersandt vom Institut de France, Academie des
Sciences in Paris;
2. einen gedruckten Antrag der kgl. niederländischen
Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam wegen Errich
tung eines ständigen Sekretariats der Assoziation, respektive
der Bestellung eines ständigen Sekretärs derselben.
Der Sekretär überreicht eine von dem Kantor in Jeru
salem A. Z. Idelsohn eingesandte Abhandlung, betitelt: ,Die
Gesänge der jemenischen Juden'.
Dr. Walter Sclimid, Landesarchäolog und Privatdozent
in Graz, legt den ,Vorläufigen Bericht über die im Aufträge
der kaiserl. Akademie der Wissenschaften im Sommer und
Herbst des Jahres 1912 durchgeführten Ausgrabungen' vor.
XII. SITZUNG VOM 21. MAI 1913.
In der Gesamtsitzung der kais. Akademie am 9. Mai
wurde das folgende an den Präsidenten der kais. Akademie
gerichtete Handschreiben Sr. Exzellenz des hohen Kurator-
Stellvertreters ddo. 7. Mai 1913 zur Kenntnis gebracht:
,Euer Exzellenz!
Seine kaiserliche und königlich - Apostolische Majestät
haben mit Allerhöchstem Handschreiben vom 28. April d. J.
Seiner kaiserlichen und königlichen Hoheit dem durchlauch
tigsten Herrn Erzherzog Franz Ferdinand von Öster
reich-Este die Stelle des Kurators der Kaiserlichen Akademie
der Wissenschaften in Wien huldvollst zu übertragen geruht.
X
Hiervon beehre ich mich, Euer Exzellenz zufolge eben
erhaltenen Schreibens des Herrn Ministers für Kultus und
Unterricht vom 5. Mai d. J., Z. 1144/K. U. M., ergebenst in
Kenntnis zu setzen/
Der Sekretär legt das von der Verlagshandlung F. Bruck
mann A.-G . in München eingesandte Pflichtexemplar der Liefe
rung XIII der mit Unterstützung der Akademie herausge
gebenen II. Serie des Werkes: ,Monumenta Palaeographiea.
Denkmäler der Schreibkunst des Mittelalters. I. Abteilung:
Schrifttafeln in lateinischer und deutscher Sprache. In Ver
bindung mit Fachgenossen herausgegeben von Anton Chroust.
München 1913', vor.
Weiters überreicht derselbe das Werk: ,A. Meinongs Ge
sammelte Abhandlungen. Herausgegeben und mit Zusätzen ver
sehen von seinen Schülern. II. Band: Abhandlungen zur Er
kenntnistheorie und Gegenstandstheorie. Leipzig 1913', über
sendet von Prof. Dr. Alois Höfler in Wien.
Der Sekretär legt den 1. Faszikel des I. Jahrganges der
von der städtischen archäologischen Kommission zu Neapel
durch Vittorio Maechioro und Luigi Correra herausgege
benen Zeitschrift: ,Neapolis. Rivista di archeologia epigrafia e
numismatica. Anno I. Fase. I. MCMXIIP, vor.
Der Sekretär legt eine von Prof. Dr. Anton Mell in Graz
eingesandte, für die ,Abhandlungen zum historischen Atlas' be
stimmte Abhandlung vor, welche betitelt ist: ,Zur Besitzstands
karte des historischen Atlas der österreichischen Alpenländer'.
Der Sekretär legt weiters eine von Prof. Dr. Hermann
Junker und H. Schäfer in Wien eingesandte Arbeit vor,
betitelt: ,Nubische Kinderspiele und Reime. Aus der Text
sammlung der Kubischen Expedition der Kais. Akademie der
Wissenschaften im Winter 1911 bearbeitet und herausgegeben'.
Die Verfasser ersuchen um Aufnahme dieser Abhand
lung in die Sitzungsberichte.
XI
Das w. M. Hofrat Wilhelm Meyer-Lübke überreicht
einen Reisebericht des Privatdozenten an der Wiener Univer
sität Dr. Carlo Battisti unter dem Titel: ,Die Mundart von
Valvestino (mit einer Karte)'.
XIII. SITZUNG VOM 4. JUNI 1913.
Der Sekretär legt die folgenden an die Klasse gelangten
Druckwerke vor, und zwar:
1. Ausgewählte Komödien des P. Terentius Afer. Zur
Einführung in die Lektüre der altlateinischen Lustspiele er
klärt von Karl Dziatzko. Erstes Bändchen: Phormio. 4. Auf
lage, bearbeitet von Dr. Edmund Hauler, o. ö. Universitäts
professor in Wien. Mit 2 Tafeln. Leipzig und Berlin 1913.
(Überreicht vom k. M. Prof. Hauler.)
2. Napoleon I. Eine Biographie von August Fournier.
Erster Band: Von Napoleons Geburt bis zur Begründung seiner
Alleinherrschaft über Frankreich. 3., verbesserte Auflage. Wien
und Leipzig 1913. (Überreicht vom Verfasser.)
3. Geschichte der Deutschen in Ungarn. Ein deutsches
Volksbuch von Raimund Friedrich Kain dl, Czernowitz. Gotha
1912. (Überreicht vom Verfasser.)
4. Geschichte und Volkskunde. Inaugurationsrede, gehalten
am 2. Dezember 1912 von Professor Dr. Raimund Friedrich
Kaindl, dz. Rektor der k. k. Universität Czernowitz. Czer
nowitz 1913. (Überreicht vom Verfasser.)
Der Sekretär überreicht den gedruckten Verhandlungs
bericht über die V. Generalversammlung der internationalen Asso
ziation der Akademien, unter dem Titel: ,Association Internatio
nale des Academies. V. Session de S‘-Petersbourg, 29 avril/
12 mai — 4/17 mai 1913. Rapport. S‘-Petersbourg 1913/
Das fürsterzbischöfliche Ordinariat lädt zur Teilnahme an
der am 8. Juni d. J. in der Domkirche zu St. Stephan statt-
flndenden feierlichen Inthronisation des Fürsterzbischofs ein.
XII
Das k. M. Prof. Karl von Kraus dankt für seine Be
rufung in die Kommission für das Bayerisch-Österreichische
Wörtei’buch.
Die Vorstellung des historischen Seminars der k. k. Deut
schen Universität in Prag dankt für die geschenkweise erfolgte
Ergänzung von Lücken akademischer Publikationen in den
Beständen der dortigen Bibliothek.
Der Sekretär überreicht den vom Leiter der archäologi
schen Ausgrabungen in Ägypten, Prof. Dr. Hermann Junker,
erstatteten ,Vorbericht über die zweite Grabung bei den Pyra
miden von Gizeh, vom 16. Dezember 1912 bis 24. März 1913h
Das w. M. Hofrat Wilhelm Meyer-Lübke überreicht im
Namen der Kirchenväterkommission das eben erschienene Vo
lumen LXII des ,Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorunP,
welches enthält: ,S. Ambrosii opera, pars V: expositio psalmi
CXV1II recensuit M. Petschenig. Vindobonae, Lipsiae 1913h
Das w. M. Sektionschef Gustav Winter überreicht im
Namen der Weistiimer- und Urbarkommission den eben er
schienenen X. Band der österreichischen WeistümeP, welcher
enthält: ,Steirische Taidinge (Nachträge). Im Aufträge der kais.
Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Anton Mell
und Eugen Freiherrn von Müller. Wien 1913h
XIV. SITZUNG- VOM 11. JUNI 1913.
Die Vorstellung der Königlichen und Universitätsbibliothek
Breslau dankt für die Bewilligung des Anzeigers.
Der Sekretär legt die folgenden an die Klasse einge
langten Druckschriften vor, und zwar:
1. Individuum und Staat und aller Ethik innerster Kern.
Von Berthold Honig. Neuschloß bei Hohenmaut 1912.
XIII
2. Thomasschriften. Untersuchungen über die Schriften
Thomas’ von Aquino von Dr. Anton Michelitsch, Professor
an der Universität in Graz. I. Band: Bibliographisches. Fest
schrift der k. k. Karl Franzens-Universität in Graz für das
Studienjahr 1911/12 zur Erinnerung an den Jahrestag ihrer
Vervollständigung. (Thomistenschriften I. Philosophische Reihe.
Band 1.) Graz und Wien 1913.
3. Tä zciTa TYjv sßSop.v]7.ocjTY)7 Tuep.TrcTjV äp.cpiEvrjpi'Ba Tvj? tSpöaswp
tou eövaoö 7cavE7ciaxy)jj.iou (1837—1912). La celebration du soixante-
quinzieme anniversaire de la fondation de l’universite nationale
de Grece. Athenai — Athenes 1912.
4. Xenia. Hommage international ä l’universite nationale
de Grece ä l’oceasion du soixante-quinzieme anniversaire de
sa fondation (1837—1912). Athenes 1912.
5. Schiller-Verein ,Die Glocke 1 . 1863-1913. Wien 1913.
(Überreicht vom Vorstande des Vereines.)
Der Leiter der archäologischen Ausgrabungen in Ägypten,
Prof. Hermann Junker, erstattet den ,Vorbericht über die
zweite Grabung bei den Pyramiden von Gizeh vom 16. De
zember 1912 bis 24. März 1913“.
XV. SITZUNG VOM 18. JUNI 1913.
Der Sekretär verliest ein Dankschreiben des Field Mu
seum of Natural Ilistory in Chicago für die Überlassung der
kompletten Serie der ,Mitteilungen der Prähistorischen Kom
mission 1 .
Der Sekretär legt die drei eben erschienenen Faszikel
des ,Thesaurus linguae latinae 1 vor, und zwar:
1. Vol. V, Fase. V: dicio —dimico. Leipzig 1913.
2. Vol. VI, Fase. I: f—familia. Leipzig 1913.
3. Supplementum. Nomina propria latina. Fase. IV: Con-
stantius — Cyzistra. Leipzig 1913.
Das k. M. Hofrat Professor Dr. August Sauer in Prag,
teilt mit, daß er als Nachfolger des verstorbenen w. M. Hof-
XIV
rates Dr. Jakob Minor in das Kuratorium der Schwestern
Fröhlich-Stiftung gewählt und in dieser Eigenschaft von der
k. k. n.-ö. Statthalterei bestätigt worden ist, und berichtet
Uber die Verteilung der Stipendien aus dieser Stiftung pro 1913.
Der Sekretär legt eine von Prof. Hermann Junker und
W. Czermalt in Wien mit der Bitte um Aufnahme in die
Sitzungsberichte eingereichte Arbeit vor, die den Titel trägt:
jKordofanische Texte im Dialekt von Gebel el Der*.
Das w. M. Professor Leopold von Schroeder überreicht
sein neuestes Buch: ,Reden und Aufätze, vornehmlich über
Indiens Literatur und Kultur. Leipzig 1913h
Endlich überreicht der Sekretär die vom Historischen
Verein des Kantons St. Gallen in St. Gallen vorgelegten Pu
blikationen, und zwar:
1. Neujahrsblatt auf 1913: Die Toggenburgische mora
lische Gesellschaft. Ein Kulturbild aus der zweiten Hälfte des
XVIII. Jahrhunderts. Von Johannes Di er au er. Mit 4 Illustra
tionen. St. Gallen 1913.
2. St. Galler Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte.
XXX a: Vadianische Briefsammlung VII. Ergänzungsband. St.
Gallen 1913.
3. Der St. Galler Folchart-Psalter. Eine Initialenstudie
von Franz Landsberger, Privatdozent an der Universität
Breslau. St. Gallen 1912.
XVI. SITZUNG- VOM 25. JUNI 1913.
Die königl. Bayrische Akademie der Wissenschaften
übersendet den gedruckten Bericht über die ,Vierundfünf
zigste Plenarversammlung der Historischen Kommission.
München, Mai 1913h
XV
Der Sekretär legt das gedruckte Generalprogramm für
den ,Congres prehistorique de France, Neuvieme session' vor,
welcher in der Zeit vom 27. Juli bis 2. August 1913 zu Lons-le-
Saunier (Jura) stattfindet.
Der Sekretär legt eine von P. Pedro Blanco in Madrid
eingesandte Abhandlung vor unter dem Titel: ,Un Diccionario
latino-hebreo anonimo e inedito compuerto en Espana', um
deren Aufnahme in die akademischen Schriften der Ver
fasser bittet.
Der Sekretär überreicht weiters eine Abhandlung von
Dr. Theodor Hopfner, welche betitelt ist: ,Der Tierkult der
alten Ägypter nach den griechisch-römischen Berichten und
den wichtigeren Denkmälern'.
Das w. M. Hofrat Friedrich Edler von Kenner über
reicht namens der Kleinasiatischen Kommission eine Abhand
lung unter dem Titel: ,Bericht über eine dritte Heise in
Lykien und den angrenzenden Gebieten loniens, ausgeführt
im Aufträge des k. k. österr. archäologischen Institutes von
Josef Keil und Anton Bitter von Premerstein', für die
Denkschriften. .
Das w. M. Hofrat Wilhelm Meyer-Liibke erstattet den
Bericht der Kommission für den ,T hesaurus linguae ia-
tinae' über die Zeit vom 1. April 1912 bis 31. März 1913.
Das w. M. Hofrat Emil von Ottenthal legt namens der
Gesellschaft zur Herausgabe von Denkmälern der Tonkunst
in Österreich die Jahrgänge XVI bis XX der mit Unter
stützung des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht
unter Leitung von Guido Adler herausgegebenen Denk
mäler' vor.
Das w. M. von Ottenthal erstattet ferner Bericht über
den Fortgang der Neubearbeitung von J. F. Böhmers ,Be-
gesta imperii' im Jahre 1912.
I
XVI
XVII. SITZUNG VOM 2. JULI 1913.
Der Sekretär Hofrat Dr. Josef Kitter von Karabacek
legt eine von ihm verfaßte, für die Sitzungsberichte bestimmte
Abhandlung: ,Zur orientalischen Altertumskunde:
V. Problem oder Phantom. Eine Frage der islami
schen Kunstforschung‘ vor.
In der Gesamtsitzung der Akademie am 27. Juni 1913
wurden aus den Mitteln der philosophisch-historischen Klasse
folgende Dotationen und Subventionen pro 1913 ge
währt :
I. Für Unternehmungen der Klasse selbst:
1. der Kleinasiatischen Kommission, als vierte
Jahresrate K 8000
2. der Ägyptischen Kommission als erste Eate des
II. Trienniums „ 2000
3. der Kommission .für das Bayerisch - Öster
reichische Wörterbuch, als zweite Jahresrate . „ 5000
II. Aus dem Vorjahre gebunden:
4. dem k. M. P. Wilhelm Schmidt für Sprachen
forschungen auf den Feuerlandsinseln, als
zweite Eate „ 3000
III. Ferner folgende Subventionen:
5. dem Siegfried Troll in Wien für die Heraus
gabe seiner Sammlung von Sagen und Märchen
in bayrisch-österreichischer Mundart . . . „ 1000
6. dem Privatdozenten Dr. V. Bibi in Wien zur
Vorbereitung einer Publikation über die Ee-
gierung Kaiser Maximilians II „ 1000
7. dem Dr. Oskar Freih. v. Mitis in Wien zur
Herausgabe des I. Bandes des Urkunden
buches der Babenberger 2000
8. dem Prof. L. Kellner in Czernowitz für Vor
arbeiten zu einer kritischen Ausgabe der
Dramen Shakespeares 1000
XVII
9. dem Hofsekretär Dr. Karl Strunz in Wien
für archivalische Forschungen über den Kom
ponisten J. W. Kalliwoda und über die
Pflege der Musik und des Theaters am
Fiirstenbergischen Hofe in Donaueschingen . K 600
10. dem Prof. R. Brotanek in Prag zur Fort
setzung der Herausgabe der ,Neudrucke früh
neuenglischer Grammatiken', als erste Rate
des II. Trienniums „ 1000
11. dem Prof. H. Egger in Graz zur Herausgabe
des II. Bandes seines Werkes über die römi
schen Bauwerke „ 2400
Ferner hat dieselbe in ihrer Sitzung am 2Y. Juni 1913
über Antrag der Land au-Kommission beschlossen, zum
Zwecke der Entsendung des Archäologen Dr. Kamillo
Praschniker als Teilnehmer an der für diesen Sommer
geplanten archäologischen Grabungsexpedition des Prof.
E. Sellin nach Balata in Palästina den Betrag von maximal
K 2000 aus den Mitteln der Landau-Widmung zu bewilligen.
Endlich wurde beschlossen, der Prähistorischen Kom
mission wie alljährlich so auch für 1913:
a) zum Zwecke der Ausgrabungen K 600
b) zum Zwecke der Publikationen „ 400
zusammen . . . K 1000
zu bewilligen.
XVIII. SITZUNG VOM 9. JULI 1913.
Der Vorstand des Verbandes deutscher Historiker lädt
zu der vom 17. bis 20. September 1913 zu Wien stattfindenden
XIII. Tagung ein.
Die Klasse delegiert ihren Sekretär, Hofrat Ritter von
Karabacek, als ihren Vertreter zu diesem Kongreß.
b
XVIII
Das k. M. Professor Maximilian Bittner übersendet den
vierten nnd letzten Teil seiner ,Studien zur Laut- und Formen
lehre der Mehri-Sprache in Südarabien: Zu den Partikeln* mit
dem Ersuchen, auch diesen in die Sitzungsberichte aufzunelimen.
Das k. M. Professor Karl Wessely übersendet ein Manu
skript ,Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe*
mit der Bitte um Abdruck desselben in den Sitzungsberichten.
Das k. M. Professor Wilhelm Kubitschek überreicht eine
Abhandlung über die antiken Hemerologien von Florenz und
Leyden, mit der Bitte, dieselbe in die Denkschriften aufzunehmen.
Das k. M. Professor Adolf Wilhelm überreicht das
Manuskript zum III. Teil seiner ,Neuen Beiträge zur griechi
schen Inschriftenkunde* mit der Bitte, auch diesen Teil in die
Sitzungsberichte aufzunehmen, in welchen die beiden früheren
erschienen sind.
Die Vorstellung des Historischen Seminars der k. k. böh
mischen Universität in Prag dankt für die Übermittlung aka
demischer Publikationen.
Das w. M. Sektionschef Dr. Gustav Winter legt als Ob
mann der Weistümer- und Urbarkommission den eben aus
gegebenen Band XI der ,Österreichischen Weistümer* vor,
welcher enthält: ,Niederösterreichische Weistümer. Im Aufträge
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften herausgegeben
von Gustav Winter. IV. Teil. Nachträge und Register. Mit
einem Glossar, bearbeitet von Josef Schatz. Wien 1913.*
Stipendienausschreibung.
Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien
gibt hiermit bekannt, daß aus den Mitteln der von ihr ver
walteten Bonitz-Stiftung zum 25. Juli 1914 ein Stipendium
4
m
XIX
im Betrage von 1200 Kronen zur Vergebung gelangt. Zur
Bewerbung um dieses Stipendium berechtigt sind Bewerber
deutscher Nationalität ohne Unterschied des Glaubens, welche
1. das dreißigste Lebensjahr im Verlaufe des Kalenderjahres
1914 nicht überschreiten, noch auch vor dem Beginne
desselben überschritten haben,
2. sich an Universitäten mit deutscher Unterrichtssprache
dem Studium d«r klassischen Philologie oder der Philo
sophie gewidmet haben,
3. von der philosophischen Fakultät einer Universität mit
deutscher Unterrichtssprache promoviert worden sind oder
von einer deutschen staatlichen Prüfungskommission in
Österreich ein Zeugnis für das Obergymnasium, in Deutsch
land ein Oberlehrerzeugnis erworben haben.
Dokumente, welche das Erfülltsein dieser Bedingungen
sichern, sind den Bewerbungsgesuchen im Original oder in be
glaubigten Abschriften beizulegen.
Das Stipendium wird von der philosophisch-historischen
Klasse der Akademie vergeben auf Grund einer oder mehrerer
handschriftlich oder gedruckt bis spätestens zum 15. Mai 1914
eingereichter philosophiegeschichtlicher oder philologischer Ar
beiten zur griechischen oder zur neueren abendländischen Philo
sophie. Gedruckte Doktordissertationen aus diesen Gebieten
können nur ausnahmsweise als ausreichend angesehen werden.
Von gedruckten Arbeiten sind nur solche zulässig, die nach
dem 25. Juli 1913 veröffentlicht worden sind.
XIX. SITZUNG VOM 15. OKTOBER 1913.
Se. Exzellenz der Präsident Ritter von Böhm-Bawerk
begrüßt die Mitglieder bei der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit
nach den akademischen Ferien.
Der Sekretär, Hofrat Ritter von Karab'acek, verliest
zwei an die Klasse gelangte Dankschreiben, und zwar:
1. von Herrn Siegfried Troll in Wien für die Gewäh
rung einer Subvention zur Herausgabe seiner Sammlung von
Sagen und Märchen in bayerisch-österreichischer Mundart;
b*
bbm
rä
XX
2. von dem Landesarchäologen und Privatdozenten in
Giraz, Dr. Walter Schrnid, für die Bewilligung einer Subven
tion für die Fortsetzung seiner prähistorischen Grabungen auf
den Bingwällen des Bacherngebirges.
Der Sekretär legt die Teile II bis VI der von dem Kan
tor in Jerusalem, A. Z. Idelsohn, eingesandten Arbeit vor:
,Hebräisch-orientalischer Melodienschatz. Gesänge der persischen
Juden', deren I. Teil unter dem Titel: ,Gesänge der jemenischen
Juden' in der Sitzung am 7. Mai d. J. vorgelegt worden war.
Der Sekretär legt weiters ein mit der Bitte um Auf
nahme in die akademischen Schriften eingereichtes Manuskript
von Hubert Janetschek jun. in Wien vor, welches ,850 Per
sonennamen der griechischen Mythologie in einem genealogischen
System' enthält.
Das k. M. Hofrat Prof. Dr. Johann Loserth in Graz
übersendet eine Arbeit des Fräuleins Dr. Mathilde Uhlirz: ,Die
Genesis der vier Prager Artikel' und bittet um deren Aufnahme
in die Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie.
Das k. M. Oberlandesgerichtsrat Julius Strnadt in Graz
übersendet eine Abhandlung unter dem Titel: ,Die freien Leute
der alten Riedmark. Wenden- und Bajuwarensiedlung', und er
sucht um deren Aufnahme in das Archiv für österreichische
Geschichte.
Der Sekretär überreicht den kürzlich erschienenen I. Band
des neuen Werkes: ,Sammlung Eduard Glaser. I. Eduard
Glasers Reise nach Marib, herausgegeben von Dav. Ileinr. v.
Müller und N. Iihodokanakis. Nebst 4 kartographischen und
topographischen Beilagen und 3 Skizzen der Dammbauten bei
Märib. Aus dem Landaufond der kaiserl. Akademie der Wissen
schaften. Wien 1913.'
XXI
Das w. M. Hofrat Wilhelm Meyer-Lübke überreicht als
Obmann der Kirchenväterkommission das jüngst ausgegebene
Vol. LIX des ,Corpus scriptorum ecclesiastieorum latinorum',
welches enthält: ,S. Eusebii Hieronymi opera (sect. II, pars I):
In Hieremiam prophetam libri sex recensuit Sigofredus Reiter.
Vindobonae et Lipsiae MDCCCCXIII/
Das w. M. Hofrat Leo Reinisch legt als Obmann der
Sprachenkommission den eben erschienenen V. Band der Schriften
dieser Kommission vor, welcher enthält: ,Etudes sur le Guragie.
Par Casimir Mondon-Vidailhet. Mises en ordre, completees
et publiees d’apres ses notes par Erich Weinzinger. Ex here-
ditate Josephi Treitl. Wien 1913/
Die Klasse wählt zu ihrem Delegierten in das Preisgericht
für die Grillparzerstiftung an die Stelle des verstorbenen
w. M. Jakob Minor, und zwar für den Rest des gegenwärtig
laufenden Trienniums 1911—1913, ihr w. M. Professor Fried
rich Jo dl.
XX. SITZUNG VOM 22. OKTOBER 1913.
Der Präsident macht Mitteilung von dem am 18. Oktober
1913 zu Prag erfolgten Ableben des w. M. Hofrates Prof. Dr.
Ferdinand Lippich.
Die Mitglieder erheben sich zum Zeichen des Beileides
von ihren Sitzen.
Das E.-M. Direktor Alexander Conze übersendet die so
eben erschienene 17. Lieferung des Werkes: ,Die attischen Grab
reliefs. Textband IV, Bogen-6—8, Tafel CCCCI—CCCCXXV.
Berlin 1913/
Der Sekretär legt die Pflichtexemplare des 7. und 8. Ban
des der von Prof. Dr. Rudolf Brotanek herausgegebenen ,Neu
drucke frühneuenglischer Grammatiken' vor, welche enthalten:
Band 7: J. B. Gen. Ca., Le maistre d’escole anglois (1580).
Herausgegeben von Dr. Theo Spira. Halle 1912.
XXII
Band 8: Thomas Smith, De recta et emendata linguae
anglicae seriptione dialogus (1568). Iierausgegeben von Dr.
Otto Deibel. Halle 1913.
Der Sekretär legt das von Dr. Adolf Grohmann in Wien
eingesendete Manuskript vor: ,Göttersymbole und Symboltiere
auf sudarabischen Denkmälern', um dessen Aufnahme in die
Publikation ,Sammlung Eduard Glaser' der Einsender bittet.
Der Sekretär überreicht ferner die von Prof. Dr. Alois
Goldbacher in Graz eingesendete Praefatio zu seiner im Cor
pus scriptorum ecclesiastieorum latinorum erschienenen Ausgabe
der Briefe des Kirchenvaters Augustinus.
Das w. M. Hofrat Wilhelm Meyer-Lübke überreicht als
Obmann der Kirchenväterkommission das eben ausgegebene
Vol. LX. des ,Corpus scriptorum ecclesiastieorum latinorum',
welches enthält: ,Sancti Aureli Augustini opera (sect. VIII, pars
I): de peccatorum meritis et remissione et de baptismo parvu-
lorum ad Marcellinum libri tres, de spiritu et littera über unus,
de natura et gratia über unus, de natura et origine animae libri
quattuor, contra duas epistulas Pelagianorum libri quattuor ex
recensione Caroli F. Vrba et Josephi Zycha. Vindobonae, Lip-
siae MDCCCCX1II.'
XXI. SITZUNG VOM 29. OKTOBER 1913.
Das w. M. Professor Friedrich Jo dl spricht seinen Dank
aus für die Wahl zum Delegierten der Klasse in das Preisgericht
für die Grillparzerstiftung.
Der Sekretär legt die folgenden bei der Klasse einge
langten Druckwerke vor, und zwar:
1. Early Christian Art in Ireland. By Margaret Stokes.
Revised by G. N. Count Plunkett, F. S. A., Vice-President
XXIII
of tlie Royal Irish Academy, Director of the National Museum.
With one hundred and six woodcuts (National Museum of
Science and Art, Dublin. Handbook and Guide to Irish Anti-
quities Collection). Dublin 1911. (Überreicht vom Herausgeber,
Count G. N. Plunkett.)
2. Sandro Botticelli and his School. By Count Plunkett.
London 1900. (Überreicht von demselben.)
3. Annuaire des archives de Belgique par LeoVerriest,
archiviste aux archives generales du royaume, a Bruxelles.
(Association des archivistes et bibliothecaires Beiges, fondee a
Bruxelles, le 20 novembre 1907.) Roulers 1913.
4. Situation de l’enseignement superieur donne aux frais
de Fetat. Rapport triennal presente aux chambres legislatives
le 18 mai 1911 par F. Schollaert, ministre des Sciences et
des arts. Annees 1907, 1908 et 1909. Bruxelles 1911.
Die kaiserlich japanische Botschaft übermittelt im Namen
des Historiographical Institute of Tokio das in 17 Bänden be
stehende Werk ,Dai Nippon Shiryoo' (Materialien zum Studium
der japanischen Geschichte).
Der Sekretär legt das vom Verfasser, Professor Samuel
Steinherz in Prag, eingesandte Manuskript vor: ,Vorwort uüd
erster Teil der Einleitung zum IV. Bande der Nuntiaturberichte
aus Deutschland/
Der Sekretär überreicht ferner, das von dem Universitäts
professor in Czernowitz, Dr. Wladimir Milkowicz, mit der
Bitte um Aufnahme in die Sitzungsberichte eingesandte Manu
skript, das betitelt ist: ,Archäologische Forschungen in der
Bukowina/
Das w. M. Hofrat Emil Reisch macht vorläufige Mittei
lung über die Ergebnisse der Sellinschen Grabungen in Balata.
XXIV
XXII. SITZUNG VOM 5. NOVEMBER 1913.
Das k. und k. Kriegsarchiv übersendet das Werk:
,Befreiungskrieg 1813 und 1814. Einzeldarstellungen der ent
scheidenden Kriegsereignisse/
I. Band: ,Österreichs Beitritt zur Koalition/ Bearbeitet
von Oskar Criste, k. und k. Oberstleutnant des Armeestandes.
Wien 1913.
II. Band: ,Österreichs entscheidendes Machtaufgebot 1813/
Bearbeitet von Wilhelm Wlaschtitz, k. und k. Oberst. Wien 1913.
III. Band: ,Feldzug von Dresden/ Bearbeitet von Edmund
Glaise von Horstenau, k. und k. Hauptmann des General
stabskorps. Wien 1913.
IV. Band: ,Schlacht bei Kulm/ Bearbeitet von Maximilian
Eh nl, k. und k. Hauptmann vom Infanterieregiment Ernst Ludwig,
Großherzog von Hessen und bei Rhein, Nr. 14. Wien 1913.
V. Band: ,Feldzug von Leipzig/ Bearbeitet von Maximi
lian Ritter von Hoen, k. und k. Oberst des Generalstabskorps
unter Mitarbeit von Hermann Sallagar, k. und k. Oberst des
Generalstabskorps, Dr. Anatol Ritter von Neumann-Spallart,
k. und k. Hauptmann des Infanterieregiments Nr. 98, Maxi
milian Ehnl, k. und k. Hauptmann des Infanterieregiments
Nr. 14, und Edmund Glaise von Horstenau, k. und k. Haupt
mann des Generalstabskorps. Wien 1913.
Der Sekretär legt ferner die folgenden Druckwerke vor,
und zwar:
1. Beckmann-Führer: ,Die Jupitersäule. Eine kurze Er
klärung ihres Bilderschmuckes. Mit 4 Tafeln. Stuttgart, o. J/
2. Le Capitaine Stefan Christesco, Ingenieur des Con-
structions Navales: ,Syntheses energetiques de la Vie et de
l’Ame. Conference k la Sorbonne faite le 19 Fevrier 1913 (La
Science universelle de l’energie. II.). Paris 1913/ (Überreicht
vom Verfasser.)
3. ,Führer durch das Römerkastell Saalburg bei Homburg
vor der Höhe. Mit einem Anhang: Die Sammlungen der Saal-
XXV
bürg. Von H. Jacobi. 7. Auflage mit 19 Textabbildungen.
Bad Homburg vor der Höhe 1913/
4. ,Saalburg-Jahrbuch. Bericht des Saalburgmuseums. II.
1911. Frankfurt am Main, o. J.‘ (Nr. 3 und 4 überreicht von
der Verwaltung des Saalburgmuseum.)
5. Prof. Giovanni Ciccolini: ,Le opere di Desiderio Reich.
Studio critico. (Estratto dalla Rivista Tridentina, Nuova Seria
No. 2, giugno 1913.) Trento 1913/ (Überreicht vom Verfasser.)
6. ,Deutsche Volkskunde aus dem östlichen Böhmen. Von
Dr. Eduard Langer. XII. Band. 1912, 1. bis 4. Heft. Braunau
i. B. 1912/
Das w. M. Hofrat Friedrich Edler von Kenner über
reicht den vom Leiter der Ausgrabungen k. und k. Obersten
Maximilian Groller von Mildensee erstatteten vorläufigen
Bericht über die Grabungen der Limes-Kommission im Lager
von Lauriacum im Jahre 1913.
XXIII. SITZUNG VOM 12. NOVEMBER 1913.
Der Sekretär überreicht die Einladung des Organisations
komitees für den internationalen Amerikanistenkongreß zu der
XIX. zu Washington in der Zeit vom 5. bis 10. Oktober 1914
stattfindenden Tagung.
Der Sekretär verliest eine Zuschrift des Professor Dr.
Fr. Vollmer in München, worin derselbe im Namen der inter
akademischen Kommission für den Thesaurus linguae latinae
den Dank dafür ausspricht r daß die philosophisch-historische
Klasse der kais. Akademie auch weiterhin die Gewährung eines
Zuschusses zugunsten dieses Unternehmens über den Staats
beitrag hinaus in Aussicht genommen hat.
Das w. M. Hofrat Emil Reisch überreicht namens des
österreichischen archäologischen Institutes das von diesem her
ausgegebene Werk: ,Auswahl archaischer Marmorskulpturen im
XXVI
Akropolis-Museum. Von Hans Schräder. I. Band: Tafeln;
II. Band : Text (mit 2 Tafeln in Farbenlichtdruck und 62 Kupfer
ätzungen im Text). Wien 1913/
Der Sekretär legt eine von Hans Maver, derzeit in Paris,
eingereichte Abhandlung vor, welche betitelt ist: ,Einfluß des
vorrömischen Kultes auf die Toponomastik Frankreichs/
Der Sekretär überreicht weiters eine Abhandlung von Dr.
Otto Fiebiger und Prof. Dr. Ludwig Schmitt in Dresden ,In
schriftensammlung zur Geschichte der ostgermanischen Stämme',
um deren Aufnahme in die Sitzungsberichte oder Denkschriften
die Einsender ersuchen.
Endlich überreicht der Sekretär eine Abhandlung von
Dr. Walter Schiller in Wien, die betitelt ist: ,Das Mehl der
Witwe. Ein Beitrag zur semitischen Sagenforschung', um deren
Aufnahme in die Sitzungsberichte der Verfasser bittet.
XXIV. SITZUNG VOM 19. NOVEMBER 1913.
Die königl. niederländische Akademie der Wissenschaften
zu Amsterdam übersendet ein Exemplar des mit dem letzten
H o e u f f t sehen Preise ausgezeichneten Werkes : , Amaryllis.
Carmen Raphaelis Carrozzari in certamine poetico Hoeufftiano
praemio aureo ornatum. Accedunt septem carmina laudata (In
funere Ioannis Pascoli, carmen Petri Rosati. Alumnus Vergib,
carmen Adolphi Gandiglio. Titanicae interitus, carmen Hen-
rici Padberg. Alma quies, carmen Petri Helberti Damste.
Duo insontes, carmen Francisci Sofia-Alessio. Vox patriae,
carmen Antonii Giovannini. Aeriae voces, carmen Josephi
Albini). Amstelodami MCMXIII.
Der Sekretär legt weiters die folgenden an die Klasse
gelangten Druckwerke vor, und zwar:
1. Bibliographie der österreichischen Drucke des XV. und
XVI. Jahrhunderts, herausgegeben von Dr. Eduard Langer.
XXVII
I. Band, 1. Heft. Trient-Wien-Schrattenthal, bearbeitet von Dr.
Walther Dolch. Mit einem Anhang: Aus der ersten Zeit des
Wiener Buchdrucks, von Dr. Ignaz Schwarz. Wien 1913.
2. Adolf Michaelis (1835—1910) zum Gedächtnis. Die
wissenschaftliche Gesellschaft in Straßburg. Straßburg i. E. 1913.
3. La reforme agraire en Russie. Resultats des travaux des
Commissions Agraires 1907 —1911. Tableaux graphiques. Edition
de la chancellerie du Comite Central de F Organisation Agraire,
St. -Petersbourg. (Übersendet vom Ministere de l’Agriculture
in St.-Petersbourg.)
4. Sofijskata crkva Sv. Solija (Sainte Sophie de Sophia).
Ot Dr. Bogdan D. Filov. (Materiali za istorijata na Solija,
kniga IV.) Sofia 1913. (Übersendet von der Soeiete Archeolo-
gique Bulgare in Sofia.)
XXV. SITZUNG VOM 3. DEZEMBER 1913.
Der Sekretär überreicht die eben erschienene 18. Lieferung
des Werkes: ,Enzyklopädie des Islam. Geographisches, ethno
graphisches und biographisches Wörterbuch der muhamedani-
schen Völker. Mit Unterstützung der internationalen Vereinigung
der Akademien der Wissenschaften und im Vereine mit hervor
ragenden Orientalisten herausgegeben von M. Th. Houtsma,
T. W. Arnold, R. Basset und H. Bauer. Leiden und Leipzig
1913‘.
Der Sekretär legt eine Abhandlung von Isidor Jesianu,
Steirerinspektor bei der Kreisbehörde in Bihac (Bosnien), vor,
welche betitelt ist: ,Die Colinda bei den Romänen und die
Weihnachtsgebräuche bei den Südslawen'.
Der Sekretär überreicht eine Abhandlung von Fräulein
Dr. Elsa von Klein in Wien, unter dem Titel: ,Der Veda und
Böhmes Qualitäten in Wackenroders Märchen von einem nackten
Heiligen'.
Die Verfasserin bittet um die Aufnahme der Abhandlung in
die Sitzungsberichte.
XXVIII
Das k. M. Professor Dr. Karl Wessely überreicht für
die Bibliothek der kais. Akademie ein Exemplar seiner ,Gla-
golitisch-Iateinischon Studien (Separatabdruck aus seinen ,Studien
zur Paläographie und Papyruskunde', XIII. Leipzig 1913).
XXVI. SITZUNG VOM 10. DEZEMBER 1913.
Der Sekretär überreicht eine Einladung der kaiserlichen
öffentlichen Bibliothek zu St. Petersburg zu der am 2./15.
Jänner 1914 stattfindenden Feier der 100-jährigen Wiederkehr
ihrer Eröffnung.
Die Verlagsbuchhandlung F. Bruckmann, A. - Gr. in
München, übersendet das Pflichtexemplar der 14. Lieferung
der mit Subvention der Akademie gedruckten II. Serie des
Werkes ,Monumenta palaeographica. Denkmäler der Schreib
kunst des Mittelalters. Von Anton Chroust. München 1913.'
Ferner legt der Sekretär die folgenden, an die Klasse ge
langten Druckwerke vor, und zwar:
1. Tib: Amour et Vaillance. Troisieme edition. Lille 1913.
(Überreicht von der Verfasserin, Madame L. Soyez-le-Roy[Tib]
in Lille).
2. ,Informe que el Doctor Don Joaquin Egula Lis, Rec
tor de la Universidad de Mexico, eleva, acerca de las labores
de la misma universidad, durante el periodo de septiembrer de
1910 a septiembre de 1912, a la secretaria de instrucciön pub
lica y beilas artes, en cumplimiento de la fracciön IX del ar-
ticulo 5° de la ley de 26 de mayo de 1910; y al cual se diö
lectura en la Asamblea General del Profesorado de las Escue-
las Universitarias habida en la noche del dia 5 de diciembre
de 1912. Mexico 1913.'
3. ,Brief Biography and Populär Account of the Unpa-
ralleled Discoveries of T. J. J. See. By W. L. Webb. London
1913.' (Überreicht vom Herausgeber.)
XXIX
4. ,Regesto delPantica Badia di S. Matteo de Castello o
Servorum Dei pnblicato a cura de’Monaci di Montecassino.
Badia di Montecassino 1914/ (,Per omaggioh)
Das w. M. Sektionschef Gustav Winter überreicht im
Namen der Weistümer- und Urbarkommission den eben aus
gegebenen Band ,Österreichische Urbare. III. Abteilung: Ur
bare geistlicher Grundherrschaften. 2. Band: Die mittelalter
lichen Stiftsurbare des Erzherzogtumes Österreich ob der Enns.
II. Teil: Garsten, Gleink, Kremsmünster, Schlierbach, Spital
a. P. Herausgegeben von Dr. Konrad Schiffmann. Wien und
Leipzig 1913/
Prof. Dr. Ernst Sellin in Rostock übersendet einen
kurzen vorläufigen Bericht über die Ergebnisse der im Sep
tember d. J. in Balata vorgenommenen Probegrabung.
XXVII. SITZUNG VOM 17. DEZEMBER 1913.
Der Sekretär, Hofrat Ritter von Karabacek, verliest
eine Note des hohen Kuratoriums, wonach Seine kaiserliche
und königliche Hoheit, der durchlauchtigste Herr Erzher
zog-Kurator die vom Präsidium der kais. Akademie be
antragte Anberaumung der nächsten Feierlichen Sitzung auf
Mittwoch, den 27. Mai. 1914, u. zw. um 11 Uhr vormittags,
genehmigt haben.
Das k. M. Professor Dr. Carl W e s s e 1 y übersendet für
die akademische Bibliothek ein Exemplar seiner Druckschrift
.Eugene Revillout. 4 mal 1843 — 16 janvier 1913‘.
Der Sekretär überreicht das als Spende der ,Provinciaal
TJtrechtsch Genootschap van Künsten en Wetenschappen 1 ein
gelangte Werk: ,Die Benin-Sammlung des Reichsmuseums
für Völkerkunde in Leiden. Beschrieben und mit ausführli
chen Prolegomena zur Geschichte der Handelswege und Völ
kerbewegungen in Nordafrika versehen von Jos. Marquart,
XXX
Professor in Berlin, vormals Konservator am Museum. (Ver
öffentlichungen des Reichsmuseums für Völkerkunde in Lei
den, Serie II, Nr. 7.) Leiden 1913.'
Die königl. Preußische Akademie der Wissenschaften in
Berlin übersendet eine ,Denkschrift über den Thesaurus
linguae latinae', welche sie in Verbindung mit der königl. Ge
sellschaft der Wissenschaften zu Göttingen dem königl.
Preußischen Minister der Geistlichen und Unterrichtsangele
genheiten auf dessen Erfordern eingereicht hat.
Der Sekretär legt die von Erau Marie Hein aus dem
Nachlasse ihres verstorbenen Gemahls, Kustos Dr. Hein,
übersandten noch unbearbeiteten Mahratexte vor.
Der Sekretär überreicht weiters eine von dem w. M. und
Obmanne der Phonogrammarchivskommission, Hofrat Sieg
mund Exner, eingesandte Abhandlung von A. Z. I d e 1-
sohn, Kantor in Jerusalem, welche betitelt ist: ,Phonogra-
phierte Gesänge und Aussprachsproben des Hebräischen der
jemenitischen, persischen und syrischen Juden 1 und welche
eventuell als ,Mitteilung der Phonogrammarchivskommission'
in die Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse
aufgenommen werden möge.
Das w. M. Hofrat Konstantin J i r e c e k legt eine für
die Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse be
stimmte Abhandlung vor: ,Staat und Gesellschaft im mittel
alterlichen Serbien, Studien zur Kulturgeschichte des 13. bis
15. Jahrhunderts. Dritter Teil.“
Endlich überreicht das w. M. Professor Dr. Alfons
D o p s c h das eben erschienene 10. Heft seiner mit Subven
tion der Klasse herausgegebenen Serie Forschungen zur inne
ren Geschichte Österreichs 1 , welches enthält: ,Beiträge zur
städtischen Vermögensstatistik des 14. und 15. Jahrhunderts
in Österreich. Von Dr. Lothar Groß. Innsbruck 1913.'
XXXI
I. SITZUNG VOM 7. JANUAR 1914.
Der Sekretär verliest ein Schreiben des k. M. Ober
landesgerichtsrates i. P. Julius Strnadt in Graz ; worin derselbe
für die ihm seitens der kais. Akademie zu seinem achtzigsten
Geburtstage telegraphisch ausgesprochenen Glückwünsche seinen
Dank ausspricht.
Das Kuratorium der Schwestern Fröhlich-Stiftung zur
Unterstützung bedürftiger und hervorragender schaffender Ta
lente auf dem Gebiete der Kunst, Literatur und Wissenschaft
übermittelt eine Kundmachung über die Verleihung von Stipen
dien und Pensionen.
Der Sekretär überreicht die von Hofrat Prof. Dr. Hein
rich Singer in Prag eingesandte Abhandlung: ,Die Dekretalen-
sammlung des Bernardus Compostellanus antiquus', welche als
zweite Abhandlung in dem für diese Studieu reservierten
171. Band der Sitzungsberichte bestimmt ist.
Der Sekretär legt weiters eine von dem Privatdozenteu
an der Wiener Universität Dr. Egon Wellesz eingereichte
Abhandlung vor, die betitelt ist: ,Die Ballettmusik von Johann
Heinrich und Anton Andreas Schmelzer. Ein Beitrag zur Ge
schichte der Musik am österreichischen Hofe im 17. Jahrhundert 1 .
Der Sekretär überreicht einen von dem Landesarchäologen
und Privatdozenten an der Universität in Graz Dr. Walter
Schmid erstatteten zweiten Bericht über seine mit Unter
stützung der Akademie durchgeführten Ausgrabungen nach
prähistorischen Altertümern, welcher betitelt ist: ,Die Ringwälle
des Bacherngebirges'.
II. SITZUNG VOM 14. JANUAR 1914.
• Der Sekretär, Hofrat Ritter von Karabacek, überreicht
die Pflichtexemplare des Werkes ,Neudrucke frühneuenglischer
XXXII
Grammatiken, herausgegeben von R. Brotanek, Band 4, 2:
Schriftbild und Lautwert in Charles Butler’s English Grammar
(1633, 1634) und Feminin „Monarchi“ (1634) von A. Sichler.
Gedruckt mit Unterstützung der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften in Wien. Halle a. S. 1913h
Der Sekretär überreicht weiters die eben erschienene
19. Lieferung des Werkes: ,Enzyklopädie des Islam. Geo
graphisches, ethnographisches und biographisches WöUerbuch
der muhamedanischen Völker. Mit Unterstützung der Inter
nationalen Vereinigung der Akademien der Wissenschaften und
im Vereine mit hervorragenden Orientalisten herausgegeben von
M. Th. Houtsma, T. W. Arnold, R. Basset und R. Bauer,
Leiden und Leipzig 1914h
Endlich legt der Sekretär eine von Josef Tarneller,
Pfarrer in Missian-Eppan, eingesandte Abhandlung vor, die
betitelt ist: ,Die Hofnamen in den alten Kirchenspielen
Deutschnofen-Eggental und Fels am Schlernh
Das w. M. Hofrat Prof. Dr. Oswald Redlich erstattet
Bericht über den Fortgang der Arbeiten an der Neubearbeitung
der Habsburger Regesten im abgelaufenen Jahre 1913.
Das statutenmäßig eingesetzte Preisgericht, bestehend aus
den Herren: Prof. Dr. Friedrich Jodl, Schriftsteller Julius
Bauer, dem artistischen Leiter des Hofburgtheaters Hugo Thi-
mig, Dr. Anton Bettelheim in Wien und Prof. Dr. Oskar
Bulle in Weimar, hat einstimmig den Beschluß gefaßt, den
Grillparzer-Pr eis, der bestimmt ist ,für das relativ beste
deutsche dramatische Werk, das im Laufe des letzten Trien-
niums auf einer namhaften deutschen Bühne zur Aufführung
gelangt ist und nicht schon von einer anderen Seite durch
einen Preis ausgezeichnet worden ist', wie in den Jahren 1878,
1881 und 1893, so auch für das abgelaufene Triennium 1911 bis
1914 nicht zur Verteilung zu bringen.
Sitzungsberichte
der
Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien.
Philosophisch-Historische Klasse.
174. Band, 1. Abhandlung.
Die Mundart von Valvestino.
Ein Reisebericht
von
Dr. Carlo Battisti,
Privatdozent an der Universität Wien.
(Mit einer Karte.)
Vorgelegt in der Sitzung am 21. Mai 1913.
Wien, 1913.
In Kommission hei Alfred Holder
k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler,
Buchhändler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
Druck von Adolf Holzliausen,
k. und k. Hof- und Universitüts-Buchdrucker in Wien.
I.
Der Versuch, den ich vor zwei Jahren unternommen hatte,
dem Sulzberger Problem näher zu rücken, zeigte mir deutlich,
daß auch diese Sprachfrage, so sehr sie sich selbständig be
handeln läßt, unter einem größeren Gesichtswinkel betrachtet,
doch nur eine Episode aus dem äußerst verwickelten trientini-
schen Sprachprobleme ist. Die philologischen Hauptfragen des
Trentino (welchen ich auch eine methodische Bedeutung hei
messe) wie: Beschaffenheit des sprachlichen Grundstockes des
zentraltrientinischen Gebietes, Grad der Bodenständigkeit in
der Entwicklung der Einzelmundarten und Kampf gegen die
von außen eindringenden Sp r achs t r ö mu ngen, Einwirkung des
Stadttrientinischen u. a., werden sich erst dann mit Hoffnung
auf Erfolg aufrollen lassen, wenn mindestens die charakteristi
scheren Dialekte des Gesamtgebietes in grammatikalischer und
lexikalischer Hinsicht genügend erforscht sein werden. 1 Als
besonders lehrreich durfte ich nach der geographischen Be
schaffenheit und der politisch-ökonomischen Vergangenheit die
Ma. des südwestl. Teiles ansehen, und das wenige, das man aus
den Paradigmen Ettmayers 2 erfährt, bestätigt in lautlicher
Hinsicht diese Vermutung. — Es handelt sich hier in erster
Linie um die zwei natürlichen Verkehrswege mit dem Bre
scianischen, das Cliiese und Sarcatal, die als Anmarschlinien
des Ostlombardischen erhöhte Bedeutung besitzen. Von den
zwei Tälern ist aber das erste viel geeigneter als das zweite,
1 Ich habe vor zwei Jahren versucht, in einem Aufsatze Lingua e dia-
letti nel Trentino (Pro Cultura I 1912, S. 178—205) auch auf die
mundartlichen Hauptströmungen dieses Gebietes hinzudeuten. Für die
hier behandelte Gegend waren hauptsächlich die Paradigmen Ettmayers
meine Quelle. Daher sind einige charakteristische Merkmale, die mir
unbekannt bleiben mußten, nicht erwähnt.
2 Lombardisch-ladinisches aus Südtirol (Rom. Forschungen XIII, 1902).
1*
4
I. Abhandlung: Battisti.
einen sicheren Einblick zu gewähren, zumal hei letzterem der
vollständige Mangel an einer Verbindung zwischen Riva-Arco und
der brescianischen Riviera des Garda eine direkte Einwirkung
des Brescianischen erschwert. Aber auch entlang des ganzen
Sarca sind die sprachlichen Verhältnisse ungemein verwickelt,
Durch das Loppiotal breiten sich wichtige Sprachzüge vom
roveretanischen Etsclitale über die Riva-Arco-Ebene aus, von Vez-
zano dringt das Trientinische ein, Uber Banale und Molveno
bestand eine alte Verbindung mit Nonsberg, die auch für die
Sprachmischung nicht ohne Folgen geblieben ist, über Lardaro-
Tione bricht eine starke brescianisehe Sprachwelle vom Chiese-
tal ein, und im äußersten Norden ist die nach Mittelsulzberg
führende Campigliostraße nicht außer acht zu lassen. 1 Unter
solchen Umständen schien mir eine Beurteilung der Mundarten
des Sarcatales unmöglich, bis man über die einzelnen Sprach-
faktoren im klaren ist, und ich zog vor, das kleinere und leichtere
Problem der Mundarten entlang des Chiese von Idrosee auf
wärts (Valbona) zu studieren, in der Hoffnung damit auch einen
Beitrag zur Lösung der größeren Frage der Sarcamundarten
zu liefern. Eine Subvention der kais. Akademie der Wissen
schaften, die mich bei meinen trientinischen Forschungen immer
unterstützte, ermöglichte es mir im Sommer 1912 auf einer
wissenschaftlichen Reise in die Valbona und Umgebung ein
ziemlich reiches Material an Ort und Stelle zu sammeln.
•}*
■f*
Mein Forschungsgebiet umfaßt die untere Valbona von
der Grenze (Ponte Caffaro) bis Storo, wo die neuere Haupt
straße von Riva über Val d’ Ampola und Val di Ledro in das
Chiesetal einmündet, dann südlich der Valbona hart an der
Grenze Caffaro mit dem 2 Stunden entfernten, in einem öst
lichen Seitental liegenden Bagolino (846 m, 4400 Eimv. 2 ) und
westlich vom Chiesetal Valle di Vestino. Am rechten Ufer des
Chiese liegen die zwei Dörfer Lodrone (385 m, 357 Einw r .) mit
1 Die Ma. des obersten Sarcatales (Pinzolo) ist von Th. Gärtner auf-
genommen worden: Die judikarische Mundart (Sitzb. der Wiener
Akad. d. W.) 1882.
2 Die Zahl der Einwohner gebe ich an nach der vortrefflichen Guida
del Trentino III T. 2. Aufl. (1900) von C. Brentari.
Die Mundart von Valvestino.
5
dem Bruche Ponte Caffaro und etwas nördlicher Darzo (409m,
387 Einw.); am linken Ufer, in der Nähe des Sees, Baitoni
(374 m, 175 Einw.) am Fuße des steilen Hügels, auf dem Bon-
done (721 m, 587 Einw.) liegt, und 4 Km. nördlicher das Haupt
dorf Storo (409 m, 1724 Einw.). Das zu Österreich gehörende
aber wegen der vollständigen Abgeschlossenheit gegen Norden
zollfreie (territorio estradogauale), nur mit der brescianischen
Riviera verkehrende Vestinotal liegt an den Bergen zwischen
den zwei Seen Garda und Idro am oberen Laufe des Toscolano
und der zwei in denselben einmündenden Gießbäche Personcino
und Magasino. Die Hauptverbindung, die ein stellenweise
schlecht erhaltener Saumweg vermittelt, führt zum Garda (Ma
gasa—Gargnano 6 Marschstunden); zwei andere Steige verbinden
diese bergige Gegend mit Idro über Capovalle (Magasa—Idro
5 St.) und mit Baitoni (Magasa—Baitoni 6 '/ 2 St.). Die Isolierung
der 6 Dörfer (Bolone 800 m, 210 Einw., Moerna 987 m,
216 Einw., Turano 670 m, 157 Einw., Armo 820 m, 285 Einw.,
Persone 904 m, 132 Einw. und Magasa 973 m, 433 Einw.
mit dem 1 Stunde entfernten Ortsbruche Oadria 921 m, 64 Einw.)
ist beinahe vollständig. Hydrographisch gehört das Vestinotal
nicht zum Chiesebecken; auch sprachliche Eigentümlichkeiten
verbinden es mit der brescianischen Riviera, von welcher es
sich durch einige entlang des Garda überwundene Archaismen
unterscheidet.
Nördlich des Vestinotales, mit der durch die Ampola
schlucht führenden Straße. mit der Valbona verbunden, liegt
das sprachlich in hohem Grade bedeutende Ledrotal. Ein ein
ziger Steig führt durch die Ampola- und Lorinaschlucht über
die Bocca di Lorina (1430 m) nach Magasa in Val Vestino
(Tiarno di Sotto—Magasa 8 Stunden); derselbe ist im Winter nicht
benützbar. Dieser gänzliche Mangel an einer Verbindung zwischen
den zwei Tälern ist für den Sprachforscher zur Beurteilung
der gemeinsamen nicht neubrescianischen Züge von großer
Wichtigkeit. Dabei dürfen wir nicht vergessen, daß die herr
liche Ponalestraße, welche jetzt das Ledrotal mit Riva ver
bindet, erst 1851 eröffnet wurde, und die alte den großen Um
weg über Val di Conciei, Bocca di Trat (1582 w) und Campi
machte. Gegen Westen zu führte der alte Weg von Val di
Ledro nicht wie heutzutage durch die Ämpolaschlucht, sondern
6
I. Abhandluug: Battisti.
durch Val de li Sachi über den Rangosattel (1312 m) nach
Castelromano (Valhona; etwas nördlich von Storo). Diese zwei
Wege des Ledrotales entsprechen der alten römischen Straße,
welche die zwei Seen Gar da und Idro nördlich verbunden hat.
Beachtenswert scheint mir der Umstand, daß von Campi auf
der alten Ledro-Rivastraße zwei Wege über Ballino und Val
di Lomason nach dem Bleggio und den Judikarien führen; ent
lang dieser Straßen tauchen noch immer lautliche und lexikalische
Erscheinungen auf, die an Valvestino und an das Ledrotal ge
mahnen, und die alten mundartlichen Denkmäler aus dem Bleggio
zeugen für eine ehemalige sehr enge sprachliche Verwandtschaft
dieser beiden Mundarten, von denen besonders die in Bleggio
durch den starken Verkehr mit dem Sarcatal manche Verände
rungen erfahren hat. Zwischen dem brescianischen Chiesetal und
dem trientinisierten unteren Sarcatal schiebt sich also durch
die Berge eine einheitliche sprachliche Zwischenzone, die süd
lich, in der neueren Ma. des Vestinotales, noch ausgesprochene
brescianische Züge zeigt, im Zentrum, im Ledrotal, einen ziemlich
bodenständigen Charakter aufweist und nördlich, im Bleggio,
wo sie dem Einfluß des judikarisch-rendenesischen Dialektes
ausgesetzt ist, der Sprachmischung des Sarcatales schon in sein-
wichtigen Phonemen unterliegt.
* *
•i»
Die historischen Voraussetzungen sind, so weit sie für den
Philologen von Belang sind, ziemlich einfach. Die Besiedlung
durch die Kenomaner ist durch zahlreiche gallische Ausgra
bungen und durch die Geschichte überliefert, selbst wenn auch
die Heimat der von 0. Martius Rex ganz aufgeriebenen Stoni 1
nicht hier sondern bei Lugano zu suchen ist. Ziemlich wahr
scheinlich ist es, daß die Alutrenses (Plinius, Nat. Hist. III 23)
Val di Ledro bewohnt haben. Wie das Stillschweigen der
augusteischen Triumphalinschrift bezüglich der das untere Chiese
tal, Val Sabbia, bewohnenden Sabini und der Alutrenses aus
zulegen ist, kann strittig sein; beachtenswert ist, daß unter den
besiegten Kelten zwar die westlichen Nachbarn Camuni (Val-
1 118 a. Ch. u. (= 636 a. u. c.) Livius, Epit. 62 und noch mehr Orosius
Y 14.
Die Mundart von Valvestino.
7
camonica) und Trumplini (Yaltrompia) genannt werden, nicht
aber die östlichen Kelten Tridentini und Anaunes. Deutet dieser
Umstand auf ein gemeinsames Schicksal der Bewohner des Chiese-
tales und ihrer östlichen Stammgenossen hin, so zeigt die Ein
teilung der Sabini und Alutrenses in die Tribus Fabia, während
die Tridentini zur Papiria gehörten, daß auch zur römischen
Zeit unser Gebiet nach Brescia gravitierte. — Daß der römische
Einfluß hier stark gewesen sein muß, ergibt sich aus den vielen
Ausgrabungen, die sogar im entlegensten Dorfe des Vestinotales,
Magasa, wertvolles römisches Material ans Licht förderten. —
Das obere Chiesetal kam spätestens durch die Schenkung Ivon-
rads II. (1027) in den Besitz des Fürstbisehoftums Trient;
auch Bagolino gehörte bis 1785 zum trientinischen Gebiete, und
aus einer Urkunde des XIII. Jahrli. geht das Zehntrecht des
Fürstbischofs über dieses Dorf hervor. Seit wann nördlich des
Idrosees die kleine trientinisclie Grafschaft Lodrone bestand
(bis 1826), die sich auch über Yal Vestino erstreckte, läßt sich
nicht ermitteln: die erste Erwähnung stammt v. J. 1185 1 . Wir
finden die Grafen von Lodrone in beständigem Kampfe mit
Brescia um den Besitz der Talebene zwischen dem Caffarobach
und dem Idrosee; die Grenze zwischen Brescia und Trient war
aber immer die Brücke des Caffaro (Ponte del Caffaro), wie
auch dort schon im Mittelalter auf trientinischer Seite eine Maut
bestand, wodurch der alte Name von Lodronedorf (Villa de
Muta) erklärt wird. Aber für uns ist es ungleich wichtiger,
daß der politischen Zugehörigkeit zum Fürstbischoftum der
wirtschaftliche Verkehr nicht entsprach. Denn dieser war aus
geographischen Gründen seif jeher nach Brescia gerichtet.
Zur Beurteilung der sprachlichen Verhältnisse möge noch
kurz erwähnt werden, daß seit einigen Jahrzenten die Auswan
derung nach Amerika, die besonders im ganz verarmten Vestino-
tal einen bedeutenden Umfang erreicht, eine Hebung der all
gemeinen Bildung und somit eine Verfeinerung der Ma. be
wirkt hat. Diesem Umstande ist fast ausschließlich der tief
gehende Unterschied zwischen alter und neuer Mundart in Ba
golino und Vestinotal zuzuschreiben.
* *
*
1 Bonelli II, 497.
8
I. Abhandlung: Battisti.
Als ich die Studienreise antrat, standen mir folgende
Quellen zur Verfügung, die mir eine Übersicht aus der Ferne
gewährten. Die oben erwähnte Untersuchung von K. v. Ett-
mayer, Lombardisch-ladinisches aus Südtirol, bringt in den
Paradigmen 215 Wörter aus Storo, Darzo, Bagolino und Anfo
und das Beobachtungsmaterial aus Bagolino wird in der zwei
ten Monographie Ettmayers, Bergamaskische Alpenmund
arten, Leipzig 1903 um ein weniges vermehrt. Viel wichtiger
und über den Rahmen einer durchschnittlichen Orientierung
hinausführend waren die Sammlungen von ausgezeichnet trans-
slcribierten Wörtern aus Tiarno (Val di Ledro) und die eben
falls transkribierten mundartlichen Texte aus derselben Gegend,
die mein Schüler cand. pliil. Luigi Panada mir zur Verfügung
stellte. Auch von Caffaro hatte ich einfache verwendbare
Sprachproben, von Bagolino zwei kurze in Mischmundart ver
faßte Flugblätter erhalten; von Condino war mir die Über
setzung eines kurzen Stückes aus den Promessi sposi von A.
Parolini (XIX Annuario della societä degli Alpinisti Tridentini,
Rovereto, 1896, S. 118) bekannt. Die Kenntnis der bergamas-
kischen und der brescianischen Mundarten hatte ich durch die
üblichen Wörterbücher Tiraboschis, Vocabolario dei dialetti
bergamaschi, Bergamo, 1873, Rosas, Vocabulario bresciano-
italiano, Brescia 1877, Documenti storici posti nei dialetti dei
paesi intorno al lago d ! Iseo, Bergamo, 1850 und Dialetti, co-
stumi e tradizioni delle provinzie di Bergamo e di Brescia, 3 a
ed., Brescia, 1870 1 , durch Tempinis, II dialetto camuno a
Capo di Ponte e dintorni, Brescia, 1908 sowie durch das ano
nyme Wörterbuch Vocabolario bresciano e toscano, Brescia, P.
Pianta, 1759, 600 S. erlangt.
Die Aufnahme der Mundarten geschah lediglich vom lexi
kalischen Standpunkte aus, ohne Rücksicht auf die grammati
kalische Verwendbarkeit des aufgenommenen Materials, somit
ohne Sorge um die Lücken, die sich bei einer phonetischen
Darstellung ergeben würden, nach Möglichkeit an der Hand
1 Leider waren mir Rosas Bagolino, Milano, tip. II Sole, 1874, 16 S. und
Coltura alpina alle fonti dei fiume Oglio, Milano, II Sole, 1878, 20 S.,
Pinelli Stefano, Piccolo dizionario delle voci bresciane. Brescia, 1851,
sowie das anonyme Vocabolarietto bresciano-italiano, Brescia, Valentini,
1872, nicht zugänglich.
Die Mundart von Valvestino.
9
von Gegenständen; die Pflanzennamen und Tiernamen wurden
mit Hilfe von Atlanten gesammelt. Gute Dienste erwiesen
mir die allerdings sehr frei gehandhabten Fragebogen des
Glossaire des patois de la Suisse romande, die ieb der Liebens
würdigkeit des Herrn Univ.-Prof. L. Gauchat verdanke. In
Darzo und Caffaro erstreckte sich die Aufnahme hauptsächlich
auf die ersten 72 Fragebogen; in Magasa war es mir möglich
alle Fragebogen zu erledigen. Daß das Sprachmaterial an
Ort und Stelle hei verschiedenen Gewährsmännern überprüft
wurde, ist selbstverständlich: auf diesen Umstand ist teilweise
die Vereinfachung meiner Transkription zurückzuführen, da
ich wegen der sehr großen individuellen Schwankungen einen
Mitteltypus aufzuzeichnen vorzog. Auch diesmal fand ich bei
allen das größte Entgegenkommen; besonders die Sammlung
in Magasa geschah unter den denkbar besten Verhältnissen.
Andererseits erwies sich das Sprachgebiet noch schwieriger als ich
befürchtete, da sich hier bedeutende Sprachwellen kreuzen, die in
den Paradigmen Ettmayers nur sehr kurz und nicht immer ganz
klar wiedergegeben werden. So einfach auch die Erkenntnis
ist, daß der in den Bergen rechts und links um die Valbona
besser erhaltene hrescianische Typus im Pian d ! Oneda, auf
der Talsohle nördlich des Idrosees, mit dem von Brescia, durch
die Val Sabbia nach Norden strebenden Sprachtypus im Kampfe
steht, desto schwerer ist die gegenwärtige Sprachmischung in
Einzelheiten zu verfolgen. Bagolino und Bondone, rechts und
links von der Amnarschlinie des Neubrescianischen, halten sicli
in ihrer alten Mundart ziemlich gut. Kommt das zweite Dorf
wegen der geographischen Lage nur für eine Einwirkung auf
Baitoni in Betracht, so steht das blühende und reiche Ba
golino mit Caffaro, Ponte Caffaro und Lodrone in sehr engen
Beziehungen, so daß es auf die Sprache dieser Dörfer nicht
allein negativ, im Sinne der - Erhaltung der auf der Talsohle
noch vorhandenen älteren Phonemen, sondern sogar positiv, im
Sinne der Fortpflanzung eigener, spezifischer Lautungen, wirkt,
* #
J:
Im folgenden teile ich die Ergebnisse meiner Aufnahme
in Valvestino in Form einer kurzen grammatikalischen Dar
stellung und eines Wortregisters mit. Die knappe Zeit und
10
I. Abhandlung: Battisti.
die Erkenntnis, daß mein Material aus der unteren Valbona
vorläufig nicht ausreicht, um die schwierigen Fragen vollstän
dig zu beantworten, auf die ich hingewiesen habe, raten mir
von einer größeren Studie ab. Das Material der folgenden
Untersuchung ist fast ausnahmslos in Magasa während meines
dreiwöchentlichen Aufenthaltes gesammelt und zum guten Teile
auch in Turano und Cadria überprüft worden. In Armo,
Moerna und Persone, dann auf der reichsitalienischen Seite in
Costa habe ich nur kleinere Aufnahmen und Stichproben ge
macht. Die Ziffern bei einzelnen Wörtern weisen auf das
romanische etymologische Wörterbuch von W. Meyer-Lübke
(Lief. 1—6) hin; diese Hinweise bedeuten nur, daß das Wort
direkt oder indirekt in Beziehung zu dem dort angegebenen
Etymon steht. Man wolle ferner folgende Abkürzungen be
achten :
1. Ortsnamen:
A. Armo, Ba. Baitoni, Bg. Bagolino, Bl. Bolone, Bnd. Bondone,
C. Cadria, Cf. Ponte Caffaro, Co. Coste, D. Darzo, L. Lo-
drone, Ma. Magasa, Mo. Moerna, P. Persone, St. Storo,
T. Tiarno di Sotto, Tu. Turano; — brg. bergamaskisch, brs.
brescianiseh, giud. judikarisch, (Giudicarie anteriori e po
steriori), Idr. ledranisch (Val di Ledro), nsb. nonsbergisch,
rnd. rendenesisch, slzb. sulzbergisch (Val di Sole).
2. Werke:
Brg. A.M: K. v. Ettmayer, Bergamaskische Alpenmund
arten, Leipzig, 1903.
Jud. M.; Th. Gärtner, Die Judikarische Mundart, Wien, 1882.
LmbL.; K. v. Ettmayer, Lombardisch-ladinisches aus Siid-
tirol, Erlangen, 1902.
Nsbg. M.; C.Battisti, Die Nonsberger Mundart I, Wien, 1908.
Pil.; C. Salvioni, Postille italiane al vocabolario etimologico
romanzo (Revue dialect. rom. IV; bis Nr. 1665).
Slbg. M.; C. Battisti, Zur Sulzberger Mundart, Wien, 1911.
Vc. Br.; Vocabolario bresciano e toscano, Brescia, 1759.
Vc. T.; Tiraboschi A. Vocabolario dei dialetti bergamaschi,
2 a ed., Bergamo, 1873.
Die Einteilung nach § und die phonetische Transkription
entsprechen jener der Nsbg.M. und Slbg.M. (g hat hier
den Wert g). Für genauere phonetische Angaben wolle man
Die Mundart von Valvestino.
11
die §§ der Lautlehre berücksichtigen, in welchen die betreffen
den Laute besprochen werden. 1 Meine Raccolta di testi dia-
lettali moderni, 1. Band (Halle, Niemeyer) wird zwei Texte
aus Tiarno und einen aus Magasa in genauerer Transkription
bringen.
II.
Betonte Vokale.
§ 1, 2. 2 Ia. — mittleres a als gewöhnliche Entsprechung; velares
q bei folg, u, s cons , l, n, m C0lu und i. Ausl.: dqsq <j de ecce
liac., q<j-anu, -atu. [A., C., Bnd. qj>ä, Bnd. an cons ,
am cons j> qh con, < gm cons .'] Bei Entnasalierung (bodenständige
Entwicklung i. Auslaut und hei n tonl. Kons.; vgl. § 95,
108) q, [Bnd. g]: qk, bqk, zblqkY'A. 1166, mqk, tqt kuqt
[Bnd. ok, tqt], pq, vq, sq.
Ild + f. — a) arjuj> er, -arja ]> erg• zbreg 3. präs. zu zbrear,
geg, breo 1266, besulg. ■— ei. Ausl.: ase; -ati(s) j> -e; pre
(plur. z. pra), ste,.
ß) aj: ajvg [Bnd., A., C. cjvg], 3 ajgln, [Tu., Mo., Co. aglo
unter bresc. Einflüsse?], pajtg, bajt, bajlg, lajdg. Durch
Akzentzurückziehung aij> rj (oder Uber aji j> ei >• ej vgl.
in unbetonter Stellung: sitdl) sgjtn. Man beachte, daß
dem betonten g <j d -|- i vortoniges e, dem betonten aj <j
d —{— i dagegen a entsprechen § 82 b.
1 Die Anmerkungen, die sich auf andere Mundarten beziehen (Val di Le-
dro, Valbona, Bagolino) sind äußerst spärlich und verfolgen lediglich
den Zweck, die lautgeographische Karte verständlicher zu machen. Aus
dem Fehlen der Anmerkung darf man auf keine gleiche sprachliche Ent
wicklung der Umgebung Valvestinos schließen. Zu einer vergleichenden
Darstellung der Chiese- und Ledro-Ma. müssen erst die Sprachmaterialien
zusammengetragen werden. Eine Beschreibung der Ma. von Tiarno hat
Herr L. Panada in Angriff genommen.
2 Nirgends, auch nicht in der Valbona, in Bg. und in der Valsabbia kann
ich das palatale, zu e neigende a der Paradigmen v. LmbL. belegen.
— a + j inlaut. und ausl. in der ganzen Valbona und Bg> e oder e, aber
in Val di Ledro inl. e, ausl. e.
3 aqua: Bg. cjwce, Caf. diwo, D. devä\ aquila Bg. egldt ,falco‘, welches
wieder *e(j)glq voraussetzt.
12
I. Abhandlung: Battisti.
§3. 1 d + u > (inlaut.) o: rqgul, rqgulq, nqzq, lobjq, trql, trqlq,
hqgq 1004, pqrq, lotq, grolq, flqkq 3159, (vgl. § 88J, Iqo,
qrq, tqlq, sarlqq 313, eventuell brqk, sollte 1333 richtig
sein (vgl. Cf., Bnd. brüh, Co. brcek-, Pil. 1333). — o in
topo (auch brs., brg.) deutet eher auf frz. Entlehnung
als auf Einwirkung des gleichbedeutenden topi. — bdzgq
erklärt sich nach Pil. 1006 aus bcezggr unter Einfluß des
ital. bugia (Brg. A. M. § 5); vgl. § 43ß.
)> (auslaut.) o: gro gradino, Ico, fo, gvo 3849.
§ 5. Es fehlen einige ostlombard. Beispiele von „unregelmäßigem
Wandel von a zu e u : arbur, bar 1049, sqm, grambglq Brg.
A. M. § 9. — grq ist analogisch. Plural zu gra.
§ 6. Nicht q sondern o >• u zeigt pjunq (import.). — brg. cröhola
Brg. A. M. § 9 entspricht krajsglq. — Zu qt neben atqr
vgl. Pil. 382. — zgqüq, gurdq, (3 e . präs. ind.) analogisch
nach den endungsbetonten Formen (zgondr, gqrddr).
§ 7 u. 11. e in freier Stellung und immer bei Entnasalierung g ;
vq viene, te, fq, det, aret, breto 1285, pqret, vetqr, vet, dcp
goret 2509, tqp. Bei erhaltener Nasalis q: zqnqr, tqnqr, ve-
narde, rendanq, dg,zqmbep\ Dieses e wird oft aber indiv.
zu sehr offenem ä. Bei Entnasalierung wird das lange e
(ye, te gegen vet, det u. a.!) in A., C., Co., va. in Bl. und
Ma., Tu. wie in der Mundart von Yal di Ledro und der
bresc. Riviera zu ei. Ebenso das i. rom. Auslaut getretene
e )> g (vgl. aber § 14).
§ 9. e vor ct, cl und im allgemeinen in geschl. Silbe zu g: let,
tgc, vgc, Spec; doch pqt; — brejn 1285. Halboffen (e) bei folg.
i cons , z cons : beScq, beüpq, teStq, pes, mes, glezjq (vgl. § 15/?);
überoffen bei folg. r cons : väram, nväran, ärnq, värS (vgl.
§ 15y). Dagegen -elli^>ej, woraus A. sing. el.
§ 13 (7). Im Gegensatz zum berg. und trient. hat got. bega 1018
e, nicht e: begq Brg. A. M. § 20.
(10) tivjq wäre der einzige Fall von Positionsumlaut
und könnte dann höchstens dort bodenständig sein, wo g
in sex, ecclesia, attegia, bestia ^> i wurde. Das ist aber
auch in der Valbona nicht der Fall, da hier nur tizä be
legbar ist, wo i auch das Ergebnis von vgl. e vor s, z i n
a u inlaut. und ausl. in der ganzen Valbona und Bg>o oder o.
Die Mundart von Yalvestino.
13
freier Stellung ist. Die Erklärung LmbL 513 f. § 7—8
ist nicht überzeugend.
e in legur gegen ggan, pgrg wahrscheinlich aus älterem
dissimilierten* Uur, vgl. § 54.
§ 14. ef>.a) ej i. Auslaut und i. d. Oxyton. in A., C., Co., va.
in BL, Ma. (vgl. § 7). Daß das Zusammenfallen der Er
gebnisse von e und e sekundär ist, erhellt aus si, zi, di
tri gegen pe (pej'), dre (dry) Tu., BL, und nach einer
mir nicht kontrollierbaren Aussage auch in Capovalle.
en entwickelt sich gleich en.
ß) i in offener Stellung in Oxytonis bei folgend. Pal.,
S,z,r: niizulg, mizq mensa (nicht magida wie LmbL.
373 angenommen wird), tizg, spiSg, Sizg, liznq, gripjo,
znid.ju (vgl. tibjg), Sirg, zdrasirg, viro gegen tes (tejs),
mps (mejs), per (pejr). Ebenso i bei vorhergehendem j:
pi (gegen ple; pli ist ziemlich selten und dürfte auf Kreu
zung beruhen), Situl. Vielleicht gehören liieher die halb-
gelehrten vilgg, vilgu, brifdjg. Lautgeographische Gründe
verbieten mir älteres e + a io: tig, strig nach dieser
Tendenz zu beurteilen; vgl. brgg (doch 1290 und Pil. 1290),
krgg, meg, Sgg, Igg.
y) sonst immer f, das in Oxytonis die Neigung zur Dissi
milation e“, ei in A., Ca., und va, in Ma. zeigt: Stplg (stetig),
sggal (Seigal), kqndelg (va. Ma. kgndflg), pgar (über pg®-
gar A.), ne.ar (netgär A.); nef, sef, bef (hier 8, folglich
nirgends gS).
Bei intervok. n: Seng, veno, Id (mg 2311, peng, p alp eng (vgl.
lern 4972) gegen gardeng und slcing. Vor n r fallen 8, e zu
sammen: sgngr (§ 7).
§ 15. e in geschlossener Silbe:
a) e bei folg, kl: seJdg, reklg und bei Entnasalierung
met, tpt, formet, detgr (vgl. § 11); somit erweisen sich die
Ergebnisse von 8 und e bei der Entnasalierung identisch.
ß) e bei folg, s, z: eskg, reSkg 5082, mqreSk, grestg,
lavestgr, fqles, kqres[g j, lq[v]es, mesg, tresg, bleistg, pestg.
y) ä bei folg. r cons : für am, värglg, värt, mqzärcjg, Sär.
ö) in den übrigen Fällen e: -ettu -gt (z. b. bqret 904jj
pet, net; stretg; tgtg; sgtg *sedita, gombrt; sep; Stembul
14
I. Abhandlung: Battisti.
O stimulu, Hrenzgr, spgnzgr, tyifffftQ, r £ 1 W2i m ?j> tp't
(q)mv^2-, lejn, sejn, pqdrcjn; Sedvg; lcel.
Die Ergebnisse von e und & sind also in gescbl. Stellung
identisch.
§ 20. a) mqselo, tqsel, pn[v]clq erklären sich nicht direkt nach
§ 15 d, sondern nach Rom. Gram. II, § 500. — kUl neben
kel ,<i[uello‘ ursprünglich in unbetonter Stellung bei kons.
anlautenden Worten. — dqleguf nicht <[ liquidu sondern
aus dqlguar-dtdeguq 5076 gebildet.
ß) Velarisierung in den gewöhnlichen ostlomb., trient.
Beispielen: fonng (LmbL. Parad. 65), nsunnq ,semina‘ ■<
nsonndr nach dem Muster der ablautenden Verba wie
sondr-sung (vgl. § 77).
y) frqggul ist Rückbildung 3516; zdrcegg und piltyr
sind ostlomb. Entlehnungen, vielleich auch nistulg 5840 2
(doch ist hier i gegen e des berg., bresc. nestolq auffallend).
§ 21 d l in freier Silbe auch bei Entnasalisierung, doch mit Aus
nahme des l in altem Auslaut, das zu g wurde, erhalten:
-inu ~y> i; vi, pi, spi, li, Iqvi; -itu ~y> i aber dg (leenazde),
86g, kg, le, sg (häufiger ist die Bejahung qu).
§ 22. 1 l in geschlossener Silbe:
d) > { 1. bei folg, 8, s COT ’ 3 : bg8, besg, rgs, fgS, grgs, trg8t,
vest, aber i bei 8 <( c: nis ,alno‘; ,infracidito‘ 5614, mis,
lompartis, grais, stqlais, toriHo.
2. Ebenso bei Doppelkonsonanten: brek 1297 und besser
Brg. A. M. 9, Anm. 1; pgpg, trgpg und t <d ct: fgt, det,
skrgt, zlgtg (dann ausgedehnt auf italienische Lehnwörter
-ito i> et gegen lat. -itu )> i — frgdulet, romet)] mel
gegen qrjguilo könnte auf Entlehnung beruhen, vgl. mglju
,Emilio‘ [gril gibt keinen Anhaltspunkt, da die Erklärung
für berg., bresc. gier, die Brg. A. M 10 gegeben wird, un
stichhältig ist], — Vielleicht auch bei l cons : felso, znglSg
,milza‘ 55 79 2 ; vgl. Idgu 5040. In den unter a 2 aufge
zählten Fällen schwankt die Aussprache zwischen i und
g; letzteres ist in schnellerem Sprachtempo vorwiegend,
und die einzige Lautung in Co., C.
Gleiche Ergebnisse in der Valbona und Bg., aber schon Val di Ledro i.
Die Mundart von Valvestino.
15
ß) j> i bei folg, fi: ging, arzifig, gring, sfrifio, veßiiig,
leeziü 5018 und r\ cona , n com. g%ndul. — Auffallend
skrpjn (bergam. Herkunft?).
§ 26. a) ö in freier Silbe )> ce meist geschlossen, doch bei folg, a
in sekund. Hiat sehr offen: leek, a prcef, tcel, gal, kce&e.r,
pjcevgr, skdivgr, dosier, mcer§r, scelg, fcero, bfßabmgg
1243 — Affig, rffig, nag, präg, cag, brceg — [dulg 3“ sing,
präs. zu doldr 2718 ist Rückbildung aus den endungs
betonten Formen. Ebenso erklärt sieb für aus furdr.]
Nur vereinzelt in der Sprache der Alten, häufiger in Ca.,
Co. und A. ist ceu im Hiat [tjeeug covone, repug, kräng,
klauo'] und in nicht direktem Auslaut: lauk, fauk, zeeuk,
plgeiif, nceuf, woeuf ,uovo‘ [gegen Ca., Co., A. nt ja — Ma.
apkee, bree = Ma. brat],
ß) ebenfalls bei folgendem palatalen Laut und bei
folgendem, jetzt (durch Kontraktion) in Verlust geratenem
rom. j: feegg, veegg, deegg, zcebjg, fcebjg, leej, trafeej, veet
[A. weeut], breßl [A. broeül]. Hieher gehören die Pluralia
von Sg, tg, bg j> sce, ta, ba (vgl. LmbL. 628). In der
Sprache der Jungen beginnt deutlich die Tendenz g unter
diesen Bedingungen einzuführen: fgä, vgä; — zgbjä konnte
um so leichter erreicht werden, als durch Uberentäußerung
die Formen zgblg, zablg gebildet wurden; an Stelle von
fcebjg (auch Flurname) tritt fgpä ein. Dagegen halten
sich die einsilbigen ce-Pluralia und (v)cet gut. — ce auch
in celgu gegen grglgg, s§kgrgg.
§ 27. ö im Auslaut ist nicht ce geworden: amo—amou, da-
spo—daspou, ampo—ampoii; die Brechung zu ou zeigt
Zusammenfallen von primärem und sekundärem 5, vgl.
§ 35. so, tg erklären sich aus der Proklyse; bg hat den
offenen Vokal im ganzen Ohiesetal, im brsc. und größten
teils im berg. (LmbL., :Paradigma 182) vielleicht vom
Plural ba aus nach Sg — sce, tg — tce. —fa ist Kurz
form zu fasr(g). In sekundärem Auslaut ce: ankee (nach
§ 26 ß), bree.
§ 28. a) ö j> g vor et., cl: not, ot, legt; dqngkul, gkul, fqnghul,
pjgkul. In der Sprache der Jungen ist cl j> c einge
drungen; in diesem Falle lauten die Pluralia meistens auf
oe, die Singularia schwanken zwischen g und ce: cec (oc),
16
I. Abhandlung: Battisti.
pjdc, dincec, aber immer batgc, finge, da hier eine Ein
wirkung des Plurals ausgeschlossen ist, ebenso pangcg.
ß) )> o vor l am ‘: rjolt (ya in Ca. roult), gltg (Ca. oulto).
y) sonst in gedeckter Stellung g: brok 1319, kgkg 2009,
kgl, pgles, grgt, krgf; Uberoffen bei folg. r cons (wird liier
nicht graphisch ausgedrückt): kgrs 1883, slcgrbg, mgrt,
kgrdo, koran.
§ 31. bei folgender Nasalis oder bei Entnasalierung öfi>u: bung,
sung, tung, mcidung, hu, su, tu; dcdüns, Sun; in A., Ca., Co.,
va. in Bl., Ma., Tu. wie in Yal di Ledro und (gegen LmbL.
Par. 211) auch an der bresc. Riviera in Gargnano und Tre-
mosine wird das durch Entnasalierung geschlossene, in
Auslaut gelangte p wie primäres o )> QK. — Bei folg, n i> n
roüg, song, marofig 5369, karong.
§ 35. ö > a) oK im Auslaut und in Oxytonis in freier Stellung
in den § 31 erwähnten Mundarten: zoK neoK, doK (mask.,
in betonter Stellung, sonst mask. du, fern, da)] ra&QK,
bqstoK, tgmoK fgloK, mqzoK 5250; kroKs, zoKk, oks , touf,
koul ,colalatte‘ und ,c6volo‘ (letzteres über *kovul )> koul?
vgl. § 54), Icezour, flow. Im sekund. Hiatus mit vorhergeh.
unb. a wurde (a)QKr^>(pr: sqw mcerqw, m§nq,w, zmorsqw,
mpQsqKr portqKr u. a. (nach welchen analogisch auch sko-
squr, trotqur gebildet wurden), in Ma., Ca., Co.; ob diese
Lautung in den übrigen Dorfmundarten vorkommt, ist
mir nicht bekannt; doch scheint die ähnliche Bildung
sudore > sceour ^> scew allgemein vestinisch zu sein. Zur
Akzentzurückziehung beim sekund. Hiat vgl. beulg, kdjng.
In der Sprache der Jungen entspricht dem pw langes,
offenes u.
ß ok in gedeckter Stellung bei Entnasalierung: out,
mgut, pgKt, koKs.
y In Oxytonis immer u: sqzurg, murg, gurg 3821, bg-
nurg, mqlurg, kulg, spuzg, sqgg, mqzung, kokung 2009
(vgl, pjuno § 6), ne.ug, skug, kug, bei Entnasalierung
§ 37. vl. o in gedeckter Stellung i>
a) p: bolcg, bolcul, mok, sqqglot, sotg, gotg, ros, Strmjgos,
mosg, mgskg, fpsk, sQmosq, fol, bol, kop — o in medulla
ist sehr verbreitet [Zft. rom Phil., Beih. 28, S. 228; Er-
Die Mundart, von Valvestino.
17
klärungsversuch Brg. A. M. § 18 kaum gelungen], in qst
scheint auf aöst )> dost hinzudeuten [At-ch. Glott, It IY
16, Merlo Stag., mes. 148],
Ebenso Bei n cuns , m eons : Sonzq, bronzn, i tone, mont, tont,
font, $§gont, plgmp, kolomp, hontro, ,coltro‘.
ß) u bei folg. Liquida + Kons.: 1. urbjo, furko, mur-
klq, turto, furmq, durt, furSi, lygürt, 4821 3 , agiert, füran,
turan, gurgul, urdan, turbju; 2. pult, slcult, duls, hilf er,
kidam, ülam. Auffallend auf dem ganzen Gebiete (Lmbl.,
Parad. 172) ist die Sonderstellung von polver, bolp, bglzq,
bgls, molzo, und (mindestens im Vestiniselien) von bordq,
borsq, in welchen die vorhergehende Bilabialis o f> u ver
eitelte.
§ 39. Fälle von Umlaut durch folg. Palatal oder i(j) im Sinne
von Brg. A. M. § 19 sind mir unbekannt; ich halte
übrigens Ettmayers Erklärung der eben dort mitgeteilten
Wörter für unrichtig. Icedrjo ist nach 51S7 3 zu beur
teilen, u setzt auch slcmrgq, trotz 2987 voraus; brg. breeno
entspricht hier bronq wie im brsc.; dgleevi beruht auf
Kreuzung des häufigeren, halbgelehrten dtjlnbi mit diluvio;
Jcupjq ist durch Überentäußerung entstanden; bgeq hat
keine Umlautsbedingungen.
§ 43. 1 ü in freier Silbe ergibt
1. ii: moiir, mür, sJcür, SoUlc, zuk, rnülc, mül, kül, lüs‘
pürq, üro, biizo, kiino, lünq, brümo, filmo, dümal, lümijr,
batiiq büq- ebenso in der Verbalflexion: ggoerär-ggürq, moe-
rdr-mqüro, pjcerdr-pjürq. — ü ist im allgemeinen halboffen;
sehr offen bei folgendem, zur gleichen Silbe gehörendem
r. In Ma. fast ausgestorben, aber in Ca., A. (unsicher
Costa!) noch immer bei den Alten belegbar ist kil f> kjw
gu > gjw: Icjcel, kjeenq, ebendort pjcerq-, ijgjcer, itgjcerq,
gjairq, ,rincura‘. (Kj, gj haben den ungefähren phone
tischen Wert der Nsbg. M. § 131 und S. 126 Anm. 1 be
schriebenen Laute).
2. a) er in älterem Auslaut (vgl. dagegen -ütu f> ii) pja>,
lee, tce (in der Frage, betont). Nicht beweisend für üf>ce
1 In Bg ü in freier und gedeckter Stellung zu te; vor ce werden lc, rj pa-
latalisiert.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd., 1. Abh. 2
18
X. Abhandlung: Battisti.
bei ursprünglich folg, v oder t sind gpq, bceq (brsc. Ent
lehnungen). Audi spceq könnte unter dem Einflüsse von
spoßdr gebildet sein.
ß) in geschl. Silbe immer ce: tont, beet, breet, poet, sceko,
scepq, bcesko 1420, brcnZco 1341 (e broeslcq Eil. 1341),
qgces, zgceso, lees-uceu^>ds (pqlmds, skarnds, mqladS)
nqStrdis, soezjq, scebro, feergq, pdrge, cerno, qgkceznq, kqrd-
zan, freesan 3558.
§ 45. ft O ce bei folg. Nasalis, wenn keine Entnasalierung ein
trat (fil, ü, vargü, dazu): 1. leem, feem, zgrmm, -umen )>
dm (tergdm, feddm, skotdm, tridm, bcpjdm, veldm) 2. pdjn
sdjn. — ce in Icenazdi ist durch Tonlosigkeit zu erklären,
vgl. pcßleh ,pulce‘.
§ 46. ü)>i nur in meslcul (vgl. § 22), welches i auch im trient.,
brg. (miskol, mesquel) zeigt.
Vokalquantität. I. In den Oxytonis ist der in rom.
Auslaut getretene Vokal immer kurz, doch bilden das neuere
ü < m und das i < ej in Tu. (§ 14) eine Ausnahme. Folgt dem
betonten Vokale "ein Dauerkonsonant (l, r, ft, s) so ist der
Konsonant kurz und ohne artikulatorische Energie; der Vokal
wird verlängert. Folgt aber ein m, so wird der nasalisierte
Vokal sehr kurz: der Lippenverschluß ist um so energischer
und andauernder. Auch die labiale Spirans f bedingt Vokal
verkürzung und wird energisch und lang artikuliert. Bei fol
gendem auslaut. Explosivlaut ist die ganze Silbe kurz. Eine
Ausnahme verursacht die Entnasalierung: der entnasalierte Vokal
ist immer lang, fast überlang. — Folgen dem Vokale zwei
Konsonanten so ist der Vokal immer kurz.
II. In den Paroxytonis ist der Vokal 1. kurz: a in ge
deckter Stellung, zu welchem Falle auch die fallenden Diph
thonge gehören: äjgq = bäjt, ß wenn der auslautende Vokal
a(^> o) ist; 2. lang: a wenn er am Ende der betonten Silbe
steht und die auslautende Silbe auf a(>p) ausgeht, ß immer,
ohne Rücksicht auf Position bei eingetretener Entnasalierung,
doch ist im allgemeinen der Vokal überlang, wenn die Bedin
gung II 2 a eintritt: kütrq gegen v$:t§r.
III. In den lat. Proparoxytonis hängt die Länge des
Vokals von den romanischen Positionsgesetzeil (Silbentrennung)
ab. 1. Ist aus dem lat. Proparox. ein Oxytonon geworden, so
Die Mundart von Valvestino.
19
gelten die unter II aufgestellten Gesetze, doch ist zu beachten,
daß jeder Vokal, der auf einen Diphthong zurückgeht, unter
allen Umständen lang ist, vgl. pero ,pecora‘.
2. In romanischen Proparoxytonis ist die ganze Tonsilbe
kurz; innerhalb derselben ist die relative Länge des Ton
vokals von dem Positionsgesetze bedingt: das d in golädggq ist
nicht so kurz' wie jenes in grämbulq oder kdSpulo, ebenso ist
das e in p'ed§go etwas länger als das sehr kurze e in d'erb§dq.
Diese Quantitätsgesetze gelten nicht allein für das
getrennt beobachtete Wort, sondern auch für das Wort
im Satze, am deutlichsten hier, wenn das Wort den
Satzton empfängt. In den anderen Fällen werden die
Quantitätsunterschiede durch die Verminderung der
Länge der Silbe herabgesetzt. Beeinflussung der Quan
tität durch den Sprachrhythmus ist nachweisbar: Län
ge der unmittelbar vorhergehenden unbetonten (im
Satze auch nebenbetonten, zu anderem Worte gehören
den) Silbe bedingt die Abkürzung der folgenden be
tonten Silbe, auch wenn sie unter dem Drucke des Satz
tones steht.
Die unbetonten Vokale.
I. Im Auslaut.
§ 47. 1 a^> o kurz und sehr offen, sehr nahe dem ä, welches die
durchschnittliche Entsprechung des lat. ausl. a in der
Sprache der Jungen ist. In den Enldit. wird a wie im Vor-
1 Auch in der Valbona habe ich für auslaut. a unter den satzphon. Be
dingungen, die für Valvestino gelten, einen velaren Laut gehört, den
man als ä oder sehr offenes o bezeichnen kann. In dieser Beziehung steht
meine Aufnahme in sehr scharfem Gegensatz zu jener Ettmayers, der
(LmbL.—Parad.) für die untere Valbona als Entsprechung des lat. und
roman. auslautenden a ein ,halb palatales 4 a angibt. Der Unterschied zwi
schen diesem a und dem gewöhnlichen o-Laute besteht in der Lippen
artikulation, die gar keine Vorstülpung aufweist. Die akustische Ähn
lichkeit beruht auf einer Kompensation des erweiterten Ansatzrohres
durch größeren Kieferwinkel. In Bg. wird a zu einem ebenfalls mit
großem Kieferwinkel und mit Lippenrundung gesprochenen breiten Vokal
der a—ü Reihe, der vielleicht annähernd mit o3 transkribiert werden
könnte.
2*
20
I. Abhandlung: Battisti.
ton zu cl: stq kazq, na fqnnq; ebenso in der Verbindung
Adjekt. + Subst. bei vorhergehendem Artikel oder hin
weisendem Pronomen: stq fIq,, nqj belq kazo aber /«: belq
kazq. Durch Nachstellung des Adjektivs unterliegt das
auslaut. a des Substantivs nicht der Satzphonetik: ke, [stq,
nq, Iq] kazq grqndq.
§ 48. I. unetymologisches auslautendes a zeigen:
a) 1. Fern. III. Dekl. )> I. Dekl.: avq, [amvidqj, bazq,
kalo, kgeq neben kcef, gagq 3657, groeq, rqndenq, neun,
kugq, pqlü[v]q, fevrq, frqeq, Semegq, kdnqvq 1599, pqzo,
forvazq [beeinflußt von Sqzilrqf], pult(a) [beeinflußt durch
frizq?], qpkceznq- ad. dulsq, grqvq, finq u. a.
2. ursprüngl. Maskulina: kajpqlq, kalmq, fanq, kqrnq,
kontra 2382, arganq, kqlcq 2009, bqstq, mttrq, rampinq [mit
Bedeutungsverschiebung]; beko Deverb. aus bekur?
3. Reste des neutralen «-Plurals: dig neben di zu Sing - .
de, brasq.
ß) bei der Adverbialbildung: sqt,(q), nsemq, fcer(o),
n §gqt(o), püi'ifq), c tk(q), doko > dolcö (Ca., Bnd.). In prä-
positioneller Verwendung wird das ausl. a wie vortoniges
a behandelt, ebenso beim proklit. Adverb: hkq te, sota
Iq spinq.
II. Verlust des ausl. a: a) l.imperf. ind. -dg, -7g (Übertragung
der Endung von 1. praes. ind.).
ß) beim Femininum des prokl. Possessivsadjektiv.ums:
mc, to, so.
C / 0 7 O
§49. u, o, e, i sind abgefallen bis auf das flexioneile g der
1. Person (vergleiche die Flexionstabellen). Zur Entfaltung
von Stützvokalen bei primären und sekundären Konsonanten-
verbindungen wegen der Unterdrückung auslautender un
betonter Vokale vgl. §55. Auslautendes erhaltenes o wird
zu einem reduzierten, offenen u: znidju, tivju, oelgu, Vilgu,
scirgu, qzmdrgu, kqcu, leljju 5040, vedargu, prqpargu,
qkuargv, kqlibrju. Das g der ersten Person in der Ver
balflexion ist also wie nsbg. i, brg. e (Brg. A. M. § 42) se
kundär aus nachgesetztem ego entstanden. Zum Alter des
Vokal Verlustes vgl. man fo, gro, vo, mit, vielleicht auch
znidju, tivju, wenn hier keine Rückbildung nach dem Fe
mininum wie in/c rüf und (v. a.) (Ar.) nüf vorliegt. In bree
Die Mundart von Valvestino.
21
7>ice kann spätere Vereinfachung aus *brceu, *mceu einge
treten sein.
§52. l ebenfalls gefallen: er, fürs, slcuaS, ifcee, mel, vint (in
diesem Worte ist das Fehlen der Palatalisierung auf großem
Gebiete auffallend). Beim Plural der Maskulina (soll man
von der it-Klasse ausgehen und Übertragung auf die
Maskulina der 3. Dekl. annehmen?) hat das % deutliche
Spuren in der Palatalisierung des apikalen auslautenden
Stammkonsonanten hinterlassen.
1. cons - t, d > c: gac, pec, dec, fglygdc, lec, bqrgc, tone,
karge, rgc, pcirleS, grge, tcpic, grqnc, sqnc]
2. n f> ü: an, dz§n, dr&gn, kgrgü, §g§n; -li wird über
Ij >j. Dagegen bqlc, leek, broJc, mgnek, bar§lc, sef, arlef,
laf, gqmf, luf, korp, tricem, blaim, kam, kolum, -drju er,
veder, fjur, veger.
Bei Entnasalierung bleibt das Wort unverändert: sing.,
plur. lni, pq, fe, arnii, spi, fii. Zum analogischen Plural grg
vgl. §5. Leider fehlt die Beobachtung Uber die Pluralbildung
von pjglcul, okul; vielleicht geht die Palatalisierung in den jün
geren pjcec, ope eben vom Plural aus (vgl. § 28 a).
Zum Alter des Verlustes des ausl. Vokals vgl. man -ati >■ (,
pre; mit -all gehen auch -adi, -agi: grg, fe und lte, (sing. ko).
Daher ist * in bie, pe, du (mask., gegen fern, do) dem Tonvokal
assimiliert worden, vgl. man di ,diti‘ aus dej zum sing. de.
§ 53. 1 «s^>e in der VerbalHexion und im Plural des Femininums.
Die Erhaltung dos § deutet auf eine Reduktion hin, die
jünger als die Apokojm von e, t ist. Für die Vorstufe
i sprechen die Fern, auf i in der Ma. von Val di Ledro
sowie die Schreibungen der Fern. Plur. bei Flurnamen auf
der Katastralmappe von Valvestino. In Ca. und A. soll
die Erinnerung an die Endung des Fern. Plur. bei einigen
Alteren. vorhanden sein.: Zeitlich dürfte die Reduktion
«s^>f aus lautgeographischen Gründen mit jener des pri
mären i nicht zusammenfallen. Eine Palatalisierung des
apikalen Stammkonsonanten hat i <C as nicht bewirkt.
Eine Beurteilung der Entwicklung des ausl. is, (es) scheint
mir nicht möglich: *voles, *toles(> vce(l), tce(l) lassen sich in
1 as> i beim Fein, und in der Verbalflexion auch Bg. und va. in Ba.
22
I. Abhandlung: Battisti.
der vollen Form (voel, tcel) entweder aus voll oder aus älterem
volj > voj + l der 3. Fers, erklären, in der Kurzform (vos, tce)
entweder aus voj mit Assimilation des j nach dem Muster der
übrigen einsilb. Präs, (ge, dg, fg, sg) oder aus älterem vcel mit
Anlehnung an 1. Sing. vo§. Es liegt aber kein Anlaß vor zu
einer Vorstufe * vols, *tols zu greifen, welche Brg. A. M. § 44 un
richtig für das brg. postuliert wird.— atis, -etis, -itisj>-e, -e [Val
bona, Bg. i deutlich aus älterem gj!~\, -i nicht über -ats, -ets, its
in welchen das s kaum hätte verschwinden können, sondern
über -adi, -edi, -idi j> di -ei -ü. Auch in dieser Frage kann
ich Brg. A. M. § 45 nicht beipflichten.
II. Nach dein Tone.
§ 54. Synkopierungsverhältnisse sehr unklar. Direkt belegbar
ist der Vokal Verlust bei auslaut. a (abgesehen von gemein-
rom. Fällen): 1. zwischen m-n, r: fgnng [Somng aus somnär
neben someno], [gmbrg ombrär~\; 2. zwischen s-m, n, r, n-v
ist der Vokal abgestoßen worden, doch bleibt die scharfe
Silbentrennung: sfrqzno, qmpazng, lce£ng, qrjkoezng, lizng,
dezmo, \g unter Einfluß von des], bcezmq, mqzrg; kqnvo %
Beim Lentosprechen schiebt sicli nach der Tonsilbe ein
kurzes ä ein: 3. zwischen m-l schiebt sich b ein und der
Ausfall des sekund. Vokals ist fakultativ: grq m b(u)lg, sem-
bfujlo. Im letzteren Falle ist die Synkopierung älter als
die Auslautsgesetze, vgl. r§ze m bul.
Im Gegensatz zum brg. trat keine Synkopierung ein
zwischen m-t: semig sentiero (brg. henda) [meg mit Akzent
verschiebung ist kein sicheres Beispiel, vgl. brg., brsc. meda
gegen nsbg., lomb. and,ob], dagegen spricht die Erhaltung des
sekund. d in der ursprüngl. Itic-Verbindung für einstige starke
Reduktion (eventuell Abfall) des nachtonigen Vokals: -aticu]>
ddek, kodegg (Behandlung des Tonvokals wie in gedeckter
Stellung, vgl. §§ 35, 36) gegen kuisg, golddggg, sqlvddgk, bjddgk
u. a.; mit diesen Beispielen geht auch hier pgdegg (ebenfalls
mit Behandlung des e wie in geschlossener Silbe) gegen pezi
,pedicino‘. Ebenso deutet e <ji in semggg auf ältere, über
wundene Synkopierung. Ist perg ,pecora‘ bodenständig, so
würde dieses Beispiel gegen die Synkopierung zwischen Lk-r
Die Mundart von Valvestino.
23
sprechen, da prim, und sekunder bleibt: aus *pewra (brsc.peurq,
valmagg. pewra) wurde pyro, wie aus rheuma remo. Den
Unterschied zwischen legur und perg erkläre ich aus den ver
schiedenen Auslautsbedingungen, vgl. hiezu Mg an <ß peuma,
egan. Mit pgrg geht bezüglich der nicht eingetretenen Syn-
kopierung pertegg gegen brg. perga, perdega, während das d
in c[ndcji nicht wie das d, b des brg. perdega, derbeda ,erpice‘
zu beurteilen ist, sondern auf Kreuzung zwischen änticu 503
und andito beruht. Ebenfalls keine nachweisbare Synkopierung
in peten im Gegensatz zum brg. peken. Für die Verbindung
4. pik- habe ich keine Beispiele, da reogk ,erpice‘ eine Rück
bildung aus revggür ist (4143).
Wieder an das Venezianische mahnt die alte Synkopierung
zwischen nd-t in fendg, rendg. Aus ärng läßt sich bezüglich
der Synkopierung keine Schlußfolgerung ziehen, da ich den
Erklärungsversuch Brg. A. M. 33 für mißlungen betrachte: vgl.
RILornb XLI 208, REWörterbuch 4092. Zum sekundären
Vokaleinschub bei Abfall des ausl. Vokals in -adgk u. a. vgl.
man pader, madgr, vgdgr.
Für die Stellung der MA. ist zu beachten, daß das Lev des
proparox. Infinitivs im Gegensatz zum brg. erhalten bleibt: setgr,
batgr, roter^ metgr, skgndgr, tesgr, mülzgr, lüigr (Vokalentwick
lung in freier Stelle!), füzgr, zbarlüzgr, drevgr, pjcevgr, doelgr u. a.
sowie skcevgr, meogr, in welchen v t v wie sonst in intervokalischer
Stellung verschwand.
§ 55. Der Stützvokal richtet sich nach den folgenden Konsonan
ten: u sehr offen und kurz bei folg. I) a mit individuellen
Schwankungen von U bis ä bei folg, n; g, meist sehr offen
bei folg, r und k. In raschem Sprechtempo werden diese
reduzierten Vokale aufgegeben, der Dauerlaut wird silbisch :
a) kdpul, zbdkul, sdbul, djbul, tembul, stembul, rgzem-
bul, grqndul, gdtul 177Q a , dqngkul, gkul, pjgkul, meskul,
rqskul, mqskul, serkul gegen sggal; ebenso in romani
schen Proparox. grämb[u]lg, semb[u]lg, sgbgrbulg, sdkulg,
kqßp [ujlg.
ß) began, egan, nväran, nfäran, drzan; fgram; rmdang.
y) vgngr, tengr, zmgr, sengr, zaneogr, s§nd[v]er, pd[v]gr,
dSgr, zgddgr, sgmpgr, sglvstgr, Iqvestgr, vetgr, dgtgr; -cj,st§k,
cjndgk, -ddgk u. a.
24
I. Abhandlung': Battisti.
§ 56. Wurde die Synkopierung durch den Ausfall eines Kons,
verhindert, so wird oß> u: pqul, beulo, frggäul, seulq [hie-
her gehört aucli legur, vgl. § 54], e assimiliert sich ent
weder dem Tonvokal grpn 3857 oder wird j: kdjno; das
im Hiat mit q aus _Lida gebliebene i wird zu g: sqltjq,
i0ß m, geiße
ln. Vor dem Tone.
§59. Zwischentoniges a ist als reduziertes, kurzes a (q) erhalten.
§ 60. I. Vollständige Synkopierung ist eingetreten:
a) zwischen zwei Dauerlauten: zmarlaq, zgarlet; kolnrl,
bqldrinq; Sqndrü, somndr (und Snnndr), trembldr, kambroes,
ombrar, kombldr.
ß) zwischen Liquida und
1. k ]> g: morganq, zmargdr, kargar; vqlgü, folgdt,
mqlgäs, dqlguar 5076, während in barggdr — baregq der
Einfluß von bargk sich geltend machte.
2. c <(z: pcelzi, Hql&erq, molzqnerq, felzdl, barzrlq 1038 2 .
3. v: gualvdr, kqnval.
y) zwischen z und
1. Dauerlauten: blqzmdr, qznü, pjcezndr, mqzndr, deßnür,
dgzndr, mqzldr.
2. k > g: rqzgü, mqzgi'i, zbjqzgdr, roZgarcelo, rqzgdr,
blnzgdr.
d) zwischen Muta und Dauerlauten:
1. I (in späteren roman. Synkopierungsfällen): trqpli,
kqbldr, trqglu, bregldr, fogldr, ogldr.
2. r: scßdraq, sovranq; kqnvrdl Pil. 1599.
Die Synkopierung erweist sich somit jünger als das
Lenitionsgesetz.
II. Die Erhaltung des sek. d beweist ferner, daß einst min
destens eine sehr empfindliche Abschwächung des Vokals in
der vortonigen Silbe im Komplex -sitL, eingetreten
ist; das § der neueren Aussprache macht den Eindruck
eines Stützvokals, umsomehr als es in raschem Sprechtempo
unterdrückt wird: [Igjmgdal (m’ddl), dgzgddr (dß’ddr),
mgzgddr {meß’dar). Wie das £ < s der zwei letzten Bei
spiele, deutet z <( c in vqzgnql und der Ö-Einschub in
Die Mundart von Valvestino.
25
gombgzel auf einstige Synkopierung (sm $> zm, sd ß> zd).
— ncj.stg-nq.stdr ist über ganz Norditalien verbreitet.
III. Ist die Synkopierung nicht eingetreten, so 1. entwickelt
sich e~>j im Hiatus: rojldr, rcjzjäur, rojgär, mejlär, naj-
zdg, Jcajdel, kajnäs, rejzel; irmgekehrt pjürü. Ferner: slia-
vjdr -skqvegg u.a.; 2. e bleibt als reduzierter, geschlossener,,
zu ö neigendem Vokal: loene.sde, pgrlggär, istgmang, mar-
tfi.de, porsglang, mastggär, körte,las; 3. i wird ebenfalls
zu g: rcdegang, molgngr. In Ca., A. wird an Stelle von
g eine kurze Pause eingeschaltet porsding, mqs’gär und
maßd'gär, kord’lqs, perd'gär, moVngr. 4. o scheint zu
bleiben, doch ist das Beobachtungsmaterial nicht sicher:
mardodcl, legorst, pqstordl. 5. häufig tritt Assimilation
an das a der anlautenden Silbe ein: bqtarcelg, bqzqlesk,
pqrqdglg, nvirqskdlk, mqskarpu, scj.qgwcj.ni, Sqkcdi zu sqhrlg
skcj.vcj.ting zu skavetg.
IV. Aus dem erhaltenen zwischentonigen Vokal entwickeln
sich durch Ablaut beim Verbum terziäre Vokale:
ui_ ~> o bcjbuldr-bqbglg; mpcjHulär-mpcjstglo, pqntusär-
pqntgsg, mgntundr-montong.
q!_ ß> e rentggdr-rentegg, zbqbgrldr - zbqbcrlo, bglsggdr-
bolsegg. Ebenso entsprechen zbjqzgdr, rozgdr, blozgdr u. a.
die 3 e Sing.: zbjqßggg, rozrgg, blozegg, was auf die hier
später eingetretene Synkopierung als in bläzmg, dgzng,
maSng, kabln, ceglg schließen läßt.
IV. Im Anlaut.
§64. Aphärese des a. — Nebst den üblichen Fällen vgl. man:
a) femin.: gal, fang, golang, ggj 127 1; marenelg, sqzelg,
zihg 281 2 , murlclo, meg, nggg 440, bqrqping (brsc. albera-
pina), relg, nedrg, gmli (über *moli vgl. brg. amult) 4024,
guino (brsc. aiguina), srgg 842, bondg,vicg, stdo, sprfijelg
709, zeto 490, «es ,Agnese‘, Sämig ,Assunta*.
ß) auch sonst, so daß die Aphärese, abgesehen von den
Fällen, in welchen das a durch den folgenden Konson.
gebunden war oder durch Flexions- und Ableitungszwang
festgehalten wurde, als normal erscheint: rgbciger, nomdl,
zi, zigul 104, zärp 94, nokli, bgti, bjadgk, siel zw 840, ledm;
26
I. Abhandlung: Battistl.
oetdr, zendr *aginare 281, redr 672, rcdr, [rozceldr,
wenn zu 678] skarüs 700, lis, des, dceSdr.
y) selten und unter besonderen Bedingungen mit Abfall
des folgenden Ivons.: bjcel (dissim. Verlust des ersten V), nii
(über onis), vicenagq, boenago (Kreuzung mit brceno) 654.
§65. 1. In nicht direktem Anlaut wird a bei folg. r con ‘ zu
einem sehr palatalen «, sonst zu einem dem ä schon sehr
nahen q [Bl., Bnd. ä f> g],
2. a q im Hiatus mit ü: mqu, noü, mqür, sqük.
3. uaf>o: zgonzi zu zguqnzq, &gqnar 3 e präs. Sgudüq,
kogqstgr, golif, Skosqur, gorddr, korezmq, korqntulq (neben
kuqrqntulq), kozolqt (A. Ca.) zu kuazul, und zgoltqrü
neben zbqltqrü.
4. Andere Fälle von a f> q haben einen besonderen
Grund. — skorpel beruht auf Kreuzung mit brg.-brsc.
skopel, bqdorel 988 mit bqdolq, bqgu mit bqgq, fonel mit
fo, bozi mit pus (tir. bussen); in mqrqnq (vgl. für andere
mundartl. Belege von o statt a in den Ableitungen von
marra 5369) und vielleicht in vqgüs neben vqgüs könnte
Assimilation vorliegen; o in poelo, lometarsg, bobdi ist sehr
verbreitet.
§ 66. a im Hiat hat sich in einigen Fällen vollständig assimi
liert; das Alter des Hiatus scheint dabei keine Rolle zu
spielen; kel (neben dissimil. kjel), frei, fiel, grgntdr,
tel, tqlo, trel, bqlq, nglgq, keso, tlarino, situl.
§ 67. a e selten und unklar: sertür Brg. A. M. 23, bregnlt,
und im importierten belcqlq (Einfluß v. bekdr ,pizzicare,
del sale ! , dann (kaum durch Einwirkung des Präf. re,
eher durch Assimilation erklärbar) restel, remrgk. Auf
Assimilation beruht die Nebenform (A., Tu., Ca.) merlet
neben marlet. — mgngrq und mgnent lassen sich von den
westtrient. majnera, majnent, nicht trennen, ebenso deutet
pgrgar pariare auf ursprüngliches aj (vgl. meno, sgzü).
Zu bgsdkulg vgl. brsc. baisacola.
§ 69. e, if>a: er 00 "* f> ar cons lavester 5038 2 , fraver, pqgerq,
mqzärgq, pqnel, sqzürq, rqzjqur, bqskqt, bqskqrt, bqzqul,
graspi, lqsi[v]q, sqlestgr, kqlibrju, fqles, spqrü, gqrü,
grqper, spqrel, mnrezdr, maßet, dqbqt, dqgoret, skqli, dra-
vir (neben drevgr), sqgqrq, bqürkq, sqnfoej, sqndrü, vqnsel,
Die Mundart von Valvestino.
27
varselo (Bo.), zqnzi(v)o, mitunter auch heim Ablaut:
guarnar-guärng, sardr-sero. Die Liste der Fälle e^> a
würde sieh um ein bedeutendes vermehren lassen, wollte
man die Fälle heranziehen, iii welchen dieser Wandel
auf Assimilation zurückgeführt werden könnte wie z. B.
sqfcj,, sqna(v)gr (auch brg., brsc.) oder arbqraelg.
Ebenso in direktem Anlaut, insoferne hier keine Aphärese
eingetreten ist: in, im an, am.
§ 70. e, if>0] zu den gewöhnlichen Fällen kommen hinzu fogq,
moiiagg; )> ce in ngrcedr, fcenarcel, vceloem, bcetgnggo,
Imam.
§ 71. 1 e, if>i a) i. älterem Hiat pierü, didl, dielg, dq/niel, piän,
pigkul, miolo, (neben mengl), bjulk. Daneben bei (Flexions
zwang) und in jüngerem Hiat neu, mgd.sk 5548 und, mit
Akzentzurückziehung, bgulg.
ß) i aus sekund. e-\-i: rgjtqdi und ritadi, dejli und
dili, mejtq und mitd, pizi■ vgl. kiti.
§ 72. Schwund des g a) durch Assimilation: vel, sei, büo, rortü
neben reortis, burkg 0. N. [neben bqurko], rgjgt u. ruqjgt,
bulle u. bjulk; Icgstjü, kgrtür sind ein Analogon zu § 65 3 .
ß) durch Aphärese in der Nähe eines r, selten eines l:
fr er, tre, bros, prigul, traging, tlqring, zraj, zgrat.
Bei anlaut. r entwickelt sich über f ein ar: uruii, argoi,
argo§r, arlef, arlilmjo, arlgj, arsggi, arsgzii, wenn zu caesa.
Zur Zeitbestimmung beachte man, daß das sekundäre g aus l
in dieser Verbindung bleibt: rgval, rgvdo, rgggt.
§ 74. i)>l. g (reduziert, sehr offen) vgnet, slcgldt, pgrcel, bggq-
rcel, bgsdt, bgzdt, trgpäs, pgtur, /m] brgzgni, zgrgsqrcelg,
stgsu, pgstii, pgsü, pgrcel, pg.ru, vglä, fglii, pglgt, fglet,
spgnart, fggq, igln, rgbebg. Ebenso beim Ablaut: rgvdr-ri-
vg, Igmdr-limg, dgzom-diS, skrgvom-skri(v)gr neben sgsdr-
sgsg, rgSdr-rgsg.
1 In der unteren Valbona und in Bg. werden vortoniges e und das aus i
entstandene § bei i in der folgenden betonten Silbe zu i gebracht.
Mir ist kein Beispiel von e > i bekannt, wenn der Vokal der folgenden
betonten Silbe u oder u ist. — ü oder i scheinen auf die Entwicklung
des vortonigen o keinen Einfluß zu nehmen.
28
I. Abhandlung: Battisti.
2. ce in einigen Fällen bei labialer Umgebung: bcescel,
blaiShdr 1171, faeloem (Assimilation?) pcefamq- in Ca., Co,
pcepdr woraus pcepg, foelü, pcelgt; u (er) in scertg ist ziem
lich verbreitet.
3. i im Hiatus: piü, pidr, nidl, bim Pil. 1183.
§ 75. Reflexe von e, nicht von i finden wir nebst den gewöhn
lichen Fällen auch in pqig, fornir, Unuso.
§ 77. Im Gegensatz zum brsc., das bei betontem u vortoniges o
zu u umlautet, und zum brg., das den Umlaut auch bei
folgendem betonten i durchführt (Brg. A. M. § 31) ist das
Vestinische für jeden Umlaut unempfindlich und bewahrt
o auch bei folgenden (-haltigen Konsonanten (vgl. § 71):
a) bokü, kokiing, bgskä, morüS, holung, bodrju; ß)mosi,kgnic,
kosino, fjorir; y) bogasg, fogdi.e bogt, gogdr, mogi, mogü,
mnli, pogano, pggdt, dobjani; 8) motel, bonelo, sozcr, botarel
1427, fglgsa 3419, holet 2037, fgzendl, fondr 3582, mosen.
Dagegen o oder o bei folg. r Mns : bornis, kornls, ihgrlir,
tgrzir, kgrnif, bordü, kgrdel, hgrnarcel, horvt 2423. — Zu u wird
o im Hiat: buer, martuel, nuär, nuis, ruelf, skurl, nuis, kuiSg_
hruelg, paar, aber gloi über glovi.
Bei den Verben ist der Ablaut regelmäßig: kontdr-kontg;
sholtdr-Skulta; zgoldr-zgulo; ggzdr-guzg- tornär-turng. Kur schein
bar widerspricht scegdr-zcego: vgl. trient. zugär, brsc., brg.
zcegd, giügd.
Ebenso unbekannt wie o > u bei folg, i, ü ist o > ce, ü in
Fremdwörtern, bei folg. Palatal oder in velarer Umgebung (Brg.
A.M. §32): a) ppenjü, ofisi, dominekg, formiqglg, kgndi, bot egg,
bot er, glig- ß) gomusel (neben glamost, brg. göminsel), gomtir
(brg. garnier).
§ 78. a) e statt o bei den bekannten Dissimilationsfällen: regut,
lergi, skarpjü, palmit, parfont. Ebenso aus alter Vokal
assimilation in rendenino.
ß) o i in den zwei verbreiteten Beispielen niscelo 5980,
livcirk 6073.
y) i> as in den bekannten Fällen bceel, hcecdr 2012,
cezmdr 6112 und rceeldr, Rückbildung aus rceel (Brg. A.M.
§ 30); krcedr nach krceo.
ö) > a: argdn; mqni 5660 (Kreuzung mit manu).
s) hgstü ,eostone' (Dissimilation ?).
C/fr
Die Mundart von Valvestino.
29
§ 80. Abfall:
a) in direktem Anlaut: lok 6063, vak 0069.
ß) in der Nähe eines r: kronelg.
81. u ß> 1. ae (kurz, reduziert, offen) atserg, oezardlo, rnbrre-
iidgg, moezdlg, mceroel, broezi, boegatino, zbrcezü, broezqrodo,
brceslci, Icezndg, peeting, poetelg, dcpgdl, doerel, Icezgriffcezang,
soedrdg, spa;i, brceni; mit Akzentzurückziehung podgk.
Beim Ablaut: mcerdr-mgürg, moegdir-mügg, scear-süg, ktvrdr-
kürg (vgl. § 43). — morgang, morgandi hat das o von sorex
auf breitem Gebiete 5760. Auffallend druasg zu 2780.
2. e a) durch Entrundung hei folg, m: fgmar, romjdr_
tgnrnr, lenxi (neben leenu, letzteres durch Anlehnung an
l(pni), Igmas (Ba., Bo. Icemds). An Einfluß oder an Dissi
milation des Präfixes könnte man bei rrboebjg denken.
Schwerlich gehört rgniuv liieher. Ziemlich begrenzt: pgnil
(Ma.), peting (A.).
ß) Mit Schwankungen im Iiiat mit n: snir, freu neben
(front).
y) zu bgzcel 1376. zu geddS Brg. A. M. 28. Sehr ver
breitet: sesdr (brg., Valbona cicai•).
82 I. au ß> a) zu o, (bzw. u): lori, ordj, gotaru, kluerg, tgriso,
toping, flokds, gstarcel (§ 36 a), sporüs, ngzdr.
ß) zu gl auch im Yestinischen in olzel.
y) qskär ausicare unter Einfluß des Präfixes (804).
II. ai ß> a: pqtclgt, garu: vgl. § 67.
Yokalquantität. Die Vokale der unbetonten Silben sind
im allgemeinen kurz, ganz besonders die reduzierten Vokale
in vor- und nachtoniger Silbe. Von den Vokalen in direktem
Auslaut kann nur g halblang sein: i, u, § sind äußerst kurz
Lange unbetonte Vokale finde ich nur in folgenden zwei
Fällen:
1. Wenn der unbetonte Vokal das Ergebnis einer Kon
traktion ist. oder wenn Entnasalieruns; vorlies't. Die Länge
einer solchen Silbe bedingt die Kürze der darauffolgenden
Tonsilbe.
2. Jede einer betonten kurzen Silbe vorhergehende un
betonte Silbe weist einen verlängerten Vokal auf.
30
I. Abhandlung: Battisti.
Konsonantismus.
§83. I .inlautend und nacli Konsonant apikal; l>ei folg, j, i, ü
tritt Assimilation ein, die zu einer beginnenden Palatali
sierung führt. In engerer syntakt. Verbindung wird bei
vokalisch auslaut. Proklitilcen das anlautende l des fol
genden Wortes wie intervokalisclies l behandelt.
§ 84. a) unorganisches l durch Verschmelzung mit dem Artikel:
Iqmbroü, laves, lq m , [llqnto (aber antel), Iqnzg, bgzlqu;
§ 57 leskg, lipro, Intü; bei konsonantisch anlautenden Fe-
min. habe ich nur Inbür 1409 (brsc. Ursprungs?).
ß) Verlust des anlautenden l: I. (durch Dissimilation?)
oBgrolii, besser durch Kreuzung mit uccello zu erklären,
cezarcelg, [l]cez§ri, [ljumbul; II. durch falsche Trennung
des Artikels: qmpqng, dv§r, qvrl 4804, dres [IJqves, rgbqgcr
(gegen celyu lori), gkdo 5122; hierher kann man auch
cmtdno o - eg:en brs:., brsc. lentana, lantana rechnen. Durch
den gleichen Vorgang ist mitunter die ganze anlaut. Silbe
in Verlust geraten: vino (gegen laf), tanjg, melg 4866;
vel, ziü, leezin (Ar., Bl.), meddl 5052 (Co., Ca.)
§ 85. 1 "l v sehr schwach apikal artikuliert; kleine palatale oder
velare Erhebung des Zungenblattes je nach dem folg. Vokal.
Spontaner Wandel v l" )> v r” unbekannt. Bildet das l eine
sillabische Einheit mit einem vorhergehenden Vokal (also in
den Fällen m>1: l + con«, vok l im Auslaut, wenn das folg. Woi't
nicht vokalisch anlautet), so wird das l dorsal gesprochen;
palatale Färbung nur bei i, e, sonst eher velar. Vgl. § 1.
§ 88, 1. Für Schwund des l cons in betonter Silbe habe ich keine
sicheren Beispiele: notgr, vgtgr, in welchen o der sonstigen
Entw. von a -f- u entspricht, haben die Funktion der ton
losen nos, vos übernommen und es wäre deshalb der Ver
dacht einer syntakt. Abkürzung nicht abzuweisen; doch
weisen l-ötgr, n-utgr und löth'd.e, auf dissim. Verlust wegen
1 l in Bg. im allgemeinen apikal. In romanischem Anslaut und vor
Konson. dagegen dorsal und zwar ziemlich deutlich velar: es entwickelt
sich in diesem Falle zwischen dem vorhergehenden Vokal und dem l ein
Übergangsvokal, der die dorsale Zungenstellung eines u hat, aber ohne
««-Stellung der Lippen gesprochen wird.
Die Mundart von Yalvestino.
31
des l des Artikels; ebenso im seltenen und v.a. kökü neben
neuerem kuqlkeü und valk. In floh, flgko mag das nach-
kons. I (*flalca) den Anstoß zu Dissimilation (*flauca)
gegeben haben; u<^l in diesem Worte ist auch trient.,
veron. und brsc.; Ygl. 3159. In unbetonter Silbe scheint vor-
kons. I einem vorhergehenden o assimiliert worden zu sein:
bosir, bosii, motu, pozi, poti, voti, kgmqncl, [bgdräs] dokdr
2791. Dagegen bildet onis bekanntlich einen Fall für sich.
2. Verlust durch Dissimilation liegt vor in ubjoel, vgl.
ajbul; für ähnliche Beispiele § 89 a, 2.
3. l^> n: zmqnSaring, mqnSarcelg.
§ 89. Nach Kons, ist l apikal geblieben; auch in diesem Falle
macht sich der Einfluß eines folgenden i, ü geltend. Die
importierte Palatalisierung ist besonders bei vorhergehend.
Guttural in der Sprache der Jungen fast ganz durch
geführt: c, g entsprechen den .rattrattc di secondo grado 1
im System Goidänich. Die Artikulation der dem l, bezw. r
vorangehenden Konsonanten ist sehr schwach,
a) Anlaut 1. plaS, plqzir, plgmcts, plcef; floh (mit Um
stellung), flur, fiel; blqm, blestg, zblqk 1163,, sblcesir.
— lclaf, lcliLcrg, Iclgtrl 1901, hlgso; gla(v)o. glqmgst, glcem
3805; sekund. in glazo 3829, 3874, glajngl 3646.
2. Abfall des l sehr selten. Dissimilation könnte vorliegen
in gqrel 3779, ggmutiel (import.? vgl. glqmgst), kaulo 1983,
gqndul gegen glqndg, pqncl (Einwirkung des begriffs
gleichen pat?), fqntflg, (brg., brsc., ver.) fgkul gegen flgk,
kqStrel. Ganz vereinzelt ist der Verlust der Tenuis: loto.
3. Ebenso selten ist kons l !> 1:0113 r. Assimilation könnte
vorliegen in brodräS neben bodräs, krezürg, graber 3647,
• grir; frdgul ist nach 3362 zu beurteilen.
ß) Inlaut. Erhaltung des l schon selten, skaesdklg,
rgltlg, sglclg, tiraklg, zvii(ij)klar, nokli; kdpul und ähnliche
vgl. § 55 a. — pl bl: stoblo, koblo. Beachtenswert,
daß in der neueren Ma. v kl v nicht <], sondern c entspricht
(vgl. Brg. A. M. § 75) vico, v§cang, rnncü,keecer, kqicg gegen
kqfjäl, tggo, strggo, während qmvigg (qmvidg) brsc. Ur
sprunges ist. Man beachte ferner f nicht i in tego, strgtjo,
zu vergleichen mit tibjg, znidju und § 14 ß. Zum Vokal
i (nicht ß) in vieg vgl. nis und § 22 a, 1.
32
I. Abhandlung: Battisti.
§ 90. 1 r apikal, schwach gerollt. — Besonders schwach und wahr
scheinlich ungerollt im Auslaut bei vorhergehendem betonten
Vokal, der vor r stets lang ist. Einen merkwürdigen, an
jenen von l cons erinnernden Eindruck macht (wie imLedro-
tal) r cons - daß aber die Klangveränderung ,einer zwischen
koronal und lateral stehenden Artikulation 1 entspreche,
wie Brg. A. M § 58 für das brg. und ledränische (für das
zweite jedenfalls fälschlich) angenommen wird, kann ich
nicht annehmen. In Ca., Co. wird ausl. r in unbetonter
Silbe zu h, in individueller Sprache wird qv über a h zu a
(vgl. Nsbg. Ma. § 90, Bresimo).
§ 92. a) Umstellung des r wie in den benachbarten Ma. sein-
häufig: bardclg 1287 x , grolijg, armdndulo, garmjdlg, drevgr,
rjgornä, fra[v]cr, Spar Sur, bqderldr 895, krgf, prosjü,
Stropjd, trubju, kravo u. ält. klqvro, drn[v]dr, gzmargu,
gzmcr 652, fgrgü, nqstrces [;parveS, parkilro, parnunSo
vielleicht unter Einfluß des Präfixes].
ß) .Unorganisches r: streal, tru (wie brg., brsc,, vgl.
Brg.A.M § 58) neben tu, marmgrgo, sparavrer, gramer
(importierte Wörter oder Einfluß des nachtonigen «•?),
qvgrmarig nach pqdgrnoSter; zum unerklärten sfrnnzo
vgl. 3577.
§ 94. Einschub des d zwischen n'r nur vortonig, bei vollstän
diger Synkopierung vgl. sqndru gegen Sgngr, zener, vcngr,
teuer. Dagegen überall m'l, m-r mbl, mbr: grdmbulg,
Sembulg, tembul, rgzgmbul, stgmbul, trembldr, lombrdr,
lmmbrces 1564.
§ 95. n anlaut. (mit der § 83 behandelten Einschränkung) und
nach Kons, apikal; auslaut. und vorkons. (insoferne hier
keine Entnasalierung eintritt) dorsal und zwar mit leiser
Palatalisierung bei folg, i, ü, sonst mit geringer velarer
Zuiig-enhebune-, — n wirkt etwas nasalierend auf den
Einsatz, bzw. Schluß jedes vorhergehenden oder folgenden
Vokals, so daß ein nasaler Gleitevokal entsteht: mq = mag,
an = qän. Die Klangfarbe des Vokals wird durch diese
beginnende Nasalierung kaum verändert; deshalb wird sie
hier nicht weiter bezeichnet.
1 Valbona und Bg. unterdrücken das auslautende r des Infinitivs.
Die Mundart von Valvestino.
33
Bei den Erb Wörtern trat Entnasalierüng ein: 1. beim
auslaut. n: pq, mq, sq, grq, ve, tg, fe, vi, spi, li, pi, bu, tu,
su, ii, fü, vargit. Sie erweist sich j ünger als auslaut. i^> e
(§ 21) und ausl. ü^>ce (§ 43, 1 2 ), doch älter als ü^>ce bei er
haltener folgender Nasalis (§ 45). Ferner beachte man i. Sin
gular -atu = -arm )> -d aber Plural: -ati )> e gegen -ani )> q.
2. Beifolgendem tonlosen Laut: tat, kxiqt, qk[g], brqk,
malig-, detgr, det, vet, m$t, metg, tiret, Somgso; put, ut, mut,
kus, muh. Zum Alter der Entnasalierüng beachte man q,
nicht a in tqt u. a. und ü — oxi in put (poxit) gegen er
halt. o bei nicht eingetretener Entnasalierüng. Sonst ist
n (m) bei folgenden tönenden Kons, geblieben: tont (plur.
tone), parfont, mont, vexit ,vende‘ ; rendang, mqndro, zguqnsg,
mqnzg, sqxjgu, lepguo- gqmbds 1542 2 u. a.
§ 101. Unorganisches n vor velaren und palatalen Sonoren
häufig, falls sich in der gleichen Silbe eine Liquida be
findet (vgl. BgA.M. 63 und Anm. 1): [Iqmbrgü], lenzer,
migglg, Spixjgldr, fgrmvgglg, zmbjkldr, ortipglo, grqnzcel,
tengpgdr, mqnqpglel (manganu + manicu?). — Zu qx\-
gonig 291, zu qxjgcerdr Mussafia, Beitrag, 25; x^gual
unter Einfluß von in? vgl. 238; qnvril ist vielleicht aus
nqvril ,in aprile“ entstanden.
§ 102. 1. m statt n nur vereinzelt und in bekannten Beispielen:
mqprl 5821 (man vgl. noü\) und zmargdr, zmargdj (vgl.
val sass. margcl, trent., nsbg. zmargel(a), berg. zmarggt,
bresc. zmargaju) nach 5821 + 435 zu beurteilen.
2. I statt n nur in loxnbrdr 5993.
105. mn n : skqnelq ; m’n )> nn : Sgnnar, fonno.
108. m 1. anlautend (§§ 83, 95) bloß labial. — Auslautend
und vor Lab. ist dorsal; unterscheidet sich somit vom
dorsalen n lediglich durch die 'Lippenstellung. Solches
m wirkt in gleichem Umfange nasalierend wie n. Ent-
nasalierung, nicht in Auslaut aber vor stimmloser Tenuis:
kqp, tep, sgpQi- gegen leem (§ 45).
2. Durch Dissimilation erklären sich die zwei aus dem
brg., brsc. und ven. bekannten Beispiele, brlmo 5485
und barzqmi BgAM. § 59; venixdo 5599 unter Einfluß
von vilucchio.
Sitznngsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd. 1. Abh.
3
34
I. Abhandlung: Battisti.
3. Vielleicht nur scheinbar parallel mit § 101 ent
wickelt sich manchmal unorganisches m vor b, p. Die
in Betracht kommenden Fälle sind sehr verbreitet. Daß
die Beispiele verhältnismäßig selten sind, hat zum Teil
den Grund in der Unterdrückung von v p v (vgl. Salvioni,
Fonetica § 28): gqvibüs, kqmpäS PIL 1623.
4. m )> n ebenfalls nur in den bekannten Fällen znelsg
5579 2 , niS 5614.
5. Abfall durch Dissimilation in armgli 5587.
§ 112. ß und 117. — I. ”p v und v v v meist verschwunden: kel, tri,
trel, trlo, belo, Iceso trerserg, kajstrel, glajnel, krcerl, lai,
kqiklg, stvQal, sqülc, bulk, ombrjelo, bj^rcel, bqürko, Sgu,
noü, neu, ricel, pajmet, glgi; bceo, porg, d§s 518, Skug, Igo,
kqneo, kul, mul, pqul, frggqul, fqulg, grgm. Audi
zwischen zwei a ist in einigen Beispielen Schwund des
p (v) eingetreten: rang, rqnqk, satul$, sat, lcanäs, kastrel.
II. In einer neueren Wortschichte ist v < p, b, v zwischen
zwei a entweder nicht unterdrückt oder wiederhergestellt
worden; die Artikulation dieses v ist so schwach, daß es
in raschem Sprechtempo überhört wird.
§ 113. In rom. Auslaut v p, v b > */, das in enger syntaktischer
Verbindung mit vokalisch anlautendem Worte tönend
wird: laf, krof, dq proif (gegen berg. a prcej <^prope)>
*pvcee), tuf, dann im Suffixe: rqdif, bosk-, Icqmp-, kqstr.n-,
gras-, kgm-, kort-, grez-,mut-, ort-, pqskul-, sol-, Spont- u. a.
—bcß dürfte unter Einfluß des Plur. entstanden sein; zu
kg O caput v. BgA.M. 69.
§ 114. Vor r bleibt prim, und sek. v immer erhalten (arg,
sarg sind Analogiebildungen, kaum Kurzformen). Mit
den § 112, II besprochenen Fällen lassen sich folgende
Beispiele vergleichen: dro[vjdr, fra[v]er; d[v]gr u. a.
vgl. § 55 ß) In der Verbalflexion hat sich das v aus
der 3. sing, verallgemeinert: drgf )> dre.vg — drr,[v]§r-
vielleicht aus dem Infinitum und aus der 3. sing, praes.
in Fällen wie »ne/r/gr ]> mef -mgvQ (Ca.), skos[v]§r )>
skcef-shcevg.
ß) Das Verhältniß des Schwundes von primärem und
sek. v v v zur Synkopierung erhellt' aus kajdrl, najzclo (gegen
berg. kafdel, nifzela), pjeru, maraccjg (doch würde man
Die Mundart von Valvestino.
35
bei ganz regelmäßiger Entwicklung *mq/rggg erwarten),
kaneo (mit Akzentverschiebung). — kanvrino, kqnvrdl
könnten auf Einwirkung von kdnef beruhen, doch läßt sich
der Fall nach § 10 I. <5 2 erklären; vgl. kgnvdl, (guqlvdr
<C gmW?) § 10 I. ß 3. Zu den Propar. beachte man
sfeoan, Stefano, und die Entwicklung des Vokals in rougr
(»•«fr), otouQr(otüQr') J zouan (züaii), koul (kül nicht *kouel
also über covulu > coulu). Unsicher wegen der Analogie
ist die Beobachtung des Vokals in pjce[v]i}r, Skce[v]§r,
mce[v]§r. — Zu Icgur <( *lewur vgl. § 13.
§ 116. a) anlautendes v durch Assimilation zu folgendem be
tonten velar. Vokal verschwunden: olto, us, ul (neben
gul), cet. Im Gegensatz zu dieser Assimilation steht nur
bölp neben olp (bresc. [trent. ?] Entlehnung).
ß) anh. u )> p durch Artikulationsverschiebung bei fol
gendem unbetonten velar. Vokal: gold, dggo, goldr, gce-
zär )> gcezg ,vociare‘, gelang, g[r]omer.
y) anl. v )> b [durch Fernassimilation an bilabiales
m, p.?]; bäinpo, besplo, bespgr ■ bartarel ist importiert,
(z)bazelot baccinu + vaso.
d) sonst bleibt anlautendes v erhalten, doch, während
v nach konsonantisch auslautendem Worte immer bleibt,
kann aus satzphonetischen Gründen bei vorhergehendem
vokaliscli auslaut. Worte in enger Verbindung unter den
für V v” geltenden Bedingungen Schwund eintreten, also bu i
,buon vino‘ aber la valcg, doch Set gltg, bei if,l, tat cet
affatto vuoto, la besplo.
§ 117. Inlaut, v )> g kann ich nur in Icgur und pä[g]ul be
legen.
§ 120. w [1>gu: zguisgro guadgndr (beide Beispiele unsicher)
zguqnzg, zgiiang] g: goedds, gindul, zgonzi, zgondr, Sgol-
tarü, dagegen bei folgendem a v: varir, varddr, vo <^
*vau. Lehrreich ist die Gegenüberstellung von (Ca.) zgol-
tq.ru (nach § (35 8 der bodenständigen Entwicklung ent
sprechend) und zbaltqrü oder gorddr und varddr (letz
teres nach der 3. sing, vardg, während bei gorddr der
konsonantische Ablaut nach den endungsbetonten Formen
hin ausgeglichen wurde § 6). Somit erweist sich varir
3*
36
I. Abhandlung: Battisti.
als Entlehnung. Auffallend bleibt der Unterschied zwi
schen zguqnzg, Sguang und vardg, vo.
§ 122. 1 Prim, und sek. ”d v > o; «) V P: -atore > -dur, pudr,
koeraiir§, kruelg, ktier, bcecl rceclo, Iqi, bliü, didl, diclo,
ball, grals, Halali, maladts, mgü, moilr, pgglg, dejli, frei,
vel, Sei, kuizel, grajzcl, neijo; seulg, veniulg, krcrg, kajno,
mgg, leg, preg; -ata, -ita, -uta dg, io, Hg-, -ati > e.
ß) v d v : krgnig, pezi, pcsdg, panel 6354, kluero, njäl,
njdg, pjain, pjgkul, mjglo, rafi, sceür ■ kug, tig. Zum
Schwund in den Proparoxytonis (z. B. solgg, scezgg u. a.)
ygl. § 56.
Wo v d v < t geblieben ist, liegt der Grund, insoferne
es sich nicht um Entlehnungen und gelehrte Bildungen
handelt, in der Synkope. Das gegenseitige Verhältnis
zwischen Y v v und T d v wird durch kajdcl, kajdang be
leuchtet. Zu qndanq, mgddl, dez(e)där, m§z(§)ddr vgl.
§ 60 II; zu zgceddr, gceddr § 150j; zur alten Synkopie-
rung in fcndo, rendg vgl. § 54; ebendort zum Unterschied
zwischen adele f> -aticu und semjg, urbjg 6084. Abfall
bei nicht eingetretener Synkopierung in seulg, heuig —
prajzel, kujzel, rajzel, Icajnds. Vielleicht ist die Erhaltung
des d'~ in Fällen wie bqrqdrl, oredel auch eine Folge
der Synkopierung.
d) Eintreten eines v, g an Stelle ursprüngliches ”d" ist
nicht lautgesetzlich: mever ist analogisch (vgl. § 114 a); reegg
(Ca.) setzt wegen ce älteres *ra>g + nordital. ruga voraus
' (Zft f. rom. Phil., Beih. XXVIII 101, 102) oder ist über
haupt ein späteres Lehnwort; stqvgrg ist importiert, man
würde sonst *st$rg — nggo, sei, frei, vel erwarten; ebenso
wie in reegq ist auch das g kogul ziemlich verbreitet
(z. B. brsc., ver., pad., ven.). Begelmäßig tritt bei <1 1 > 0
nacli ü ein v <fw im krüvo, palüvo, selten in süvg.
e) Zum Alter des d 2 > 0 vgl. man vieg, zbreg 1262
= birg 1266, geg 3637. Es fehlen mir sichere Belege
1 Interv. v t v ;> 0 unterscheidet die Vestiner und Ledraner MA. von dem
mundartlichen Typus der ganzen Valbona mit Judikarien und Rendena.
In Da., St. üb er wiegt H 9 > & unter östlichem Einflüsse. Das sekundäre
und primäre d ist auch in der Verbindung dr und anlautend Bg.Cf.L.
spirantisch.
Die Mundart von Valvestino.
37
für die verschiedene Vokalentwicklung in älterem (d')
und jüngerem (d 2 ): dem ü in krüvq, paliivg, -uta )> -üg
(man könnte überall an analogische Wirkung denken)
stehen spceg (vgl. § 43 u 2), rcego entgegen. Einen Schluß
ermöglicht § 123.
§ 123. Im Gegensatz zum brsc.-brg. schwindet das d 2 in
rom. Auslaut, und zwar ausnahmslos. Der Abfall ist jünger
als ausl. i ß> e (§ 21) und ausl. ü ce (§ 43 a 2). Alter
als der Schwund der ausl. e, o ist dagegen jener des d 1 :
vgl. niu, gro, co, fo (vgl. § 49).
§ 124. a) com t unverändert; über mazd’gar, kord’lds, perd’gar
in Ca., A. vgl. § 60, III. — Über d statt t in abordu
aus abortire + burdo vgl. § 88.
ß) ,:oc - tr (und zwar prim, und sek.) immer dr coc - oder
der vgl. § 54.
§ 132. anlautendes k g ist, abgesehen von den üblichen ..grie
chischen Fällen 1 (zu diesen gehören auch zgargü, zgargdr,
zgarlet 17 26 3 ) selten und nur in Übereinstimmung mit dem
brsc.-brg.: geprf u. gqrnbis 1542 1)3 , gqlqvrü [vgl. grau!]
gqmbiis 1668, gqhdr, garzü 1683, gambds 1623 (gegen
brg. hampaza), gqtar neben kqtar. Bei folgendem o nur
goer vielleicht durch argoer (•< *regoer). Nach s: zgairdr,
zggrldr, zgandr, zgrat, zggrbo. Etwas häufiger in der
Nähe eines r: grapo, grdis, graspi, grgntdr, grguliS, viel
leicht auch graSü.
§ 133 I. v k v regelmäßig ''g v , so daß pidr auf ,pigliare‘ hindeutet.
ponmi ist durch Assimilation, sgbgrbulo nach 6086 zu er
klären. Zu kü, kos, gü, gas ß> kjee, gjos (Ca., A., Co.) vgl.
§ 43 «1. Den auffallenden brg. seür, loeagga entsprechen
hier se.gilr, Icegänegg. — v g v ist eine ausgesprochene Lenis
mit nachlässiger Artikulation.
II. g s ß> 0 durch Assimilation an das folg.' u in pörg § 54.
§ 134. g 2 ß> k in roinan. Auslaut gegen -g’u ß> wu ß> f: zuf,
müf; fagu >fg.
§ 135. ctß> t wie im brsc.: lat, fat, freet, scet, not, let, pgt,
pjet, fet, det, slcret, dgpet.
Über tec Bendiconti r. ist. lomb. S. II, vol. XXXV, 964 n;
A. Gl. It. XVI, 437. In keinem Falle ist beim Vokal eine Spur
vorhanden, die auf eine Stufe /1 oder jt hindeutet: die Ent-
ooo
38
I. Abhandlung: Battisti.
wicklung desselben ist wie sonst in geschlossener Silbe. Einzige
Ausnahme ist pet wo g einem übernommenen ej entspricht.
§ 139. v g v > 0 in den bekannten Fällen tiqm, liqm, kqleer neben
kqlfjgr (zum letzteren vgl. PIL. 1515), gst, ostang, steig,
vielleicht auch in Zgm dessen g auf eu (mit Zurückziehung
des Akzentes) hinweist (doch 4972), während lqvest§r kaum
hieher gehört. In der Nähe eines velaren Vokals: bquldr
neben bqbuldr, moejldr. Germanisches g wird wie g 2 be
handelt: mqggso 5233, magü, bego, bigg 1094.
§ 141. anl. qu )> kw; — kwä /> koL vgl. § 65 3 .
§142. v kw v : aqua > ajvo; — cy't/Zp. Zum Vokal und zu den
Nebenformen vgl. man § 1 II/?.
144. Anlaut. c e ' ‘ )> 5. — Der Laut schwankt in kezug auf Arti
kulationsstärke und Artikulationsstelle; entspricht aber
im allgemeinen einer ,rattratta palato-alveolare di 2 U grado“
im System Ascoli-Goidänich. In Ca. und Co. vereinzelt
Ba. tritt dafür die medio-palatale Spirans h, besonders in
schnellem Sprachtempo ein. ces; ca (mura de milq) neben
sgs, cet neben Set,. ci[u]k neben silc beim Moraspiel.
§146. ”c e ’ ‘ )> v z e > vgziüg, fozQiidl, dqZgmbn, zi, sqzelg, kgzinn,
lüzgr, tazgr, scezjg.
§ 147. in rom. Auslaut ”c e /> v s: JcrouS, nows, oits, aes, pas, lüs.
§ 148. sc e > ‘ ]> s: pes, pas, faso.
§ 149. anlautendes g e > ‘ >■ z. Die zu erwartende Entsprechung j
auf dem S>• A-Gebiete bleibt aus, dagegen finde ich d z in Co.,
Ca. und nicht selten auch in Magasa. Im raschen Sprech
tempo werden bei derselben Person beide Lautungen unter
schiedslos verwendet. Nach Aussagen soll einst a z im
ganzen Vestinotale üblich gewesen sein. — d durch Dissi
milation in dazu und dqngkul.
§ 150. v g'> 1 1. Schwund.: mestgr, fiel, liqndg, pais, situl, vilgg
(zu den drei letzteren, in welchen ; g >• i vgl. § 14/?), se.jtg,
sei sigillu. Ebenso nachtonig im Proparoxytonon: di
[dgj), bvi[d]g, voeg. Die Erhaltung des d 2 in zgcedar ist
nur auf das verschiedene Zeitverhältnis des d 1 und d 2 -
Schwundes zur Synkopierung zurückzuführen, A^gl. goedar.
2. z am Beginne der nachtonigen Silbe imProparoxytonis,
wenn die alte Auslautsilbe mit Nasal beginnt: frcezan,
qpJccezan (ipgkcez na), rcezan, kqrcezan, qmpazno, so daß
Die Mundart von Valvestino.
39
in diesem Falle primäres und sek. z (aus c e <‘) gleiche
Entwicklung zeigen: zfrqz’nq, Iceznq dqzmq. Der Ton
vokal zeigt Entwicklung in gedeckter Stellung; zum p
des letzten Beispieles vgl. man § 54.
§ 151. I. s gleich wie 8 <[ c e > * § 144. In vorkonsonantischer
Stellung erhalte ich: für st auf dem ganzen Gebiete nur st;
in sp wird s gleich behandelt wie vorvokalisch in Anlaut;
sk hat dagegen eine stärkere Neigung zu hk, in individueller
Sprache tritt ein sehr breiter s-Laut an Stelle des mittleren
s ein. — hk ist Co. Ca, A, Mo Zuviie, Capovalle, indiv.
auch in Ufa, Tu. belegbar. Zu 5 ß> c in &es, ca vgl. § 144.
Ebenso entspricht dem italienischen und germ. z im Aul. 8:
Sdkulq, Sapa, Sgijgan, satq, sq m fq, soek, sök, sigalq, dem
trent. c: 8itqr, Sgko, 8äp.
II. 8-Vorschlag (hzw. z hei folgendem tönenden Kon
sonant) sehr häufig; ich sehe hier von den NsbgM. § 154 s
erwähnten Fällen von ,pejorativem oder intensivem 1 s ah,
sowie von Beispielen, in welchen es sich um Einwirkung
eines mit ex gebildeten Verbums handeln kann: zbac,
spigorsulq, zbqrnq, zbrogq, skqnsql, skdrkulq, scepq, slcqrbq,
zdrasirq, zdradomd, zgrcem, zdurdt, sflqii, sfronzq, zgars,
zguqnzq, zgreis, sguizqtq, zlcnzq, zmadrq, spariscelq, zgcesq,
st.Qsu, skiiazi, Sparsür, (8)troezq, zmaco, zliku§d, (zledek),
zgaf, StruS, zmor8, skarnces.
§ 152. v s v ^> v z v - dabei beachte man daß das z s , c c > * in Pro-
paroxyton. (acinu, asinu, macina, u. a.) nirgends zu j wird.
§ 155. Das Beobachtungsmaterial versagt, a) p ■< bj nur in
fgpq [^>fopql]. Das Wort hat aber neben sich fcebjq
(auch F. N. hei P.) und weist schon deshalb auf west-
lombardischc Entlehnung hin: auch spricht die Umstel
lung im brg. pqfa gegen die ostlombardische Bodenständig
keit dieser Form. — Sag ,sappia‘ ist gleich zu beurteilen
wie ga§ >naQ, vqe,, tq§, pqq. ß) vj>bj: bjcßl und mit Um
stellung djbul, dobjani, dbjdr. — gq ,weg‘.. (pgrtar gq)
hat das anlaut. v über *vcja eingehüßt; — gleich se-
kund.y ist regelmäßig, vgl. gi'afcjq = sqlgq, scezgq oder (Ca)
kqngu über *kqmfj}u. — Auffallend bleibt dabei tivjq,
das sich auch im Vokalismus absondert vgl. § 13 10 . —
Das f von gi'afgq ist eine labiodentale Fortis.
40
I. Abhandlung: Battisti.
§156, I tj^>s: gosoldr, st§sü; bros, Jeus 2107, pgs, goss; —
ebenso ctj und cona tj: sasdr. Neueres tj )> c: besto, basta
,Bastiano‘; — ebenso lautet der Plural der Maskulina in
t auf -b: bdjd, pqngc, boec, lac u. a. (vgl. § b2 1 ).
§ 157, I. cj )> s: peS, lce§, Jcesg, kqrgsg, ngsoelg; lergzdl <j leröS.
II. scj )> s: mosi, gomusel 3799.
III. xj >> s: qnso, pqSii 6320.
§ 158. 1 sj )> z: kqzunzel, frefiu, mqzü u. a. — Neueres sj zg:
bcezgg; liier sei auch brezgo 794 ,-f- 1308 erwähnt.
§ 158 ( ' ,s j, dj, gj. I. naebkons. z: bolzo 1382, lanzo 462, garzu
1683, im Auslaut s: gas, dqlons. II. Ebenso z im Anlaut,
doch saijn. III. Inlautend regelmäßigz: tizg, bedang,mqrezdr,
mgzi, mqziL, mqzädyk, leudzul 888 2 . Späteres j g (vgl.
§ 161): qnvegg.
§ 161. 2 Ij 1. inlaut. g: pogano, boijasg, mogi, ggejar, fggde, dggo,
gagg 3657. In romanischem Auslaut j: taj, formdj, goj.
Ebenso inlaut. in der Nähe eines prim, oder sek. i: fjeßl,
miür. Späteres Ij j> lg: oelcju, lelgu, vilgg.
§ 162. rj über jr zu r: vgl. § 1 II, a; trat diese Entwicklung
nicht ein, so wurde auch hier das j zu g gebracht, argg,
artju, kqv§rijü, sargcelg, särgu, prgpärgu, vedäreju, qleuär-
gu, veAargcelg, se.kgrgg, foergg, slecerjjg. -gal ist bekannt
lich eine Ausnahme 627.
Flexionstabellen. 3
Präsens Ind.
a) I. Verba auf -dr§ (L. -d) [M. pgrtdr, L. portd]
Mg -g, -om, e
L: -g, -§, -ä, -om, i
1 Die untere Valbona und Bg. ersetzen z < j, dj, gj durch die postdentale
Spirans. Es fallen somit hier, besonders in der MA. der Alten, inter-
vokalischen t und j unter d zusammen.
2 In der Valbona unterbleibt in den meisten Fällen die Entwicklung des
sekundären j zu g.
3 Bei der Aufnahme der Verbal formen (im Satze) waren mir die Herren
Volksschullehrer E. Salvi und F. Venturi, beide gebürtig aus Magasa,
behilflich. — Herr stud. phil. Luigi Panada hat mir sehr sorgfältig ge
sammelte, phon. transkribierte Verbalparadigmen aus Tiarno vorgelegt.
Die Mundart von Valvestino.
41
II. Verba auf irq (L. 4) [M. fqrnir, L. form]
M: 4sq, 4sq, 4s, -jom, 4
L: -iso, -is, 4s, -[j]om, 4
III. Verba auf L qr (L Lqr) [M., L. kredqr] (M. va. auch
lerer, vqr).
M: -q, -q, -q, -Qm, -e
L: -Q, -Q, -Q, -Q m > -P
ß) Form der Frage [mit Nachstellung des Personalpronomens]:
I. (are) M: Lq me, Lqtcete, Lei g\V\, -omq nbtrq,
L: LqJ me, L e‘ te, 1 ql el, -omq nbtrq
M: -eu [eo] vbtrq, Lqj ej
L: 4v vbtrq, L ej ej
Die anderen Konjugationen folgen diesem Schema mit den
oben mitgeteilten Abweichungen der Endungen von der I. Kon.
Imperf. Ind.
I. (are) M: -dq, -dq, -dg,
L: -dq, -dq, -dvä,
II. (ire) M: 4q, 4q, 4g,
L: 4q, 4q, 4(v)ä,
III. (Ire) M: -eg. -eg, -eo,
L: 4g, 4q, -i(v)ä,
Präs. Kon.
I. (are) M: -g, -g, -g, -ome, -egg,
L: -jä, -jq, -jä, -pme, -igej.
-aum$j -auvQ,
-dan, -def
-lonif}, -iov§
-ien, -ief
-eum§, -euv§
-ie.fi,
4qf.
[Die j'd-Formen sind veraltet: gebräuchlicher ist jetzt -g für
l 0 .—3 e . Sing.]
II. (ire) M: 4sq, -i'sq, 4s, -jomq, -jegq
L: 4sq, 4sq, 4sq, -omq, 4gef
III. (Sre) M., L. gleich wie bei den -are-Verba.
Imperf. Kon.
I. (are) M: -esq, -esq, -es, -esumq, -esoq \ v. a., jetzt
L: -(s, -es, -ei, -esqn, 4sef I meist rief.
II. (ire) M: -jese, -jesq, -jes, -jesumq, -jesnq
L: -es, -es, -es, -esqn, 4sef.
III. (ire) M. L. gleich wie bei den are-Verba.
essere
Präs. Ind.
M: su, ie, le, sum, iq, je,
[Frageform]: süj me, süte, gl g(l), sumq nbtrq, seit vbtrq, ej e
42
I. Abhandlung: Battisti.
L: so, se, le, som, H, je
[Frageform]: soj mg, sete, el el, somg nbtrg, siv vbtrg, ej ej
Imp. Ind.
M: serg, sgrg, serg, sero(ic)mg, scro(u)vg.
L: serg, Serg, lerä, seran, seraf.
Präs. Kon.
M: sapg, sapg, sapg, sqpomg [Sumgj, sqpegg [sggg]
L: siä, Sig, siä, somg, sggef [Sigef']
Imp. Kon.
M : fcedesg, foedesg, fcede§, fcedesumg [fmesumg, füsumg],
fcedesog [foesog, fusog]
L : fees, fees, fees, ftesgn, feesef [foedesef ]
F u t u r u m
M: scirö, sqre, sqra, sqrom, sare
L: sarö, sare, Sara, sarom, Sari
Konditional
M: sqrig \SqreS~\, sqres, Sqrig [SqreS], sqresumg, sqresuvg
L: Sariä, Sarestg, Sariä, SareSgü, saresef
avere
Präs. Ind.
M: 99, ge, gq, gom, ge
L: 9Q, g?, g ( t, gv m , gi
Imp. Ind.
M: gag, gag, gao [gqzeg, gqzeg, gqzeg], gqzeumg, gqSeuvg
L: gag, gag, gavä, gdan, gdef [gdiqf]
Präs. Kon.
M: gag, gag, gag, gqhomg, gaggg
L: gabjä, gabjg, gabjä, gqbomg [gong], gqbigef (gegef)
Imp. Kon.
M: gesg [gqzesg], gesg [gqzesg], ges [gazes], gqzeSumg [ge-
sumg\, gqzesog [geSog]
L: g(a)gs (1—3), gesgn [geSuii?], gisef
F ut.
M: garö, gavrö
L: galo [*gqlarö habe ich nicht gefunden]
Kondit.
M: gqrig, gqres, gavreS
L: gqliä, gqlariä, gqlavriä
Die Mundart von Valvestino.
43
andare
Präs. ind.
M: vq, ve, vq, nom, ne
L: vo, ve, vq, nom, ni
Imp. ind.
M: nag usw. (gleich gd/f)
L: nag
Pr äs. lton.
M: nage, (1—3) [nag], ngrne, liege
L: »tag [neu: vag], nomg, nige
Imp. kon. Fut. Kond. Imperat.
M: nes nqrö nqrig [nqres] vq, ng
L: nes nqrö nqrig [nqres] vq, ne,
volere
Präs. ind.
M: vog [C. vo], vce(l), vce(l), volom, vole
L: vcej, vce, vcel, volom, voll
Präs. kon.
M: «pg (1—3), volomg, völligg [C.: vglomg, vglggg, auch van
lomg, vcelegg]
L: vojig (1—3), volome, voligef
Imp. ind. Imp. kon. Fut. Kond.
L: voleg voles ■vo\le]rö vo(lg]rig [voves]
M: voleg voles vorö voriä
potere
Präs. Ind.
M: pgs Ipai?], pce(l), pa>(l), polom, pole,
L: podo (pceclo) pgdg [pdkdg], pcel, podom, pudi
Präs. Kon.
M: pose (1—3) [poe,, peng (1—3)], pqlqme, polegg
L: pgs (1—3; für die 2. Pers. auch pa,f) podomg, pudigef
Imp. Ind. Imp. Kon. Fut. Kond. Part.
M: poleg poles pnrö porig [pores] polü
L: pudig podes „ puriä ?
44
I. Abhandlung: Battisti.
togliere
Präs. Ind.
M: toe, tce[l~\, tce\V\, tolom, tole
L: tcego, tcegq, tcel, „ tuli
Präs. Kon.
M: toq (1—3), tolom q, tolegq
L: tcegjä, tceg[j]§, toegjä, toegomq, tozgigef [tcegiaf] [togomg,
togiaf]
Iinp. Ind. Imp. Kon. Fut.
M: toleq ? toro
L: tulio toges [tepes] (pro' [ippr.ro']
Kond. Part.
M: torig tores [tolei] tolt [unbetont auch tot]
L: toriä [togeriä, toegqriii] tont
Imper.
M: toe, tole.
L: „ Ulli.
dire
Präs. Ind.
M: dize, dizQ, dis, äißom, defie
L: dizo „ [dis], „ ., . dizi.
Präs. Kon.
M: digq [die,, dizq] (1—3), dezomq, dqzegQ
L: digjä, dig[j]g, digjä, „ dizigej [diziaß]
Imp. Ind: Imp. Kon. Imp.
M: dqzie difzee dqzes di (aber dizql = dillo), dqse
dqzes di [dizql], dizi
Kond. Part.
dqgqrio dqzares dqt [dit]
dqzqrio dit
L: dfzeg[?]
Fut.
degtifö [dqzaro]
deze.rö
Die Mundart von Valvestino.
45
in.
qbjdr avviare, qbjdr soe accen-
dere, attizzare
abordu aborto
des sorgente
agg aglio tamburino
dger (lat) latte inagrito
(q)gcrp aspro, acerbo
qgrdm gramigna
qgrer vaso per il siero inagrito
agro siero inagrito
qgürt ingordo
äjbul truogolo
ajglg astore
ajguo (Ba., T.) acqua
ajuelo (ant. Bo., A.) bilico dei
secclii
ajvn (Ma, Mo.) acqua
qk anche
akamö ancora
b b
qkuai (Ba., Bnd.) vinello
qkiiärgu pioggia dirotta
qkuqrgt marzaiuola (uccello ac-
quatico)
alg orlo del bosco
alp pascolo di monte
qlvgidv albeggiare
qmis amico
qmö ancora
dimpqno lampada
qmpjwm intriso
qmvp.ijg invidia
qmvidg |
qmvigo j ape
qndano passata d' erba
qndonulg donnola
incudine
qn&jang genziana
qnzigulo acetosella
antel battente della finestra
o c
qntino imposta, scuro
qnto antiporta
qnvpgg invidia
qnvrü aprile
qggvdpet idropico
qqgual eguale, liscio
qgkä oggi
«»} ktezan
qgkcezng
äprdcf(Bnd., Ba., Mo.) appresso
arbarcelo campäno dei bovini
[q]velo graticcio
ar§S (Co.) larice
aret vicino
arfitjrntg vicinissimo
arg§zing venticello
argg aria
drgan nottola della sega per
tender piü o meno la lama.
drgano argano a ruota
argoi fieno scadente di monte
argorselo fungo porcino
arkrt arcuccio della cuna
arkgfgo alcova
arkondc cerchiate del roccolo
• o
arlef bestia giovane, non inte-
ramente cresciuta
arlikujo (raro) reliquia
drlq (Bnd.) baracca per tener
f ermi i bovini mentre si ferrano
armqtu colubro
armgli (de) mignolo
46
I. Abhandlung: Battisti.
armoldr inzupparsi (detto d un
prato che assorhe troppa
acqua)
aruü reni
arpetdr far sforzi per alzarsi
in piedi
arse.gi sega a mano piü piecola
della solita; — barbazzale
arselo conchi«'lia
o o
ars§zü vilucchio
a rsis narciso
artar esser necessario
arzino capruggine
asezeig assicella
qskdr (ant.) osare, tentare
qskiis scusato
qspurtel usciolo della gabbia
dstrk mastice
qü si
d[v]§r labbro
qvel piletta per 1' acqua bene-
detta
avo (Tu. Bl.) ape
dze.r acero
qzgto occbiello
äriio edera
bqdärlg arcolaio
bqgqri piccolo (detto di per-
sone)
bagg otre di pelle di capra
bqgü pancione, panciuto
bdgul tabacco che resta in fondo
alla pipa
bägalg 1. caccherelli delle capre;
2. fandonia
bqjar parlar sottovoce
ba jlir tener a balia
bqjcem diceria
bqis brancliie; lamelle dei fun-
gbi; pipite delle dita
bajt capanna
bajtu tettoia
bqk panca, cassa del pane
bak bastone
bqlqgordu vertigine
balqqorno noia
balari 1. piano (inclinato) da-
vanti la porta di casa, 2. ri-
piano della scala
bqldrino polla d’acqua nei prati
balino castagnä lessata
ballcdr smettere. cessare
C 7
balo 1. orbacca. coceola. 2. Yen-
triglio (degli uccelli canori)
bqlsegdr tentennare
bald batuflo
bqmpo vampa
bqncel cassa in cui si stempera
la calce
bqrqpino (Bo., A.) pioppo
bar montone
bqradel carro a mano a due
ruote
barbel farfalla
barbglar scintillare
barbdtulo 1. bargiglioni, 2. le
escrescenze sul collo del tac-
chino
bärbulo tettole delle capre
barbusdl barbazzale
harrt piccolo fascio d'erba
bqri, bqri ricbiamo per maiali
barnds pala da fuoco
barnokulg gallozza
barselo arnese di legno per
portar sulle spalle il burro
barceli bavaglino
Die Mundart von Valvestino.
47
barzang adenostyles albifrons
bqsi conca di legno o di me-
tallo
bqskgc testicoli
baskdt castagna
bqstarc (plur. tant.) pali rire-
stiti di fronde (ndaze) che
servono a mascherare la rete
del roecolo
bqstardl cuscinetto per portar
pesi in testa
bqsto basto
bqtqrel asse che cliiude il foro
della porta del cortile per
cui entra ed esce il gatto
bqtqrelg I. battola, 2. raganella
bqtes battesimo
batokul battaglio; fanciullo irre-
quieto
bqtüq battente
bqurko biforcazione dei rami
bqzang la pelle dell* otre
bqzang baccello
bqzqul bisnonno
bqzcjo tagliere
bazq soglia di pietra o di ma-
stice
bazqt bacelli fresclii di fagiolo
bäryul berrettino
bcirno vacca magra
bcirtul di pelo bianco e nero
beate piattone
bggarcel grembiule ]>er campa-
gna
begg rissa
bek verme del formaggio
bekalq baccalä
bekqlejn piccliio
bekdr jtizzicare (detto del sale)
bekastdrt crociere, becch’ in
c * t- '
croce
bekg beceo
beding castagna lessata ed affu-
mieata
belo filatiecio
bcnel sorta di cesta
c c
brnelg giaciglio nella capanna
(bajt) dei carbonai
b§ügkulg bitorzolo
bgrel (yi) mezzovino
berli coccio di piatto
bgrcel caviccbio di legno
bes biscia
b§sdkul§ (plur. tant.) bazze-
cole
bescg bestia
bfi.H capretto
bgsg larva del maggiolino
besplg
bespg
vespa
b§si{rldt spina del bocciölo del
candeliere
beulg betulla
b§zggul bussetto dei calzolai
btfiet (Tu.) pettirosso
b§zlqii (Ca. Co.) bisnonno
b§zcel bugliolo (fatto di legno in-
carato)
bezqlg piatto della bilancia
bjad§k figlio del fratello de-
funto
bjajde- y. blajdg
bierü beverone
bigg fascio di frasche legato ad
un’estremitä dello spaurac-
chio (bindo) del roccolo. che,
alzato repentinamente, spa-
yenta gli uccelli
48
I. Abhandlung: Battisti.
bindq lo spauracchio del roc-
colo. E fatto d’un asta gi-
revole su piano verticale e
iissata in cima ad un palo;
daunaparte e appessa labigg,
all’altra fa eapo lo spago, ti-
rando nel quäle la bindg gira
e la bigg vien tratta in alto.
bjcel (Ca.) truogolo
bjceslcdr scivolare
biSulg [dgl ärbul] bossolo dell’
albero del mulino
biülk vaccaro
bldjdg (plur. t.) croste della
polenta
blqm impugnatura della fal-
cetta
blag avena
blaStemq bestemmia
blqgutar sgualcire
blestq erosta di fango che si
forma sulla parte inferiore
delle scarpo
bliu amarantbus Blitum
blnzgdr (ant. Ca., Ma.) tossire
blam rosume
bobq papä
bocq böccia
bodgS strepito
bodore.l abbaino
• * c
bodreg sorta di zangola
bggg pastoia
bggu panciuto, pancione
bogaso bovina
bogü gorgo della cascata
bnkqlmg ampolline per la ce-
lebrazione della messa
bokartfl (dq, Iq leem) bocchino
della lampada ad olio
bohiro ,albero che somiglia al
castagno'
j bokul 1. foro fatto in una siepe,
2. buco da cui si butta il
fieno nella stalla
bqldrinq befana
bole uovolo
bolsggar tossire
bolzg borsa di pelle die si por-
ta a tracolla
bonddj punto del torrente in
cui l’acqua e piü profonda
bonel jtannocchia sgranata
bnnelo ströbilo delle eonifere
• c ^
bnnurg (Stomp, b.?) ,stiamo bene“
era il vcccliio saluto in uso
a Bo., Ma., Ca.
bonii gavacciolo
bordü puntoni per il gbiaccio
bo rer legnaiolo
bgrnis cinigia
bgvng bernoccolo
borü croccbia
boH vitellino
hg Sir tossire
boslcdj cespo
bosü cliiodo murale
bot noce col malo
botarel polpaccio
botaradg zangola
bott (bambinesco, A., Ca., Co.)
bacio
boeel budello
o
bcegqting buratto, staccio del
mulino
boenago albicocca
bcescel vermetto
baslcg festuca
boet gemma
Die Mundart von Valvestino.
49
bwzarcelg buco da cui il maiale
sporge la testa per man-
giare dal truogolo (bjcel)
boezijgr bugiardo
boezgg bugia
brago trutina della bilancia e
della stadera
bvak rebbio
brqndgndl alare (ora in disuso;
cfr. Jcod([fcek)
brasarcelg manico della campana
braskg i carboni di legna spenti
brasadg ingranaggio (della ruota
del mulino)
brggölt agarico candido
brejn truogolo
brek luogo scosceso
breg briglia
brgg brezza
breo fondo nelle vicinanze del
o i*
p«aese
brgtg mastello
brgzgni (un) pochino
bri[d]g Brigida
bri.Uul torso di cavolo
brisg 1. Io slamare d’ un prato
(in pendio) per forte piog-
gia 2. frana di sassi o terra,
brofadcj bonifätoli, sorta di pa-
sta casalina
brgfo pustola
brgk cimaglia
brghel brusco, festuca
brombul gotto (specialmente del
cavolo)
bron£g campäno delle vacche
bro\y]joßl foro nella porta del
cortile per cui entrano ed
escono i polli (il gatto)
Sitznngslicr. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd. 1. Abh.
brgzo figure dendriticbe sui ve-
tri gelati
bropgds arnia
broeni (al vc b.) vien sera
brceno prugna
brceg mota
brceiki bruscolo
broezi morbillo
bruk (Cf., Bnd.) cimaglia
briizo scabbia
buaring cutrettola
bt(,bd papa
bucr bovaro, bifolco
bulk v. biüllc
burdg nebbia
büg bevuta
büzo apertura laterale, doiule
esce il fumo della cucina
Sq sei, alla mora (dq: lei muro
dg Mild)
capg 1. coccio di tegola 2. na-
tica
cdrggo albume dell’ uovo
carn radura nel seminato
a;,s sei (alla mora)
binibu ubriaco
cucro recipiente in cui si con-
servano i cbiodi
dqbgt 1. quasi 2. presto
dqgoret (ant. Ca., Co.) ultimo
quarto di luna
dqlguq (Co., Pr.) strutto
dcdgudr (3 a pers. pr. dqlegug) li-
quefare lo strutto
dqlcguf strutto
dql.fi baleno
dq Inns lontano (avv.)
50
I. Abhandlung: Battisti.
damä lontano, di lontano
dqnjel daneta, atanasia
dqnokul ginocchio
dqprcef vicino
dard§ (L., Ba., Bo.') tramoggia
ddrdgr 1
dart J balestruccio
darmdr sostenere
dqSä (ant.) di qui
dqsemg assieme
dqsper dispari
dqstrdo sottotetto
dazember dicembre
c o 6
dqzgmbri graeile
dgcddzän cardo
dejli v.: dili
dfJ adesso
dgs dieci
desgdar svegliare
dgüojdr levare la biancheria
dal mastello per distenderla
dgtgr entro
dgtgzü allegamento di dcnti
dgzdravir aprire
dgzlosar slacciare
dgzmgScdr (Tu.) svegliare
dgzmogulär smallare
didl ditale
djqul scarabeo
diclo ditola gialla
dili ditino
dilü ditone
dincec ginocchio
dgbjnni sorta di maschera ora
in disuso
dQtjQ polmonite
dgldj (Co., Ca.) scheggia
doldr lisciare un legno
domq soltanto
dolnri vai’ietä minore di gufo
dondar barcollare
do^gang puttana
dorvar adoperäre
dcecdr adocchiare
doegdl canaluccio di scolo della
stalla
doelgr dolere, dolorare
dcerel (a$r l. d.) ,aver il duro‘,
detto di castagna non cottoia
dragar stacciare
drqvir aprire
dreva v. drqvir
drovdr v. dorvar
druaig donna di facili costumi
dulg (ant.) scheggia
durt tordo
düf gufo minore
dilmal gufo reale (bubo maxi-
mus)
egän ebbio
egcl (Ca., Ba.) ebbio
ggldt (Bg.) falco
ejvo (Bud., A. C.) acqua
er ieri
erg 1. aia 2. aiata
fqläsk (prq) prato improdut-
tivo
fqleü felce
falio scintilla
fqlopo frutto vano
fqmjcej (plur. tant.) agarico con-
globato
fandr (Bo., Ba.) respirar con
affanno
Die Mundart von Valvestino.
51
fang incubo
fqngkul (ant.) finocchio
fanzi bambino
fqgkuli francolino di monte
fqrahotdr tartagliare
fqrqnel cruschello
fqrenel uva orsina
farligo (Ca., Bo.) fiaccola
farlgk cbiacchierone
fqSrro forma per il formaggio
fqsi faseina corta
fat dolce di sale
fqturg (detto di pecore e ca-
pre) feconda
fqzqrcel montanello
färäm fermo
ff fieno
felipo vulva
ff lüg filza
f§lu spina dorsale
ßjlzd‘1 filetto della ragna
ff mär fumare
ffmpln 1. stelo delle grami-
nacce 2. eriophorum angusti-
folium
ffnqrcel pulce del fieno
fgplg fnscello
ferdl- lanterna chiusa
ffS assai
fftqul clii prende in affitto una
bestia
fftquler cbi da in affitto una*
bestia
ffvro febbre
fjanqscel cuscino in cui gira il
pernio della ruota del mulino
figo fior di fico
filero (far) stare a veglia
fdnk sfilacciatura
fimfti rigagnolo
fjombg paravento
fjorfzdr fremere (del cavallo e
del mulo)
jfjceldr l.figliare 2,germogliare
3. cestire (del grano ehe cre-
sce con molti steli da un sol
cesto)
fjoezgl orlo della vesta
fjur dal luf antirrino
fl aber baggeo
ßqnqSdd v. fjanqsael
flap vizzo
fiel coreggiato
flokdü roncola
flokrl (Ca.) v. fiokäs
floko (seberzoso) neve
Jlgko falcetta
fcezdl la cocca del fuso
feezang specie di fuso che va
sempre piü assottigliandosi
verso 1’ estremitä superiore
fcezgndl fucina
fo faggio
fogä fegato
fogdsf cliicci di grano turco
che scoppiano al fuoco
fngqtu gran fuoco
fngi brascinaio
fogdf (plur. t.) pappardelle
foldr calpestare
fol$gd§ fiocine
folggät (Cf., L., Ba., Bo.) v. fo-
logäs
fonel fanello
fonng donna, moglie
foqk fungo
fnndr gualcire
fopcl fossa
52
I. Abhandlung: Battisti.
fopo buca
forbe (Bo.) forse
forctg gattuccio, sorta di suc-
chiello
formipglarcel torcicollo
fornelo fornello a tre buche
fornir finire
fnrvazo forbici
foslc (detto di vetri) appannato
fcßlü (Ca.) v. fglu
fcemardl tizzone ehe fa fumo
fee,mg pipa
fcenqreel sorta di loglio
fcezqng fusaiolo
frdbgl (Ba., C.) v. fldbgr
frqpgul fringuello
fräsel ragna
frqskg raraoscelli di pino con
cui si cliiude la bocca del
saeco del carbone
frazqrdlg peppola (ucc.)
fredulet. intirizzito
frggquj bonifätoli
frggü palo per accomodare il
combustibile nella fornace
frei fratello
frepo erba lunga, difficilmente
falciabile
fr er fabbro
fresg (nar n fr.) andar in fretta
freu castagna lessa
frefiu frosone
frik ticchio
freedü (Ca., Ba., Bo.) v. frdt
zgm
frag (far) far pro, vantaggiare
fraiiL v. freu
froezgm filiggine
für foro
für ade libellula
furkg 1. forca 2. forfecchia
fiizgr fuggire
gq ci, vi
gabjg arnese per battere la kq-
gdn fatto d’ un manico e d’ un
filo di ferro disposto orizzon-
talmente a spirale
gabiis cavolo
gqgl quarto di ruota
gqger (raro) loppa
gagg lisca, resta
gqgdl cascami della jiaglia bat-
' tuta
gal giglio selvatico (lilium bul-
bifermn)
gqlqvrü moscone
galctg (plur. tant.) gonfiature
che vengono sulle gambe al
mulo
gqlinerg elleboro nero
gqling coleottero
gqlü coscia
gqmbqrino vacca di pelo rosso
con le gambe bianche
gqmbqrcelg sgambetto
gqmbds sorta di cesta per il
letame
gqmbis largo collare di legno
per le vacche
gqvibtl (Tu.) bilico per i seccbi
gqmbüs v. gqbüs
gqmf crampo
gämf (Ca.) arcuccio per por-
tar le secchie •
gqnqsdl (dente) mascellare
gqnddj (Bo., L., Ca.) mallo
gändul nocciolo
Die Mundart von Valvestino.
53
ggoem mallo
garbdrsQ spelarsi
garbqriq garbuglio
gardenulg sorta di gardena
(gardeng)
gargcj, trachea
garlet garetto
garzü borrana
gas ,gaggio‘ bandita
ggtdr trovare
gqtiulq solletico
gato bruco
gdtul amento
ggdds padrino
gen grembo
geg gazza nocciblaia; g. ma
rin o ghiandaia
gindul arcolaio
glajnel sparviero
glgsi puntone per camminare
sul ghiaccio
glazg grandine minuta
glezjg cliiesa
gloi j)annoccliia
gbgr abbaccliiare le frutta
gggg voglia
goj (fern.) 1. sala della ruota
2. aculeo
gnlang avellana
golif eguale, uniforme
ggU gozzo dei polli e dei pic-
cioni
ggng tappo di legno per cbiu-
dere il foro della terpentina
gombet, gömito
gnrddr v. vordär
gorgundr il cantare dei gallo
cedrone
gorgunel cateratta
ggtyrü parotide
goto goccia
gotul sorso
gtiiit cadenza musicale dei dia-
letto
gcBzdr piangere dirottamente
gcezming gelsomino
grg grano
grqffä gravida
grais graticcio (di legno) per
seccare la ricotta
grajzel omento
grämbtßg maeiulla
grändulq glandola
granerg granata, scopa
graprr fianco di monte brullo
grapg cranio
grapü testardo
graset lobo dell’ orecchio
grasel gallinella (valeriana oli-
toria)
graSü crescione
grasg concime
graspi crespino
gratg grappolo
grqii calabrone
gregg acquavite
grem grillaia, terreno incolti-
vabile
grelitär vomitare
grplapulg pipistrello
grep (Caf., Ba.) taso
grgulis il rumore che si fa la
sera dei venerdi Santo sbat-
tendo il zgoesq/rolü, le bgtg-
roele e le zgr§sqrcelg
grezdr aiutare a proseguire
grezdr cominciar ad annerire
(detto di frutta)
54
I. Abhandlung: Battisti.
grip dissenteria
gripjo greppia
grir ghiro
gro gradino
gro grillaia
grglgo gloria
grqlq cornacchia
g\r~]omer vomere
gvonddj fern. (L., Cf., Ba.):
v. grondanq
gronddl seggiola dei correnti
del tetto
grondanq doccia del tetto
grot masso
grceq gru
guqlvar spianare
guqrcelo brocca per abbaccliiare
le frutta
guqt monchino, guanto a due dita
guerndr foraggiare il bestiame
guing pispolone (anthus arbo-
reus)
gurgul tonfano
guro grillaia
giizo chiocciola
ga (va n ga) va via
(gagg capra che non ha figliato
gal piazza della carbonaia
gqstvo capra infeconda
g$nsdr respirare con frequen-
za, ansare
ggzäp Giuseppe
gceci d§ la madgng (Tu.) mioso-
tide
gced§§ ago della bilancia
gcel, goeli capretto
ilö li
impotekg ipoteca
inti’.mo guscio del guanciale
kq cucina
Jcqbldr gab bare
kaS caglio
kqerflii capra sterile
kqggt (aer l k.) aver diarrea
(detto di bambini)
Jcqgdil 1. abomaso 2. caglio di
capretto
kqguli grumo di sangue
kqicg caviglia
kajdano ciglione del prato
kajdfl capezzolo
kajdü (Ca.) alare
kajndl sostegno con asta gire-
vole orizzontalmente, cui s’ap-
pende per mezzo d’una ca-
tena la caldaia; cicogna della
caldaia
Jcdjng catena
kajsdl capezzale
kdjsfirg (Bo.) v. krajs§lQ
kajstrel piccola l’une
kakuldr cbiocciare'
kal ammanco
kalqbrozg nebbia gelata sui rami
kqlddärgg canale di scolo nella
stalla
Jcqlqstrg piano del carro e della
slitta
kqldarcelg concavitä nel sasso
prodotta dall’acqua
k 7 ql .i!' } ciabattino
kqlgei- J
kqli caligine
kqlibrju pernio della bilancia
kälkän 1. gangbero 2. piccola
pipa fatta ad uncino
kqlmo innesto
Die Mundart von Valvestino.
55
kalg sentiero aperto nella neve
kqlgner tracliea
kqliet calza
kcdsiner calcare bianeo
c
kam (Ca., Ba., Bo.) malo
kqmbrces ligustro
kqmpqncl ghiacciolo
kqmpas cestone di vimini
kampier guardiaboscbi
kdmul baco della farina
kqndl (fein.) doccia del tetto
kqnqvrino canape filato
lcqnclg gavina, enfiagione delle
parötidi
kqneo (Bo., Ba., Ca.) cantina
kdn§vo collare di legno delle
capre
kqngu (Ca.) cambio
kano ran da, rasiere dello staio
kqntarelo ingrossamento alle
glandole
kqnter (A., Co.) porrina
kqnvdl striscia d’erba falciata
kqnvrdl canapaio
kqnds letto cattivo
Jcqnü larva
kqceS libellula
kqp campo
lcap§ (plur. tant.) sorta di piz-
zo alla scollatura della ca-
micia da donna
kqpclo il cappello bianeo da*
uomo, ora .totalmente in di-
suso
lcqpii ravioli di erbe
kdpul cappio
Icarämpulg strega
kqrqrael stradicciola c.onsor-
tale
kqredgl ruota d’ingranaggio
posta orizzontalmente, il cui
centro e formato dal lori,
messa in movimento dal
rgdezgm
lcqrbunds favo vespaio
karbunelg carbone minuto de-
rivante dal s§mer incarbo-
nito
kqrer caratello
kqrerg strada consorziale
kqres carice
kqres carreggio
kqri carvi (apium anisum)
kqrgtg vaso in cui i pastori
mettono le ricottine
karpön menda malfatta
lcart§läm carniccio della pel-
liccia
kartglü mesenterio
kqset mestolo
kqsoel (Ca., Ba., Bo.) castagna
vuota
kqspo un pugno di roba
käsp[u]l§ racchette (per cam-
minare sulla neve)
kqstqncelg bellis perennis
kqst§lct castellina, capannella
(giuoco con noci o castagne)
kqüträr (l feßk) attizzare
kqstrgl pastoia
kdt§r (Ca., Ba., Bo) rachitide
hq[v]qlero aquilegia alpina
kq[v]es collarino ripiegato del
la camicia
kqvrqzbelcg animal^ leggendario
lcqvreto sostegno dello spiedo
kqvretg grillotalpa
kqvrjag cavalletto
56
I. Abhandlung: Battisti.
kqvro sostegno della brenta del
c o o
bucato
hqzäl casa in rovina
kqzer cascinaio
kqzi cappannuccia del röccolo
kqzunzrl piccola forma di cacio
mag'ro
keng licliene
lcesg cavezza
kgstu cöstola della foglia
k[i]ä capello
kigdr cacare
kiti santoccio
klqvro (antifp) capra
Meng screpolatura
klgsg 1. cliioccia 2. pleiadi
klot 1. specie di grata di legno
per conservare il pane di
segale 2. cassettino dell’ar-
madio
ko capo, testa, principio
kgcu vetturale
kodqfdk capifuoco, legno che
serve da alare
Icggul ciottolo
kgi l’ultimo della nidiata
kok gheriglio
kgkg gallina
kgkg nocciolo
kgkqldr tartagliare
kgkulg buffetto
kokung genziana
lcokü (ant. A.) alcuno
kgl gombina del coreggiato
kolang collare di pelle
koldr liquefarsi (della neve)
holet campicello
koletg intervallo tra due filari
kolg porca del campo
lcol[oJnel legna del bosco co-
munale data verso pagamen-
to ai pertinenti
kolombg chicchi di grano turco
che scoppiano nel fuoco
kglum (fern.) trave del comi-
gnolo
kolung colonna
kgmbldr riempire fino all’orlo
kgmgnel forma di ricotta
kgmg criniera
honet (Bo. Ca) pannocchia sgra-
nata
lcgnfi (fern.) confine
kgnic coniglio
kgntrg coltro dell’aratro
kgqkgtd (Ba., Ca.) tartagliare
kgno (kqlsinq k.) calceviva
kgpi recipienti per l'acqua sulla
ruota d’irrigazione
kgpi ciötola di legno
kgrdg polmone cucinato
kgvbel corbezzolo
kgrbgli sorbo
kgrdano muscolo
kor del filo di ferro rivestito
di seta e arcuato, in uso
nella vecchia acconciatura
femminile dei capelli
hörig (raro) corsa
kgrezmg quaresima
kgm dl (fern.) corniolo
hqrnarcel gambetta (un uccello)
ltgrnel rupe
kgrnetg saliscendi
kornif roccioso
kgrno rupe
korcelg vaso di corteccia
Icgrs i calori delle vacche
Die Mundart von Valvestino.
57
1cgrs secondo fieno
Jcort (Ba. Bo.) secondo fieno
kortelg coltellaccio da cucina
kortür copertoio della rocca
ko rot 1. tizzone arso a rnetä
2. la parte non cotta d’un
sasso da calce
kostü questione
koti bestia cresciuta steutata-
mente
kotürän stivaloni per la neve
kozolgt (A., Ca.) arcuccio per
portar le seccliie
kosf covone
kcekdr gabbare
Icatldc le due estremltä della per-
gola (cercbiata) del roccolo
kcelmartcl capitombolo
kmo covone
kcerqürii (plur. taut.) resti di
letame sul prato
kräjiglg gerla aperta alle parti
e di dietro, fatta quindi
d’un’ asse che poggia nella
schiena di clii porta, d’uua
piccola base di legno (o iq-
trecciata) e d’un telaio di
bastoni.
krapcj, ernioso
krapdr crepare
krensg credenza, credito
kr eg creta
krezürg (Ca., Ba., Bo) campo
chiuso da muro
krikä (Ca.) e una spqrtvqgulo
di ferro
krok schioppettio colle dita
krozdl 1. crocicchio 2. arco
della schiena
krozet panciotto
lcrcedr cadere
kroeug (ant.; Ca., A.) roccia
hruelg (detto di castagna) cas-
caticcia
kurv corno di legno della cote
kugo cote
kuiso cotenna
kujzel cocuzzolo
kill colalatte
kul ,covolo‘ jiiccola caverna
lculo sgelo della neve
Jculüng colonna
kupjg pariglia
kus 1. condito 2. condimento
kuadvpgg seggiola
hudzul arcuccio per portare i
secclii
Iqbür bure
laf lavina di terra
Iqt scorrevole
lajdo Adelaide
lum amo
Iqmbrgn (Ca.) abrötano
Iqmpartis (Ba.) luppolo
Iqna'il tessuto di lana e canape
(ora fuor d’ uso)
lanto v. anto
lapo (scherz.) lingua
l<l,pü mangione
Iqre solaio
lang muratura della cisterna
Iqsü lastrone di pietra
lati siero
Iqurctg scintilla attaccata alla
pentola
lq[v]dc pozza d’ acqua
la[v~\es laveggio
58
I. Abhandlung: Battisti.
Iq [u] gS abete
lq[v\est§r ligustro
lq\y\i catino
ledm allevime
l§gäur legame di paglia ritorta
Ipgorsi lepratto
legur lepre
Iggurselo porcino nero (boletus
aereus)
Iggurt ramarro
Iggusdr gironzolare
l§ggs fannullone
Iglcjq miosotide
lern (ant.) legume
\le\m\$\ddl (Ca.) soglia della
porta di casa
lernt v. Icemi
len legno
lenser leggero
lenas sughero
lefnlzg semi di lino
leg arena depositata dal tor-
rente
Igzeno pilastro incassato nelmuro
lefiürg creanza
Ijarcel leva a un braccio
liprg vipera
lis logoro
lispjg 1’ odore di carne che
marcisce
lizno lesina
lobjg ballatoio
Igk barbagianni
loli (Cf., Bo.) loglio
lomgtdrsQ lagnarsi
lort palo verticale che, mosso
dal kqrgdel, fa girare la ma-
cina del mulino
lort [olio] d’ alloro
loto piota, zolla
lotü ottone
Iceärn allevime
Icedrjg 1. lontra 2. voracitä,
grandissima fame
loek fondo privato
Icemi piccolo lume
Icezarcel abbaino
[Ijcezarcblo lucciola
Icezärpo lucertola
leezgri falb
leezür 1. chiarore del lume
2. lume
lüs cornea doll’ occhio
mq madre
mqcü maglia della rete
mad§r 1. matrice 2. terra at-
taccata alle radici d’ una
pianta
mqdgnino rosolaccio
mqdung suocera
mqgqtü taciturno
mqggso scrofola
mqgu 1. ventriglio, stomaco
2. oppressione
mqgetg gangherella
mago maniglia della campana
mcpjar mangiare
mak orzo pilato
mqlc (far a m.) tralasciare
mqkqru (scherz.) moccio
■mqket migliarina (ucc.)
mqlddggg carlina acaulis
mqlqoes malaticcio
mqldglet indisposto
mqlgas gambo del grano turco
mql kompi oppressione gastrica
dei bambini
Die Mundart von Valvestino.
59
mcjltu calcinaccio
mqlvü altea
mqnclg penneccliio
mqni agnellino
mqning ditole
mqsaring spazzola
mqn$aroel\g\ piccola scopa di
frasche per battere il latte
mqnsdvlg giogaia
mqmler (Bo., Ba., L.) l.pianta
di fragola 2. fragolaia
mqoslu (Bo., Ba., L.) fragola
mqpgl napello
viarang vaeca molto vecchia
mqräs eoltellaccio da beccaio
mqrel vinello
mqrendulg frutto del rovo canino
vmrmelo \ . . ,
" “ > visciola
mqreng J
niqrrs recinto per il pernotta-
mento delle bestie all’ aperto
mqre.Sk acquitrino
mqrgzär far riposare il bestiame
all’ ombra
mqri (L., Bo.) varietä di fru-
mento
marlg muccliietti d’ erba fal-
ciata avanti di sparger l’erba
a seccare sul prato
mdrmurg pallina (da gioco) di
pietra
mqrgng morena
mar Ser marciaia
marsgro cachessia idröpica (ma-
lattia delle pecore)
marsu baco da seta intristito
martcl bossolo
martodel faina
mdrtul (Tu.) faina
mas contrappeso della stadera
mqset mezzano
mqsharpü formaggio bianco,
non salato
mqskärpg ricotta
mäslcgr sorta di maschera ora
in disuso che si portava il
martedi grasso
mqskul v. ri maskul
niqsök cicogna della campana
masokldr abbacchiare
c. •
mqseel conocchiata
mqscelg (Tu., Ca.) ventriglio
mqtqflapg sueciacapre (apri-
mulgus eur.)
mqtq Igijgg (dito) medio
mqtqrgt (accentor collaris) sor-
done
mqtqrü sempliciotto
mqtel scbiacciata di farina di
grano turco
mqtü (Ca., Co.) v. mqtargt
mqtu carbonchio
mqtü donna sterile
mqtuti tabella che si suona il
venerdi Santo
mqus bambino che aiuta il vac-
caro
mqzadgk fieno maggese
mqzar (l fall) coprire il fuoco
(colla cenere)
mqzcirgg 1. miseria 2. nastro
puntato sulla spalla della fila-
trice e piegato a cappio, en-
tro cui si fa passare la rocca
mqzepk (Bo., Ba.) maggese
mqzgü torso
mqzü (fern.) bastone su cui dor-
mono i polli
60
I. Abhandlung 1 : Battisti.
mazü fragola
mqzung pollaio
mbqidr baciucchiare
mbigdr legare la bigg all’ estre-
mitä della bindg
mbladr Seminare a biada
mbroendgg sorta di albicoccbe
mgqsk muccbio di frasconi
me,dal v. Igmgdäl
medgk assenzio
mejs (Go.) mese
mejtq v. mitq
mel 1 mille
mel collare (di pelle) dei cani
me,Iso milza
mqlü 1. (uomo) castrato 2. stu-
pido
mgnqur 1. nottola della sega
2. nottola per tendere le funi
sul basto
m$nel (uomo) impotente
me,n§md poco dopo
menerg mannaia
ment miccio
mgncßlq riccio ehe portavano gli
uomini davanti le oreccbie
mgncelg (plur. tant.) bargigii
mgnces polenta inzuppata nel
latte
mono ,mai no‘ rinforzamento
della negazione
vigngng moine
mgnolo midollo; m. dgvgrs torso
di verza
meo zia
meg 1. mucchio (specialm. di
fieno) 2. [palo del] pagliaio
mgrqndulg mulinello (ese,r kom§
nq m. esser volubile)
vigslcul muschio
mesii (rmts dg m.) (Ca., Co.,)
ottobre, principio d’autunno
met mente
mgver mietere
mil (Bo., Ba.) nibbio reale (?)
mig bisogna [,dovere‘ artdr]
mis umido
mitq metä
mizg piano della tavola
mizulg ascialone del cavalletto
mmotdr abbatuffolare
mögt intingolo
rnggis 1. molle 2. viscido
moijcel piccola caudela ravvolta
a gomitolo, cerino
mok monco, formet m. frumento
calvello
mokdj il residuo del penneccbio
mokari fazzoletto da naso
mole,zän sorbo selvatico
mol[f\zi zoffi.ee
molürg la quantitä di gi-ano
trattenuta dal mugnaio per
prezzo della macinatura
molzanerg luogo dove crescono
sorbi
monfring manfrina
mont pulito
montundr corneggiare
mgrbi morbido, melürq m. mi-
sura (di cereali e liquidi)
abbondante
morene emorroidi
mgrgqndt sorcio
morgang ratto
morgundr far le fusa
mgrgng v. mqrgng
morzeng rododendro
Die Mundart von Valvestino.
61
mosar mostrare
mosen moccio
mQsi insettuccio, mosclierino
mQslcdr saltellare (del bestiame
punto da tafani)
mgt muccbio di paglia
motel le glebe che restano dopo
arato
viotp.li cirro
mgil mattone
moür maturo
mgzg pappa di farina
mcenagg trotta miniata
mcerdr maturare
mcerqur murätore
mmrtidrl piccolo muro basso
mo',r§r morire
moczdlg ferro che stringe il
muso del rnulo e serve per
guidarlo
mparmi di dietro (p. e. mparmi
la pgrtg dietro la porta)
mpesdur accenditoio
mueldr nitrire
mulldg |
mulkg > morchia
murldg I
mülzQv mungere
vmrg moro, mora
mürg casa diroccata
najzelg spola
nqkgrzgs accorgersi
nqstg fiuto
nastrces nasturzio
nqü fittone
nqzqrdl azzeruolo
nazelg froge
närf tendine
ndogndr aggomitolare
nedl gran quantitä di neve
ngdrg anitra
negot[g] nulla
ngguti bagatella
n§gü nessuno
nggo nottola
nck irascibile
nymis nemico
ngscdarcel moscardino
nQscelg nocciola
nett nipote
nßtto nipote (fern.)
nis alno
nistulg spighetta, nastro
mul nnbe
nokli (ant., Ca.) agnellino
nomdl (ant., Ca., Co.) maiale
nonqntg novanta
ngtulg (Ba., Bo., Tu.) pipi-
strello
nozdr nauseare
nozrl la polpa della nocciola
ncevrg nuora
nrQmq artritico
nsolygdr allacciare le corde
(soZg) delle scarpe
nuel nocca
nuis fidanzato
pgarbjd arruffato
pglmnoStdr aggomitolare
pgornq melancönico
pgcerdr augurare
pgcezdr aizzare
pgrotuU intirizzito
nqk neppure, non ancora
fiqmö non ancora
ndnulg voce armonica
ftgs Agnese
62
I. Abhandlung': Battisti.
ngk 1. gnocco 2. specie di ra-
nuncolo (trollius europ.)
fiok da Iq kug gnocco sferico
impastato con lardo
odo valanga di neve
ngldr piangere dirottamente
olg vaso di latta per l’olio
olvdr ventolare
olvel ligustro
olzel uccello
* o
omän uomo
omäSdl omaccione
ombrjelg ombrello
gmli (ant. Ca.) ampolla
\p\nis ontano
ontdr 1. ungere 2. bastonare
ogijdr pigliare colle unghie,
artigliare
nrjgi ugnella (dei ruminanti)
gpul oppio
oradgl 1. orlo, orlatura dei ve-
stiti 2. lembo della campana
ordjäur orditoio
oräj brezza
ordo buffo di vento
ordr ventolare il grano
grg 1. vento dei lago 2. (raro)
ventositä
grtulang grillotalpa
grzQ (nar q o.) barcollare
orzcel orzaiolo
oscoßl mezzule
gst agosto
ostano castagna primaticcia
QstqrcM (,agostino‘) 1. frutti che
maturano d’ agosto 2. pnl-
cini nati in agosto
ozgrolü ramarro
cefg paura
celiju olio
cetar (Ca., Co.) aiutare
cezar lasciar sortire il bestiame
al pascolo in primavera per
la prima volta
mzmqri ramerino
cezo frassino
pqccelc grullo
pacg pantano
pqdru (mql dql p.) ipocondria
pä[g]ul panico selvatico
pqfjdg mistura di fieno e pa-
glia per il rnulo
pqgi pagliericcio della cuna
pqgu pagliericcio dei letto
pqcerg pantano
pqir smaltire
pqjscelg cincia, parussola
pajtg gherone
pqkag colpo riportato per ca-
duta
pqlqrjger randello
pqldr (Co.) ventolare il grano
pqlmqscel (Ca., Co.) v.: pql-
mces
pqlmoßs polpastrello
pqlot castagna vuota
pqlpeno palpebra
pqlpQndr batter le palpebre
pqlii[v]g palude
pqmpong maggiolino
pqnel 1. intacco su una roccia,
su cui si puö poggiare il pie-
de 2. gradino 3. pietra po-
sta nel mezzo d’un ruscello
per facilitare il passaggio
pqnerg tafferia
Die Mundart von Valvestino.
63
pang favo
pqntggds carbonchio
pqntusdr respirar con affanno
papul tralcio, pollone
pqrqdelg paretella (rete)
pqrqgü calcare nero
pqrqkuo mandriano; il pastore
che ha cura die le vacche
non. si smandrino
paret 1. parente, imparentato
2. (agg.) simile, conforme
parforä hypericon nummula-
rium
par ginduling! per dio! (esclam.
di meraviglia e di rabbia)
par mg tarma
parmontä daphne mezereum
parmutä 1. vento del nord
2. vento impetuoso
pqrves mangiatoia
pasdg 1. passo, luogo per cui
passano gli uccelli emigratori
in epoclie determinate 2. stor-
mo di uccelli
pqsarelg saliscendi di legno
pqskuer pascolo alpino
pqstgrdl bastone del pastore
pqstrok fondaccio dell’olio
pqstula mangime dei polli
pqhi palo
pat (raro) pianerottolo della
scala
pqtärlg (far na) cadere
pqtelo toppa dei calzoni
pqtclgt toppa
pqul pabbio
pq[v]qSkgt biscotto
pq[v]el) g] cavolaia
pd/vjgr papavero
pürgulg vimini o fili di ferro
legati traversalmente alle
staz§, cui si appendono le
reti
pgär pigro
pgdärsem prezzemolo
pe.du seorciatoia
pgfqret pellicina che divide il
gheriglio
pcgul piede (di tavolo, sedia)
pejr pero, pera
pgkdj picciolo
pgkqrcdo grappolo di pannoc-
chie poste ad essicare
pglqndg limbello
pgländulg carniccio
pelqroslg sacco in cui si ripone
la sfogliatura
p§les pulce
pgles residuo del burro cotto
pglet rovente
pelgt ciuffo di capelli
pglgt pila per schiacciare il
pepe
pendqroslg bilico
pendul uvola
pgnqting (plur. tant.) [frutto
del] biancospino
p§üot nigritella angustifolia
pgnu grosso pugno
pQüulä frustagno
pgpo pipa
pgrel fusaiolo
pgrlct nottolino di legno per
chiudere le imposte
pgrli paleo
pero pecora-
pgrcel 1. piuolo 2. raggio della
ruota
64
I. Abhandlung: Battisti.
p@rü forchetta
pcs peggio
p@Sdg calcio
pesqti piedino
pQScii piccolo
p@SJcq.rgt taso
peSt beccliime
p@Stri pristinaio, fornaio
peSto orma
p@sü cascata d’acqua
pp.suldr liquefarsi (detto della
crosta di nere in pendio die
comincia a squagliarsi in
singoli pezzi)
pesul/t v.: pesqti
pet poppa delle bestie
p@täs trippa
p@tino ragazza (A.)
petg schiaffo
p@tuldr spetezzare
pctulg larga falda di neve
p@tür dondolone, neghittoso
pQvrcro frutto del colcbico
p@za.leg altalena
p@zi pelliccino del sacco
p@zuli sonnellino
p@zo pece
pi ,a piedi 1 , di dietro (p. e. pi
dgs dietro il dosso)
pi pieno
pi tacchino
pjqntqnclg piantaggine
pjqntano tallone
pjardcl (Ca., Co.) v.: Icolonrl
pjqul gangherello
picu (bambinesco) asino
pigrü peperone
pilt@r peltro
pincär accoppiarsi
pinuln pillola
pio piva
pjoßvar piangere, lagnarsi
pjccvQzndr pioviccicare
piscg orma
pm morso
pjuldr pigolare
pjuno pialla
pizi cocca del fazzoletto
plqncdo radura
pldtqlg piättola
plqulg treccia di lino o canape
greggio
ple pieno
pli (C., Ma.) pieno
plglc macigno
plgpg pioppo (bianco?)
pldt[v]@r piövere
poc intingolo
pocar v.: pincar
pgeln padella
pocjann nibbio reale
poi'jqpJc malessere dopo nna
sbornia, accapacciatura
pogdt carbonaia
pgl@s cardine impiombato nel
muro
pon@ni (un) pocbino
pontü poggiölo
pontür asprezza del vino cbe
infortisce
pgcemdr quietare, calmaro
porccel apertura nell’ uscio del
pollaio
poro paura
pors@lang (Tu., Ca.) grillo-
talpa
pQrs[ii]livo mirtillo rosso
portdurg ganglierella
Die Mundart von Valvestino.
65
■ppstaq piante che stanno da-
vanti al roccolo ed hanno lo
scopo d’ allettare gli uccelli
a scendere
pqti impiastro
pqtul bottone, gemma
poecel (Oa., Co.) ballatoio
pcelek pulce
pcel'zi pulcino
paen pugno
pcergq (plur. tant.) mestrua-
zione
pcerk piva delle ombrellifere
post scapolo
pcetelq
poßtino
pcetinq pupilla
poßtq papavero
prazurq lappola
pr§mqvcel primaticcio
prtpmqrcelq vacca che figlia per
la prima volta
prigul (ant.) pericolo
proq argine ehe sostiene un
campo in pendio
'prqpärgu proprio
pult\<2\ (ant.) polenta
pür[p] pure
pürq (Bo., Ba.) upupa
ragazza
rqbirsg arrabbiarsi
rqbot (scherz.) bambino
radeganq v. rqdek
rdd§k dubbio
rqdek dente di leone (taraxa-
cum officinale)
rqgl rapa
rqerq 1. mucchio di sassi 2. va-
langa di sassi
Sitzungsber. d. pliil.-hist. Kl. 174. Bd. 1. Abli.
rafq zara, giuoco con tre dadi
(ora poco in uso)
rqgqnel panno in cui si av-
volge il bambino prima di
fasciai'lo
rqjndl campo addiacente alla
casa
rqlcitq rachitide
rako ramo di salice a cui s ! ap-
pende la lucerna (per illu-
minare le stalle)
rqkuldr altercare
rqmdr 1. raccogliere i rami spez-
zati 2. raccogliere dal suolo
rqm$U 1. ramo secondario 2. ra-
moscello
rqmpdq salita
rqmpüsul campanula (campa-
nula persicifolia)
rqhdr sgamhettare
rqns§fidr (la kuq) arroncigliar
la co da (detto del maiale)
rqnsdm ciarpame
rqntggq asma
rqn£o saettone (serpente)
rqnzq falce fienaia
rqpgqndr cavillare
rang (ant.) beccaccia
rqiiqk ranuncolo
rqcesq foglie di rapa
rqpdr gualcire
rapo 1. piega 2. ruga
ras sorta di gerla per il carbone
rqskar spelare il maiale
rqsker buccia del grano
rqskul tridente
raspal (Ca., Ba., Bo.) frasche
con cui si coprono i sacchi
del carbone
5
66
9. Abhandlung: Battisti.
rqtgl sentiero molto ripido
rqtqlo omento
rato discesa rapida
rquS erica scoparia
rq(y)qi'i eardellino
rq(v)qrrM Ueno scadente di mon-
tagna
rqz§dicr 1. capo malga 2. mas-
saio
rqzqmbul racimolo
rqzgü segone
rq&jqur (ant.) massaio
rnzir empire un vaso fi.no al-
1’ orlo
r$ (m.) rete
rqabul 1. bastone della zangola
2. ferro per estrarre i carboni
dal fuoco
rgbebq ribeca
r§bcebjg (Ca.) upupa
rt>ddr fruttare bene
r §d§ya 71 o dente di leone
redek radiccio
rgdezäm lubeccliio del mulino
rqetq ragna
r§gqt stoffa di lana per vestiti
di donna
rejzrl mesenterio
rglds aborto (delle bestie)
rem le pale della ruota del
mulino
r§mjdr ruminare
remo artrite
rqmo trave di base del caval-
letto
r§nd solco prominente di con-
fine fra due fondi
rqnav franare
rendanq rondine
rendqnq lendine
rent§gar rantolare
rerjgq arringa
rqt]k sbilenco
reont rotondo
reortis luppolo selvatico
res riccio della castagna, ric-
cio di capello
rqs selciato
rqsar acciottolare, seleiare
rqsqrcelq molle (di legno) per
raceogliere le castagne ab-
bacchiate
reskq lisca, resta
restel rastello
rqsq scricciolo
respo crosta della polenta
resporki porcospino
respul (Ca., Ba.) racimolo
r§(v)al (Pr., Tu.) margine del
campo
r§vdo pendio
ri rivo, ri mqskul canale [di
scolo] d’ una vasca, fon-
tana ecc.
rjolt avvolto
riggjer rampone per la legna
rio erica
risulq e il bastone munito di
girello che funziona come
stantuffo della zangola
rQ[a\jqt cicerchia
rofjdl raviölo
rogqrcelo (Co.) patereccio
rogul rauco
rqgulo raucedine
rojldr rotolare
rolcet pergamena della rocca
roko rocca
Die Mundart von Valvestino.
67
rqmars bosco ceduo
romndr (Ca., Co.) contare
ronsggar |
roi]kär > russare
ror)k$gar )
rgrjkaj roncola
rorjkds (A., Bo.) pernice di
monte
rortis (A., Ca.) v.: reortis
ros gregge, mandria
rosaficel pettirosso
rosulq nome generico per fun-
ghi rossi
rqstq argine del torrente fatto
in muratura
rot§r rompere
rozcddr (Ca.) gocciolare
rozonik (Ba.) torso
rcedi piccola ruota all’estremitä
interna dell’albero del mulino
ehe mediante ingranaggio fa
funzionare il buratto
rerfq forfora
reegdnt, maiale
reego (Ca.) v.: riigq
reemär 1. smuovere la terra
2. grufolare
roes pianta simile al cötino
(rubia tinctorum)
rces§li girello, cuscinetto di pel
le fra il mozzo e la sala
ruajqt pisello
ruel§ (nar a r.) andar a rötolo
ruf (fern.) (raro) rivo
ruful (antiq.) turbine di vento
rügo (ärbcj, r.) rüta
sq qui
sq(detto del maiale) non castrato
Sffbinq sabbia fina
sdbul sabato
sqgerq nebbione
sggrej, camposanto
sagrq crosta lattea
sdjnq orlo della vesta
sqkelo bissaccia
sdltulq zacchera
sqlestQr celeste (colore degli
occhi)
sqli aceiarino
sqlif pomo selyatico
sqlinq (Tn., Ar.) 1. grondaia
2. (Ar.) canale di legno in
cui si motte il sale per le
capre '
sqltrü (Ca., A.) locusta
sqltü balza di monte
sgllüfr/ locusta
sqlzerq saliceto
sqm 1. sciame 2. alveare
sämbßl colonna centrale della
kqvrjdq
sqndul (B.) scapolo
sqndrarcel chi sta volentieri
yicino al fuoco
sandrcel sparutello
sqndrü ceneraccio
sqnelq esofago
sqnfo zampa
Sqnfoej millefoglio (achillea mil-
lefolium)
sqnsqrclq minestra di gliian-
derini
sqntärcel pila dell’acqua bene-
detta
sqntglju basette
sqntqlq piccolo tabernacolo
sqgguqni fungo sanguigno
68
I. Abhandlung: ßattisti.
sap rospo (L., Ca. Ba.)
sqpcl sarchio
sqrqkanq acquavite
Sarbmkä succinto
sarezg (plur. taut.) iucotti, li-
vidori alle garabe
sargdn cespuglio di faggio
sargcelo (Ca., A.) doccia del
mulino
sarküli mal di testa
sarlqo allodola
-sarmandärtjo salamandra
sqronq erba di palude colle fo-
glie larglie e velutate
sarüdek cerusico
sqzuro cesoie
sat rospo
sätülg (plur. tant.) scarpe da
neve
sqturän d’umor tetro
sqzclo assicella
sär cerro
säriju cero pasquale
särlo felce
särvgr servire
sSqnto piceola quantitä
scqpdr sfendere
scqulo bilancia, sorta di rete
da pescare
scq/v]i pannolino in cui s’in-
volge il formaggio spremuto
sce cosi
sfopq sparato della gonna
Sc et, ragazzo
scgti ragazzino
sceto ragazza
Scqpq fucile a due canne
se grembo
sgborbülq orbettino
sedul doccia del mulino
sef sego
5egal segale
sggaix leva per alzare ed abbas-
sare la risuln della zangola
SgganAtr ninnare
sggoster (Ca., Co.) v.: Icajndl
sego ascella
sggrqzuno (scherzosa, L., Ba.,
Bo.) fame
srjgür scure
sgj sansa della castagna
Sejto fulmine
sgklo (ant.) seccliio
sgkq zecca (insetto)
sgltqrcjq cicoria; s. sqlvddcgq
aposeris foetida
sei seccliia
seif, seien di pelame scuro (detto
specialmente dei bovini)
sglü manico della falce
sembfü/lq semola
semggo cimice
semer la cima dei rami non
carbonizzata
sgndfvjgr senape
sengr cenere
sgntq sedile
sentq legaccio dei kqlsec
Sgnagülq salamandra acquaiola
sgo seta
sep tagliola
screlo 1. carrueola 2. anima
della rocca che serve a teuer
allargate le gretole 3. pa-
tella del ginocchio
Sgrklu, lamiera con cui sono
cerchiati i quarti della ruota
sgrkonddr assecondare
Die Mundart von Valvestino.
69
sertür sarto
o
s§sqmel bocca di leone (antir-
r hinuni majus)
sfsar sucehiare
sestü cesta per portar sulla
scbiena il letame
sQt§r sentire
seto (olzej de setq) uccelli sta-
zionari
seit manico della falce
seulo screpolatura della pelle
sgzq eampo eliiuso da siepe o
da muro
sQzdr (det§>-) assiepare
stßel veccia
sgzgni (n) un pocliino
S§Sü stag'ioiie
sfärsQ (plur. tant.) morbillo
sflqsii respiro forte
Sflqsänq fiocina
sfriftq smorfiosa
sfroldr (A., Tu.) sbuffare ('detto
del cavallo e mulo)
Sfroz[(‘]nq fiocina
sfrdezdr frodare
si (Tu., Bl.) sei
si maiale
si (Tu.) sete
stbül subbio del telaio
s[i](l acciarino del mozzo della
ruota
süte.r palato
sing troia
siro cera
siro sera
sitäl lombrico
Sizo siepe
Skqlerq sedili da botte
skqlfgrqt gbetta
Skqlfqret calza grossolana, sen-
za piede
skqlivcirnq (Bo., A.) nebbia ge-
lata sui rami
skqlvao pianta scapezzata
skqm%rldr correre goffamente
skdndülq assicella (per coprire
il tetto)
skqnel sgabello
skqnglq sgabello piü grande
skqnselo cancello del muro di
cinta della chiesa
skqnsoel cassetta della lavan-
daia
skqpenqt scarpa di spago
skqrqfü (Bo., Ba.) v.: skarfjü
skarfjü scarafaggio (aucbe scor-
pione?)
skarfqj cartoccio
Skarpds pane cotto con erbe
skarpQnaso foglia molto graude
skartgzdr scardassare
Skartez# (plur. tant.) scardasso
skqrüs schizzignoso
skqtqrü catarro
skq[v]qtino v.: skq[v]etq
skq[v]§Sdklo averba maggiore
skqfvjetq matassina
s/cqvjdr spettinare
skjldt scoiattolo
slctßel v.: skisei ■
skeßqtq schizzignosa
Skjajo lastra d’ardesia
slcino scbiena
Skis affamato
skisrl torta di farina con zuc-
c
chero, olio e vino cotto
skQnddtül nascondiglio
skpndir nascondere
70
I. Abhandlung: Battisti.
skqvbq grande cesta di vimini
skorlqndu fnar q sk.) gironzare
senza ocenpazione
skorlir battere il frumento
skorpel sealpello
Skosdl grembiule da casa
skoscjur asse da battere la pa-
glia
skotcem vampa
skotcem nomignolo
sJcotii quello dei pastori che cu-
stodisce la ,malga‘ ed aiuta
il liqzer
slccedarcel quaderno in cui si
notano i crediti
skceder riscuotere
skcergq scuria
skoesarolü (Ca., Ba., Bo.) tabel-
lone della settimana santa
Skoevgr v.: skcedgr
skrejn cassa della farina
slcresarcelq tabella della setti
mana santa
Skuas covone
Sobjoelq fischietto
soc (plur. tant.) impuritä del
latte
soj taccola (uccello simile alla
cornacchia)
sqk mozzo della campana
soko gonna
solang insolazione delle pecore
Soler la parte rustica della casa
sopra l'abitato
solgu liscio, senza guernizione
solif detto di animali ehe hanno
il gusto delicato: solif dg
bgko
solo legaccio, corda delle scarpe
som (Soe n s.) su in cima
somndr ]
> semmare
sonnar J
Sonali cornamusa
sqijkli assiolo(?)
sogklü vimini che sevono a
legare i fasci di paglia che
formano il coperto
sgpel ciabatta
sordivo sörgente
sorrk topolino
sorgcelg doccia del mulino
sotano (Tu.) 1. soglia 2. da-
vauzale
soük sambuco
sovranq colchico
sozer colubro
• c
scebjdr zuffolare
scebjgt ciuflolotto
Scebrq bullino
scebrqt pianella
scedrdq lana sucida
sceetq civetta
scef ciuffo
scek zoccolo
scelcer zucchero; Sqldr dg s.
inzucclierare
sceko zucca
Scßlo suola
scejn giugno
scentq Assunta
scepel v.: sopel
scepjdr sbozzare lo zoccolo
scepq zuppa
scetq siccitä
soezjq (lang s.) v.: scedrdq
spqldqgulq parapetto
spqrärjgulo stanghetta per tener
salde le imposte aperte
Die Mundart von Valvestino.
71
sparqfiir risparmiare
spqrel battente; sportello della
fenestra
spärgül aspersorio
spec speechio
Spqgörsulo (Ca., Ba.) altalena
speltino schizzignosa
sp§nart tordo sasselo
spttnqsüs pugnitopo
spqn&%r (so)spingere
spe-rq finestra di carta oleata
spe.s§gldr pizzicottare
spindisoel (Ca., L., Ba.) trottola
spizn spesa
splqtngq(Bo.,Ba.)v.: sparäggülo
splqtundr sformare (detto spe
cialmente delle scarpe)
spqnzelq spügnola (fungo)
spontif aguzzo
spQrjcu stecco della penna
spoßär sputare
spcei sputacchiera
spceq sputo
sprasel ferro su cui si batte
col mazzo per ripicchiare i
cerclii delle botti
sp r /i]elo setolone
stqmpi lucerniere, strumento
di legno bucato per tenervi
fitta la leem
stqntarcßl cestino per i bimbi
stqggqurq stanga di legno con-
fitta in due fori laterali del
muro per sbarrare la porta
stqftq paiolo della polenta
$ tarier g colpo riportato per
caduta
starlcek }
,, > pazzerello
star tu J
stärlq sterile (detto special
mente della vacca)
stazg palo della rete del roc-
colo
stg estate
stembül bastoncino di legno
che si getta per snidar gli
uccellini e farli cader nelle
reti
st§sü tizzo
stirpo razza inalsana
stqm§lc petto
stopdj tappo
stopqkül susino di macchia
(prunus spinosa)
Hornel stupido
straborir svegliarsi di sopras-
salto
strafondr sgualcire
stramgzero assito che divide in
due parti un locale
strqrjgös rutto
stregüS brandello, cencio
Str§kar (3 a sing, strikq) pre-
mere
streto vicolo
stri strinato
Strinsülq ritaglio di tela
steig strega
stropel salcio giallo
strcebqrcelg fascia di pelle dello
zoccolo
iiubrq zoccolo con punta di
pelle
suendg sdruceiolo per avval-
lare il legname (i fusti)
Sugg soga
sulg gallina
surlc sorbo
72
I. Abhandlung: Battisti.
surlo boleto
Sus sorcio
tabjot capannuccia clel roccolo
in cui si tengono la notte gli
uccelli di richiamo
tqing pernice di montagna (te-
trao lagopus)
tqket stiaccino, bigiarella
tqm tamnus communis
tqmdkul sciocco
tqmpgldr far rumore
tqmpg buco scavato dal tasso
tqndii (fern.) tendella, tempiale
del telaio
tdnj§ litanie
tqgglq (Ca., L., Ba.) manfanile
tqpqrel gradino
tqpelq scheggia
tarel randello, clava
tqr§lag colpo di randello
tqrdßl tarlo
tartceflg tartuffo
tato giovane, ragazza
tq[v]el tafferia
tec coperto
tejs (Co.); v.: tes
tel scolatoio del forinaggio
teig baccello
tempgleri (sing, mascli.) tem-
paccio
tm§r tenero
tenegdr ammorbare
tep tempo
tgrqggulg (Ca., Co.) vilucchio
tgrang polenta cotta con burro
e formaggio
tgä satollo
tascßlo coperta della cuna
test baciua di terra per roso-
lare certe vivande
tet poppa (delle bestie)
tet tinto
teting carne delle mammelle
tpto mammella (della donna)
tetülg castagna lessata
tibjg tiepida
tigg, tigg voce di richiamo per
i polli
teggbia
tio legno resinoso, fiaccola
tivju tiepido
tizo piccolo sentiero su cui si
collocano gli arcbetti
tizo (Bnd.) tettoja
tlqring tela del latte
tok’gtg zimbello (dar la t.) zim-
bellare
tglg 1. tavola, asse 2. (frc. töle)
vaso di latta
t.ontundr brontolare 2. ronzare
3. piccliiare alla porta
toggang sciattona
topqroßlo tordina
tgpi talpa
topiner nido di topi
topg talpa
torboldr tribolare
tgricel (Co.) vortice
tornel arcolaio
* o
tgrSdr torcere
tgvsjg fascio di legna che viene
avvallato
tortqrcel gorgo
torzir törcere
töS§k lonicera alpigena
tosgr tossire
toügl formento calvello
Die Mundart von Yalvestino.
73
trabqndr lavorare a tutt’ uomo
trabqskdr ingegnarsi
traglü fendineve
tragino (Co.) ragnatella
trajndl borro per avvallare la
legna
trajzdl palo od asse della man-
giatoia
traklg (plur. t.) 1. falde per
sostenere i bambini quando
cominciano a camminare 2.
cinchie della gerla
trämpän (plur. tant.) trampoli
trqrjklp• manfanile
trapel saeppolo
trapli trappola per i sorci
trq[v]qkdr ribaltare
trajvjdo pescaia, argine in le-
gno del torrente
trazqndel vicolo
trg terreno, suolo; tr$ radif
arativo, brcrlif da brolo,
kornif roccioso, kortif suolo
con corte, grqsif grasso,
mogäk pantanoso, rat in pen-
denza, grgzif sodo, solif a
solatio, vqgüs umido
trabjq confusione
trggarsQ fermarsi
trel 1. travicello 2. (A., Cä.)
correntino
trembldr tremolare
trQpas trippa
trp-serq trave longitudinale del
soffitto
treUpglc (Ca.) trespolo
tri (Tr., Bl.) tre
tritül giöco a rimpiattino (a
nascondersi)
trizg bastone per zmiglclar le
patate
trgl rullo per spianare la terra
trole (plur.) fascina legata alle
due estremitä
trq$ sentiero
tro§k torso
trotqur pevera
trceM chi guida la slitta
trcßlo slitta
tu tuono
tuf pendio rapido di prato
turän giro (delle maglie della
calza)
türän tornio
liläm olmo
urbjo riva del campo
usto finto
ut unto
uzg varietä di frassino
üro prurito
vq appassito
vqdrjoclg eisine, parietaria
vak bacio
vqlii precipizio
vqnSej fascio di fronde adope-
rate l’inverno come foraggio
delle capre
vqrjggt vanga
vare veleno
varsclg (Bo.) A r etta del coreg-
giato
vqzgnel turbine di vento
värän verme, lombrico
värglg vetta del coreggiato
värng (far värn§) lagnarsi
veüang vecchiona
74
I. Abhandlung: Battisti.
vgcag agugliata di filo
vecarcel agoraio (v. da nvgcar
bacclietta della calzettaia)
vgcü ago da testa
vqcü vecchione
vgdärgcelg erba vetriola (parie-
taria officinalis)
vedärgu vetro
vedrds vitalba
vg'g§r sodaglia
vgl vitello
vel livello
vglq varietä di elleboro nero
(helleborus viridis)
vemo vinco, vermena
v§nq,s<M acetosa (rumex acet.)
vgne elleboro
v§ngt vinello
vQniulg convolvolo
vgrdurjer ortolano (uccello)
vgro gliiera (della ruota, del
timone), anello matrimoniale
vgrdü verdone (russula vire-
scens)
VQrgü alcuno
vers cavolo
vgrtic (fern.) cerniera
vgrzelg (Bo.) vctta del coreg-
giato
VQzino comizio
vet vento
vgtgr vent're
vjqdano forte tela di canapo
vigdl (scherz.) rino molto an-
nacquato
vilgo vigilia
vilgu Yigilio
vint venti
vjcelg 1. viola 2. primola
viro anello matrimoniale
vgguS (detto di luogo) umido
vordar guardare
vgti piccola sega a lama molto
stretta
vceldm melume
vopg (valcg v.) non pregna
zaer becco castrato
zärp sterpeto
Sbqlq[v] grjq arruffato
Zbqltqrü schiaffo
zbqmpir infortire (detto del
vino)
zbarfus cisposo
zbarlqgkdr spalaucare
zbarldm ottenebrazione
zbarld£§r abbagliare
zbqz§lnt piccolo catino di legno
Sbürfg cispa
&b§rü rondone
zbeso (Ca., L., Ba.) cispa
zbjazgdr biascicare
ibjak scroccone, parassita
Sblqlc sbiadito
Zblqkdr sbadigliare
iblodggd sporco
&blce§ir sdrucciolare
ZbglSdg zampillo
zbglsdr zampillare
&borar tagliare i rami per farne
carbone
zbörsulo ragnatella
Zbraldr (Ba., Bo.) spalancare
ibrgdr brontolare
Sbrenzii diarrea
zbri vetrice
ibrodggü sporco (sost.)
zbrofdr (Ca., Bo., Ba.) nitrire
Die Mundart von Valvestino.
75
Zbrofdr alzar la bindg del roc-
colo
Sbrofi annaffiatoio
Sbrofü nembo
zbrceSur bruciore di stomaco
Mardo moccolaia
Märny grau quantitä
Min&q favilla, lojola
Mradgmä ieri mattina
SdraSirg iersera
zdrcegg striglia
Sgmet (raro) gemello
Sgndr (raro) stimolare
zgt gente
Sgddgr mirtillo
Sgqlbgr zoccolo
zgqr]g§ndr traballare
Sgqfidr addentare
zgargdr razzolare
zgargü buca fatta nella terra
razzolando
Sgarlgt la metä del gheriglio
Sgargddr (Ba.) sdrucciolare
Sgoltq.ru v.: Sbaltarü
Sggnsi grifo
Sggndr fare i visaeci
Sggrldr scuotere
Sgörbo civea
Sgosscerolu v.: skcesqrolu
Sgrat (Ca., A.) scoiattolo
Sgrgfiär 1. rignare (del caval-
lo e del mulo) 2. ridere
Sgrgsqrcelg v.: slcrgsqrcdg
Sgres ruvido, greggio
Sguärs sbilenco
SguiSgtg pispola
Zgufq gravida
Si (Tu.) aceto
Sigül (ant. Ca.) giunco
Slapgr mangione
Slodrjq affamato
Slgsdr bagnare la veste cam-
minando per l’erba umida
imadrg (plur. tant.) rami (ta-
gliati per il lungo) che for-
mano il tessuto traversale
(tes§r) della cesta.
zmqnsqring v.: mqnsqroßlq
Smarldo colpo dato col mqrel
SmärSg gerruoglio, pollone
Smiglddr sminuzzare
Smgrso mattoni sporgenti nel
muro
SnglSg milza
znidju liscio
Sngdgldrsg slogarsi
Snalo (Ba.) arcuccio per por-
tare le secchie
Scebjam v.: dobjani
Scebjano donna da poco
zceblg giovedi
Seele sugo
zraj (Ca. A.) assito
Sütolg (plur. tant.) corda legata
alle corna del bue
Suqzdr tagliare le foglie alle
rape
zvgrsdr traboccare
In folgenden W. des Wortregisters ist ä als d zu lesen:
dgmä, dcf.su, fogä, karämpulo, Icartfßäm, Iggäur, leeäm, ordjaur,
parforä, parmontä, parmutu, pqstulä, peländidq, pgnulä.
76
I. Abh.: Battisti. Die Mundart von Valvestino.
Anhang.
Einige Flurnamen aus Magasa.
I. Dorfteile. [,I1 paese e come appiccicato alla ripidissima
costa, colle sue case a due o tre piani, coi tetti di tegole —
rarissimi quelli di paglia — alto alto sulla destra del Rio
Toscolano che qui si chiama Magasino“. Ottone Brentari,
Guida del Trentino, 2 a ed., vol. III. 179.] somqldf [N.-O.],
kinzelo (auch kinggier), erg [Mitte des Dorfes], vqlnqklg [W.]
II. Wiesen und Äcker in der Nähe des Dorfes am steilen
Abhange: lcqStü (auch kostg dg kqstü) bezeichnet den ganzen
Abhang w. des mqgqzi; — i st.aj, dgnaj, i mardgoi, kolmn, gqn-
dint}, 1 Sqblein, 2 nempre, Igrü, kg Statt, marscM. 3 Oberhalb des
Dorfes iberSe, prodj, ltordetgr (mit einem Weiler und mehreren
Heuschuppen).
III. Weiden: kqblü, kqmpej, klqvrie.
IV. Berge und Bergteile: dgnaj W (1247), kortino N.-W
(1790), kqblü N-W-N (1757, bei den bokg dg kqblü), tombeo
N (1947), dos dg sejtg (1724, Rückfallskuppe am Südahhang des
Tombea), pqlü N.-E. (1977, an der Reichsgrenze), pcergo E (1730,
an der Reichsgrenze; auf der milit. Spezialkarte ,Puria‘), cjce-
sqngr S.-E. (1422).
Aus Cadria.
Die einheimische Dorfbezeichnung ist kddergq. In der
Mitte des Dörfchens (22 Häuser) der Dorfplatz plqsqsü. In der
Umgehung (wenige Äcker, Wiesen, Weiden) kqmjcel, [kqnjobl]
kqSqnqgo, mqqgq, mqrqpk, trajng. Gegen Puria Wiesen mit
Weiler prudj.
1 Auf der Katastralmappe: Gandini.
2 Ebendort Sablen.
3 Ebendort Marzolo. — Andere Flurnamen nach der Mappe: Cavi, Pelaster,
Croni, Prati di reut, Coste del Perli, Sottopos, Doss del Sellarol, Cornala,
Poralli, Scaleni, Corva, La Ruf, Plazoi, Valle de Tuf, Levai, Los Seraur,
Terroa, Tenai, Mervi, Corgiana, Possini.
Isophonen 1. i >-e §§ 21, 22; 2. Grenze der Diphthongierung du, qj [ft], ou § 14, 2Ga, 31; 3. ±as ^>i § 53;
4. Abfall des intervok. t § 122; 5. kü, gü, kce, gce >• kjce, gjce § 43, 1; 6. Abfall des ausl. r im
Infinitum § 90, Anm.
Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wissensch», pliil.-hist. Klasse, 174. Bd., 1. Abh.
Sitzungsberichte
der
Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien.
Philosophisch-Historische Klasse.
174. Band, 2. Abhandlung.
Perht, Holda
und
verwandte Gestalten.
Ein Beitrag zur deutschen Religionsgeschichte.
Von
Dr. Viktor Waschnitius.
Vorgelegt in der Sitzung am 23. April 1913.
Wien, 1913.
In Kommission bei Alfred Holder,
k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler,
Buchhändler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
Druck von Adolf'Holzhausen,
k und k. Hof- und Universitäts-Buchdrucker in Wien.
VORWORT.
Uie vorliegende Arbeit, die es sicli zur Aufgabe ge
macht hat, das Problem Perbt-Holda, wenn auch nicht zu
lösen, so doch um einige Schritte der Lösung näher zu bringen,
erfuhr die freundschaftlichste Förderung: seitens meiner ge-
schätzten Lehrer Rudolf Much und Leopold von Sehroeder;
ihnen dafür an dieser Stelle herzlichst zu danken, ist mir
eine ehrenvolle und freudige Pflicht. Ebenso bin ich Herrn
Leo Bamberger für die Mitteilung und Vermittlung von Ma
terial und endlich der kais. Akademie der Wissenschaften für
die Ermöglichung, diese Arbeit zu veröffentlichen, zum Dank
verpflichtet.
Wien, Frühjahr 1913.
Viktor Waschnitius.
4
II. Abhandlung: Waschnit,i us.
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— ZschfdscbPhil. IV. S. 83.
— ZschfVk. I. S. 260 f.
Zeitschriften.
(Nur die weniger bekannten.)
Zeitschrift für deutsche Mythologie ed. Wolf-Mannhardt. 4 Bde. Göttingen
1853 f. (ZfDM.)
— für Volkskunde ed. Dr. E. Veckenstedt. 4 Bde. Leipzig 1889—1892-
(ZfVk.)
Am Urquell. Monatsschrift für Volkskunde ed. Fr. S. Krauss. V. Bd. Lunden
i. H. 1894.
Zeitschrift des Vereins für Volkskunde (N. Folge der Zsch. f. Völkerpsych.
u. Sprachwiss.) ed. Karl Weinhold. Berlin. II. 1892. IX. 1899.
(ZdYfVk.)
— für öst. Volkskunde ed. Haberlandt. Wien—Prag 1895f.
Abkürzungen.
Außer den bei den Werken angeführten oder sonst üblichen:
Veg.- Vegetations-; Vegdäm. Vegetationsdämon.
Spstf. Spinnstubenfrau.
Spr. Spinnruhe.
N S O W Nord Süd Ost West, nördlich, südlich etc.
myth. mythisch,
dämon. dämonisch.
PI. Perchtenlauf.
Whn. Weihnacht.
Njhr. Neujahr.
Dreikg. Dreikönig.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
9
EINLEITUNG.
Unter den mythischen Gestalten des deutschen Volks
glaubens, die J. Grimm und die auf ihn folgende mytho
logische Forschung ans Licht gebracht haben, ist Holda, meist
als Frau Holle, am lebhaftesten in das Bewußtsein unseres
Volkes aufgenommen worden. Beigetragen haben dazu außer
der Mythologie selbst auch die Kinder- und Hausmärchen
(KHM) und die Deutschen Sagen (DS), vor allem erstere,
bei denen das vollendet wiedergegebene Märchen von der
Frau Holle auch heute noch einen vollen Eindruck auf jeden
Leser ausübt. Aber auch den Namen Berta umgibt seit
Grimm, zumindest im Unterbewußtsein eines jeden Gebildeten,
ein gewisser mythischer Schimmer. So erfreulich und ver
ständlich dieser Wider klang, den der seelische Gehalt der von
Grimm veröffentlichten Sagen und Märchen in dem Emp
finden der Nation hervor rief, ist, hat dieser Umstand doch
auf die wissenschaftliche mythologische Forschung an sich
sehr ungünstig eingewirkt. Gerade auf dem Gebiete der
Volkskunde kann ja auf die Mitarbeit der Laienkreise nicht
verzichtet werden, und so gut gemeint diese auf unserem Ge
biete auch immer war, hat sie neben manchem Wertvollen
doch im allgemeinen sehr verwirrend gewirkt. Wie gerade
bei einem volkskundlichen Gegenstand Empfindungsfaktoren,
vor allem das Nationalbewußtsein eine große Bolle spielt, ist
ja jedem, der sich nur ein wenig mit Volkskunde beschäftigt
hat, bekannt. Natürlich kann sich auch der wissenschaftlich
Arbeitende dem Einflüsse derartiger im Gemüt wurzelnder
Kräfte nicht immer entziehen, während anderseits manche,
um dem zu entgehen, in das entgegengesetzte Extrem einer
kritischen, in der Tat aber meist oberflächlichen Skepsis und
10
II. Abhandlung: Waschnitius.
Negation verfallen. Diese beiden Strömungen können wir
in der wissenschaftlichen Behandlung des Holda-Perhtpro-
blems speziell in den sogenannten Handbüchern der Mytho
logie deutlich beobachten. Noch heute stehen die Gegensätze
einander schroff gegenüber.
Im folgenden will ich eine kurze Übersicht über die Ent
wicklung der Anschauungen über unser Thema in der wissen
schaftlichen und halbwissenschaftlichen Literatur geben;
dann wende ich mich gleich zu der Darstellung des vorhande
nen Materials.
Jacob Grimm behandelt unseren Stoff im cap. X. Göt
tinnen seiner ,Deutschen Mythologie', I. Aufl. 1835, S. IßT f.
Ausgehend von der Mitteilung des Tacitus Germ. Kap. IX
über den Isiskult bei den Sueven wirft er die Frage auf, ob
Ilolda nicht eine Nebenbezeichnung dieser Göttin gewesen
sei. Den Namen stellt er zu hold got. hulji>s und bringt die
ihm bekannten Belegstellen des Appellativs für genius. Darauf
geht er zu den Zeugnissen über Ilolda selbst über. Als ältestes:
Burchard von Worms (in späteren Auflagen Walahfrid
Strabo). Im heutigen Volksglauben findet er sie vor allem
in Thüringen und Hessen, ferner im Voigtland, Nordfranken,
Wetterau, Westerwald und in dem an Thüringen angrenzen
den Nieder Sachsen. Im ganzen eine richtige Begrenzung.
Weniger zutreffend ist die Schilderung der Vorstellung von
Ilolda, wobei er sie entsprechend seiner Namensdeutung be
sonders als milde, freundliche, gnädige Göttin charakterisiert
mit starker Betonung ihrer Beziehung zu Gewässern und
zum wilden Heer. Ihr Auftreten in abstoßender Gestalt er
klärt er aus priesterlicher Beeinflussung. Aus ihrem Verhältnis
zum Spinnen schließt er auf ,Oberaufsicht über den Feldbau
und die strenge Ordnung im Llauslialt', die ganz das Amt
einer mütterlichen Gottheit wie Isis und Nerthus bezeichnen;
ihre Sorge für Flachs und Spinnen führe unmittelbar auf die
an. Frigg. Nach einer Zwischenbemerkung über die Hulda
in der Bibel II. reg. 22,14 wendet er sich zur nordischen Über
lieferung. Auch hier zieht er die Etymologie aus an. holla
propitius der aus an. hulda obscuritas vor. Das r in Huldra,
Huldre berührt er, ohne sich für eine Deutung zu entscheiden.
Deutlich aber fühlt er den Gegensatz der nord. Vorstellung
Perth, Holda und verwandte Gestalten.
11
zur mtl. (S. 169). Als ident mit Holda betrachtet er die Frau
Beruhte ahd. Perahta, die Leuchtende, in Schwaben, Elsaß,
Schweiz, Bayern und Österreich. Das Gebiet ist, wie wir
sehen werden, zu weit ausgedehnt. Die Hervorhebung der
grauenvollen Seite an dieser Gestalt führt er auch hier auf
Herabwürdigung durch christliche Volksansicht zurück. Dann
wendet er sich zur Darstellung der volkstümlichen Vorstel
lungen, wobei er besonderes Gewicht auf ihre angebliche Fest
speise legt. Er streift dann die Geschichten vom auf-
geschnittenen Bauch und die wilde und eiserne Berta und
bringt endlich ein Stück vom mhd. Gedicht von Berchten mit
der langen nas, wobei er Stempe mit ihr identifiziert. Nach
Erwähnung des Perchtenlaufens wendet er sich zur Schweiz,
wo er das hechten behandelt und von Berchtold als männlicher
Berta spricht. Aus seiner Deutung des Namens entspringt
die Identifizierung der weißen Frau mit Perahta. Endlich
behandelt er noch die angeblich ,aus der Göttersage in die
LIeldensage aufgenommene* Frau Berta in der ital. und fzs.
Eedensart: zur Zeit als Berta spann, und die Mutter Karls
d. Gr., die durch ihren großen Fuß ihren mythischen Ur
sprung nicht verleugne. Als Abschluß spricht er noch über
das Verhältnis zu der Bezeichnung Perlitennaht, wobei er die
Möglichkeit des zufälligen Entstehens eines dämonischen
Wesens aus der Personifikation dieser Kalenderbezeichnung
erwägt, aber sich doch zum heidnischen Ursprung von Vor
stellung und Namen bekennt. Anschließend handelt er über
die verschiedenen als Anführerinnen des Hexenzuges ge
nannten angeblichen Gottheiten: Herodias, Abundia etc.
Grimm geht also auch hier von dem Gesichtspunkte aus,
daß die Vorstellungen des jüngeren deutschen Volksglaubens
nur Veränderungen und Verfälschungen einer ursprünglichen
germanischen Göttervorstellung seien, deren Bild er sich nach
dem Muster der Edda konstruiert. Dabei wird Grimm gerade
dem Wesentlichen der heidnischen Weltanschauung nicht ge
recht. Auch die Auffassung der Einzelzüge ist dadurch ge
trübt. Nichtsdestoweniger muß man auch hier die großen
Vorzüge Grimms mit Bewunderung anerkennen: Die muster
gültige Zusammenstellung des Materials und die Klarheit
und Schönheit seiner Darstellung. In den späteren Auflagen
12
II. Abhandlung: Waschnitius.
hat Grimm das neukinzugekommene Material, besonders
Börners Orlagansagen verarbeitet, aber seinen Standpunkt in
keiner Weise geändert.
Die auf Grimm reichlich folgenden Mythologen aus
Gelehrten- und aus Laienkreisen machten es sich vor allem
zur Aufgabe, Holda und Perht als gemein-deutsche Göttinnen
zu erweisen und ihnen ihren Platz in dem von ihnen kon
struierten gemeingerm. Olymp mit mehr oder weniger Zwang
anzuweisen. Ich kann auf die geäußerten Ansichten nur ganz
kurz eingehen.
Wie Grimm sah W. Müller in seinem 1844 erschiene
nen Werk ,Gesch. und System der altdsch. Religion', das
Mogck und R. M. Meyer lobend erwähnen, in Holda und
Perht verblaßte Gottheiten (S. 122), die der n. Freyja ent
sprechen. Neu ist, daß ihm der Perhtenlauf mehr slawisch
als deutsch erscheint und daß er bei Perht die Möglichkeit
keltischer (!) Entlehnung erwägt.
Viel weiter geht Albert Schott, der in seiner Ein
leitung zu Vollmers Ausgabe des Gudrunliedes 1845, S. XLIX
und L die epische Gestalt der Hilde zu einer mythischen
macht und direkt vrou Hilde in Anlehnung an eine Stelle bei
Gr. M. 4 , S. 236 mit frau Hulda identifiziert, wobei er ganz
indiskutable Vergleichungspunkte herbeizieht.
Kuhn behauptet in den inhaltlich ganz von ihm be
sorgten NDS 1848 (nur das Register von Schwartz), S. XXIII
die Identität von Frick, Holda, Berhta, dazu Harke, Frü
Gode etc. Diese faßt er als verblaßte Göttinnen auf, die der
n. Frigg auf deutschem Boden entsprächen. Anders sein Mit
arbeiter Willi. Schwartz, der diese Gestalten bereits als
Prototype auffaßt, ihnen also primären Charakter zuschreibt.
(Vgl. ZdVfVK. IX, S. 1 f.) Er sieht in ihnen, wie es seiner
meteorischen Deutungsweise entspricht, im Sturm umfahrende
Gewitterwesen. Allerdings kommt auch Annäherung an
Kuhns Ansicht vor. (Vgl. Poet. Naturanschauungen I, 211
Holda als hexenartig werdende Sonnenfrau.)
Ähnlich wie Kuhn erklärt J. W. Wolf Hess. Sagen 1853,
S. XII, die Identität der Holda und der Freyja-Frouwa über
jeden Zweifel erhaben.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
13
Das im selben Jahre erschienene Handbuch der deutschen
Mythologie 1853—1855 von Simrock dagegen greift die
Idee Schotts auf und konstruiert sich eine Göttin Hilde, die
der an. Hel entsprechen soll. Mit Hilde aber ist Holda und
Berhta ident, daher auch mit der an. Hel. (Holda von heln.)
Ursprünglich drückten diese beiden Gestalten die Gegensätze
von Licht und Finsternis aus, die sich in der Erscheinung
der Hel verbunden zeigen. (Vgl. § 114.)
Weit besser als seine Vorgänger, wenn auch damals noch
unter dem Einflüsse der alten vergleichenden Mythologie be
handelt W. Mannhardt unser Thema in großer Ausführ
lichkeit in seinen ,Germ. Mythen' 1858. Er widmet ihm das
Kap. II, Holda und die Nomen, S. 243—736; über Holda
spez. § 2, S. 255—273. Seine Ansicht faßt er S. 269 folgender
maßen zusammen: ,Es ist klar, daß Holda eine himmlische
Gottheit ist, welche in Wind und Sonnenschein ihre Macht
entfaltet, vorzugsweise aber den Segen der Wolke spendet,
in dieser ihren Hauptsitz hat und daher auch von ihr aus
gegangen sein wird. Sie ist mit einem Worte die alte Brun
nenfrau. Ihr Aufenthaltsort, die Wolke, wurde als Berg,
Brunnen oder Wald gedacht.' Perht ist ihm mit Holda ident.
(S. 294.) Es sind dies aber, wie auch Freyja, Frigg etc. nur
verschiedene Hamen für ein und dieselbe Göttin, die im
wesentlichen eine Wolkengöttin ist (S. 297), aber alle mög
lichen Funktionen in sich vereinigt.
Auf einem ganz anderen Standpunkte steht bekanntlich
Mannhardt in seinem 1875 und 1877 erschienenen ,Wald
un d Feldkulten'. Hier berührt er Holda nur ganz kurz in
ihrer Beziehung zur wilden Jagd und bezüglich ihres hohlen
Rückens, wobei er sie in Parallele mit anderen Vegetations
dämonen setzt. (I, 85, 120.) Perht aber führt er, was schon
Grimm erwogen, Schmeller BW s. v. als erwiesen angenom
men (1827—1837), auf eine Personifikation aus dem Perhten-
tag zurück, II 185 Anm., wobei er allerdings hinweist, ,daß
mit diesen Personifikationen der Jahreszeiten und Kalender
tage sich ältere mythische Vorstellungen aus dem Kreise der
Vegetationsdämonen, der Sagen vom wilden Heer usw. ver
bunden haben'. Mannhardt hat als erster die Göttlichkeit der
Holda und Perht mit triftigen Gründen zweifelhaft gemacht,
14
II. Abhandlung: Waschnitius.
an die man seit Grimm wie an ein Dogma zu glauben sich
verpflichtet fühlte.
Zu dieser letzteren Richtung gehört noch vor dem Er
scheinen der WfK. Karl Blind, der im Cornhill Magazine
May 1872, S. 610 f. einen Artikel über ,Freia-Holda, tlie
Teutonie Goddess of love‘ schrieb.
Henne am Rhyn knüpft (Dtsch. Ys. Leipzig 1874,
S. 405) an Simrocks Ansicht an und betrachtet Hel als Grund
vorstellung aller weiblicher Götterwesen; für J. G. v. Hahn
Sagws. Studien 1876, S. 429 18 aber ist ,der Vollmond der
natürlichste Naturkern unserer Holda'. B. Symons ,Gids‘
Juli 1883, S. 19, faßt Holda als primäre Gottheit, von der
sich die anderen wie Frigg, Freyja etc. abgespalten haben.
1887 erschien eine Spezialarbeit über Holda, die Disser
tation eines holländischen Theologen L. Knappert ,De
Beteekenis van de Wetenschap van het Folklore voor de Gods-
dienstgesckiedenis onderzoclit en aan de Holda-Mythen ge-
teetst’. Das Buch bringt nicht Neues. Knappert geht aus von
Holda als ursprünglich adjektivischen Beinamen einer Göttin
Frigg-Freyja; daraus entstand durch Hypostase eine wesentlich
chthonische Göttin Holda, die vegetabilische und animalische
Fruchtbarkeit verleiht (III, § 3) und Herrin über Geburt
und Tod (§ 4) und über die häusliche Arbeit ist (§ 5). Ihr
Verhältnis zu den Wettererscheinungen (§ 6) erklärt sich
aus der ursprünglichen Identität mit Frigg und ist nur an
geflogen ; darin polemisiert er gegen Mannh. GM. Perht be
zeichnet er im Vor übergehen als besondere Göttin, die aber
in manchen Punkten mit Holda in eins verfloß. In seiner
Darstellung der Holdamythen glaubt Knappert die folklori-
stische Deutung aus gesellschaftlichen Verhältnissen, Ge
bräuchen, Totenkult etc. mit der naturmythischen glücklich
vereint zu haben. Dazu verwendet er alle vermeintlichen und
echten Quellen der früheren Mythologen von der Hludana-
inschrift bis zu den Marienkäferreimen unter Heranziehung
fast sämtlicher dämonischer Wesen.
Laistner behandelt ,Rätsel der Sphinx', 1889 II, c. 63
Berchtholda, Holda und Perht aus dem sein Werk beherr
schenden Gesichtspunkt der Alpvorstellung. Aus den um
ziehenden Alpwesen hat sich Berclithold und Berchtholda als
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
15
Führer und Führerin empör gesellwungen. Kurz zusammen-
gefaßt hat diese Anschauungen Dr. M. Höfler ,Perchta‘,
Urquell n. F. II, 199—202.
Auf den Bahnen Knapperts wandelt E. H. Meyer in
seiner Germ. Mythologie 1891. Wie Mannhardt seinerzeit
setzt er .— offenbar wie dieser durch indische Vorstellungen
stark beeinliußt — eine germ. Wolkengöttin an, deren Name
und Gestalt in Deutschland als Gode, Holda, Perhta etc. noch
erhalten ist und die in dreifacher Art: als dunkle, schädliche,
als mittlere erlösungsbedürftige, bald holde, bald unholde und
als lichte, liebliche Göttin erscheint, je nach der Art des
Wetters.
Auch E. Mogk steht in seiner in der 1. Auflage von
Pauls Grundriß, Straßburg 1891, erschienenen germ. Mytho
logie auf einem ganz ähnlichen Standpunkt. Für ihn sind
alle mythischen weiblichen Wesen Hypostasen einer chthoni-
schen Gottheit, der Gattin des Himmelsgottes (§ 71). Als
solche erscheint auch Frija-Frigg, deren Spuren auch er in
der uckermärkischen Frike ,Fuik etc. findet (§ 73). Ilarke,
Gode, Werre, endlich Holda und Perchta sind germ. Toten
göttinnen. Neu ist die ausschließliche Ableitung der Namen
von ahd. helan und pergan.
Unterdessen hatte bereits 0. Knoop in Eogasen in
der ZfVK. II 1890 eine Artikelserie begonnen, — fortgesetzt
ZfVK. III, IV, 91, 92 und Urquell 1894 — in welcher er mit
großer Energie den von Kuhn und Schwartz in der nord
deutschen Tiefebene entdeckten Göttergestalten den Garaus
zu machen suchte, was ihm auch bezüglich der übrigens von
Schwartz in der angenommenen Form nie behaupteten Gött
lichkeit gelang. Damit wurden der gemeingerm. oder ge
meindeutschen Göttin Holda-Peralita die wichtigsten Stützen
benommen.
Was Knoop bestehen lassen hatte, verfiel dem kriti
schen Eifer Wolfgang Golthers. Dieser widmet in seinem
Handbuch der germ. Mythologie (1895) den angeblichen
Göttinnen einen eigenen Abschnitt (VII). Kap. 2 dieses Ab
schnittes behandelt ,Holle, Berchte und andere weiße Frauen'.
Ausgehend von den aus dem Seelenkult entsprungenen, tat
sächlich gegebenen Volksbräuchen der Einstellung der Spinn-
16
II. Abhandlung: Waschnitius.
arbeit und des Speiseopfers stellt Goltlier Frau Holle als
späte Differenzierung aus der Schar der umziehenden Hollen
dar. Die übrigen Züge Holdas erklärt er meist aus Beein
flussung seitens romanischen Aberglaubens (wilde Jagd als
Hexenumzug) und christlicher Marienlegenden (Kinder
paradies, Schneefall etc.). Perht läßt er in ihrer Art aus dem
Gespensterglauben, in ihrer Benennung aus dem Kalender
hervorgehen. Ein Nachhall germanischer Göttinnen sei nicht
erweisbar.
In der 2. Auflage seiner Mythologie (P. Gr. III, 1900)
vertritt Mogk unter dem Einflüsse Golthers, Knoops und
Kauffmanns (PBB. 18, 145 f.) eine ganz andere Anschauung
als in der ersten. In dem Abschnitt über den Seelenglauben
— nicht mehr in dem über die Göttinnen — behandelt er in
§ 35 die Holden und Perhten. Jetzt läßt er wie Goltlier Holda
aus den Holden, seelischen Wesen, im späteren Volksglauben
als Führerin hervorgehen, ganz ähnlich aber auch Perhta aus
den Perhten, ebenfalls Seelengeistern. An der Etymologie
aus helan und pergan wird festgehalten. Die übrigen Ge
stalten bezeichnet Mogk ganz unter Knoops Einflüsse als Er
zeugnisse der Volksphantasie und des Volkswitzes späterer
Zeit. Hervorzuheben ist, daß sich für Mogk Holda und Perhta
sachlich vollständig decken und nur lokal zu trennen sind.
Bilfinger faßt Germ. Julfest 1901, S. 1021’., in Über
einstimmung mit seiner stark von Tille beeinflußten Theorie
über die Entstehung der Weihnachtsfestzeit Berchta-Holda
als eine Art Neujahrsfee auf, die mit dem neuen Jahr bei
den Menschen erscheint, ihnen die Naturgaben schenkt, die
sie im Verlauf des neuen Jahres erhoffen, dafür Opfer emp
fängt und zugleich über Einhaltung der herkömmlichen (aus
römisch-heidnischen oder christlichen Anschauungen stam
menden) Neujahrssitte wacht.
Der Standpunkt der älteren Mythologen wurde neuer
dings wieder vertreten von E. H. Meyer, Mytli. d. Germ.
1903 (etwas geändert gegenüber der G. M.), Andree-Eysn,
.Die Perchten im Salzburgischen' und Dr. H. Sendling,
,Frau TIolle ( , Daheim, 42. Jhrg., n. 24, 1906. E. M. Meyer,
,Altg.Eg.‘ 1910, schließt sich an Golther und Mogk an. Endlich
sei noch Eich. Eieglers Gleichung Holda = Wiesel (WS. II,
Perht., Holda und verwandte Gestalten.
17
186 f.) erwähnt, die aber abzuleimen ist, da sie ganz auf der
Gleiehsetzung von Holda, der weißen Frau u. ähnl. beruht.
Meine Arbeit legt ihr Hauptgewicht auf die möglichst
vollständige Sammlung und klare Darstellung des vorhande
nen mythischen Materials. Für diesen Zweck hat sich die
Gliederung des Stoffes nach den mundartlichen, und zum Teil
politischen Gebieten und innerhalb dieses Kähmens nach der
zeitlichen Reihenfolge am praktischesten erwiesen.
Die mythologische Behandlung, der der II. Teil ge
widmet ist, leidet an dem Mangel gesicherter halbwegs ein
heitlicher Anschauungen, so daß die Untersuchung einzelner
mythischer Wesen eigentlich nur im Rahmen einer mythologi
schen Gesamtdarstellung möglich ist, beziehungsweise zu einer
solchen werden muß, wenn man nicht, wie auch ich es zu
tun genötigt bin, eine Reihe offener Behauptungen übrig
lassen will.
I.
Hochdeutsches Sprachgebiet.
1. Bayrisches Mundartengebiet.
Gottschee. Ich beginne mit dem südlichsten in Betracht
kommenden deutschen Sprachgebiet, mit Gottschee. Die Ver
hältnisse liegen hier trotz der relativ lang währenden Ab
geschlossenheit des Landes sehr ungünstig für die Entstehung
und Erhaltung mythischer Vorstellungen, da der Ackerbau,
der günstigste Nährboden der Mythologie, zu geringfügig ist,
um dem geistigen Leben als Grundlage zu dienen, durch den
Hausierhandel aber die Einwohner viel zu sehr mit fremden
Kulturkreisen, besonders der Städte, in Berührung gebracht
werden. Es ist daher nicht auffallend, wenn Perht und ihr
Mythenkreis hier unbekannt ist.
Das Geschäft der Spinnstubenfrau (Spstf.), und zwar
für den Donnerstag besorgt hier ein kleiner Hausgeist, das
,pfinstokmandle, a huatats bintschigss mandle‘; spinnt
jemand an dem als heilig gehaltenen Donnerstag, so kommt
es und ,zaridat da bikalein' '(verwirrt den Wickel) (Ilauffen
S. 93). In den Zwölften ist nichts Hiehergehöriges bekannt.
(Vgl. Sehroer, Wb. d. G.)
Sitzungsber. d. phil.-hist. KI. 174. Bd. 2. Abli. -
18
11. Abhandlung: Waschnitius.
Steiermark. In Betracht kommt liier nur das deutsche
Gebiet des Landes. Während Mittelsteiermark, offenbar wegen
seiner Zugänglichkeit, kein Material liefert, bietet uns Ober
steiermark mit seinen abgelegenen Tälern einen reichen
Schatz von Mythen und Gebräuchen von zum Teil sehr altem
Gepräge.
Wir treffen Bercht (—a, —e), nach Schlossar S» 116, als
,altes, häßliches Weib, das die Kinder schreckt, den Flachs
und die Fäden am Spinnrocken zerreißt, ja seinen Gegnern
den Bauch aufschneidet. Auch ihr opfert man, und zwar die
sogenannte Berehtelmilch". Besondere Sagen gibt Schlossar
nicht, wohl aber Krainz. So zwei aus Kallwang bei Leoben.
In beiden erscheint Perchtlgoba als uraltes Mütterchen in
sehr geflicktem Kittel mit einer Kinderschar, die ausdrück
lich als die Seelenschar ungetauft verstorbener Kinder be
zeichnet wird, in der Perhtennacht (5—6, I) umziehend. Die
eine Sage (Kr. n. 304) berichtet nur, wie eine Bäuerin ihnen
alljährlich eine Schüssel mit süßer Milch und einigen Löffeln
aufgetischt und über die Nacht stehen gelassen. Pg. und ihre
Kinder genossen stets einige Tropfen und zogen weiter, wofür
Segen über dem Haus ruhte. Einen vorwitzigen Knecht, der
sich trotz des Verbotes im Ofen versteckte und sie beobachtete,
ließ sie erblinden, indem sie zu einem Kinde sagte: ,I)eck d’
Luck’n zua! £ Auf den Eat des Pfarrers versteckte sich der
Knecht nach einem Jahre zur selben Zeit im Ofen und Pg.
machte ihn wieder sehend (Blendungsmotiv). Ein anderes
Motiv bietet die zweite Sage aus Kallwang (n. 307). Ein
Bauer am Zeiritzkampel strebt in der Perhtennacht nach
einem Gevatter für sein eben geborenes Kind. Er trifft auf
Pg. mit ihrem Zug. Da das letzte Kind gar so armselig aus
sieht, ruft der Mann mitleidig: ,0 du arm’s Zodawascherlk
(Zoda, Zotten, zerrissene Kleidung, vgl. nö. Zodn, cl nach ge
längter Stammsilbe; Wascherl kleines Kind, das noch nicht
gehen kann. Vgl. Zoderwaschl Lump Göß, G. P. 1783, U. Eh.,
S. 654. Vgl. oberpfälz. Iloanawaschl, Sph. II, 186.) Dadurch
erlöst er das Kind und Pg. verheißt ihm dafür Glück, das
auch eintrifft. Motiv der Namengebung. Dasselbe Motiv
treffen wir im Liesingtal (n. 308). Hier erlöst eine Kindes
mörderin ihr Kind, indem sic ihm einen christlichen Namen
Perlit, Hotda und verwandte Gestalten.
19
gibt und die Todeswunde verbindet. Merkwürdig ist, daß
hier Tg. mit den Kindern in der Perhtennacht in der Kirche
erscheint und dreimal mit ihnen um den Altar geht. Auch
hier hat der Pfarrer den guten Rat gegeben.
Das nah verwandte Tränenkriigleinmotiv treffen
wird ebenfalls, und zwar in Eisenerz (n. 309), verbunden mit
der Namengebung. Hier ist die Christnacht und der Fried
hof Zeit und Ort des Geschehnisses. Ein charakteristisches
Merkmal für Perlit und ihren Zug ist hier ebenfalls gegeben:
das unheimliche Fortschreiten des Zuges. Kaum ist die Be
gegnung mit den Sterblichen vorüber, da sieht man schon
den Zug über ferne Gebirge dahinziehen. Motiv der schnel
len Fahrt.
Aus der Kam sau am Fuße des Dachsteins haben wir eine
Sage über die Güte der Perht, die trotz der Überarbeitung
Koseggers sehr altertümlich aussieht (Heimgarten I, S. 48,
Kr. n. 305). Ein Bursch wird in der Nacht von seiner Dirn
ausgesendet, ihr ein Weib zu Hilfe zu schicken, da sie die Ge
burt eines Kindes herannahen fühlt. Er trifft — es war ge
rade Dreikönigsnacht — eine schöne, freundliche Frau, auf
deren auffallend langer Nase ein Heimchen saß und zirpte.
(Heimchen für Grille literarisch, die Vor Stellung unmöglich
erfunden.) 1 Sie läßt sich von ihm einen Nagel für ihren
Wagen schnitzen und schenkt ihm als Lohn die Späne, die
später zu Gold werden. Als er mit einer Wehfrau zurück
kommt, hatte sein Liebchen schon glücklich entbunden. Das
Motiv der Ausbesserung und des Spanlohnes ist viel
fach mit Perht und Parallelgestalten verknüpft. Wichtig
ist ferner das Heimchen und die lange Nase. Eine ähnliche
Sage von der gütigen Perht stammt aus dem Ennstal (n. 306).
Frau Perchtl läßt sich von einem armen Burschen, als sie
ihm in der Perhtennacht als hohe Frauengestalt mit etwas
zu langer Nase begegnet, die schönsten Steine vom Wege
ausklauben; die übrigen gibt sie ihm als Belohnung zurück,
sie werden natürlich zu Goldstücken. Bei diesen beiden Sagen
wird bemerkt, daß Perht böse Menschen, die sie in der Drkg-
nacht begegnet, zerreißt oder zu Asche zerreibt.
1 Nach Krainz, Zt’üVk. II. 303: ein kleines Bienlein.
2*
20
II. Abhandlung 1 : WasclinitiuS.
Schlossar erzählt in seiner allgemeinen Charakteristik der
steirischen Terelit ihre Beziehung zum Spinnen, ohne näher
darauf einzugehen. Da uns in anderen Gegenden Perht in
diesem Punkt charakteristisch betont erscheint, ist es nötig,
dieser mythischen Erscheinungsform, die ich kurz die
Spinnstubenfrau (Spstf.) nenne, spezielle Beachtung zu
schenken, auch dann, wenn sie einen anderen Namen trägt
(siehe Gottschee). Eng verwandt ist das Auftreten als Kinder
scheuche, das auch von Schlossar angedeutet wird.
Weinhold Wsp., S.ll, berichtet eine Variante der Vorstel
lung von der Spstf. aus Steiermark: ist das obersteirische
Haus am Christabend nicht rein gefegt, so schneidet die
Perchtel den faulen Dirnen den Bauch auf und füllt Kehricht
hinein; darum hat sie Besen, Nadel und Schere bei sich.
Dieser Zug vom Aufschneiden des Bauches und Anfüllen mit
Kehricht u. dgl. findet sich oft mit der Spstf. verknüpft,
Motiv der Gastrotomie. In Untersteier mark verschwin
den aus dem Haus, das zu Weihnachten nicht sauber ist, die
Kinder. Hier finden wir die Spstf. in der Pudelmutter:
sie teilt den Leuten in einem solchen Haus durch die Fenster
Spindeln zum Überspinnen aus; sie selbst ist unsichtbar. Es
handelt sich hier wohl um Deutsche, obwohl es Weinhold nicht
ausdrücklich bemerkt. 1 Im Sausaler Gebirge revidiert Maria
in der Nacht die Häuser, ob sie sauber sind. Das führt
schon heraus aus der Vorstellung von der Spstf., berührt sich
aber noch; vgl. das Kehrweibel in Schlesien (Weinh. S. 12).
Die Steiermark kennt demnach ein mythisches Wesen
namens Perchtlgoba, Frau Perchtl, Bercht (—a? —e) als
Kinderseelenführerin und Spinnstubenfrau; auch als Einzel
dämon. Umgangszeit : die Weihnachtsfestzeit, besonders die
Perhtennacht. Motive: Blendung, Namengebung, Tränen-
kriiglein, Ausbesserung und Spanlohn, Gastrotomie.
Als Kulthandlung sind Speiseopfer, besonders Milch in
der Perhtennacht gebräuchlich. (Über ein Neujahrsorakel
dabei vgl. Weinh., Wsp. S. 20 f.)
Daneben tritt eine Mehrheit mythischer Wesen des
selben Namens auf. Kohrer Versuch II, 68 berichtet, daß an
1 Vgl. Krainz, ZföVk. II. 303 f. PudI . . muata bei Hartberg.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
21
manchen Orten Steiermarks noch zu seiner Zeit (1804) die
Sitte herrschte, in der Christnacht Speise auf den Schüsseln
zu lassen, mit der laut erklärten Absicht, daß dies den Per
stein gehöre, damit sie nichts zu Leide täten. Die Namens-
form erklärt sich folgendermaßen: h vor t verhauchte, Perhtl
> Pertl, vgl. Adalpret, Wentilpret, Pertcöz (Weinh., B. Gr.
§ 194), daraus lautgesetzlich in Obersteiermark Perstl (ebd.
§ 155). Es handelt sich hier jedenfalls um die umziehenden
Seelen, denen man das Opfer in apotropäischer Absicht bringt.
Dieselbe Namensform liegt auch vor im Berscht
(Schreibung nach der Lautung; vgl. Wurscht und Wurst).
Er ist nach Scldossar S. 116 „der Geist eines heidnischen
Gottes, so erzählt man sich noch heute im Volksmund Ober
steiermarks, welcher in der Gestalt eines schwarzen, zottigen
Hundes zu erscheinen pflegt, sehr gefräßig und sehr bösartig
ist. In gewissen Nächten wurden früher diesem Spukgeist
wohlgefüllte Schüsseln auf dem Tisch im Zimmer gestellt und
niemand durfte dort bleiben. Die Speise war tatsächlich nach
einiger Zeit verschwunden.“ Ein Bauer in den Fischbacher
Alpen, der ihm jährlich ein reichliches Speiseopfer brachte,
fand jedesmal 10—20 Silbertaler im leeren Geschirr. In einer
Walpurgisnacht, als dies wieder geschah, schlich sich ein
Knecht hinein und begann die Speisen zu verzehren. Da er
schien der Berschtl als kleines, schwarzes Hündchen, sprang
auf den Tisch und begann plötzlich zu einem riesigen Un
geheuer zu werden mit feurigem Bachen. Schwer gelang es
dem Knecht zu entkommen, als Andenken behielt er aber ein
Paar gewaltige Bockshörner. Die Erzählung zeigt deutlich
Motive aus den Teufels- und Schatzsagen: die Bockshörner,
das riesenhafte Wachsen. Sonst handelt es sich hier um eine
alte, theriomorphe Erscheinungsform der Perht. Der Hund
muß nicht aus dem Teufelsglauben stammen (so in hess.
Hexenprozeßakten 1562—1653, ZfDM. II, 36 und im Faust),
sondern ist hier ursprünglich ein Seelentier gewesen; vgl.
unten Tirol. Erst als diese Vorstellung aus dem Bewußtsein
schwand, mischten sich fremde Züge ein.
Noch eine Art mythischer Wesen in Steiermark muß
hier erwähnt werden, die Strigholden, bezeugt im Baabtal.
Es sind Buhlgeister, die in der Gestalt schöner Jungfrauen
22
H. Abhandlung: Waschnitius.
Männer in ihre Netze locken. Schlossar bietet S. 119 eine Er
zählung von ihnen mit christlichen Motiven aus dem Teufels
sagenkreis. Die Zusammenstellung mit der md. llolda lag
nahe und Schlossar tut es auch mit dem Hinweis auf Holda
= Venus. Selbstverständlich ist an den Eigennamen Holda
nicht zu denken, wohl aber haben wir es mit dem alten Ap
pellativ holde für elbisches Wesen zu tun, das allerdings sonst
im heutigen dtsch. Volksglauben nur für ein kleines ndd.
Gebiet bezeugt ist. Der 1. Teil des Kompositums ist eine
weit verbreitete interessante Benennung dämonischer Wesen.
Gr. orof's, lat. strix, ursp. Nachteule, später Bezeich
nung vogelartiger Druckgeister mit Vampyrcharakter (zu
stridere). Ovid Fasten VI, 139 erzählt, wie die Göttin Cardea
den albanischen Königssohn Procas vor den Strigen rettet.
Sie nimmt die Eingeweide eines Ferkels und legt sie ins
Freie, damit die Strigen sich über diese statt über das Kind
hermachen, legt einen Weißdorn in die Fensteröffnung, um
das Eindringen unmöglich zu machen, und das Kind genest
alsbald. Im Neugr. kennt man sie noch als Striglen, die die
Pferde erdrosseln etc. (Vgl. Gruppe, Gr. M. Ilandb. d. klass.
Altwss. S. 771; Pauly, Eealenz. IV 1391 f.; Roscher, Myth.
Lex. I, 854.) Daneben lat. striga = strix (Furlanette, Lex.
s. v.), ital. strega, stria Hexe. Das Wort ist aus dem rumän.
strigoj durch walachische Wanderhirten (Walde, Lat.
Wb. 601) ins Nordslawische gedrungen: poln. Strzyga, Art
Nachtgespenst, slvk. stryga, Hexe, strigon, strygoje; poln.
strzygonia (Miklosich, E. Wb. S. 326), 1 slov. strija, aus dial.
ital. stria (Walde a. a. O.). Das Wort hat also weite Verbrei
tung. Unser Strig— kann Entlehnung aus dem Slov. sein,
doch legt die Wortform unmittelbare Anknüpfung an das
Romanische nahe.
Anmerkung: l.Der Name Perchtl—goba ist in seinem
zweiten Kompositionsgliede wegen der Endung singulär und
unerklärlich. Man kann an Dissimilation aus sl.Pehtra—baba
denken; schwierig ist die Anknüpfung an Gob, Göble Kind,
1 Stryga heißen im poln. Oberschlesien Menschen, die mit Zähnen ge
boren werden. Sie haben zwei Seelen und nach ihrem Tod wird die
eine zu einem vampyrähnlichen Dämon. (Drechsler I. 319.)
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
23
Wihnacht-Göble, goben spielen wie ein Kind, Schm., BW. I
862, zu geben. Oder zu schwed. gubbe Greis? (Vgl. Falk-
Torp, Nw. d. Etym. Wb. 359.)
2. Das Perhtenjagen ist in Steiermark nur in Schlad-
ming aus dem Jahre 1850 bezeugt. Der Ort gehört zum
großen Erhaltungsgebiet dieses Brauches im salzb. Pongau.
S. d. Das sonst Angeführte (Schlossar, Weinhold) gehört nicht
hi eher.
Kärnten. Auch hier kommt für die deutschen Bewohner
nur Oberkärnten in Betracht. Vor allem liegen Zeugnisse
aus dem Mölltal vor bei Weinli., Wsp. S. 20 ff. So erscheint
die wilde Perchtl in der Innerfragant den Kindern, die in
der Stube am Dreikönigstag gewaltigen Lärm machten, als
grausliches Weib mit einem Tigermantel und ohne Kopf.
Durch das Gebet der Kinder wird sie verscheucht. Sie ist
also ein Kinder scheuchendes Gespenst. Aus demselben Seiten
tal der Moll stammt eine andere Sage von ihr: sie erscheint
am Drkgtage einer Spielgesellschaft als grauer Wuzel
(Schm., BW. II 1064, Person, die wutzelt, i. e. kleine schnelle
Bewegungen im Gehen macht; Lexer 251, wautzl, kleine
Person, Kind) voll Schellen. Besprengt, verschwindet sie
unter gräßlichem Gestank. Diese Erscheinungsform ist nur
Widerspiegelung der unten behandelten mimischen Darstel
lung auf die ursprüngliche mythische Erscheinung. Der Ge
stank aus der Teufelssage. Ein anderes Mal kommt sie als
Läbdriisten (Haufe aus Laubästen, Lexer fl driste f. mhd.
diu drischn, kegelförmiger, um eine Stange errichteter Heu
haufe), also im Kostüm der Vegetationsdämonen. Abgehalten
wird sie durch fleißiges Räuchern. Aus einem Hause, wo das
nicht geschah, holte sie einen Menschen und brachte ihn
morgens tot wieder. Zwischen Zehen und Fingern fand man
fremde, unbekannte Blumen; er war weit in unbekannten
Ländern mit Perktl gewesen. Motiv der Traumfahrt und
der fremden Blumen. Kacli Lexer Mitt. vgl. ZfDM. IV
298 ff.) Aus dem Gailtale aus Rattendorf bringt Franziszi,
S. 33, eine Sage, die die Perlit in ähnlicher wilder Er
scheinungsform zeigt, wo inan sogar an theriomorphe Er
scheinungsform denken kann. Er berichtet: Leute, die am
Vorabend des Perhtentages bis spät im Freien waren, hörten
24
II. Abhandlung: Waschnitius.
in der Ferne eine Kuhschelle. Sie liefen ins nächste ITaus
und kaum hatten sie die Türe zugeschlossen, als sie schon
an der Haustüre pochen und kratzen hörten. ,,Es ist die
Perchtl!“ riefen sie erschrocken. Zum Glück hatte ein Bursch
ein Messer, worauf der hochheilige Namen geschrieben stand;
er steckte es in die Türe, worauf die Perchtl verschwand,
aber am anderen Morgen fand man dieTiire von oben bis unten
zerkratzt. Letzteres deutet auf tierische Gestalt. Die Glocke
ist nur Reflex aus der mimischen Darstellung. Zu beachten
ist das etwas verdunkelte Motiv vom schützenden Haus
bereich und vom Macht über dämonische Wesen verleihen
den Messer, das hier allerdings erst durch das heilige Zeichen
wirksam wird.
Im Drautal sind die Perchtl und die Habergeiß gleich
bedeutende Schrecknamen für Kinder, ohne daß jetzt ein be
stimmter Begriff damit verbunden wird (Lexer, ZfDM. IV
410).
Demnach ist in Kärnten Perlit nur als feindlicher, nach
dem Leben trachtender Dämon bekannt, der sein Wesen be
sonders in der Perhtennacht treibt. Fremd ist die Vorstellung
als Kinderseelenfiihrerin und als Spinnstubenfrau.
Wie in Steiermark herrscht auch in Kärnten der Brauch
des Speiseopfers für Perht. Nach Weinh., Wsp. S. 25 ist
es im Mölltal Sitte, in der Drkgnacht Brot und gefüllte
Nudeln auf den Tisch zu stellen, damit Perhtl abbeiße und
koste. Tut sie das, so wird ein gutes Jahr. (Ebenso Lexer,
ZfDM. IV 298 f.) Hier gilt wie auch sonst der Besuch und
der Genuß der Speisen für Segen bringend.
Auch das Perhtenjagen ist bekannt. So zieht im
Mölltal die Perhtel am Vorabend des Perhtentages und am
Nachmittage desselben nach den Segen in den Lläusern um
her. Sie hat einen Pelz, eine fürchterliche hölzerne Larve und
eine Kuhglocke am Rücken. Mit wilden Gebärden hüpft sie
im Hause herum, verfolgt die Leute, fragt nach der Artigkeit
der Kinder und sammelt Gaben mit den Worten:
Kinder oder Speck, derweil geh’ ich nicht weg! Zu
weilen treten zwei Perhteln auf, aber nie mehr. (Weinh.,
Wsp. S. 20.) Ergänzt wird dieser Bericht bei Vernaleken,
Alpensagen S. 349 n. 19. Die Teilnehmer sind nur Männer
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
25
und haben es besonders auf erwachsene junge Mädchen ab
gesehen.
Auch bei einem anderen Brauch tritt die Perhtl auf;
beim Valisführen (Vernaleken, Alps. S. 352): ,Valis heißt
der bunt bemalte Brautkasten (vgl. Schm., BW. 837, Vellis
ä. Spr. Felleisen, aus frz. valise), den am Hochzeitstag die
Valisführer forttragen. Häufig geschieht dies zu Fastnacht
und es verbindet sich damit ein „G’spiel“, bei welchem die
Perhtl eine Bolle spielt. Gegenstand des Gspiels ist die Über
führung des Brautkastens. Hach Mitternacht erscheint die
gespenstige Perhtl und säubert mit ihrem Besen die Straße
und Buchteln (Schm., BW. 201. Büscheln von Spänen,
die zur Fackel dienen) beleuchten das Dunkel der Nacht/ Bei
Franziszi, S. 20 f. ist das Valisführen bei der Hochzeit be
schrieben. Es ist im wesentlichen das bekannte Hemmen
des Brautzuges. Bei der Hochzeit ist von Perhtl keine Bede,
sie scheint daher, soweit man überhaupt Vernaleken
Glauben schenken darf, nur dann aufzutreten, wenn der
Brauch im Fasching offenbar ohne wirkliche Hochzeit vor
sich geht. Die Bedeutung ihres Auftretens ist unklar.
Ein sonst dem bekannten Ivlöpfein sehr ähnelnder Brauch
im Gailtal heißt nach Franziszi, S. 109—110 ebenfalls:
Perchtenjagen. Ein vermummter Bursch zieht am Vorabend
des Perhtentages klingelnd und an die Fenster klopfend
durch das Dorf.
Auch die Spinnruhe ist in Kärnten üblich, und zwar
am Katharinentag (25. 11.), Vorabend des Perhtentages (5. 6.)
und am Blasiustag (3. 2.). Überhaupt darf man abends nicht
die Schnur am Spinnrad und am Bocken lassen, sonst spinnen
die armen Seelen. Motiv des Nacharbeitens, Franz.
S. 69).
Die bei Lexer, K. Wb. 143 angeführten Kuhnamen Holla,
—e, Hole, Holda, Hölda, die von Grimm, M. III 87 ver
zeichnet werden, haben mit dem myth. Wesen Plolda nichts
zu tun.
Die Slowenen in Krain, Steiermark und Kärnten. Bei
den Slawen, die an den Südrand des geschlossenen deutschen
Sprachgebietes anschließen, finden wir einen ausgebreiteten
und intensiven Glauben an ein dämonisches Wesen, dessen
26
11. Abhandlung: Waschnitius.
Vorstellung und Name der deutschen Perkt entspricht, und
den dazu gehörigen Kult. Darüber handeln Jul. Schmidt,
Zsch. f. VK. I S. 413—425 und R. Dürnwirth, ebd. III
S. 201—210. Erstere schöpft vielfach aus einem Aufsatze Na-
vratils im Letopis Matice Slovenske, Jhrg. 1886. Da in diesen
Quellen genauere Angabe der Örtlichkeit häufig fehlt, muß
ich mein Prinzip der lokalen Darstellung hier wesentlich
einschränken.
Perht ist bekannt in Oberkrain als Pechtra-Baba, in
der Flitscher Gegend (Friaul) als Perta, stellenweise sogar
auf dem Istrianer Karst als Wechtra Baba. Ihr Gebiet er
streckt sich von Neumarktl gegen die Steiner Alpen bis zum
Bachergebirge, ferner ins obere Savetal von Karner—Vel-
lach—Kronau, ins Gail- und Rosental, bis nach Körtschach
am Wörther See.
Perht zeigt sich bei den Slowenen vor allem als Vege
tationsdämon. Sie gilt als ungemein starkes und wüstes
Weib, wohnt in Haineu und Schluchten, im Sommer auch
in den Tiefen der Seen. Im Winter zieht sie sich in das
Innere der Berge zurück und erzeugt den Schnee, den soge
nannten Weiberbrei, slw. kasa. Sie spinnt auch im Winter
und segnet daher die Herden jener Hirten, die ihr im Sommer
Flachs bringen. Oft sehen sie die Hirten in der Dämmerung
über die höchsten Abhänge gehen mit einer goldenen Spindel
oder einer Wanne, auch auf einer Kuh reitend. Als Hegen
und Fruchtbarkeit spendend wird sie angerufen in den
Versen:
Wechtra Baba gib uns Kegen
Wir geben dir Flachs ein dickes Bund!
(Slow. Fassung liegt nicht vor) und
Vechtra Baba daj psenice V. B. gib Weizen
Moji kravicki travice! Meinem Kühlein Gras.
Wie man sieht lauter Motive, die auch sonst mit Vege
tationsdämonen verknüpft werden; so die Beziehung zur
Witterung, Fruchtbarkeit, Vieh etc.
Ein Wasserritus in Neumarktl deutet ebenfalls auf
einen Vcg.-Däm. Dort sieht man die Perht neben einem
Wasserständer stehen. Hm Mittfasten läßt man ein mit
Steinen und Wasser gefülltes Faß- den Berg hinabkollern
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
27
und nennt dies: Vecktro babo kotolicati, daß heißt die Perlit
hinabkollern. Ein ähnlicher Brauch soll auch in Mitterdorf
bei Krainburg bestanden haben.
In Verbindung mit den weißen Frauen erscheint sie
in Steinbiichl, es sind dies ebenfalls Vegdämonen.
Im kämt. Oberrosental gehört die Pehtrababa zu den
zalik zene oder zalk zane (selige Fräuleins) freundlichen
Wesen elbischer Natur, die in Felswänden und Schluchten
hausen. ZfVK. III.)
Auch als Kinderscheuche ist sie bekannt. So im
Rosental. Dort wohnt sie in einer Höhle als altes Weib mit
langen grauen Haaren und kommt am Abend vor Drkg. her
vor, um bösen Kindern die Gedärme herauszuschneiden, wozu
sie sich einer Ofengabel bedient, gute Kinder aber mit Nüssen
zu beschenken. Die Kinder bitten dort:
Pechtra Baba daj vorih
P. B. gib Nüsse
Povh’n Zakelj pa an mik!
Einen Sack und noch einen Beutel!
Motiv der Gastrotomie und der Weihnachts
bescherung. Ersteres Motiv verknüpft mit dem Drkgtag
auch im oberen Savetal, wo sie in Kuhställen unter dem Dach
wohnt, also zu einem Hausgeist geworden ist. (Auch der Alp
wohnt auf dem Heuboden. Laistner, Sph. I 97.) In Mittern
dorf in der Wochein tritt sie als altes, ungekämmtes, Hnheil
bringendes Weib in der Funktion einer Kinderscheuche auf.
Interessant ist, daß hier Peclit(r)a zu einem Appellativ für
,unordentliches Weil)' geworden ist.
Allgemein ist aber Perlit, in unserem Gebiet als Spinn
stubenfrau bekannt. Als ihre Umgängszeit gilt die Periode
von St. Lucia 13. 12. bis Drkgtag oder, der Weihnachtstag.
Sie besucht die Bauernhäuser und belohnt fleißig spinnende
Hausfrauen (slow. Gailtal, Scheraunitz, Karner Vellach).
Schmidt bringt auch Einzelsagen, so aus Kropp mit Schatz
sagenmotiv und aus Feistritz im Gailtal (Thomastag
21.12.) mit dem Motiv des ewigen Knäuls. Wir sehen
hier eine Verfälschung der ursprünglich mythischen Anschau
ung von der Spstf., die den Bruch der Spinnruhe straft, aus
moralischer Tendenz zur Sage von der Belohnung fleißigen
28
II. Abhandlung: Waschnitius.
Spinnens. Ais Spstf. im ursprünglichen Sinn erscheint Perht,
an den Freitagen, besonders de.sQuatembers, in Karner
Vellach und vielen anderen Orten. Eigenartig ist ihr Auf
treten in Kronau (Oberkrain). Dort spannen die Mädchen
an einem verbotenen Tage und tanzten mit den Burschen
nach getaner Arbeit. Ein dreijähriges Mädchen bemerkte,
daß die Tänzer glühende Augen und Feuer im Munde hatten.
Es floh mit seiner Mutter und gleich darauf verbrannte das
Haus mit allen, die noch darin waren. Pe(r)hta — so heißt
es — hatte die Burschen und das Unglück entsendet.
Das vielverbreitete Motiv der betrogenen Spinn
stubenfrau finden wir in Karner Vellach. Dort spann ein
Weib an dem Quatember-Freitag vor Weihnacht, als Pehtra
in weißem Gewände durchs Fenster zornig 12 Spulen herein
reichte und bei Verlust des Lebens die Füllung bis Mitter
nacht verlangte. Nur der Einfall, nur weniges um jede Spule
zu spinnen, rettete die Bedrohte. Pehtra erschien, trotzdem
das Schlüsselloch mit geweihtem Brot verklebt war (ein Motiv
aus dem Alpglauben), um 12 Uhr plötzlich im Zimmer, nahm
unter Wiegen des Kopfes die Spulen in Empfang und ver
schwand.
Auch sonst herrscht Spinn ruhe an gewissen Tagen,
besonders am Lucientag, heiligen Abend, Agnes und Vin-
centius (21. und 22. 1.). Strafen für den Bruch der Arbeits
ruhe verzeichnet Schmidt in Menge.
Als Spstf. für den Mittwoch und Samstag der Qua
temberzeit dient der Kwaternik (Quatembermann) und
seine Frau. Er ist ein großer knochiger Mann, kann aber
trotzdem durchs Schlüsselloch schlüpfen. Er nimmt den
Flachs weg, beißt auch die Hände ab oder zündet das Haus an.
Auch Speiseopfer für Perht sind bekannt. So in der
Wocheiner Feistritz, wo sie als altes Weib im Schafpelz an
den Quatembern die Bäuerinnen besucht, die ihr zu dieser
Zeit etwas Speise hinstellen. Man rüstet ihr hier auch am
Abend des Vinzenztages ein einfaches Mahl auf dem Herd,
damit sie das Haus verschone.
Ein dem Perhtenjagen der alpenländischen Deutschen
verwandter Brauch findet sich ebenfalls bei den Slowenen:
die Vertreibung der Perht am Vorabend des Drkgtages. Da
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
29
nie Peitschenknall und Hundegebell, wie allgemein versichert
wird, nicht vertragen kann, ziehen die Burschen in Ober-
krain, Gail-, Kanal- und Rosental unter Peitschenknallen,
Läuten von Kuhglocken und Hämmern auf Blechkesseln
durchs Dorf; in Vigaun (Innerkrain), wo eine St. Lucien-
kapelle ist, nur mit Kerzen in Prozession um diese. Die
Hunde werden ebenfalls losgelassen. Auch am Schluß der
Kastzeiten, so unter anderem in Leopoldskirchen bei Pontafel
(slow. ?), wo die Hirten mit der ganzen männlichen Jugend
unter Kuhglockengeläut durchs Dorf und in den sogenannten
Flickergraben laufen, um die Perchtal zu verjagen, damit
dem Vieh auf der Weide kein Unglück zustoße. Dagegen
stellt auf dem Asslinger Gereut hoch oben im Gebirge ein
mit Weiberkleidern angetaner Bursche die Pechtra-Baba vor.
Er rennt am Drkgtag von zahlreichen mit Lärminstrumenten
ausgestatteten Burschen und Knaben über die Alpenwiesen.
Soweit der Zug geht, verschont der Bär die Herde.
Perht erscheint demnach bei den Slowenen als elbi
sches Wesen, als Vegdäm. mit dem bald Segen spendenden,
bald Mensch und Tier schädigenden Wesen dieser Gestalten;
ferner als Spinnstubenjfrau. Die Motive sind die üb
lichen, ebenso die Kulthandlungen: Speiseopfer und
Perhtenlauf. 1
Als Kinderseelenführerin erscheint sie nicht. Die
Mitteilung R. Dürnwirths darüber ist unbelegt und wahr
scheinlich unrichtig.
Tirol. Tirol weist überreiches Material auf; außer Perht
haben wir es hier mit einem anderen gleichartigen Wesen
zu tun, mit Stampe, sogar Holda glaubte man hier aufgefun
den zu haben.
1. Perht. Der Glaube an sie ist (vgl. Zingerle, Zf DM.
III 203—205) über das Wipptal, Puster- und Eisacktal ver
breitet. Auch die Nebentäler des Inn mit Ausnahme des
Ötztales kennen sie; im Etschtal nur wenige, sehr verwischte
Züge.
1 Über einen dritten Brauch mit der Berchtra-Baba in sl. Kärnten, vgl.
ZföVk I[, S. 218.
Vorgestellt wird sie als kleines, altes Weib mit glänzen
den Augen und auffallend großer Nase. Ihre Haare sind un
gekämmt, ihre Kleider zerrissen; daher die in ganz Tirol
verbreitete sprichwörtliche Redensart, in der ungekämmte
und unordentlich angezogene Mädchen Perhte genannt oder
mit ihr (wie die oder eine P.) verglichen werden.
Sie erscheint vor allem wie in Steiermark als Führer in
des Seelenheeres der ungetauft verstorbenen Kinder. Zin-
gerle, Sg. S. 409 f. bringt Sagen aus Alpach. In der einen
wird berichtet, wie ein Bauer beim Heimweg in der Drkg-
nacht um 12 Uhr die Perhtl mit der ihr folgenden Kinder-
scliar trifft. Das letzte Kind wird durch sein allzulanges
Hemd am Gehen gehindert. Mitleidig schürzt es ihm der
Bauer mittels seines Strumpfbandes auf, wofür ihm die
Perhtl reichen Dank und Segen verspricht, was auch eintrifft.
(Europa 1854 S. 74.) Dieses Motiv vom geschürzten
Totenhemd treffen wir nochmals in Hechenblaicken bei
Alpenburg, M. u. S. S. 63 f.
Eine andere Sage aus demselben Alpach bei Zingerle
erzählt das schon bekannte Motiv von der Belauscliung
beim Speiseopfer und der Blendung auf ein Jahr mit fast
derselben formelhaften Wendung. Dasselbe Motiv wird auch
von Maria erzählt (Tiroler Volksmärchen, S. 122).
Das Motiv der schnellen Fahrt finden wir bei Alpen
burg, S. 63 f. Hier macht Perht mit ihrem Zug einen Weg
von drei Stunden, während sie ein Bursche Iludawachtl
(Huder Haderlump, wachtl zu wächeln wäch’ln flattern,
schwenken, Schm. BW.) schimpft.
In Beziehung zu den Kinderseelen steht Perht auch in
der gleich folgenden Sage bei Alpenburg. Hier will ein
Wunderdoktor ein ungetauft gestorbenes Kind wieder leben
dig machen, damit es nicht auf dem ,Unschuldigen Gottes
acker' begraben werde. Da erscheint Perht als altes Weib,
reklamiert das Kind für sich, nimmt es und bringt den
Leichnam auf den genannten Friedhof.
Eine merkwürdige ätiologische Sage über diese Be
ziehung zu den Kinderseelen berichtet Alpenburg S. 46. Dar
nach gilt Perht als Claudia Procula, die Gattin des Pilatus,
die ihn vergebens von der Kreuzigung Christi abriet. Math.
Pcrht, Ilolda und verwandte Gestalten.
31
27, 19. Nach seinem Selbstmord auf dem Pilatusberg (vgl.
Bechstein, Dsch. Sagenbuch 10) ließ sie sich taufen und
wurde dann der Schutzengel der ungetauften Kinder. Den
Fundort dieser Sage verzeichnet leider Alpenburg nicht;
auch ist nicht ersichtlich, ob die Bemerkung (S. 48), daß
Perht gerade am Tauf tage Christi (6. 1.) umziehe, um die
Kindlein zum Jordan zu führen und ihnen dort ihre Sünden
abzuwaschen, Spekulation Alpenburgs oder Sage ist. Auch
Zingerle führt (ZfDM. a. a. 0.) an, daß man auf die Frage,
wer Perht gewesen, sehr oft die Antwort höre: die Frau des
Pilatus. Als Tochter des Herodes, die ihren Vater angestiftet
hat, die unschuldigen Kinder zu töten, gilt Perht in Virgen
und Prägarten (Heyl, S. 659 n. 135). Merkwürdigerweise
ist sie aber hier nur als Einzeldämon bekannt. Sie muß zur
Strafe für den erwähnten Frevel in der Drkgnacht von 11 bis
12 Uhr die Welt durchwandern; vom Seelenheer weiß man,
wie bemerkt, nichts.
Ebenfalls aus Alpach stammt eine Sage, wornach eine
Bäuerin, die an den Zug der Perht nicht glaubte und ihr
deshalb das altgewohnte Speisenopfer in der Gömacht (Drkg
nacht = Gebnacht) nicht bringen wollte, von der Perht mit
ihrem Kinderzug geweckt wurde und für sie kochen mußte.
(Europa 1854 S. 74; Zingerle, SM. S. 409.) Auch im Eisack
tal, und zwar in Laien (dem angeblichen Geburtsort Walters),
ist Perht als Seelenführerin bekannt. Zingerle (ZfVK. I
260—262) erfuhr von der Gufidauner Botin, daß Frau Perhte
mit ihren Hunden, die ungetaufte Kinder seien, umgehe. Bei
Tscharlnier ist eine Steinlammer. Perhte erschien bei einem
Stock im anstoßenden Walde und ging dann über die Wiese
zur Lämmer, unter der sich ein Trog befand. Dort badete sie
ihre Hundein. Dann kehrte sie zum Stock zurück und ver
schwand. Aber auch ohne Hunde zeigte sich Perht bei ver
schiedenen Höfen. Nach der Mitteilung des Pfarrers von
Laien war zu seiner Zeit (1887) Perht nur den älteren Leuten
bekannt. Diese erzählten, Frau Perhte sei eine lange, tief
verschleierte Frau mit aufgelöstem, lang herabwallendem Haar
gewesen. Sie sei meist nach dem Betläuten gesehen worden,
wie sie an der Spitze einiger kleiner Hunde durch den mit
Gestrüpp bewachsenen Gebirgsbach zwischen Tschüffes und
32
II. Abhandlung: Waschnitius.
dem Grödnerbach niederstieg. Ein Schneider versuchte ver
gebens einmal in einem Hofe einen solchen Ilund zu
fangen. Auch Heyl, S. 1(55 n. 74 berichtet von derselben
Vorstellung in Laien (bei Tanirzen). Nach ihm zeigt sie sich
besonders häufig in den Kächnäcliten und wehe dem, der ihr
in den Weg kommt.
Perht streift also hier mit ihren theriomorphisch ge
dachten Kinderseelen (vgl. Mannli., GM. 301—304) meist
im Walde umher, ist also Vegdäm. geworden; Spuren von
der alten Vorstellung von dem die Häuser besuchenden Seelen
zug sind aber noch erhalten. Die Schilderung von ihrem
Äußeren im obigen Bericht ist wohl etwas idealisiert.
Zu dieser Erscheinungsform als Fiihrerin des Kinder
seelenheeres stimmt ganz folgerichtig, daß Perht auch zu dem
Umzug der Seelen im Sturme, also zur wilden Jagd in Be
ziehung gebracht wird.
So ist auf denVillandrer Bergen (Eisacktal, Zgl. SM. 16)
der Glaube lebendig, daß in den Klöckelnäckten die wilde
Fahrt und Frau Perht umfahre und daß letztere jeden, den
sie noch im Freien trifft, mit sich fort nehme. So fuhr sie
einmal nach dem Betläuten mit einem Wagen voll Menschen
vorbei und nahm eine Magd vom Brunnen weg, warf sie auf
den Wagen und fuhr davon. Die Dirn blieb verschwunden.
Ebenso in Klausen (vgl. Heyl, S.763 n. 61). Wagenumfahrt
und Menschenentführung.
Auch das Motiv vom erbetenen Jagdanteil, der auf
den Zuruf: Nimm mein Teil auch! wieder verschwindet, wird
auf den Villandrer Bergen mit Perht verknüpft.
Ebenso das Motiv vom eingehackten Beil. So wird
in Virgental bei Windischmatrei erzählt (Zgl., SM!. S. 17),
wie ein Mann in der Drkgnacht jenseits einer Brücke, die
er passieren mußte, ein Gemurmel vieler Stimmen hörte, als
käme die wilde Fahrt. Aus Angst kroch er unter die Brücke
Da hörte er viele Schritte über sich und als sie hinüber waren,
sagte eine Stimme: ,Wartet, Kinder, da unten ist ein Stock,
in den muß ich dieses Hackel hineinhauen! 1 Im Augenblick
stand die Perhtl vor ihm und schlug ein Hackel in sein Knie.
Da es nicht zu entfernen war, setzte er sich in einem Jahr
wieder an dieselbe Stelle und Perhtl zog es wieder heraus.
Perht, Ilolda und verwandte Gestalten.
33
Hier ist der Kinderseelenzug mit der Vorstellung von der
wilden Jagd verquickt, von der man dasselbe auch in Tirol
erzählt. (Stilfs Zgl., SM. S. 18.)
Die zweite Erscheinungsform Perhts als Spinn
stubenfrau ist hier bedeutend stärker ausgeprägt als in
Steiermark. Sie geht in den Zwölften, besonders am 5. 1.
abends um (Zgl., ZfDM. III) und mustert die Spinnräder.
Den Mädchen, die vor Weihnachten abgesponnen haben, ist
sie hold, den faulen zerrüttet sie den Rocken. Daher heißt
es in Nord- und Südtirol von einem arg verwickelten Rocken:
Da nistet die Perhte drin, oder darüber ist die P. gekommen.
In Tiers müssen die Dirnen in den Rauchnächten das Werg
sauber vom Krück herabspinnen, sonst kommt die Perht und
spinnt das übrige herunter. (Heyl 764 n. 64.) Man befürchtet
demnach: Zerrüttung des Rockens, Einnisten und
Nacharbeiten.
Auf den Villandrer Bergen (Zgl., SM. S. 16), wo sie zu
Weihnachten aufs Abspinnen und die Ordnung im Hause
sieht, kennen die Mägde wirksame Mittel gegen sie, wie das
Atmen in eine Mohnstampfe. (Anders und richtiger aufge
faßt unten bei Stampe; über die Mohnstampfe als Zauber
mittel vgl. Sph. II 17 und Heyl 754 n. 14.)
Auch in Ambras müssen in den Rauchnächten die Kun
keln rein gesponnen sein (Zgl., SM. S. 465).
Als Kinder schädigendes Wesen tritt Perht in Tiers
auf, wo man am heiligen und Drkgabend die Kinder auf den
Boden legen und die Wiege darüber stellen mußte, damit
ihnen die Perht nichts zuleide tue. Zgl., SM. S. 465; Heyl
764 n. 64.)
Als Tod bringender Dämon zeigt sie sich nach Zgl.,
ZfdM. III in einem Gebiet, das von Linz bis Kufstein reicht.
Sie erscheint den Wanderern nachts an Kreuzwegen, winkt
ihnen zu und hält ihnen ein schwarzes Tuch hin. Nimmt es
einer, so stirbt er im selben Jahre. Schlägt er aber ab und
spricht:
,Pert, Pert übern Weg
Wirfs schwarze Tiichel weg;
Frau Pert, Frau Pert
Wirfs Tiichel auf die Erd’!‘
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd. 2. Abh.
3
34
TT. Abhandlung: Waschnitius.
kehrt Segen in sein Haus ein. Der Umstand, daß diese Mit
teilung von Zingerle stammt, gibt ihr die Glaubwürdigkeit,
die man gern in Zweifel ziehen könnte.
Ebenfalls als gefährliches Gespenst gilt Perht in Virgen
und Prägarten. Man schützt sich dort durch die drei ttt
der heiligen drei Könige. Als einst in der Perhtennacht ein
Knecht das Herannahen der Perht, die sich hier als blitzender
Funke sehen ließ, in einem Hause ohne diese Kreuze beob
achtete, erschien sie plötzlich und packte den Knecht; er aber
zog schnell den Kock aus, der nun der Perht in den Händen
blieb. Man fand ihn am anderen Tage draußen zerrissen.
(Heyl 659.) Motiv der schnellen Fahrt. Daß an Stelle
von Menschen deren hingeworfene Kleider zerrissen werden,
wird oft berichtet.
In einem Hause in Virgen, wo sich ebenfalls die Kreuz
zeichen nicht befanden, kam die Frau Perht in die Küche
und warf dort einen eisernen Handschuh nieder, den niemand
vom Fleck bringen konnte; nach einem Jahr nahm sie ihn
wieder fort. (Ähnlich in Kärnten bei Kappold.) Anderseits
aber bringt sie eine Kuh, die sie geraubt hat, nach einem Jahr
wieder zurück. Sie hatte einen Kranz frischer Kirschblüten
an den Hörnern, trotzdem es Drkgtag war. (Heyl 659, Prä
garten.) Motiv der fremden Blumen. Dasselbe von einem
geraubten Kind (Heyl 660). Motiv der Entführung.
Auch in den deutschen Gemeinden der Veroneser Berge
lebt Perht als grausiges Schreckbild fort (Heyl 719).
In Lusern, einer deutschen Sprachinsel bei Caldonazzo
(J. Bacher, S. 70), kennt man die p^rchtaga, auch p^rtaga.
Beim Donnern sagt man, sie spüle ihre Fässer, auch bewahrt
sie die ungeborenen Kinder am sonnigen Bergabhang in
Wasserkufen auf. Eine andere Rolle legt man ihr nicht bei.
Sie ist also hier ganz zum Vegetationsdämon geworden, wie
auch bei den umwohnenden Romanen (s. u.), durch die auch
die Namensform beeinflußt sein dürfte.
Als Einzeldämon erscheint Perht bei Älpenburg,
S. 46: als uraltes Mütterchen geht sie zu Gömachten mit der
Schnelligkeit des Wolkenschattens über Berg und Tal. Motiv
der schnellen Fahrt. Freundlich zeigt sie sich in einer
Sage aus Alpach (Zgl., SM. 410), wo sie als steinaltes Weib
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
35
am Gömachtabend einem spielenden Kind einen verrosteten
Vierer schenkt, der dem Hause reichen Segen bringt
(Wunschding). Im Süden hat Perht mehr den Charakter
eines Vegdäm. Bei Lusarn wohnt sie in einer Höhle mit
lauter kleinen Kindern. Wer eines haben will, holt es sich
dort (Heyl 719). In Virgen zeigt sie auch riesische Natur,
wenn sie in der Drkgnacht eine Lawine lostritt, die über
mütige heimkehrende Burschen verschüttet (Heyl 746).
Aus Tirol haben wir auch zwei mhd. Belege. Der
Tiroler Thomas Vintler polemisiert in seinen ,plueinen
der tilgend' (ed. Zingerle ,Ält. tir. Dichter', Bd. I 1874), ged.
1411 gegen den Aberglauben:
,und etleich glauben an die frawn
die do haisset Precht mit der eysnern nas'.
Das Motiv der auffallenden Nase.
Aus Tirol oder den Grenzländern stammt wohl auch das
Gedicht ,Von Berhten mit der langen nas(e)‘ V. d. Hagen,
Ges. Ab. III, S. 33 f., dazu'Einleitung, S. VIII f. Älteste Hs.
in Wien n. 119 (Ambras 428), im Jahre 1393 geschrieben,
ferner in der Innsbrucker Abschrift 1456 und der Dresdner
Hs. n. 68, 1447. Der Text ist nach der Dresdner Hs. gegeben.
Das Gedicht enthält das bekannte novellistische Motiv der
Aufdeckung eines Liebesabenteuers der Mutter durch eine
naive Warnung eines Kindes. Dazu gibt hier Veranlassung
der Befehl des Vaters, nach wihen nehten aht tage, den man
da heizet eben wihe: V. 23
,Ir siilt vast ezzen, das ist mi bette,
daz iuch Berht(e) niht trete.'
Auf die Frage, was Perht sei, antwortet der Vater: V.29
.... ,daz sag’ ich dir,
du solt ez wol gelouben mir.
Ez ist so griulich getan,
daz ich dir’s niht gesagen kan,
Wan, wer des vergizzet,
daz er niht vast izzet
uf den kumt ez unt trit in.'
Die Alpnatur ist deutlich betont; das Vielessen als ab
haltendes Mittel begegnet uns noch später.
3*
36
II. Abhandlung: Waschnitius.
In Tirol haben wir demnach: Perht als Kinder
seelenführerin mit Beziehung zur wilden Jagd, als Spinn
stubenfrau, Einzel diimon mit Hervorhebung der schäd
lichen Seite, besonders als Druckgeist, endlich als Vegdäm.
Die Namensformen bieten nichts Auffallendes.
Speiseopfer. Das Speiseopfer für Perht zeigt ver
schiedene Formen. So läßt man im Pustertal und in Alpach
am Drkgabend das Übriggebliebene vom Nachtessen für
Perht; im Pustertal vorzüglich Krapfen. Meist wird dieser
Brauch als alt bezeichnet und der Unglaube bitter bestraft.
Auch in Tiers blieben in den Bauchnächten Krapfenschüsseln
für Perht oder Gstampa stehen. In Villnös bei Bozen wird
der Perht oder Stamp Essen aufs Hausdach in der Drkgnacht
gestellt: Kücheln, Nudeln, gekochte Eier etc. Am Morgen
war immer alles weg (Heyl 751 n. 1). Ähnlich wurden auch
im Achental am Vorabend des Drkgfestes Nudeln aufs Ilaus-
dach gelegt ohne ausdrückliche Beziehung auf Perht (Öst.
Bl. f. Lit. u. Kunst 1854, Zgl., S. S. 72). Das könnte auch
ein direktes Seelen- oder Sturmopfer sein. Es bekommt ja
an diesem Abend in Tirol auch das Feuer einen Löffel voll
von allen Gerichten (Zgl., SM. S. 411).
Mit Maria wird das Speiseopfer in Beziehung gebracht
in dem Brauch bei Zgl., S. S. 122 (ohne Ortsangabe), wornach
es alte Gepflogenheit sei, am Christabend eine große Schüssel
voll Milch aufzusetzen und die Löffel um sie im Kreis zu
legen. Wenn man aus der Mette zurückkehrt, finden sich
ein oder zwei Löffel nicht an ihrer Stelle und deren Besitzer
wird im kommenden Jahre etwas Besonderes zustoßen, weil
Maria mit dem Christuskind damit gegessen hat. Ein Mann,
der diese beiden belauschte, wurde auf Lebensdauer blind.
Hier haben wir deutlich Vertretung der Perht durch Maria.
Das Neujahrsorakel erinnert an einen ähnlichen Brauch in
der Steiermark (s. d.).
Der Perhtenlauf. Tirol ist neben Salzburg das klas
sische Land des Perhtenlauf es. Lebendig war dieser Brauch
um 1850 noch im Pustertal, besonders Lienz und Umgebung,
im Vintschgau und in und um Kitzbühel (Alp., S. 50). Zing.
und Alp. berichten auch von einem Perht(e)spiel in und um
Lienz, das aber schon zu ihrer Zeit nusgestorben war.
Perht, Ilolda und verwandte Gestalten.
37
Alpenburg beschreibt den Perhtenlauf in Lienz folgen
dermaßen: Hier bilden diese Spielaufzüge noch ein Durch
einander von Riesen, Hexen, Schatten-IIuttlern, wilden Män
nern u. dgl. Rüstige Burschen verlarven sich auf mannig
fache Art oder malen sich ihre Gesichter, umhängen sich mit
Kuhglocken und Ziegen schellen, ziehen lärmend und tosend
in bekannte Häuser, tanzen hier, trinken dort und wer allzu
neugierig oder gehaßt ist, kann erleben, mitten im Winter ein
kaltes Bad im Brunnentrog zu nehmen. Solch wildes Bennen
geht von I )orf zu Dorf und zur Stadt, mehrt sich, durchfährt
die winterlichen Gegenden mit Geknall und Juhuhu, wie das
wilde Heer, bis die Aveglocken Stillstand und Buhe gebieten.
Genaue]' das für den Perhtenlauf Charakteristische her
vorhebend, beschreibt Zingerle, S. S 88 den Umzug: ,Am
letzten Faschingsabend war früher der Perhtenlauf üblich.
Es war eine Art Maskenzug. Die Vermummten hießen
Perhten. Man unterschied schöne und schieche Perhten.
Erstere waren schön gekleidet, mit Bändern, Borten und ähn
lichem geschmückt; letztere zogen sich so häßlich als möglich
an, behängten sich mit Mäusen, Batten, Ketten und Schellen.
Alle Perhten trugen Stöcke. Die der schönen waren mit
bunten Bändern geziert, die der häßlichen endeten aber in
einen Teufelskopf. So ausgestattet sprangen und liefen die
Perhten über die Gassen und kamen auch in die Häuser.
Unter den schiechen Perhten war auch ein Aschenschütz, der
den Leuten mit einer Windbüchse Asche und Buß ins Gesicht
schoß. Die schönen Perhten teilen manchmal Geschenke aus.
So zog es laut und fröhlich her, wenn die wilde Perht nicht
selbst darunter kam. Mischte sich dieses Gespenst darunter,
so war das Spiel gefährlich. Die Anwesenheit der Perht er
kannte man, wenn die Perhten ganz wild und rasend tobten
und über den Brunnenstock hinaus sprangen. In diesem Ealle
liefen die Perhten bald voll Furcht auseinander und suchten
das nächste beste Haus zu erreichen. Denn sobald einer inner
halb einer Dachtraufe war, konnte ihnen die Wilde nichts
mehr anhaben. Im anderen Falle zerriß sie jene, deren sie
habhaft werden konnte. Hoch heutzutage bezeichnet man
Stätten, an denen von der wilden Perht zerrissene Perhten
liegen. (Bei Lienz.)’
38
II. Abhandlung: Wasclinit i us.
Diese Schilderung ist, wie schon bemerkt, spezieller als
die bei Alpenburg, der mehr einen der üblichen Faschings
umzüge beschreibt als das Perhtenlaufen im besonderen. Wo
sich die Berichte widersprechen, ist Zgl. der Vorzug zu
geben; so darin, daß das Perhtenlaufen am Abend stattfindet.
Übrigens könnte es sich liier um örtliche Verschiedenheiten
in der Umgebung von Lienz handeln.
Zu beachten ist die Unterscheidung der zwei Klassen
von Teilnehmern bei Zgl. und ihr Kostüm, besonders das
Behängen mit Tieren; ferner der Aschenschütz und der von
Alpenb. erwähnte Wasserritus.
Angeknüpft an diesen Brauch ist der Mythus vom Er
scheinen des Dämons selbst unter den Masken, die nach
dieser mythischen Erzählung mimische I )arsteller des Dämons
und seiner Begleitung zu sein scheinen. Bemerkenswert ist
die ekstatische Verzückung der Teilnehmer, die das Er
scheinen des Dämons hervorruft.
Das Überspringen des Brunnens gehört in Virgen
zum gewöhnlichen Brauche, weshalb dieser dort Perhtel-
springen heißt. (Bei Lienz.) Auch hier wird das Motiv vom
Erscheinen des Dämons erzählt (ITeyl 755 n. 21). Es handelt
sich offenbar um einen Regenzauber.
Daß der Hausbereich, der sich bis zum Ende der weit-
vorspringenden Dachtraufen erstreckt, der Macht dämoni
scher Wesen entrückt ist, ist in Tirol allgemeiner Glaube. So
dürfen die Mädchen in Villnös, die in der Drkgnacht mit den
Kücheln ums Haus laufen und diese dann nach hinten werfen,
um ihren Bräutigam zu sehen, keinen Schritt aus der Dach
traufe hervortreten, sonst verfallen sie der Gewalt der bösen
Mächte. Ähnlich im Sarntal (Hevl 751 n. 3, 752 n. 6). Auch
die vom Bauer aus dem Hause vertriebenen Orgen flüchten
nur bis zur Dachtraufe, dort setzen sie sich zur Wehr (Zgl.
n. 98, Sph. II 73). Der schützende Hausbereich ist auch sonst
bekannt, vgl. Sph. I 61, 197 II 74.
Begangen wird der Brauch in der Faschingszeit, aber
Schöpf, TI. S. 37/38 bezeugt ein ,bergtlspringen' in Oberlienz
um Weihnachten, ebenso in Virgen (Ileyl 755. 21).
Auch in Fieberbrunn bei Kitzbühel ,laufen alle
Jahre um Drkg. die Perhten; sie sind gekleidet wie häßliche
Perht, Ilolda und verwandte Gestalten.
39
Tiere und haben Bockshörner auf und große Schellen an/
(Zgl. ? bei Andree-Eysn, S. 7).
Unklar ist es, wie es sich mit dem erwähnten Perht (e)-
spiel verhält.
Zgl., Zf DM. III (1855, S. 203—205) sagt hierüber: ,Mit
dem Perhtellaufen nicht zu verwechseln ist das Perht(e)spiel,
das früher auch in und um Lieuz vorkam, nun aber verboten
ist. Das war gar ein großes, schönes Spiel und wohl (SO Leute
spielten mit. Da mußten wilde und schöne Perliteln sein. Jene
waren den Menschen feind, diese gar herrlich angelegt (ange
kleidet) und den Menschen hold. Auf dies Spiel Bezügliches
soll später folgen/ Ist diese versprochene Mitteilung nun die in
den ,Sitten' 1857 vorliegende (S. 88 n. 693), oben zitierte Be
schreibung des Perhtenlaufes, wo ebenfalls die genannten
zwei Klassen Vorkommen, und dieser mit dem Perhtspiel
ident? Dem widerspricht aber Zgl., ZfDM. selbst, auch Alp.,
S. 50 erwähnt : ,In Lienz soll noch ein aufgeschriebenes Perht
spiel vorhanden sein/
2. Die Stampe. Ein Wesen, das nur in Tirol und Siid-
bayern bekannt ist und mit Perht vielfach dieselben Züge
aufweist, daher vom Volk auch mit ihr identifiziert wird, ist
die Stampe.
Schon das mhd. Gedicht ,Von Berhten mit der lan
gen nas‘ zeigt in der ältesten Hs. in Wien und deren Inns
brucker Abschrift überall: die stemp statt Perht (V. d. Hagen,
Gesab. III, S. XVIII f.). Auch im heutigen Volksglauben
ist sie bekannt.
Als Kinderseelenführer in erscheint sie unter den
Kamen die Gstampa in Wälschnoven (Unteres Eisacktal).
Dort zog sie einmal mit aufgelösten Haaren, begleitet von et
lichen Hündlein samt ihrer Kinderschar am Drkgabend bei
einem Bauernhause vorbei. Als der Bauernsohn, trotzdem
es nach dem Betläuten war, sie belauschen wollte, warf sie
ihm ihr Beil in den Körper, befreite ihn aber nach einem
Jahr. (Daseingeschlagene Beil.) (Heyl 429 n. 118.) Bei den
Reggelbergern, den Leuten im Eggental (Unt. Eisack, linkes
Ufer), gilt die Gstampa (nach Heyl n. 118 dasselbe Wesen,
das anderswo Berchta, Berchtl oder auch kurzweg Weibele
oder gar ,s' längnosate Weibele* genannt wird) als ganz ge-
40
11. Abhandlung: Waschnitius.
waltiges Unkatl, gleich der Trute, ungestaltig, langnasig und
hinkend und über Maßen gefürchtet. Sie reitet mit der
wilden Jagd, aber immer hinterdrein und verfolgt jeden
begegnenden. Erreicht dieser die Dachtraufe eines Hauses,
aus dem Rauch aufzieht, und läuft er dreimal laut schreiend
innerhalb der Traufe ums Haus, so ist er sicher (Heyl, S. 429
n. 118). Schützender Hausbereich, lange Nase.
Da die Gstampa immer eine Kette trägt, hört man sie
weither klappern. Sie rumort im Haus und im Feld umher,
sitzt auch hie und da zu oberst in einer Kammer, ist also zu
einem Hausgeist geworden. Wer sie verfolgt oder ihr nur
nachspäht, den drückt sie in die Wände. Besonders heftig ist
ihr Auftreten am Drkgtag und dessen Vorabend. Da wagt:
man nur in eine Mohnstampfe zu husten.
Einen ähnlichen gefährlichen Charakter zeigt die
Gstampe auch in Afers (oberer Eisack). Hier ist sie aber
unsichtbar und äußert sich nur durch entsetzliches Pfeifen
und Winseln, daß man Hören und Sehen verliert, besonders
in den drei Rahnächten (vor Whn., Nj., Drkg.). Auch hier
kennt man den schützenden Hausbereich und das Husten
in den Mohnstampf. Ein Bauer hatte gegen sie sogar einen
Kalbskopf am Firstbalken seines Stadels hängen (Heyl,
S. 165 n. 75).
In Täufers (Pustertal) hat früher Stampe eine so
große Rolle gespielt, daß nach einer Eingabe des Pfarrers an
das erzbischöfliche Konsistorium in Brixen im Jahre 1756
eine Vesper und ein Amt zu Drkg. gegen die Nachstellungen
der Stampe gestiftet waren, die Stampervesper, beziehungs
weise -amt hießen. Auch gab es dort 1760 einen Stampacker
neben einer Perhtwiese. Noch heute wissen die Leute, daß
die Stampe Leute ,ruckt* und in jedem Hause, das infolge
dreier Haustüren einen Kreuzgang hat, muß in der heiligen
Nacht geratscht werden, damit die Stampe oder die Perht
nicht schade. Besonders gefährlich ist die Stampe in der
Uttenlieimer Aue (Heyl, S. 660 n. 136).
Ein anderes Gebiet des Glaubens an Stampe ist die
Gegend von Nassereith, unterhalb des Fernpasses (vgl.
Zgl., SM. S. 18 f.). Sie raubt Kinder und Wöchnerinnen
und muß daran durch scharfe Wachsamkeit verhindert wer-
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
41
den. Von ihr zeigt sich gewöhnlich nur ihr Roßkopf, mit
dem sie häufig durchs Fenster in die Stuke schaut. Einmal
erblickte sie ein allein spielendes Kind, das sie mit sich fort
nahm. Sie mußte es aber in dem Orte liegen lassen, wo man
das Wasser ausgeschüttet hatte, worin das Kind nach der
Taufe gebadet worden war. Sie verliert überhaupt durch das
Taufwasser ihre Gewalt. Sie erscheint auch oft als gespensti
ges Weib mit Menschenantlitz, aber mit auffallend langer
Käse. So schaute sie einmal einem Schuster, der noch spät
abends arbeitete, in die Stube herein und fragte: ,Schuster,
wie gefällt dir meine lange Nase?* Der zeigte ihr aber einen
Leisten und sprach: ,Stampe, wie gefällt dir mein Leisten?*
Da verschwand sie. Motiv vom Schusterleisten. Sie geht
vorzüglich um Weihnachten um.
Über Stampe bei Partenkirchen siehe Bayern
(unten).
Anderen Charakter zeigt die Stampe in den deutschen
Sprachinseln Südtirols. Zgl. teilt Zsch. f. dsch. Phil. IV
1873, S. 83, eine Sage aus dem Fersental mit: Stampe ent
führt .ein junges, schönes Mädchen; als dieses in der Höhle
das fürchterliche wilde Weib sieht, fängt es zu weinen an.
Stampe sucht es zu beruhigen, indem sie sich als Großmutter
ausgibt, und es entwickelt sich ein Zwiegespräch, dessen Ähn
lichkeit mit dem Kotkäppchenmärchen (KHM I 142) auffällt.
Ich setze es daher ganz hieher: ,Aber Nuna (Großmutter), wia
hosch du sou dicke hör?* ,Isch vo der nöcht.* ,Aber Nuna,
wia hosch du sou lange zähn?* ,Isch vom Stuppenzanken
(Werg zupfen).* ,Aber Nuna, wia hosch du söu longe zeach’n?*
,Isch vom Lackentatschen (Wasserpatschen).* ,Nuna, i bin
hungeril* ,Schau im kost’n; sein vogelzungen drin.* ,Nuna,
i kön net auftün.* ,Treibs swiibel, mein kinn!* (Llolzschlüssel.)
Etwas Ähnliches, ebenfalls bei den Mocclieni, den Be
wohnern des deutschen Fersentales. (Zgl. Schilderungen aus
Tirol, S. 102 f., II. Bd. bei Sph. II 98 f.): Eines Tages sah
die Stempa ein gar schönes Kind bei einem Brunnenhause,
lockte und entführte es in ihre Höhle. Dort band sie es heim
lich an einem Fuße mit einem ihrer Haare fest, das so dick
wie ein Wäscheseil war, und ließ es ins Freie. Das Kind
wollte davon laufen, konnte aber nicht wegen der Fessel. End-
42
II. Abhandlung: Wasehuitius.
lieh fiel ihm ein, daß es einen Schnepper (Taschenmesser) bei
sich habe, nahm ihn, schnitt mit vieler Mühe das Haar ab und
hing es, damit die Stempa nichts merke, an eine Stange. Dann
floh es nach Hause und legte sich ins Bett zwischen Vater und
Mutter, auch das Kätzchen kroch herein. Das war des Mäd
chens Glück, denn bald rückte die Stempa an, es wieder zu
holen; als sie aber die Katze sah, schrie sie wild auf: wärst
du nicht, wo du bist, hätt ich dich zu Laub und Staub ge
stampft. Dann lief sie brummend wie ein Bär davon. Die
Folgerungen, die Laistner a. a. O. an das Haar der Stempa
und das Messer knüpft, sind falsch. Hier handelt es sich
um ein rein novellistisches Erzählungsmotiv zur Ausführung
des Riesischen in der Gestalt der Stempa; daher kann dies
nicht Gegenstand mythischer Erklärung sein.
Dagegen ist die Vorstellung von der Katze als dä
monenscheuchendes Tier (apothropäisches Tier) my
thisch. ITieher gehört die zweite Stempasage, die Laistner
aus Zgl. Schild. II 104 anführt: eine Magd hält sich die
Stempa dadurch vom Leibe, daß sie ihr die Danaidenaufgabc
erteilt, Wasser im Siebe zu tragen. Da die Magd unvor
sichtigerweise lacht, will sie die Stempa zerreißen, da aber
ihr eine Katze entgegenkommt, muß sie abzichen. LTber diese
Vorstellung handelt Laistner, Spli. II 19 f.
Von der Stempa als Nüssedieb geht folgende Sage
(Zgl. a. a. O., S.105, Sph. II 325): Die Moccheni ärgerten sich,
daß die Stempa ihnen die Nüsse von den Bäumen stahl.
Während sie unter einem Baume schlief, trennten sie an
ihrem Sack den Boden auf. Als sie erwachte, rief sie ihren
Mann, den Parlör (Schwätzer ital. parliere), hieß ihn auf den
Baum steigen und Nüsse schlagen, die sie in den Sack tat.
Der aber wollte nicht voll werden. Endlich stieg Parlör her
unter, entdeckte den Schaden und gab im Ärger seiner Frau
eine Maulschelle. Darüber erhoben die heimlich zuschauen
den Bauern ein Gelächter und das verdroß die zwei Wildleute
so, daß sie auf den Fennisberg entflohen und sich nie wieder
sehen ließen. Hier ist Stempa ganz zur Vegdäm. geworden.
Speiseopfer. Wie Perht erhält auch Stampe Speise
opfer; oft heißt es geradezu, diese würde der Perht oder der
Stampe dargebracht. So stellt man ihr in Gümmer und
Perlit, Holilii und verwandte Gestalten.
43
Eggen Schüsseln voll Kücheln ins Fenster — während der
Drkgnacht— damit sie guter Laune hleibe. In Wälsch-
novon bereitet man am Drkgabend der Gstampa gar ein
eigenes Gericht: die Gstampanudeln, viereckige, plattge
drückte, kleine Nudeln. Diese trägt man ihr und ihren Kin
dern auf, nebst drei anderen Dingen, die nicht blühen,
die auch als die drei weißen Gaben bezeichnet werden:
Eier, Butter und Salz. Wie Laistner Sph. zeigt, ist dieser
Brauch als apothropäisches Mittel gegen den Alp vielfach
belegt. Ebenso werden die drei weißen Gaben in Wälsch-
noven selbst gegen die Trute hergerichtet. Nimmt die
Gstampa von den Nudeln nichts, ist es ein böses Zeichen. Die
Nacht heißt daher die Gstampanacht (Heyl 751 n. 8). Das
Opfer in Tiers wird, wie schon erwähnt, der Perlit oder der
Gstampa dargebracht.
Nach den vorliegenden Zeugnissen können wir drei Ge
biete der Stampe unterscheiden: Nordtirol und Südbayern;
Deutsch-Südtirol; Welsch-Südtirol.
Die Namensform (die richtige ist (G)Stamp(s), (G)-
Stemp(s); das a in Stampa usf. hei Zingerle und ILeyl, der
auch Berhta schreibt, ist wohl literarisch, mit möglicher Aus
nahme im Gebiete 3) ist auf ohdsch. Boden auffallend. Jeden
falls gehört das Wort zu stampfen, zeigt aber unverschobenen
Laut. Eine Reihe ähnlicher Worte der bayr. Ma. verzeichnet
Schm. BW. II, 158 1'. Eine hinreichende Erklärung dieser
Formen ist meines Wissens noch nicht gegeben worden. Am
ehesten ist an Entlehnung aus dem benachbarten romanischen
(ital. und lad.) Sprachgebiet zu denken, doch vermochte ich
dort dem Namen Stampa bei dem Mangel der Hilfsmittel
nicht nachzugehen. (Bei Pallioppi Wb. II, S. 28 heißt der
Alp im Engadin dischöl, Stampa nicht verzeichnet, vgl. I,
S. 764.)
Eine zweite unverständliche Namensform ist Sanga
(Zgl., S. S. 465) (zu lad. sang Blut ? Pall. 633).
Der Name der Stampe führt uns auf ihr ursprüngliches
Wesen: sie ist der stampfende Druckgeist, wie die md.
Trempe der trampelnde. (Vgl. das Martinsgestämpe, ein
Geisterzug mit demselben Sagengehalt wie Perlit, Zgl., SM.
464/465, nach Sph. II 410.) Dazu stimmen die angeführten
44
II. Abhandlung: Waschnitius.
Sagen und Bräuche. Ihr Schrecken erregendes, gefährliches
Auftreten, das Rauben der Kinder etc. stimmt alles zu einem
Druckgeiste, der zu einem selbständigen Dämon geworden ist.
Ihre frühzeitig helegte Vermischung mit Perht ist leicht er
klärlich aus der Gleichheit ihres Ursprunges (Seelenglauhen),
Umgangs-, beziehungsweise Tätigkeitszeit usw. Im Süden ist
Stampe ebenso wie Pehrt mehr zu einem Vegdäm. geworden.
3. Die angebliche Königin der saligen Fräulein Ilulda
scheint eine Erfindung Hammerles zu sein (S. 8 f.). Von ihm
übernahmen sie Alpenburg und Zingerle. Sonst unbekannt.
Ebenso haltlos sind die übrigen Spuren des Holdaglaubens
in Tiro], die Zgl. ZfDM. III aufdecken zu können glaubte.
Die Romanen Südtirols. Wie unter die Slowenen ist
Perht auch unter die romanische Bevölkerung Südtirols ge
drungen. Gerade hier ist es nicht auffällig, weil in Tirol ein
lebhafter Austausch mythischer Gestalten und Kamen zwi
schen Deutschen und Romanen stattgefunden hat.
In Folgareit (bei Calliano, Bh. Rovreit-Rovereto) ist
sie bekannt als „Frau Berta“, „la brava Berta, la donna
Berta'. Sie wohnte in einer Höhle und ließ sich von ihren
Mägden kämmen. Oft kam sie ins Dorf und half den Weibern.
Besonders gern ließ sie sich Garn und Faden geben, um
Knäuel zu winden, wobei sie aber nie fertig wurde, da ihr der
Faden nie ausging. Alle Weiber waren ihr gut und gaben
ihr zu essen. Als aber einmal ein Weib, das Berta um zwei
Eimer gebeten, ihr zwei Siebe gab und sie vergebens diese zu
füllen versuchte, wobei sie ganz naß wurde, stürzte sie das
Weib, das gerade bügelte, in einen Kessel mit siedendem
Wasser. Dafür erschlug sie deren Mann mit samt ihren Mäg
den (Schneller, S. 199 A I).
Nach einer anderen Mitteilung (Schneller 200 n. 2), war
Frau Berta ein wildes Weib und wohnte mit ihrem Gemahl
,1’ om salvadegh, bilder mon‘ in einer Höhle, in der sie mit
besonderer Vorliebe ihre Kinder kämmte. Ihr Mann kam
in die Häuser und lehrte die Leute Käse und Halbhutter be
reiten. Als man ihn aber einmal berauschte, lehrte er sie
nichts mehr. Auch die Frau Berta verursachte bei Beleidi
gung, daß die Kühe nur saure oder gar keine Milch gaben.
Hielt man aber Frieden mit ihr,war sie eine gütige Schutzfrau.
Perht, Holda uml verwandte Gestalten.
45
Folgareit ist altes deutsches Gebiet.
Interessant ist, wie hier aus der Seelenführerin Perht
ein Vegdäm. ganz in der Art der wilden Leute wurde. Dazu
stimmt die diesen Wesen oft nachgesagte Freude am Käm
men, der hilfreiche Besuch bei den Menschen, das ewige
Knäuel etc. Über die Danaidenaufgabe und das Verbrühen
unten.
In Trambileno bei Rovreit kennt man die Froberte
odor bilden Beiber und den Bedelmon; also eine Mehrzahl
von Vegdäm. namens Berta. Von ihnen geht die Sage, daß
sie einem Manne, der dann den Namen Tela (Leinwand) be
kam, nachts den Weg im Walde versperrten, indem sie plötz
lich lange Stücke Leinwand durch den Wald spannen. Als
sein Gefährte herankam, schwand der Spuk. Eine deutliche
Nebelsage (Mannli., StfK. I 112). Der letzte Faschingstag
heißt hier: il giorno delle Froberte.
Ebenfalls eine Mehrheit von Fräuberten kennt man in
Konchi bei Ala. Dort geht folgende Sage (Schm., S.201f.c.):
Eines Abends saßen dort zwölf Weiber in einem Filo und
spannen. Das galt als gefährlich, wenn kein Mann dabei war.
Tatsächlich klopfte es um 11 Uhr und herein trat eine Frau
berta. Die Weiber begrüßten sie mit dem ihr gebührenden
Gruß: ,Seid gegrüßt, Frau Berta mit der langen Nase £ (Pa-
drona Frauberta dal nos longh) und eine räumte ihr ihren
Platz. Die Frauberta erwiderte: ,Wird eine andere nach mir
kommen, die eine noch längere Nase hat/ Das geschah auch
und wiederholte sich elfmal, so daß die zwölf Frauberten auf
allen Sesseln 1 saßen und die Weiber zitternd dastanden. Da
fragte die erste Frauberta: ,Was wollen wir tun?‘; die zweite
sprach: ,Wir wollen Wäsche waschen/ Da sagte die erste zu
den Weibern: ,Bringt uns die Wassereimer, wir müssen
Wasser haben/ Die Weiber wußten, daß die Frauberte sie
sieden und brühen wollten; daher brachte jede nur zwei
Körbe. Nun holten die Frauberte Wasser in der Etsch, aber
sie mühten sich vergebens. Voll Wut kehrten sie zurück, da
war es aber dunkel, die Türen versperrt und jedes Weib lag
bei seinem Mann im Bett. Eine der Frauberten schrie aber
1 Natürlich nicht ,Sesseln 4 , sondern Plätzen.
46
IT. Abhandlung: Waschnitius.
durchs Fenster: ,Dank es der Hose, bei der du liegst, sonst
wehe dir!' Am nächsten Tag versteckte sich ein Mann im
Filo und erschlug alle Frauberten, als sie wieder kamen. Die
Frauberten gelten demnach als Spinnstubenfrauen für
die Nacht. Auch hier ist die lange Nase charakteristisch.
Über das Motiv der Danaidenarbeit und des Verbrühens vgl.
Sph. I 288 und II 321. Durch die Danaidenarbeit wird
man den lit. Kaukas, einen Druckgeist, los, ebenso den Teufel.
Eine ähnliche Geschichte wie unsere wird auch von der Bre-
gostana und einem wilden Mahn mit seiner Frau erzählt. Vgl.
auch die obige Stampasage. Ich glaube aber nicht, daß dieses
Motiv parallel zu setzen ist der Aufgabe, mit der man in den
Alpsagen den Druckgeist hinzuhalten sucht (. . . ,alle -bärge
und diilr öwer strien, alle grasspire inknicken, alle löfbläre
afflicken, alle stern am himmel teilen jindess werd wol dag
sin'. ZfDM. I 198. Vgl. Sph. I, des Flachses Qual), sondern
halte es nur für ein Erzählungsmotiv. Es scheint bei seiner
Volkstümlichkeit kaum auf gelehrter Überlieferung zu be
ruhen. Das Verbrühen wird auch von Unterirdischen in
Brahlsdorf (Bartsch I 48), von der Frau Mittwoch in Ruß
land (Ralston Russian Folklore, S. 201) und von der Quatem-
berca in Friesnitz bei St. Jakob in Kärnten (ZfVIv. III,
S. 201—207) unter ähnlichen Umständen erzählt. Auch dieses
Motiv ist kaum mythisch deutbar.
Die Spinnruhe ist bekannt. In Folgareit und anderen
Orten pflegen die Weiber am heiligen Abend und am letzten
Faschingsabend nicht zu spinnen, sonst würden die Mäuse
den Faden fressen (Schoeller 240 n. 38). Nach ZfVK. I 419
muß in Südtirol bis Ostern abgesponnen sein, sonst spinnt die
Stria (Zauberin) selbst den Flachs und die Gedärme der
Hausherrin dazu. Die Strie werden teils als Hexen, teils als
wilde oder selige Weiblein aufgefaßt (Schneller 215).
Das aus Perht in Südtirol ein echter Vegdäm. mit seinen
anziehenden und unheimlichen Zügen geworden ist, ist wohl
aus der Verschiedenheit des geo- und ethnographischen Cha
rakters zu erklären; derselbe Zug auch bei anderen mythi
schen Gestalten, so auch bei der Stampe.
Westungarn. Bei den bayrischen Ansiedlern West
ungarns ist Ferlit weder der Erscheinungsform noch dem
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
47
Namen nacli bekannt. Sie wäre sonst dem eifrig sammelnden
Schroer in Preßburg nicht entgangen.
Dagegen erscheint St. Lucia (Schroer, Pr. S. 30) mit
dem Spinnrocken oder dem Flederwisch in der Hand in den
Häusern, also wohl als Spinnstubenfrau. Wann sagt
Schroer nicht, wahrscheinlich am Lucientag (13. 12.). Die zu
gesetzten mythischen Bemerkungen sind falsch.
Niederöstereich. Zunächst einen historischen Beleg. Aus
Stephanus Lanzkranna (aus Landskron), Propst zu St.
Dorotheen in Wien ,I)ie Hy meist rass‘ (drei Drucke Augs
burg 1484,1501,1510), Sp. 112, Bl. 42 b, berichtet J. Geffcken
,Bilderkatechismus des 15. Jahrhunderts' I, S. 106 f. folgende
Stelle (aus dem Abschnitt über das erste Gebot): .. .. oder der
tyer begegnung, an gefunden ding an die frawen berclit
oder an die frawen holt, an herodiasis, an dyana, die heide-
nisch goettin oder tewfelin, an die nachtnarenden, an die bil-
weysz .... Dieser Beleg ist deshalb von großer Wichtigkeit,
weil wir hier zum ersten Male Perht und Holda parallelisiert
finden. Lanzkranna schöpft aus der reichen Quelle der mittel
alterlichen Beichtspiegel, Erlässe und katechetischen Traktate.
Nun sind wohl für Perht durch Schmeller eine ganze Reihe
von Stellen bekannt, nicht aber für Holda, außer der Stelle
bei Burckhardt von Worms. Gegen direkte Übernahme aus
diesem spricht die Namensform: fraw Llolt. Damit haben
wir eine bisher unbekannte Vorlage für Lanzkranna anzu
setzen, die mittelbar oder unmittelbar aus dem Volksmunde
schöpft und von Burckhardt unabhängig ist, also einen
neuen historischen Beleg, und zwar nach Burckhardt
den ältesten gefunden. Bei einer Spezialuntersuchung würde
sich die Quelle Lanzkrannas sicher auffinden lassen. Bei
diesem selbst ist an ein unmittelbares Aufnehmen aus dem
Volksmund nicht zu denken. Dieser neu gefundene Beleg
stützt auch die Richtigkeit der Lesart bei Burckhardt: Hol-
dam und macht Ivauffmanns Konjektur PBB. XVIII, S.146f.
höchs unwahrscheinlich (vgl. unten Hessen).
Für den heutigen Volksglauben kommt vor allem
das südliche Niederösterreich in Betracht, das an Oberstei er -
mark anschließt und dieselben günstigen Bedingungen für
Erhaltung alter Vorstellungen und Sitten aufweist wie jenes.
48
II. Abhandlung: Wasclinitins.
Tatsächlich stimmen die Mythen über Perht in beiden Länder
teilen ganz zueinander. Landsteiner, S. 34, berichtet aus
Waidhofen a. Ybbs, daß man dort in der Drkg.-Rauchnacht
etwas Milch in den Schüsseln und die Löffel drin stecken
lasse für die Per seht. Zwischen 11 und 12 Uhr erscheint sie
mit ihren Kindern und man kann das ,Schlürfen' beim Essen
hören. Als Zeichen der Anwesenheit sind am Morgen die
Löffel mit Rahm überzogen. Nun essen die Hausleute von der
Perschtmilch, geben auch den Hühnern, damit sie viele Eier
legen, und den Kühen, daß sie reichlich Milch geben. Perht
ist also als Ivinderseelenfülirerin bekannt. Die Zeichen an
den Löffeln erinnern an das Neujahrsorakel in Tirol und
Steiermark. Daß die Leute die Perschtmilch verzehren und
auch den Tieren vorsetzen unter Erwartung günstiger Eolgen,
zeigt ganz primitiven Fruchtbarkeitszauber an.
Aus der Gegend von Gaming teilt Landsteiner, S. 35
mit, daß man dort von den Kindern der Perscht erzähle, welche
auffallende Namen hätten. Er führt an: Gagarauntzl, Tho
maszoll, Märzenkalbl, Zadarwaschl. Dem letztgenannten
sind wir schon in Steiermark begegnet. A wohl nur Schrei
bung für den offenen o-Laut. Vgl. Schm., BW. II 1159 Zatten
neben 1166 Zotten, beides: Legföhre, zu demselben Namen.
Der Name deutet auf Erscheinungsform in zerlumptem Ge
wand, wie derartige Däinone meist gedacht werden.
Märzenkalbl in einem Vok. v. 1618 bei Schm., BW. I
1657, glossiert als vitulus recens. Denselben Namen Märzen
kalb führt ein Vegdäm. in Niederösterreich (Landsteiner,
S. 66), ein riesiges Kalb mit zwei Köpfen, welches Kinder
frißt und mitnimmt, eine Parallelfigur zur Habergeiß und
ähnlichen. Hier kann man an eine Namensübertragung
denken, aber in unserem Fall von Mk. als Schimpfwort aus
gehen, was zu Zadarwaschl passen würde. Vgl. übrigens das
Märzenfräulein bei Kaufbeuren (Schöppner, III S. 205
n. 1186), die Kinderscheuche in Paznaun: Märzhackl (Zgl.
S. 7).
Gagarauntzl. Der erste Kompositionsteil zu gage(r)n
schreien von Kindern, Schm. I 877 oder gage(r)n wacklen
ebd., der zweite zu raunzen, Schm. II 108, die raunz weiner
liche Person, davon Diminutiv.
Perlit, Ilolda und verwandte Gestalten.
49
Aus derselben Gegend stammen die Mitteilungen von
Frau Antonie Hudler, Meierin auf dem Zehentliof bei Neu
bruck, die mir durch gütige Vermittlung des Herrn Leo Bam-
berger zugekommen sind:
,Von der Berscht wissen die Leute hier viel zu erzählen.
Sie soll „dem Berschtl sein Weib“ gewesen sein. Über ihn
weiß man nichts Näheres. Das Gefolge der Berscht, die hier
auch Sampermuada (Sompa-) genannt wird, besteht aus Kinder
seelen, die noch nicht zur ewigen Seligkeit eingehen können,
da sie entweder keine oder nur eine Nottaufe (Frauentaufe)
erhalten haben. Diese Kinderseelen gelangen in der fetten
Rauchnacht, derVornacht des heiligen Drkgtages, zu ihrer Er
lösung; denn da feiert die Berscht mit ihnen den Abschied
von der Erde und besucht alle christlichen Familien, wo sie
überall gedeckten Tisch findet. Es gibt da Semmelmilch als
richtige Kinderspeise, auch Fleisch, Krapfen, gebackene
Mehlspeisen und was halt sonst die Mittel erlauben. Auch
wurde eine gründliche Reinigung vorgenommen, besonders
die Tenne gekehrt, denn dort hält die B. mit ihrem Gefolge
einen Tanz ab. Dem Zuletztdazugekommenen der Kinder
seelen war es bestimmt, den Tränenkrug zu tragen, in wel
chem alle Tränen, die von den LIinterbliebenen geweint wur
den, gesammelt waren. Diesen großen, schweren Krug mußte
es also schleppen; so bleibt es zurück, und wenn alle schon
bei Tische um die Berschtmilch sitzen, kommt es erst nach-
gehumpelt und weint, weil der Krug schon fast überfließt
und fast nicht mehr zu erschleppen ist. Alle diese vielen
Kinderseelen von ganz unbestimmter Anzahl, so viele halt
im ganzen Jahr dem Schicksal verfallen waren, haben keine
Namen. Es erzählt aber die Sage, es solle einmal eine wan
dernde Seele auf ihrem Rastplätzchen gesessen sein, wie eben
der Bersch tzug vorbeiging'; als sie das letzte den Krug nach
schleppen sah, sprach die Seele mitleidig zu dem Berschtkinde:
„Geh nur, geh nur, du Zodawaschal du!“ Mit diesen Worten
war diese Kinderseele erlöst, denn nun hatte es (!) einen
N amen.
Der heilige Drkgstag gilt als einer der bedeutungsvoll
sten Tage; die Leute hielten sehr viel auf ihn und glaubten,
je mehr die Berscht Ordnung'fand und sie zufriedengestellt
Sicztingsbor. d. pbil.-hist. Kl. 174. Bd , 2. Abh. ^
war, desto mehr Glück und Segen erteile sie einem solchen
Hausstände. Hie Mägde sollen an diesem Tage beim Melken
der Kühe vorsätzlich ab und zu auf die Streu gemolken haben,
was den Berschtkindern vefmeint war. Vom Berschtmahle
ist noch zu sagen, daß aus der übrig gebliebenen Semmelmilch
von schwerem Brotteig Knödel geformt wurden. Dazu kam
ein ganzes, unverletztes Nußkreuz, wie es sich im Innern
des Kernes befindet, und drei Palmkatzerln aus geweihten
Palmen. Davon wurde jedem Stück Vieh auf nüchternem
Magen je ein Knödel gegeben, was viel zur Bekräftigung
des Berschtsegens beitrug; so reichten z. B. Eßwaren viel
längere Zeit aus, trotzdem sich alle sattaßen.
Als das Spinnen noch mehr eingeführt war, durfte am
Sonntag, Donnerstag und Samstagabend nicht gesponnen
werden. Das Spinnen am Donnerstag galt als eine Beleidi
gung der Berscht. Einst ließ eine Bäuerin am Donnerstag
ihr kleines, noch nicht sechs Jahre altes Mädl ein Will Garn
verspinnen; ein solches von einem sechs Jahre alten Kinde
gesponnenes Garn heißt Jungfern- oder Engerlgarn und hat
eine besondere Kraft in sich. Das Kind stellte sich aber
schlecht dazu an und brachte nichts zustande. Da nahm die
Mutter den Flachs, wickelte ihn um die Hand des Kindes
und zündete es an; aber da hörte man vom Fenster her ein
Getöse, man eilte hin und da stand die Berscht, hielt ihre
Hand mit allen fünf brennenden Fingern zum Fenster herein
und rief zornig:
„Mit engan vadomtn Pfingstaspinna
Müeßen olli meine fünf Fingna brinna!“
Zu diesem in seiner Originalform belassenen Bericht
vergleiche man folgende Mitteilungen Herrn Leo Bam-
bergers:
,Bei uns heißt die Perscht auch noch Sampermuada.
Sampert = unförmig, — dick, was sich vielleicht auf die
Fruchtbarkeit bezieht. Wenn man nach den Kindern der
Perscht fragt, so erfährt man: die Perscht hat 12 Junge;
denn das 13., heißt es, ist das Zodawascherl. Dieses nimmt
eine Sonderstellung ein. Es ist das eine rührende Kinder
gestalt, von der man den Kindern- nicht erzählen darf, ohne
■
Perht, Holda iirul verwandte Gestalten.
51
größte Rührung hervorzurufen. Ganz ungleich seinen viehi
schen, wilden, dämonischen Geschwistern hat das Zoda-
wascherl mit diesen nichts gemein und fühlt sich gewiß viel
mehr zu den Menschenkindern hingezogen; aber es ist ja
auch eine unerlöste Seele, ein frauentauftes Kind, und als
solches gehört es der Perscht und muß mitziehen mit dem
„hoamlin Gloat“, der wilden Jagd. Aber es kommt überall
zu spät, denn es schleppt einen großen Krug nach, in dem es
seine Tränen sammelt. Wenn die anderen, gejagt vom großen
Drachen, dem Teufel, endlich auf den Baumstrünken, die
von den Ilolzknecliten mit drei Kreuzen versehen sind, rasten
dürfen, findet das Zodawasclierl keinen Platz mehr. Und
wenn in der heiligen Drkgnacht — der foasten Rauchnacht —
der Bauer auf dem mit einem weißen Tischtuch gedeckten
Tisch die Perschtlmilch aufstellt, die für die Perscht und ihre
Jungen die ganze Nacht stehen bleiben muß, so gibt er nur
zwölf Löffel hinein. Bis das arme Zodawascherl mit seinem
Tränenkrug nacligehumpelt kommt, hat die Perscht mit ihren
Jungen bereits alles ausgesoff'en. Auch am Tanz dürfte es
sich wohl nicht beteiligen, der in der gleichen Nacht von der
Perscht am Tenn abgehalten wird und zu dem der Bauer
schon Nachmittag die nötigen Vorbereitungen trifft, indem
er den Tenn sauber auskehrt.
Die Gebräuche mit der Perschtmilch sind übrigens ver
schieden; so ist es vielfach und auch bei meinen Leuten Sitte,
daß jeder Tischgenosse seinen Löffel in die Milfch hineinlegt,
und je nachdem sich am nächsten Morgen mehr oder weniger
Rahm angesetzt zeigt, hat der Betreffende auf mehr oder
weniger Glück in dem Jahr zu rechnen.
* Nicht möglich war es mir, Näheres über die Eigen
schaften der Perscht zu erfahren, ob sie mehr als böser oder
guter Geist gedacht ist/
Aus diesen beiden Berichten, die doch von demselben
ILof stammen, sieht man — ganz abgesehen von dem Indivi
duellen •— wie verschiedene Formen wesentlich gleiche my
thische Vorstellungen in engster Nachbarschaft annehmen.
Im ersten Bericht zeigt'sich noch ein Nachklang an die
— in Steiermark theriomorphiscli bezeugte — männliche
Variante der Perht und auch der zweite Bericht zeigt deut-
4*
,52
II-. Abhandlung: Waschnitius.
liehe Spuren einer ursprünglicheren, dem Theriomorpliismus
näherstehenden Auffassung; dazu gehört wohl auch die Ver
knüpfung mit der wilden Jagd, denn dasselbe, wie hier von
den Persclitkindern, wird ebenfalls in derselben Gegend von
Raben erzählt, welche Seelen unvorbereitet Verstorbener sind.
Sonst geht dieses Motiv bekanntlich von den Moosfräulein
und ähnlichen. Die Auffassung der Perschtjungen als Seelen
ungetaufter, beziehungsweise frauengetaufter Kinder —
letzteres ein neuer Zug — ist dementsprechend im zweiten
Bericht auf das Zodawascherl (s. o.) eingeschränkt, während
sie im ersten Bericht, der überhaupt eine blühende Symbiose
christlicher und heidnischer Vorstellungen zeigt, auf alle aus
gedehnt ist. Dieselbe christliche Tendenz zeigt sich in der Ab
schwächung des ursprünglich nicht begründeten Umzuges der
Perht zu einem Abschied von der Erde.
Das Tränenkrügleinmotiv ist im zweiten Bericht et
was variiert, das Motiv von dem hinter dem Heer zurück
bleibenden Geist deutlich herausgearbeitet und mit jenem
verquickt. Ebenso ist das Motiv der Namengebung be
kannt, allerdings mit einer sonderbaren Verschiebung. Neu
und sonst nicht bekannt ist das Motiv vom Tanze. Mit dem
Perhtenlauf dürfte es kaum etwas zu tun haben, vielmehr
zur erweiterten Spinnruhe gehören. Perht gilt nach dem
ersten Bericht auch als Spstf. Das Motiv von der herein
gestreckten brennenden Hand wird auch sonst erzählt
(vgl. unten). Der Brauch des Speiseopfers und damit ver
bundenen Fruchtbarkeitszaubers und Orakels ist nach
beiden Berichten noch ganz lebendig. Vgl. dazu die oben an
geführten Belege Landsteiners und aus der Steiermark.
Auffallend ist für Niederösterreich die Namensform
Per seht. Weinhold BG. § 155 hat die Erscheinung des s-
Einschubes zwischen r und t außer für den Chiemgau, Salz
burg, Tirol, Unterkärnten nur für die steirischen Täler der
oberen Mur, Mürz, Raab, Feistritz und Kainach konstatiert,
aber nicht für Siid-Niederösterreich. Entweder ist nun unsere
Namensform aus Steiermark importiert oder sie ist einhei
misch. Im letzteren Falle könnte sie, falls die oben erwähnte
Erscheinung hier sonst nicht auftritt, eventuell eine ältere
besondere Lautungsform beibehalten haben.
Perht, Holda uml verwandte Gestalten.
58
Spinnruhe am Luzientag ist in Mank (S.-N.-Ö.) be
zeugt. Vern. Alpens., S. 109. Spinnt hier jemand in der
Luziennacht, so sind ihm tags darauf sämmtliche Spindeln
verdreht, die Fäden zerrissen und das Garn in großer Un
ordnung. Am Abend wird geräuchert, zu Mitternacht zeigt
sich der Luzienschein, ein zitterndes Licht in verschiedenen
Gestalten. Ob die Vorstellung von Luzia als dämonischem
Wesen hier lebendig ist, führt Vern. nicht an. Sonst ist von
Spinnruhe in diesem Gebiete nichts bekannt.
Ein zweites Gebiet, das für die Erhaltung alter Vor
stellungen in Frage kommt, ist das Waldviertel. Land
steiner berichtet von hier über Perht (S. 35): Im Waldviertel
wird sie hie und da noch ganz theriomoriistisch als Ziege und
als Verkünderin der wilden Jägd aufgefaßt. Ihr Geschrei ist
ein grelles. Wenn man es vernimmt, ist die wilde Jagd im
Anzuge usf. Hier liegt offenbar die Habergeiß zugrunde;
die Beilegung des Hamens Perht ist ein Irrtum Landsteiners
oder seines Gewährsmannes. Dasselbe von der angeblichen
Kinderscheuche Perhta. Perht ist im Waldviertel unbekannt.
Als Spinnstubenfrau ist in der Gegend von Zwettl
das Spinnweibl bekannt (Landst., S.35). An den Abenden
von Whn. bis Drkg. darf nicht gesponnen werden, sonst kommt
sie und zerrauft den Flachs. Anderswo heißt sie die Hexe.
Eine andere Spstf. in unserem Gebiete ist: s’Pfinzda-Weibl
(Pfinzda = Donnerstag). Vern. M. u. Br., S. 285. In den
letzten Tagen des Faschings ruht alle Arbeit, auch das Spin
nen. ,S’ Pfinzda-Weibl lößt alles wieder auf, denn ihre Macht
ist groß/ Sie übt ihr Amt vom Foasten-Pfinzda (so schreibt
Vern., richtiger foasten, vgl. die foasti Bauchnacht Land
steiner, S. 36; die faiste Bauchnacht in O.-i). bei Pritz, S. 62),
dem letzten Donnerstag im Fasching, bis zum Aschermittwoch
und an allen Feierabenden des Jahres. Was sie gebietet, das
geschieht. Von ihr bringt C. M. Blaas-Stockerau folgende Ge
schichte aus Litschau bei Gmünd. Zu einer Frau, die trotz
Verbotes am Samstagabend spann, kam jedesmal ein fremdes
altes Weib, das sich selbst an das Bad setzte und allen Flachs
aufspann. Eine Nachbarin warnte die Frau vor diesem Weibe,
das das Pfingster-Weibl (so Blaas) sei, und riet ihr, sie durch
den Buf ,Der A r enusberg brOnnt' aus dem Hause zu locken,
F
o4 II. Abhandlung: Wasclinitius.
alles Hausgerät hinauszuwerfen und die Tür zu verschließen.
So tat sie es auch. Vergehens befahl das ausgesperrte
Pfingster-Weibl dem Besen, Schürhaken usf. aufzumachen.
Alles lag draußen. Nur der Leuchter war drinn vergessen
worden, doch vermochte sich das Weib seiner so lange zu er
wehren, bis es 12 Uhr schlug und das Pfingster-Weibl ver
schwand. Über dieses bekannte Motiv vgl. Laistner Sph.
Was man sonst in Niederösterreich Iliehergehöriges ge
funden haben will, ist zum Teil erfundenes, zum Teil be
deutungsloses; so Vern. Frau Holke, die angeblich mit Wotn
in den Lüften jagt, oder die Bezugnahme des Ortsnamens
Oberhollabrunn auf die md. Ilolda. Vgl. Ztsch. f. d. Phil. V
155 ; Germania XVI, S. 42 f.
Wir haben also in Siid-Niederösterreich Porht als
Perscht in der Funktion der Kinderseelenf iihrerin mit
Speiseopfern, anschließend an das steirische Gebiet, und
als Spstf. besonders für den Donnerstag. Von der männlich
theriomorphen Variante ein Nachklang. Im Norden haben
wir zwei Spinnstubenfrauen: Spinnweibl, Pfinzda-
Weibl für Weihnacht und Fasching, letzteres wohl besonders
für den Donnerstag.
Sonst noch Spinnruhe am Luzientag.
Oberösterreich. Nach Pritz ,Überbleibsel £ , S. 62, ist Perht
hier kaum bekannt. Er führt nur — fälschlich — den Glöckel-
brauch und die Bezeichnung Perchten- oder Prechtentag
als Beleg für sie an. Dagegen berichtet Vern. Alpens., S. 115,
nach der mündlichen Mitteilung einer alten Frau aus
Heidermoos im Innviertel: Zu Weihnachten zieht die
Frau Perch umher, um die bösen Kinder mitzunehmen, die
das Jahr über nicht gefolgt haben. Sie ist eine sehr große
Frau, hat Haare von Flachs und trägt gern ein langes weißes
Kleid. Sie stellt sich gewöhnlich zum Stadltor hin, von wo sie
alles sieht und hört, was im Hause vorgeht. Besonders müssen
die Mädchen ihre Spielsachen schön in Ordnung haben, um
ihr zu gefallen, und die Mägde müssen auf Weihnachten ihren
Spinnrocken sauber abgesponnen haben und ihn unters Dach
hinauftragen. Geschieht das nicht, so haben sie das ganze
Jahr hindurch beim Spinnen kein Glück. Darnach wäre
Perht im oberösterreichischen Innviertel als Spstf. mit ge-
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
55
steigertem Wirkungskreis bekannt, so daß sie im Begriffe
steht, zu einem Hausdämon zu werden. Die Beschreibung
ihres Aussehens ist etwas verdächtig. Es erinnert eher an
Gestalten aus dem Gespenster- und Schatzsagenkreis (weiße
Frau); die Flachshaare scheinen bei Yern. literarischen Ur
sprunges zu sein, könnten aber immerhin mit dem wirren
ITaar, das Perht sonst zeigt, in Zusammenhang gebracht wer
den. Als Bezeichnung vegetationsdämonischen Wesens ist es
sicher nicht aufzufassen, weil Perht nie in Beziehung zum
Flachsbau gesetzt wird. In dieselbe Gegend fällt auch das
Gebiet der Perht als todankündigendes Waldgespenst,
das nach Zing., ZfDM. S. 205/206 von Linz a. D. bis Kufstein
reicht. Näheres oben bei Tirol. Daran schließt sich der Salz
burger Flachgäu, wo Perht in ähnlicher Erscheinungsform
auftritt.
Perht ist demnach im oberösterreichischen Inn-
viertel bekannt, und zwar nur als Einzeldämon (Spstf.,
Kinderscheuche, Waldgespenst).
Ohne Verknüpfung mit Perht ist das Kinderseelen-
liecr in Hundsdorf im oberösterreichischen Mühlviertel be
kannt. Baumgarten, Pr. S.14. Anm. 7 (nach Eysen,Vk. S. 159)
berichtet: ,Von Hundsdorf ging am unschuldigen Kindltag
eine Schar Wallfahrer nach Maria-Schnee in Böhmen. Da
sahen sie vor sich her auf der Straße einen großen Zug kleiner
Kinder; das letzte verfing sich beständig in dem Zipfel seines
weißen Hemdchens, fiel und stand auf, fiel und erhob sich
wieder und kam so in Gefahr zurückzubleiben. Das sah eine
Wallfahrerin und empfand Mitleid mit dem Kleinen, das
schon zu weinen anfing, und sprach: „Wart nur, mein Zuser-
beutlein, 1 ich bind dir den Zipfel hinauf!“ Da antwortete
das Kind: „Gottlob, nun habe auch ich einen Namen!“ Nun
war es erlöst, es war ein ungetauftes, fraungetauftes Kind/
Wir haben hier das bekannte Motiv von dem hinter
dem Heer zuriickbleibend&n Geist, ferner das Motiv
vom geschürzten Totenhemd verbunden mit dem der
Namengebung.
1 Zuserl = Seidenschwanz wegen seiner zwitschernden Stimme. Pestvogel
in Schwaben (Eysen a. a. 0. 158, Anm. 6).
56
II. Abhandlung: Wasclinitius.
Zur Charakteristik der Quellen möchte ich nur noch er
wähnen, daß Qüitzmann, Kel. d. B. S. 115, das Perhtelsprin-
gen nach Linz a. D. (sic!) verlegt, statt nach Lienz i. T.
Salzburg. In Salzburg zeigt sich die Vorstellung von
Perht noch allgemein im Volke verbreitet.
Als Kinderseelenführer in belegt sie Zillner (bei
Eysen, S. 5). Sie schwebt nach ihm als wunderschöne, holde
Frau in hell leuchtendem, glänzendem Gewand durch die
Luft, oft in Mitte einer Schar kleiner, nur mit einem Hemd-
chen bekleideter Kinder, um die sie schützend ihren blauen
Mantel hält. Das meiste von dieser Darstellung ist allerdings
poetische Zugabe. Volkstümlich dürfte sie ebenso erscheinen
wie im benachbarten Tirol. Ob die Bezeichnung Perchten
feuer für Elmsfeuer in Kauris hieher gehört oder erst se
kundär an Perht angeknüpft ist und ursprünglich das prehen-
feuer zu mhd. brehen stmn. Glanz, Schimmer war, ist
fraglich. Ebenso kennt Salzburg auch Perht als Spinn
stubenfrau. Sie erscheint bei heftigem Wind, dunkel und
unheimlich mit verworrenem Haar und langer Käse, straft
die lässigen Spinnerinnen, indem sie ihnen das nicht abge
sponnene Werg um den Arm windet und an ihm abbrennt,
schneidet den faulen Dirnen den Bauch auf und füllt ihn
mit Kehricht, den diese in den Winkeln liegen lassen, und
dient daher als Kinderscheuche (Eysen, S. 5). Die bekannten
Motive: lange Käse, verwirrtes Haar, Flächsabbren-
nen, Gastrotomie. Auch das Blendungsmotiv wird von ihr
erzählt (a. a. 0. S. V). Als Vieh schädigender Dämon er
scheint Perht zu Walpurgisnacht im Flachgau. Gegen sie
steckt man zwei Hölzer in Form eines Andreaskreuzes vor
die Stalltüren (Freisauff, S.497). Was Freisauff über die Frau
Perht (sic) S. 491 berichtet, ist ausVern. Alpens. 115, der die
Vorstellung für Oberösterreich belegt, abgeschrieben und mit
einem Spruch aus Westfalen (Kuhn I 135, II174 f. bei EHM.
285) verziert, die Mitteilung S. 497 ist aus Zingl., ZfDM. 111
S. 205/6 übernommen, beides ohne jeden Hinweis. Da sich aber
diese zwei ursprünglichen Mitteilungen auf Grenzgebiete von
Salzburg beziehen, könnten immerhin ähnliche Vorstellungen
im Flachgau anzutreffen sein, doch ist der erwähnte Vorgang
für Freisauff als Quelle nicht gerade empfehlenswert.
Perht, ITolda und verwandte Gestalten.
57
Das Speiseopfer ist in zweifacher Form für Salzburg
bezeugt. So ist es im Pinzgau heute noch Sitte, daß am
Bachiahend (Christabend) jeder Bauer mit seiner Familie
und dem Gesinde das Bach]koch (Mehlkoch mit einer Honig
schichte) verzehrt, wobei jeder Hausgenosse eifrig Sorge
trägt, nicht zu fehlen, da es die Perht sonst übelnehmen
würde (Eysen, S. 6). (Baclil— hat, auch in Bachlboschen,
mit Perhtel nichts zu tun [Schm. BW. I 271], sondern gehört
zu hachen obd. für backen.) Ähnliches berichtet Muchar aus
Gastein (S. 145); dort wird am Vorabend des Drkgtages
reichlich gegessen, damit, wie die Knechte sagen, der Perht
das Messer abgleite, wenn sie den ihr Zuwiderhandelnden
den Bauch aufschneiden will. (Gebotene Festmahlzeit,
Gastrotomie.)
Aber auch das sonst bekannte Hinstellen von Speisen
ist in Salzburg üblich. Die Bäuerin stellt am Perhtenahend
einen Teller voll Krapfen auf den Tisch oder vor das Fenster
,für die Frau Perht' und es gilt als gutes Zeichen, wenn er
am Morgen geleert ist (Eysen, S. 6).
Heben Tirol hat sich der Brauch des Perhtenlaufes
am besten in Salzburg erhalten. Außer den Berichten in Be
schreibungen des Landes und in Sagensammlungen liegt auch
eine Monographie von Frau Marie Andree-Eysn vor.
Hoch 1796 war der Perhtenlauf in allen Orten des Pon-
gaus und Pinzgaus verbreitet (s. Hübner, Beschr. v. Slzb.),
heute ist er aber nur mehr auf St. Johann und Gastein,
Krimml und Zell a. See beschränkt, und zwar nur in der
Form der schönen Perhten; die schiechen Perhten wurden
1848 vom Pflegegericht Zell a. S. und Mittersill verboten.
Frau Andree-Eysn schildert nach der Erzählung eines alten
Rauriser Knappen die
schiechen Perhten. Es handelt sich um nächtliche
Umzüge an drei Donnerstagen des Advents. Zwölf Bur
schen waren die eigentlichen Perhten, eingehüllt in schwarze
Schaffelle, Perhtenhauben aus Dachsfellen auf dem Kopf,
vor dem Gesicht scheußliche Masken, um den Leib einen
Gürtel mit Schellen. Sie waren von einem Haufen Burschen
begleitet, die über ihren Kleidern leinene Hemden trugen,
und einigen besonderen Masken: dem Trommler, dem Harr
58
II. Abhandlung: Waschnitius.
und der Närrin, dargestellt von einem Burschen in Weiber
kleidung, und dem Quacksalber. Unter dem Gelärm der Kuh
hörner, Glocken und Peitschen zog die Schar mit den Berg
stöcken springend in der Nacht durch das ganze Tal. Bei
auszuzeichnenden Gehöften machte der Zug halt, die Perhten
sprangen herum und lärmten, wofür sie Gaben in Naturalien
erhielten, aber kein Geld. Um Mitternacht löste sich der
Zug auf.
Zuweilen zeigte sich ein fremder, ebenso vermumter
Bursch unter den Perhten, Motiv des Dreizehnten. Man
hielt diese Erscheinung für den Teufel und öfters sollen solche
Eindringlinge erschlagen worden sein. Wer aber mit der
Teufelsmaske erschlagen wurde, dem ist ein christlicher
Friedhof versagt. Daher lebt in Salzburg der Glaube, daß
unter verschiedenen einzelstehenden Steinkreuzen Perhten
begraben liegen.
Das Erscheinen des Dämons ist daher hier wie in
Tirol bekannt, doch schon in jüngerer, rationalistischer
Formung. Ursprünglich handelte es sich nicht um die den
Teufel spielenden Eindringlinge, die erschlagen wurden,
sondern wie in Tirol glaubte man an das Erscheinen des
Teufels selbst, der an die Stelle der Perht getreten ist, und
die Getöteten waren jene Mitwirkenden, die der Dämon er
reichte.
Eine ähnliche Beziehung zwischen Perhtenlauf und über
menschlichen Mächten zeigt eine Erzählung (einer alten Frau)
aus Gastein (Freisauff, S. 492): Ein Knappe betete auf den
Bat eines alten Weibes 14 Tage nicht und vermochte sich
darauf beim Perhtenlauf vom Brunnen aus auf ein Plausdach
und in die Luft zu schwingen, wo er frei schwebend ver
harrte. Erst als der Geistliche mit dem Ilochwiirdigsten
nach allen Eichtungen den Segen erteilte, stürzte er klagend
herunter und starb, nachdem er die große Lust des ILerum-
fliegens gepriesen hatte. Diese Erzählung beruht auf der
Vorstellung von der ekstatischen Verzückung beim Perhten
lauf und dem dadurch ermöglichten Überschreiten der mensch
lichen Grenzen.
Die schönen Perhten. Deren Umzug findet stets am
Tag statt, und zwar am Perhtentag (6. 1.) und den zwei
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
59
folgenden Sonntagen, heute in unregelmäßigen Jahres-
abständen, ursprünglich wohl jährlich. Sie unterscheiden
sich im Pongau und Pinzgau nur durch Kleidung und
Tanz.
Die Pongauer Perhten sind Burschen in Landes
tracht mit einen eigenartigen Kopfschmuck, den Frau Andree-
Eysn eingehend beschreibt. Zur Seite haben sie je eine G’sel-
lin, Burschen in Weiberkleidern; in der Hand meist einen
Degen (St. Johann). Ihnen folgen einige Burschen in Teufels
und Tiermasken (Hirsch, Bär mit Treiber), während die
eigentlichen schönen Perhten unmaskiert sind. Dann kommt
die Schnabelperht mit einer Maske, deren lange Kiefer sich
auf- und zuklappen lassen, endlich alle ländlichen Hand
werker (Rauchfangkehrer, Müller, Schmiede etc.), Quack
salber, Kastelbinder, Zigeuner, Türken, in Bartflechten Ver
mummte (Vegdäm.), der Schneider mit der Scher’ (Streck
schere, vgl. Dr. W. Hein Mitt. d. Anth. Ges. Wien XXX 1900,
S. 71 f.). Wichtig sind die drei Lustigmacher: zwei mit Lein-
wandhülsen, die sie zum Schlagen der Frauen und Mädchen
benützen (Schlag mit der Lehensrute) und einer mit
einem Wickelkind aus Fetzen mit einer langen Schnur, um
es den Frauen zuzuwerfen (Fruchtbarkeitszauber).
Diese Masken ziehen am Nachmittag unter Musik von
Haus zu Haus, wo ein langsamer Tanz der Perhten statt
findet. Dafür erhalten sie eine Belohnung. Während des Um
zuges verhalten sich die Perhten ganz still, während die
Begleiter mit Schellen, Peitschen und Hörnern lärmen.
Die Zahl der Teilnehmer betrug früher 100—300 (1796).
1902 zählte Frau Andree-Eysn in Gastein 88, darunter 16
Paare Ivappenperhten.
Stattgehabt hat der Brauch in der letzten Zeit in:
Gasteiner Tal, St. Johann (1869, 1902), Radstadt, Altenn^irkt,
Schladming (Steierm.), Flachau (1850).
Die Pinzgauer Perhten. Der Umzug und die Be
gleitung ist ganz gleich. Verschieden ist nur die Tracht der
eigentlichen Perhten und ihr Tanz.
Die Tracht besteht aus einem Kleid, geschnitten nach
der üblichen Landestracht, aber in geblümtem roten Kattun.
60
II. Abhandlung: Waschnitius.
Als Kopfschmuck dient eine mächtige Federkrone mit lang
herabhängenden Bändern.
Dieser leichten Bekleidung entsprechend ist auch der
Tanz viel lebhafter. Er besteht aus einem Hüpfen, Springen
und Stampfen, dem sogenannten Trestern; es werden aber
auch Figuren aus dem Schuhplattler eingelegt.
Orte: Neukirchen, Krimml (1880); jetzt nur: Kaprun,
Zell a. S.
Was Weinholds Bemerkung (Wsp. S. 20), daß, wie in
Schwaben die Perht als Nikolo umzieht, in Salzburg ,die
Ferchtel schien herumgeht, ein blaues Kleid trägt, mit einem
Schellenkranz, tanzt und singt', soll, ist bei dem Mangel
näherer Angaben nicht eruierbar.
Bayern. Hier behandle ich zuerst das von Schmeller,
B. Wb. I 269 f. veröffentlichte handschriftliche Material der
kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München, soweit es ohne
Einsichtnahme in dieses möglich ist.
Die lateinischen Handschriften. Ich berück
sichtige nur diejenigen, die Perht selbst erwähnen.
1. Die älteste Hs. aus dem 13. Jh. (Zeitangaben nach
dem Catalogus cod. m. scr. bibl. reg. Mon. nach Schm. Ver
zeichnis): Tractatus de septem vitiis Cum similitudini-
bus exemplis fabulis venustis ,Cum immundus spiritus exierit
ab homine, ambulat per loca inaquosa'. Cod. 1. Mon. G. 528.
Schm, zitiert hieraus: p. 321 (f. 321 bei Schm. I 272 ist ein
Druckfehler nach schriftl. Mitt. der Bibi.-Direktion): Hodie
pueri non ministrant domino, sed diabolo, prius vadunt ad
choream, quam ad ecclesiam, ante sciunt cantare de domina
Perchta quam dicere Ave Maria.
P. 329. Sicut domina Perchta, quae cum deberet intrare
eubiculum suum et orare deum in die dominica, vadit huc et
illuc sicut musca ostendens vultum pictum et pulchra vesti-
menta tendens laqueos ad capiendum animas invenum.
P. 332. Domina Perchta in speculo suo contemplatur
faciem suam.
P. 332. Heinricus vel Perchta, qui cantilenam incipiunt,
diaconus et diaconissa diaboli dici possunt.
P. 342, 352. Petrus et Perchta credunt quod omnibus
multuni placeat sua cantilena.
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
61
Zum Zitat p. 329 bemerkt Schm.: ,Also wohl hier ein
Name für jedes luxuriöse WeibP, zum zweiten Zitat p. 332
,cf. Schnitter hüpfieiid.
Aus diesen Zitaten ist nicht ersichtlich, ob es sich um
ein dämonisches Wesen Domina Perchta oder um die Kurz
form eines mit —perhta zusammengesetzten weiblichen
Eigennamens handelt. Auf letzteres weist die Mehrzahl der
Zitate hin. Es scheint, daß der wahrscheinlich geistliche Ver
fasser sich als Exemplum ein putz- und gefallsüchtiges, buhle
risches Weib namens Perchta konstruiert hat. An sich genom
men bieten diese Zitate gar keinen Anhaltspunkt, an ein
mythisches Wesen zu denken.
Beim Zitat p. 321 wäre man allerdings versucht, an eine
Anknüpfung dieser chorea und dieses cantare de Domina
Perchta an kultliche Tänze etwa in der Art des Perhtenlaufes
zu denken. Doch wird es sich wohl um gewöhnliche Dorf
tänze handeln. Auch Schm, ist wohl der Ansicht, daß es sich
hier nicht um Perht handelt, und hat diese Zitate ganz ab
gesondert am Schluß des Artikels angeführt.
2. Ein sicheres Zeugnis aus dem 14. Jh. Aus der bibl.
Alderspacensis, nach Schm. 184 f. 175. Nach dem Cat. hat
aber Aid. 184 nur 75 f. Für p kann f hier nicht stehen; es
dürfte sich um den jetzt Aid. 182 bezeichneten Kodex handeln,
der am Band des Cat. als Aid. 184 bezeichnet ist: Anonymi
commentarius in libros Begum. Schm. 270 zitiert:
Quidam ornant menses (mensas) perchte.
Deutlicher Beleg für Speiseopfer.
3. 1460 aus Benediktbeuren: Tractatus de supersti-
tionibus n. 207, f. 23 b.
,TJt, de Astaroth et Bericht legitus in legendis SS. Mat-
tliaei et Bartholomaei/
Astaroth sonst unbekannt. Die Tage wären: 21. Septem
ber und 24. August, 25. und 26. Juni.
4. 1465 ex cenobio S. Nicolai in monte s. Andechs c. 32.
Joh. Nider ord. praed. ,Formicariush J. Nider, ge
bürtig aus Isny in Schwaben, seit 1400 Dominikaner in Kol-
mar, studiert in Wien und Köln, 1428 Prior eines Prediger
ordens in Nürnberg, 1432 in Basel, stirbt 1438 (Grüße II
2, 103).
62
II. Abhandlung: Waschnitius.
Von ihm unter anderen theol. Werken auch der Formi-
carius, de visionibus et revelationibus libri Y., eine christliche
Lebenslehre, in der auch de maleficis, necromanticis, incubis
et subcubis etc. gehandelt wird. Aus der genannten Hs. dieses
Werkes bringt Schm. 271 aus 2. cap. III:
,Vetula dixit ad pueros suos: quod domina Perchta in
curru veliatus maximo strepitu. Exploraturus quid am an
nocte domina Perchta re vera comederet sibi opposita, fas-
cinatns et delirus factus/
Zweifellos ist hier von Perht die Rede mit den bekann
ten Motiven: Wagenumfahrt, Speiseopfer, Bestrafung der Be-
lauschung.
5. 1468 Tegernseer Hs. 434, das ,Thesaurus pau-
perum‘, Schm. 271 zitiert: sub voce superstitio: Secundum
genus superstitionis est et species idolatriae, qui de nocte
apperiunt vasa poculorum et ciborum venientibus dominabus
Habundiae et Satiae, quae vulgo appellat communi et usitato
vocabulo fraw percht sive Perchtam, cum cokorte sua, ut
omnia aperta inveniant ad cibum et at potum pertinentia et
sic epulentus et postea habundantius impleant et tribuant. . .
Multi credunt sacris noctibus inter natalem diem Christi
et noctem epiphaniae evenire ad domos suas quosdam mulieres,
quibus praeest domina Perchta . . .
multi in dominibus in noctibus praedictis post coenam
dimittunt panem et caseum, lac, carnes, ova, vinum et aquam
et hujusmodi super mensas et coclearea, discos, ciphos, cul-
tellos et similia propter visitationem Perchtae cum cohorte
sua, ut eis complaceant.... ut inde sint eis propitii ad pro-
speritatem domus et negotiorum rerum temporalium/
Die Frage über die Beziehung der Perht zu den in Buß
verordnungen und ähnlichen theologischen Werken häufig er
wähnten umziehenden Weibern und deren Führerinnen: Ha-
bundia, Satia, Diana etc. ist mangels kritischer Quellen
untersuchung noch nicht spruchreif, besonders in dem Punkt,
inwieweit hier literarisch überlieferter fremder oder ein
heimischer Volksglauben vorliegt. Hier dürfte es sich wohl
um das Kinderseelenheer der Perht und nicht um eine weib
liche Dämonenschar handeln. Jedenfalls ist hier das Speise
opfer für Perht belegt. Über die obige Frage vgl. Bilfinger,
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
63
G. Julfest, S. 107 f., Männh., GM. 725, ähnliche Bräuche.
Über Diana Psyche II 84, Anm. 2. Knappert 243 ff.
6. 14G8, aus bibl. monast. Schirensis (B. Maria in
Scheyern) c. 123. Die Foliozahl kann Schm, nicht angeben,
S. 270. ,Qui (in die nativitatis) praeparant mensam dominae
Perchtae/ Aus derselben Hs. stammt wohl der Merkzettel
für das Kloster Scheyern 14G8/1469, woraus Usener
Christi. Festbrauch, S. 83 f. (bei Tille, DW. S. 49 f.) folgendes
mitteilt: ,Darnach war es um Scheyern Sitte, am Christtage
eine Pflugschar im Zimmer unter den Tisch zu stecken — ja
man richtete einen „Frau Perhtatisch“ zu, man verstopfte die
Fenster mit Ileu, sammelte Unrat und verbrannte ihn/
Speiseopfer mit Fruchtbarkeitszauber (Pflug.).
7. XY. Jh. Aus der Kathedralbibliothek zu Augsburg
c. Gl, eine Miszellaneenhs. f. 13—62. Tliomae de Hasel
pack Exemplarium decalogi. Scripsit Ulricus Reitz in
.Mühlberg. Thomas v. Iiaselpach war ein Deutscher und um
1420 Professor der Theologie an der Wiener Universität
(Grüße II 2, 167). Schm. S. 270 zitiert f. IG—17.
,Videant qui in certis noctibus ut epiphaniae perickt
(Perickte) alias dominae liabundiae vulgariter jfliinzen oder
sack semper ponunt cibos aut sae ut sit isto anno huic domni
propitia et largiantus satietatem et abundantiam, unde et
Habundia vel Sacia vocatus/ Dasselbe in einer Reihe anderer
IIs., vgl. Schm. - 271.
Über Habundia und Sacia s. n. 5. Die Pfinz(e) ist eine
Personifikation des christlichen Tagnamens Pfinstag = Don
nerstag, vgl. Schm. BW. I 439. Der Semper ist eine Kinder
scheuche (Gastrotomie) und eine Figur der Weihnachtsum
züge in Bayern; eine Personifikation aus dem Simperstag,
der acht Tage nach Drkg. fällt. Auch der Donnerstag vor
der Fastnacht = Zimbert (Mndd. Wb. 4, 208; Spli. II 40G).
8. XV. Jh. Cod. 583 f. 66, bibl. canoniae Pollinganae.
Er enthält Discipuli ,Sermones dominicalesh Disci-
pulus = Joh. Heroldt, deutscher Dominikanermönch (Grüße
II 2, 169). Yon ihm auch ,Sermones de tempore et sanctis‘
Nürnberg 1480. Aus ihm zitiert Schm. 271.
64
II. Abhandlung: Waschnitius.
,Qui credunt quod Diana, quae vulgariter dicitur fraw
Fercht, cum exercitu suo de nocte solet ambulare per multa
sapatia terrarum. 4 Ygl. dazu n. 5.
9. XV. Jh. Cod. lat. Mon. 14.138 f. 203 b; ein Peni-
tentiale, das die 25 ersten Kapitel des 9. Buches und das
ganze 18. Buch Burckhardts von Worms enthält. Schm. 270:
,Tres illae sorores, quas antiqua illa posteritas et antiqua
stultitia Perchtas, vocavit. 4 Gleich nachher: ,illae quae a vulgo
Parce vocantur 4 .
Hat der ähnliche Klang die Gleichsetzung: Perchtae
= Parcae angeregt? Wahrscheinlich ein Beleg für den plu-
ralischen Gebrauch des Namens, also: die Perhten.
Zu diesen lat. hs. Zeugnissen kommen die deutschen.
1. XIV./XV. Jh. Cod. G. Mon. 478 f. 2. Ein Kate
chismus. Schm. 270 zitiert:
An die ,perchten mit der eisnen nasen 4 glauben.
2. XV. Jh. Cod. g. Mon. 1113 f. 117 b. Speculum con-
scientiae verdeutscht durch Herrn Mertein, den Pre
diger zu Amberg. Schm. 270.
,Die do glaubent an perichten mit der eisnein nasen. 4
Vgl. dazu die Mitteilungen V. d. Hagen, Germ. II
S. 63 f. aus der Wiener Pap.-Hs. n. 311 des XIV. Jh. (?),
(Pap.-Hs. XV. Jh. Heidelberg n. 439) ,der gewissen Spiegel —
daz buchlein hat gedewtscht her Mertt Prediger von Arnberg 4 .
Aus den Ausführungen zum 1. Gebot außer der von Schm,
zitierten Stelle:
,Also (versündent sich) auch dy an der Perchtnacht der
Percht lassen stenn essen oder trinkchen, das es in das selb
jar wol gee und in allen dingen gelukch haben. ...
Also auch, dy der Perch(t) speizz opfernt und dem
schretlein oder der trat rotte schnechel. 4
Vgl. lat. Hs. 5. und 7.
3. XV. Jh. Cod. g. Mon. 632 f. 5 b. Casuistischer
Traktat über die 10 Gebote. Schm. 270.
,So die Menschen an der perclmacht der perchk lassen
sein essen oder trincken. 4
Daran schließen sich die neueren Zeugnisse aus
Bayern.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
65
Schin. 269 berichtet aus Kohlbrenners Materialien 1872,
S. 72, daß man in den Gebirgen um Traunstein den Kindern
am Vorabend Epiphaniae zu drohen pflegte, daß die Berclie
kommen und ihnen den Bauch aufschneiden werde, wenn sie
bös sind. An diesem Tage sei es auch gewöhnlich, fette Kuchen
zu backen und die Knechte sagen, man müsse sich damit
den Bauch schmieren, dann werde die Frau Bereite mit dem
Messer abglitschen.
Perht als Kinder scheuche, Gastrotomie, Fest
gebäck und gebotenes Festmahl am Perhtenabend.
Vgl. die Mitt. Muchars aus Gastein.
Die Namcsisform Berche (vgl. perchnacht Cgm. 632
f. 5 b) auch in Schwaben als Appellativ. Fischer, S. Wb. I
858 auch Berch.
Ebenfalls aus Oberbayern bringt Panzer eine Keihe von
Belegen. I S. 247 ff. Ich führe sie in seiner Reihenfolge an.
IST. 277. Hatten in Bergen die Mädchen am Vorabend
des Neujahrs den Rocken nicht abgesponnen, so drohte die
Mutter: wart nur, die Frau Bercht kommt, schneidet dir den
Bauch auf und füllt ihn mit Haarwickeln; auch dem Übrig
lassen des Kehrichts in der Ecke droht diese Strafe. Spstf.
für den 31. 12.; Gastrotomie.
N. 278. In Mühldorf stellte man in der Drkgnacht der
Frau Bert Küchel auf den Tisch. Einen Neugierigen nahm
sie mit sich fort. Den Mädchen pflegt man zu drohen:
spinnt, sonst kommt Frau Bert, schneidet euch den Bauch
auf, legt den Haar hinein und zündet ihn an. Spstf.
mit Verschiebung der Vorstellung (Spinnarbeit statt
Spinnruhe), Gastrotomie, Speiseopfer, Menschenraub.
Zeit Perhtennacht.
Perht ist demnach auch im heutigen Volksglauben
Oberbayerns als Spstf. und Kinder scheuche mit Hervor
hebung des Motivs der Gastrotomie bekannt und wird durch
Festmahl und Speiseopfer geehrt.
Der Perhtenlauf als solcher ist in den Bergen un
bekannt. Dagegen nennt man das Klöpfeln auch berchten
und die drei daran Teilnehmenden: Berchten. Panzer II 116
bringt darüber einen interessanten Bericht einer alten Frau
aus Eschenloh bei Partenkirchen, in der Ma. aufgenommen.
Sitzungsber. d. pbil.-hist. Kl. 174. Bd. 2. AM. 5
66
II. Abhandlung: Waschnitius.
Drei arme Leute, auch Frauen (oder nur Mädchen ?) — die
Erzählerin hatte selbst teilgenommen •— in einem Leinensack
und alten Hosen zogen von Haus zu Haus, klopften und
rasselten mit Ketten, wobei eine mit dem Besen kehrte (vgl.
die Perhtl beim Yalisführen in Kärnten) und bekamen dafür
etwas zu essen. ,abg’ bg’m letzt’n haus is ze den druian äane
däzuo kemg, de war abg? käg’ natüg’liche/ Also Erscheinen
des Dämons. Zeit: Drkgnacht.
Dieselbe Frau erzählte, daß einmal, als sie mit der
Bäuerin am knepflsabld in der Scheuer Flachs hechelte,
die Haeblerg vom liäistok herunterrief: täts hächlo? liä-
hä- hach 15 < Eine Variante der Vorstellung \'on der Spstf.
Als richtige Spstf. zeigt sich dagegen in Eschenloh die
Stamp(e). Dieselbe Gewährsfrau wie oben erzählte von ihr
das Motiv der betrogenen Spstf., aber die Vorstellung ist
schon geistlich gefärbt, da sie erscheint, als am Ivnepflsabend
(Drkgabend). in der Spinnstube gesungen und getanzt wurde.
Oberpfalz. Der Oberpfalz fehlt der Name Perht und die
Vorstellung von der Kinder seelenführerin.
Dagegen finden wir die Spinn ruhe und deutliche An
klänge an die Vorstellung einer Spstf. allgemein verbreitet.
Die Zeit der Spinnrulie ist hier vor allem die Fastnacht.
Schönwerth I S. 416 berichtet, daß am Fastendienstag der
Pocken abgesponnen sein muß, oder man rupfe lieber nicht
an, als daß man die Rupfa stehen lasse. Denn wenn die Fast
nacht in die Eupfa kommt, kann man nicht mehr spinnen
(Neukirchen bei Furth), oder wird sie von ihr zerrissen
(Fixentöfing). Hier sieht man deutlich, wie in der Redensart
aus der Zeitbestimmung ein dämonisches Wesen wird. Da
neben werden auch andere Strafen angedroht: wer nicht ab
gesponnen hat, bekommt keinen Mann (Amberg), oder die
Hexen haben Gewalt (Tiefenbach bei Furth). Selbst die
Spindeln muß man verstecken, denn so viele man sieht, so
viel Nattern erblickt man im Sommer (Treffeistein, Tiefen
bach). Aber auch für jeden Samstag gilt die Spinnruhe.
In Fronau heißt es, wenn man nach Feierabend spinne oder
etwas auf dem Pocken lasse, habe Unsere liebe Frau keine
Ruhe und die Hexen bekämen Gewalt. Die erstgenannte ist
auch sonst in der Oberpfalz bekannt: sie wandert in blauem
Perht, Wolda und verwandte Gestalten.
67
Kleide hilfreich umher, steht bei Geburten bei und wohnt im
Berge. Ein elbisches Wesen, verquickt mit Maria.
Auch Druckgeister werden mit der Spinnruhe in Ver
bindung gebracht. Bei Oberviechtach bei Furth kommt die
Drud, wenn nicht abgesponnen ist. ln Neukirclien erscheint
gar der Mond als Spstf., und zwar wird von ihm das bekannte
Motiv der betrogenen Spstf. erzählt (Schönwerth I 418).
Auch andere Strafen werden bei Bruch der Spinnruhe
am Samstag angedroht : so daß das Gesponnene nichts hält
(Amberg), oder ein Galgenstrick wird.
Verwandt ist die Vorstellung, daß am Samstag der
Kehricht aus der Stube muß (a. a. O. III 279), ,denn in der
Nackt kommt die letztverstorbene Seele des Hauses und setzt
sich hinter die Tür; daher muß es dort rein sein'. Endlich
gilt die Spinnruhe auch für den Abend vor dem heiligen
Sebastian (Mittwintertag 20. 1.). Bruch führt Erkrankung
auf Jahresfrist herbei.
Der Name der Hexenfahrt um Neuenhammer: Hull-
fahrt und das Schimpfwort: Hullslouder für Weiber
dürfte mit Holda nichts zu tun haben, wie Schönwerth III
177, sondern zu hüllen, Hüll Kleidung, Vermummung ge
hören. Vgl. den fränk. Hullepöppel vermummte, dicht ein
gehüllte Person (Schm. II 400).
Egerland und Böhmerwald (bayrischer Wald). Grohmann,
S. a. B. S. 46 berichtet: Im Egerland darf man in der
St. Thomasnacht nicht spinnen (21 .u. 29. 12.), sonst kommt
Frau Holle und straft die Frevler. Ein junges Mädchen
hatte nicht daran gedacht, ging in die Bockenstube und be
gann, obwohl sie diese leer fand, zu spinnen. Um 9 Uhr
öffnete sich die Tür und herein trat Frau Holle mit ihrem
Gefolge. Sie war klein und häßlich und von einer Menge
mißgestalteter kleiner Wesen begleitet. Frau Holle sprach
zur Magd mit furchtbarer Stimme: Du hast am Thomas
abend gesponnen! und gab ihrem Gefolge ein Zeichen; das
fiel über die Magd her und peitschte sie solange mit Buten,
bis sie ohnmächtig zu Boden sank.
Diesem merkwürdigen’ Bericht — Holda auf bayrisch
pfälzischem Boden und als Seelenführerin! — kann man
keinen vollen Glauben schenken. Frau Holle, die auf ober-
5*
68
TT. Abhandlung: Wasehnitius.
deutschem Mundartengebiet unmöglich, ist wohl nur litera
rische Zutat; höchstens aus Sachsen entlehnt. Aus dem be
nachbarten Voigtland stammt vielleicht das Kinderseelenheer
(siehe unten).
Dagegen kennt man stellenweise im Egerlande die
Perht; allerdings ist die Vorstellung von ihr ziemlich ver
armt, die Namensform höchst auffallend. John (Sitte, Brauch
u. Vgl. S. 17 f.) berichtet: ,1m Egerlande muß der Jüngste
des Gesindes die übrig gebliebenen Fischgräten (vom Mahl
am heiligen Abend) in den Garten tragen und unter einem
Obstbaum niederlegen. Da an diesem Abend die ,Sperte‘
umgeht, welche Unfolgsamen die Bäuche aufschlitzt und
deren Gedärme an die Gartenzäune hängt, so geschieht dies
nur mit Zittern und Zagen. Man sagt im Egerlande der
,Sperte‘ oder dem ,Zemba z’ Essen tragnh Wir haben
demnach Perht in der Namensform Sperte (über diese siehe
unten) als am heiligen Abend umziehendes däm. Wesen
mit dem Motiv der Gastrotomie und Speiseopfer, fast
zur Kinderscheuche verarmt. Vielleicht wurde sie auch kult-
lich dargestellt wie der ihr in obiger Redensart gleichgesetzte
Zemba in der Karlsbad—Duppauer Gegend (John, a. a. O.
S. 15), wie er überhaupt eine beliebte Gestalt ist (vgl. Schm.,
B. Wb. II 285).
Auch die Luzia ist im Egerland bekannt. Sic wird
am Luzientag als Kinderscheuche mimisch dargestellt
(auch am Nikolausabend vgl. John, S. 7) und auch von ihr
geht das Motiv der Gastrotomie.
Spinn ruhe gilt im Egerland für den Samstagsabend,
die Vorabende der Losnächte, die Zwölfnächte und die Fa
schingsnächte (John, S. 9; die angebliche Frau Holle ist
höchst verdächtig).
Im bayrischen Wald und im Böhmerwald spielt eben
falls die Luzia (Rank, BW. S. 136), die Luz, Luzi, Luzel
(Schm. BW. I 1550, b. W.) eine Rolle. Rank führt sie an,
wie er vom Nikolo spricht. Sie sei eine viel gefürchtete Er
scheinung und soll schlimmen Kindern den Bauch aufschlitzen,
Stroh und Kieselsteine statt der Gedärme hineinlegen und
dann den Bauch wieder zunähen. Ihre Gestalt zeigt sich ver
schieden. Rank sah selbst einmal oine mimische Darstellung
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
69
von ihr: als Ziege mit überbreitetem Leintuch und durch
stehenden Hörnern, von einer Art Nikolo geführt. ,Sie er
mahnte zum Beten, teilte Obst aus und drohte übler Auf
führung die erwähnte Strafe/ An welchem Tag sie erscheint,
sagt Rank nicht. Wahrscheinlich am Luzientag, nach Schm,
allerdings am heiligen Abend.
Auch Reinsberg-Diiringsfeld Festkal. in Böhmen, S. 17
berichtet, daß ein mythisches Wesen, daß er natürlich ohne
weiteres mit Perht-ILolda identifiziert, mit dem Bohrer in der
Hand erscheine und denen drohe, den Bauch aufzuschneiden,
welche ihr nicht geben, um was sie bittet. Bei den Deutschen
des Budweiser Kreises begnügt sie sich, die schlimmen Kinder
mitzunehmen. Keine weitere Ort- und Zeitangabe.
Als Spstf. wird hier Luzia nicht bezeichnet. Welche Vor
stellung ihr sonst zugrunde liegen könnte, ist schwer zu
sagen.
2. Alemannisch-schwäbisches Muiidartcngebiet.
Vorarlberg. Weder beiVonbun noch bei Elsensohn finden
wir eine Gestalt angeführt, die irgendwie an die Perht im be
nachbarten Tirol erinnern würde, ja auch die dieser zugrunde
liegenden Vorstellungen scheinen hier ganz unbekannt zu
sein. Vonbun erkennt dies an, sucht aber in der gequältesten
Weise in verschiedenen mythischen Erscheinungen Perht
oder natürlich auch Holda wiederzufinden. So hält er eine
männliche Gestalt der wilden Jagd, weil sie einen Kochlöffel
trägt, für Perht oder Holda usf.
Wie schon erwähnt, scheint der ganze liiehergehörige
Vorstellungskreis mit den Gebräuchen zu fehlen. Von einer
Spstf., Spinnruhe oder Speiseopfern berichten die beiden
Vorarlberger Sagensammlungen nichts, trotz der erwähnten
Tendenz.
Als Kinderscheuche führt Vonbun, S. 72 das Stüha-
wible an (mhd. stüche Schleier). Es haust im Kirchturm und
fährt abends —mit einem weißen Schleier angetan — unter
schrillem Pfeifen schlimmen Kindern nach. Neugeborene,
ungesegnete Kinder müssen diesem Pfeifen Folge leisten. Sie
deshalb mit Perlit zu identifizieren ist falsch.
70
II. Abhandlung: Wasch nitius.
Die Schweiz. Auch der Schweiz ist Perht oder Berchta
als Name eines mythischen Wesens unbekannt (Staub-Tobler
TV 1538/1539). Die Bezeichnung: Perchtag 1334, 0rechentag
1374, Berehtentag ist bekannt und man hat sie an die burgun-
dische Königin Bert(h)a angeknüpft, die nach kirchlicher
Tradition imWesten der Schweiz zahlreiche Kirchen gründete
und als Heilige verehrt wird. So heißt es daher schon 1382
af en St. Berchten tag für den 2. Jänner, ja, in einer alten
Notiz im Jahreszeitbuch von L. Schwarzenbach wird der
2. Jänner geradezu als der Tag Berchte regine Burgundie be
zeichnet.
Alt und verbreitet ist in der Schweiz und im Elsaß der
Brauch des berchtelen, bechtelen. Belege ab 1572 siehe
bei Staub-Tobler IV 1538 f. So heißt die Sitte, zu .Neujahr
Bekannte bei sich zu sehen und ihnen Speise und Trank vor
zusetzen; später wurde bechtelen überhaupt ein Ausdruck
für festliche Bewirtung, Schmauserei und Zecherei. Daß dies
aber nicht die ursprüngliche Bedeutung war, zeigt uns der
elsäßische Brauch des bechtens, wo noch deutlich von Masken
umzügen und Beschenkung die Bede ist. Das wird auch in
der Nord-Schweiz der Fall gewesen sein. Der Name hat sich
dann auf den für die Teilnehmer wichtigsten Teil beschränkt.
.Berchtelen ist von (St.) Berehtentag gebildet wie chläus(e)le
von Klaustag. Aus Zusammenziehung mit dem Genetiv dieses
Wortes entstand der Name Berchtelistag. Indem dann der
erste Teil als Diminutivum zu Bercht, Berchtold aufgefaßt
wurde, ergab sich die Form Berchteli-tag und weiterhin die
landesübliche Schriftform Berchtoldstag/ Staub-Tobler a. a. O.
Dagegen kennen Schwiz und Uri eine Gestalt, die der
Perht als Kinderseelenführer in entspricht. Allerdings
liegt nur der Bericht A. Liitolfs, Germ. X 1865, S. 103, vor:
Frau Zaelti, wie der Schwizer, Frau Selten, wie der Urner
den Namen (— Saelde) spricht, hat sich erbarmungsvoll der
nach christlichen Begriffen vom Himmel ausgeschlossenen Kin
der angenommen und führt sie in den wonnevollsten Räumen
zwischen Himmel und Erde herum. Vom Seltenbach zu
Escholzmatt im Lande Entlebuch kommen für das Dorf die
kleinen Kinder (vgl. Die Sagen, Bräuche etc. aus den fünf
Orten 77—80).
Perht, Holda und verwandte Ctestalten.
71
Hier hat demnach ein aus literarischer Tradition ent
sprungenes Wesen das Amt der Perht übernommen und auch
die Vorstellung zeigt nicht den volkstümlichen Charakter wie
in Tirol. Näheres unten.
Auch die Spinnstubenfrau ist nicht unbekannt. So
vor allem die Chlunge", Chlungere”, Chlungeli, meist Chlun
geri, ein weiblicher Unhold mit Höcker auf Brust und
Bücken, gebogener Nase und langen Fingernägeln. Sie geht
in den letzten Tagen des Jahres, also in der Weihnachtsfest
zeit um. Sie dient als Kinderscheuche und zeigt die Eigen
schaften eines Druckgeistes (Vgl. Keitkard 1853, S. 126). Die
Chlungeri soll sich im Chlungeri-Kasten, einer Höhle an der
Sihl aufhalten; in der Silvesternacht geht sie in alle Häuser,
um zu sehen, ob die Mägde ihren Bocken abgesponnen haben.
Nichts von der Arbeit soll ins neue Jahr hinübergenommen
werden (Staub-Tobler III 658 f.; Vernaleken Alpens. 348).
Der Name ist zu Chlunge m. Knäuel zu stellen, ahd.
Chlunga f., mlid. klunge f. (über den Genuswechsel s. St. T.
III 659). Die Namensform Chlungeri dürfte nach Analogie
anderen movierter Feminina aus masculinen nominibus agentis
auf —ari wie Scliurderi, Najeri aus Chlunge , oder aus
chlungle" (zu einem Knäuel winden oder ballen) entstanden
sein. Chlungeri", dann durch Ausfall des zweiten 1 aus
Chlungleri" (St.-T. a. a. O.).
Es gibt auch mimische Darstellungen diesesWesens.
Schon Beithard schwz. Familienkal. 1845 berichtet, daß
Chlungeri die Bolle des Knecht Buprecht mit der Bute
spiele. Zu Fastnacht ist es ferner Sitte, daß ein häßlich ver
mummter, mit Schellen behangener Bursche mit anderen zu
sammen unter greulichem Lärm durch die Straßen zieht und
für ein Trinkgeld seine Spässe Vormacht. Er führt in Lauter
brunnen bei Bern den Namen: Fasnacht-Chlungel. Eben
falls aus dem Kanton Bern ist der (Fastnacht-) Chlungler
belegt. Er trägt ein mit farbigen Bändern verziertes, weißes
Hemd, eine hohe, spitze, mit bunten Federn geschmückte
Papiermütze und eine Pferde- oder Kuhschelle auf der Brust.
Chlungelen heißt daher in Bern als Chlungler umherlaufen.
Eine weibliche Maske ist die Chlunglerin, glossiert
als mulier bachans larvata. H. Bullinger St. Nikolausspruch
72
II. Abhandlung: Waschnitius.
1549. ,So tue noch eins und schiitt das gfider der kunkel,
spring ir zu dem grind, damit viel garn (und wenig unge-
sponnenes Werg) die Ohlunglerin find/ Ein Beleg 1578: Das
ist gemein by uns, dass einer oder eine, damit die kind recht
tüegind ghorsam seiend und empsig arbeitind, sich verkleidet
und die kind brögt; da sagt man den kinden, es sye die stupf -
nas oder mutter klunglerin; einer oder eine werde sy fressen
oder in sack stossen. Dafür 1670: Stumpfnase oder schwarze
Nachtfrau. (Alles nach St.-T. ITT 659 f.) Wie man sieht, sind
schon in den Quellen das mythische Wesen und die mimi
schen Darsteller, die beide wie üblich denselben Namen
führen, miteinander verquickt. Es gibt auch eine Chrungeli-
nacht (Chrungeli aus Chlungeli), leider ist nicht zu ersehen,
wann; da aber Chrungeli als Weihnachtsgespenst glossiert
wird (III 833), dürfte es sich um eine Nacht der Weihnachts
festzeit handeln. Allerdings erscheint Chrungeli auch zu
F astnachj:.
Unter den umziehenden Masken ist interessant die:
Mel-Chrungelen, die in einer Pfanne Asche und Mehl
durcheinandergerührt hat und das Gemisch den Leuten ins
Gesicht wirft (III 833 aus Zürich, Ober amt).
Eine andere Spinnstubenfrau ist die Frau Chunkle".
Von ihr heißt es: Die fiilsti Spinnere" seil z’Wiehnecht
20 Haspelen g’spunne" ha" (sonst) chumt d’Frau Chunkle"
und wirft se-n-iiber’s Hüs üs und d’rzue darf si auch nit a n
d’Fassneckt ga n (Var.: vrbrönnt d’r das a n de 11 Hänge wo
d’ Afe n g’ spunne" hesch) Schild. 1885, St. T. III 365. Der
Namen gehört zu chunkle" nhd. Ckunchela, mhd. kunkel aus
mlat. conucula 1. colus Spinnrocken.
Eine weitere Spstf. ist die Sträg(g)ele. Nach Vern.
Alpens.116 geht im sogenannten Bauernlande (Cham, Hünen
berg) die Sage: Wer nicht bis zu Weihnachtsfronfasten (Mitt
woch vor Whn.) zehn Haspeln Garn gesponnen hat, den holt
die Strägele. Aus Zug und Amt Hochdorf, K. Luzern, fol
gende Erzählung: Eine Mutter drohte oft ihrer Tochter mit
der Strägele. Einmal sollte sich ein Knecht heimlich abends
zum Fenster begeben und das Kind verlangen. Tatsächlich
pochte es mit der Forderung und das Kind wurde hinaus
gegeben. Es war aber die wirkliche Strägele. Der Knecht
Perlit, Ilolda und verwandte Gestalten.
73
kam später. Von dem Kind hörte man noch das Jammer
geschrei und fand in der Nähe die abgerissenen Zöpfe. Das
Motiv des vorwitzig gerufenen Dämons, auch sonst be
kannt. Eine Variante Alpenrosen 1813 ausUrswelt, K. Luzern.
Auch im Kanton Zürich ist Strägele bekannt als alte
Frau, die in der Fronfastennacht vor Weihnachten herum
spukt und die Mädchen, die ihr Tagewerk nicht gesponnen,
auf mancherlei Weise schreckt (Vern. Alpens., S. 117). Diese
Nacht heißt daher die Sträggelenacht. Der Name dieser
Spstf. ist wohl Diminutivbildung aus entlehntem ital. strega
Hexe, die auch als Spstf. erscheint.
An den Namen dieser Spstf. knüpft sich die Bezeichnung
eines Brauches, der mit dem Perhtenlauf große Ähnlichkeit
hat: das Streggelen j agen. Bocliholz, S. 94 berichtet dar
über aus Meerenschwanden: Mehrere Nachtbuben wollten
sich zusammen den landesüblichen Spaß machen, jenes Nacht
gelärm zu veranstalten, das man mit Peitschen, Ketten und
Schellen um die ITäuser bekannter Familien erhebt und wobei
namentlich die erwachsenen Mädchen durch maskierte Lieb
haber unsanft aus ihrem Schlafe geweckt werden. Man nennt
dies im Freienamte und im benachbarten Luzerner Land das
Streggelej agen. Die Burschen sammelten sich in der Nacht
des Fronfastenmittwochs vor Ostern und fingen den tollen
Lauf an. Sie machten nun einen Scherz mit einem der Ihrigen
und steckten ihm in den Sack, in dem sich die gejagte Streg-
gele fangen sollte, eine schwarze Katze. Diese wurde aber zu
einem maßlos wachsenden Hngetiim, das erst durch einen
Kapuziner beschworen werden konnte. Die Urheber des
Spasses starben bald darnach. Das Streggele j agen ist also
ein nächtlicher Umzug zur Osterzeit mit möglichst viel Lärm
vermittels der üblichen Instrumente; ein Generationsritus ist
angedeutet. Daß die Sträggele gejagt und in einem Sack ge
fangen werden soll, ist offenbar demjenigen, dem der Streich
gespielt wurde, weisgemacht worden und dürfte aus dem
Namen geschlossen worden sein. Das andere berührt sich mit
dem Motiv vom Erscheinen des Dämons mit Zügen aus der
Teufelssage.
Auch an die Fronfasten ist eine Spstf. geknüpft. Fron
fasten nennt man die Quatembralfasten, dreitägige Feste, die
74
IT. Abhandlung: Waschnit,ius.
das kirchliche Jahr in vier Jahreszeiten teilen; sie fallen auf
den ersten Mittwoch, Freitag, Samstag je nach Aschermitt
woch, Pfingsten, Kreuzerhöhung (14. Sept.) und Luzia (13.
Dez.). Speziell an die Dezemberfronfasten geknüpft ist die
Fr au (Fron-) Fasten, auch Fasten-Müeterli, —Wibi. Diese
zieht in der Vornacht umher; am Vorabend muß alles aufge-
sponnen sein. Alt Schwyz (St.-T. I 1114). Bleibt man länger
als bis 10 Uhr auf, so sucht einem ein Geist, Fronfasten ge
nannt, zu schaden. Kotenbaeh. An der Fronfaste darf man
nicht waschen, denn das Fronfastenwibli geht um. Ebd. Als
Schwester Verenas wird Frau Fasten bezeichnet, da die Tage
einander nahe liegen (1. und 14. Sept., hier also nicht die
Dezember faste). Was St.-T. I 917 über Verena, Venus und
Freia sagt, ist falsch.
Hol da ist selbstverständlich der Schweiz gänzlich un
bekannt. Kochholz II 179 glaubt zwar in der Kedensart: mit
der Heuei fahren für mit zerzaustem Haar, Kleid oder Spinn
rocken (?) erscheinen eine Entsprechung für das nid. mit der
Holle fahren gefunden zu haben; doch handelt es sich hier
um die Eule, Üwel, vgl. St.-T. I 613; vgl. s’ Heuei Annis Flug
St.-T. II 1824, für den Ausflug eines Mädchenpensionates.
Dem Sträggelejagen in Kamen und Wesen ähnelt das
Posterlijagen in Entlebuch (Vern. Alpens. 346/347). Po-
sterli ist dort ein unheimliches Gespenst. (Spstf. ?) In der
vorletzten Woche vor Weihnachten versammeln sich die Jung
gesellen und -männer mehrerer Orte und unter ohrenbetäuben
dem Gelärm von Schellen, Kesseln, Peitschen etc. und allge
meinem Gebrüll der mehr als 100 Burschen zählenden Schar
ziehen sie nach einem bestimmten Ort., wo sie die dortigen
Burschen erwarten. Einer aus der Truppe stellt das Posterli
in Gestalt einer alten Hexe oder einer alten Ziege oder eines
Esels dar; bisweilen ist diese possierliche Maschine (also eine
Puppe) auf einem Schlitten. In einer Ecke läßt man das Ge
spenst zurück und der Lärm hört auf. Auch hier keine Jagd.
Elsaß. Das Elsaß schließt sich ganz der Schweiz an, da
auch hier Karne und Wesen der Perht unbekannt ist,
dagegen der Brauch des bechten’s und andere Spstf. bezeugt.
Der Elsässer Cunrat von Dankrotzheim scheint aller
dings ein Wesen Behte zu bezeugen: heiliges Kamenbuch
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
75
(Kalender Strobel, S. 123, bei Sclim. B. W. I 269). ,Darnauch
(nach Thomas v. Canteiberg und vor Silvester, also am 30. De
zember)
so kommt die milte Behte,
die noch hat gar ein groß geflehte,
die stiik zwene broten an den spiß
und briet und machte einen guten friß,
und geriet in uff die ahssel fassen
und ging mitte behten uft den gassen
und drug da uff an alles duren
und lud ir guten nachgeburen
und ir briider und ir swester.
Do kam der heilige Sylvester
und bracht eine brotwurst in der hande.
Hier offenkundig nur Tagesbezeichnung, kein mythisches
Wesen. Die zeitliche Verschiebung ist auffallend.
Der Gebrauch des behtens ist seit altersher im Elsaß
bekannt. Geiler von Kaisersberg ,narenschiff‘, Straßburg
1520, 153 a äußert sich: ,Die ander schel (Schellen an der
Karrenkappe) ist putzen anteitter tragen das sein Ursprung
hat von den beiden als man zu Straßburg brucht ze pfingsten,
da so vil kruizen (Masken) darkommen, der hirtz (eine Neu-
jahrslarve) und das unsinnig weib von geistspitzen; lys Ovi-
dium da einer ward yn ein hirtzen verkeret, da must man
bechten, wurst samlen, von Bacho kumpt das her, iten Mever-
bertsch (Gebäck?). (Hack Alsatia 1852, S. 149.) Ebenda auch
andere Belege. Es handelt sich um einen Maskenumzug
von ITaus zu Haus mit Gabenbettel zur Weihnachts
zeit. Der Name ist heute nicht mehr erhalten, der Brauch
dagegen dauert noch fort. Der Flurnamen Beclitenwinkel ge
hört wohl zum Personennamen Be(r)chta (ebd.).
Spinnruhe ist belegt aus dem Bnter-Elsaß. Hier wird
am Christabend Sperrnacht gehalten; da werden die Bäd-
clien gesperrt, das heißt das Spinnen über die Feiertage ein
gestellt. Die jungen Leute versammeln sich, schmausen und
treiben Kurzweil (Als. 1852, S. 146).
Als Spinnstubenfrau ist Frau Faste bekannt. Als.
1856/1857, S. 134 berichtet aus Heiligenkreuz: etliche Spin-
76
II. Abhandlung: Waschnitius.
nerinnen sind über 10 Ulir anfgeblieben, da klopft es und
Frau Faste wirft zornig drei Spulen zum Bespinnen herein.
Sie wird wie die andere Spstf. betrogen. Es handelt sich wohl
um die Weihnachtsfronfaste.
Das Fronfastentier (Sagen des Eis., S. 37) gehört
nicht hieher.
Sonst ist nichts Hiehergehöriges aus dem Elsaß bekannt.
Schwaben. Im Gegensatz zu den alemanischen Gebieten
ist uns Perht in Schwaben vielfach bezeugt.
Schon Seb. Frank erwähnt sie (Fischer SWb. I 858).
,Pan der Gott, der die Leute fürchtig macht, den die Kinder
Bockeimann oder Beruht nennen/ Also eine männliche Kin
derscheuehe Bercht, von Frank ganz im Sinne der deutschen
Benaissance mit einem Wesen der antiken Mythologie iden
tifiziert.
Eine ähnliche Grelehrsamkeit entwickelt M. Crusins,
eigentlich Kraus aus Gräbern bei Bamberg 1526—1607, der
eine schwäbische Geschichte: Annales suevici I, II 1595, III
1596 schrieb. Vgl. Fischer Wb. I 858:
Feminam fuisse iracundam et paena saevam. Quod ad-
buc fabulae apud nos confirmant de vagante circum domus
noctu Bildaberta (Wildaberta) i. e. fera Bertha, ejulantes et
contumaces pueros corripiente atque lacerante, quo terrore
hi a matribus compescuntur (An. Sulz I 329). Hier ist Berta,
die Mutter Karls des Großen, gemeint, an die Crusius die
volkstümliche Vorstellung von der wilden Perht, einer weib
lichen, nächtlich umherziehenden Kinderscheuche anknüpft.
An einer anderen Stelle (ann. Suev., p. 2, üb. 8, c. 7,
p. 266), wo er von Padua im 9. Jh. handelt, sagt er:
Armatu carrocio uti coeperunt in bello, Bertha nominato.
Hinc dictum hoc ortum puto, quo terrentur inquieti pueri:
Schweig oder die eysene Bertha kumbt.
Ein weiteres Zeugnis ist das Augsburgische ,’s Jahr
einmal' von 1764. Ich zitiere nach Birlinger, Germ. XVII,
S. 79 f.:
In Hornung gibt es diese Freud’,
Daß sich annaht die Faßnachtszeit,
Da wird sich vor der Tür’ und Schwellen
Der IIolla-Mütterly einstellen
Psrlit, Holda und verwandte Gestalten.
77
Und laden zu dem schönen Fest,
Wozu es da und dort gibt Gast’, etc.
So ist es auch ein schändlich Spotten,
Daß des Christkindleins zwei Vorboten
Die Bercht und Ruprecht müssen sein,
Die sich der Zeit auch stellen ein,
Doch aber auch gar großen Schrecken
Bei denen Kindern oft erwecken.
Mimische Darstellung einer weiblichen Kinderscheuche
Perht, die mit Ruprecht erscheint, also am Nikolaustag oder
-abend.
Aus dem heutigen Volksglauben folgende Zeugnisse:
Birlinger I, S. 250: Im Neresheimischen bei Röttingen
geht der Bercht um. Er hat einen ungeheuren Bauch und
ein ebensolches Maul und ist der beliebteste Kinderschrecken
(schriftlich vgl. Fischer I 858).
Oberamtsbeschreibung Ellwangen 173 (bei Fischer I
858): Am letzten Anklopfdonnerstag (D. vor dem Christfest)
kommt die Bercht mit Krone, einem Wischli Werg und
einem Kochlöffel. Eine Person ihrer Begleitung stellt eine
Gans mit langem Kragen vor.
Einen fast identen Brauch bei Panzer II 118 aus Ober
hausen bei Augsburg. Dort heißt es zu St. Nikolaus: heut
kennt da’ Kläs-, morgo de Buzebercht. 1 Die Buzebercht,
eine vermummte Frau, die Haare verwirrt und herabhängend,
das Gesicht geschwärzt und mit schwarzen Lumpen angezogen,
hatte einen Hafen mit Stärke, rührte mit dem Kochlöffel und
bestrich dem Begegnenden das Gesicht. Ein kultlicher Auf
zug im üblichen Kostüm und einer bekannten Zauberhand
lung (vgl. den Asehenschiitz). Übrigens zieht auch in Ell
wangen mit St. Niklas ein Bursch namens Berch(t) um (in
weiblicher Maske?)? Birlinger II S. 2. In Deffingen (Panzer
I S.247) erscheint am Klausenabend eine verkleidete Frauens
person, die Bercktl. Wenn die Kinder in Spinnen und Ler-
1 In Augsburg heißt die gespenstige Wehmutter auch Butzenbercht. Vgl.
Schöppner III 238 n. 1228 u. 368. Anm. z. n. 1228.
78
TT. Abhandlung: Wasehnitius.
nen nicht fleißig waren, werden sie von ihr mit der Rute be
straft, sonst, schenkte sie Hutzeln, Nüsse u. dgl.
Als weibliches Gespenst, womit man Kinder schreckt,
ist ferner bekannt (Fischer, S. 1385): Brechtölter in, Brecli-
höldere u. a. in Schw.-Hall, Bühlertann b. Ellwangen, Sont
heim, Gnadental. Meier, S. 45 aus Schw.-Hall: Sei stille
oder die Brechhöldere kommt und nimmt dich mit! In Ach.
Jason Widmanns v. Hall ,IIistory Peter Lewen' 1550,
11 ist von den drei Donnerstagnächten die Hede, wo die
Bauernmägde und -knechte im Kunkelhaus beieinander sind
und viel Aberglauben Vorbringen von Berchtold und dem
wütenden Heer; diese Nächte fürchten sie sehr und sagen, sie
seien unheimlich. Berchtold scheint hier der wilde Jäger
zu sein.
Ob Brechhöldere in seinem zweiten Teil zu holde genius
gehört, ist nicht sicher; zu Holda jedenfalls nicht. Vgl.
übrigens Hölderli Teufel Schwz. Id. II 1191.
Bercht. und Brechhöldere erscheinen auch als App eil a-
tiva. Fischer I 858. Bercht-? Schimpfnamen für ein altes,
häßliches Weib (Lainz, Memmingen), auch Butzenberch.
Berclihiildere nach Meier, S. 45 für ein altes, häßliches Weib.
Interessant ist das Schülerfest Bechtlein in Saalgau,
das in Namen und Wesen alem. Hrsprung verrät. Birlinger
II 277—281 beschreibt es eingehend.
Perht scheint demnach in Schwaben nur als Kinder
schreckendes Gespenst bekannt zu sein; von ihr als Spst-f.
hören wir nichts.
In Baisingen (Birlinger, S.187) erscheint als betrogene
Spstf. das Nachtweible (bei Spinnen im Mondschein).
Spinnruhe zu Weihnachten ist bekannt. Meier,
S. 473. In den zwölf Nächten darf nicht gesponnen werden.
Bei Kalw wurde eine Spinnerin, die am Christabend spann,
vom Teufel geholt (S. 163). Wenn ein Weib ihr Werg vor
Weihnachten nicht abspinnt, fault ihr der kleine Finger ab
(Derendingen, S. 464). Wer vor Neujahr nicht abspinnt, be
hält das ganze Jahr Flachs an der Kunkel (Bühl, Poltringen).
Baden. Aus praktischen Gründen besonders behandelt.
Baden nimmt Teil am fränkischen, alemannischen und ein
wenig am schwäbischen Sprachgebiet.
Perht, ITolda und verwandte Gestalten.
79
Im alem. Teile erscheint wie im benachbarten Elsaß die
Fronfasten als Spstf. für die Nächte vor den Fron
fasten. Baader, N. Vs. S. 44 n. 62 bringt eine Geschichte
aus Orschweier mit dem Motiv der betrogenen Spstf. Der
Batgeber ist hier der Pfarrer. Dasselbe aus Boll sch weil (Vs.
S. 36 n. 45), wo eine nicht benannte Frau erscheint, als ein
Weib Freitag mitternachts spinnt.
Es gibt auch eine Mehrzahl von Fronfasten
weibern. Von ihnen bringt Baader zwei Sagen. Die erste
Vs. S. 35 n. 43. In einer Fronfastennacht stellte sich ein
Mann in Kirchhofen unter eine Linde, um die Fronfasten
weiber vorbeireiten zu sehen. Bald darauf zogen sie auf
Besen vorüber; eine von ihnen ritt zu ihm und sagte: ,Ich
will einen Nagel in den Pfosten dort schlagend Im Nu stak
ihm ein schuhlanger Nagel im Kopf, von dem er erst nach
einem Jahre von dem Weib befreit wurde. Der Kitt der Fron
fastenweiber erscheint als Hexenritt. Motiv des einge
schlagenen Beils.
Die zweite Erzählung II. Vs. S. 15 n. 20. Ein Mann
aus Adelsberg trug nachts ein Faß Wein nach Hause. Da
sah er die Fronfastenweiber kommen. Er verbarg das Fäß-
lein im Graben und sich hinter einen Busch. Als die Weiber
zu dem Fäßlein kamen, fanden sie es, tranken lustig daraus
und entfernten sich nach einer Weile. Zuhause wollte das
Fäßlein lange nicht leer werden; erst als man hineinschaute,
war nichts mehr drinn. Das bekannte Motiv vom ewigen
Bier.
Das Motiv vom Erscheinen des Dämons wird aus
Unter-Eiifersdorf erzählt (Vs. S. 4). Ein Bursch, der sich am
Fastnachtabend als Teufel im Schlitten umherziehen läßt,
wird vom Teufel selbst geholt.
Aus dem fränk. Taubergrund berichtet Schnezler,
S. 635 nach Mones Anz. 1839. Das Motiv der betrog.
Spstf. von einem weißen Männchen, das einer Frau, die
im Mondschein spann, erschien.
3. Fränkisches Mundartengebiet.
Bayrisch-Franken und Grenzgebiete. Nach Schöppner
III n.1301 soll Perht in Franken als Spstf. und Kinder-
80
II. Abhandlung: Wasclinitius.
scheuche bekannt sein (nach mündl. Quellen). Belegt sind
mimische Darstellungen der Perht. Panzer II 184: In
Holzberndorf haben sonst die jungen Leute die Eisenberta
vorgestellt. Einer steckte sich in eine Kuhhaut mit den
Hörnern, nahm Äpfel, Birnen und Nüsse zu sich und in die
Iland einen halben Besen als Bute. Nachts zog er mit anderen
Burschen von Haus zu Haus und belohnte oder bestrafte die
Kinder. Einmal vermehrte sich die Schar der Umziehenden
um eine Gestalt: es war die wirkliche Eisenberta. Demnach
war die Eisenberta ein bekanntes mythisches Wesen. Er
scheinen des Dämons. Zeit des Umzuges: Weihnachten.
Auch um Bamberg und in einigen Teilen der Stadt selbst
kommt vor Weihnachten die eiserne Berta und nach Weih
nachten der Hel-Niclos. Die eiserne Berta wirft Nüsse, Äpfel
u. dgl. zum Fenster hinein, tritt aber nicht in die Stube
selbst wie Hel-Niclos (Panzer II S. 118).
Perht ist demnach in Ober- und Mittelfranken bekannt.
Unter franken scheint sie nicht mehr zu kennen, denn schon
im nahen Würzburg tritt Holda an Perhts Stelle als Weih
nachtskinderscheuche.
Holda ist als Holla, Ilollefru, Frau Holl nach Schm.
BW. I 1083 in Franken bekannt. Schöppner I n. 124 berichtet
nach Döderlein Antiq. in Nordgar. Rom., S. 34 (bei J.W.Wolf,
d. M. u. S. S. 578):
Die gemeinen Leute halten dafür, wenn eine Weibs
person den Tag vor Weihnachten den Rocken nicht abspinne,
so käme die Frau Holla und tat ihnen einen stinkenden Pos
sen darein. Weil sie für die heidnische Diana oder Jagd
göttin gehalten wird, so gibt man auch von ihr vor, sie durch
streife das Land mit einem wilden oder wütenden Heere, bei
welchem man Hunde bellen, Jagdhörner etc. höre, aber meist
nur bloße Schatten sehe. Holda als Spstf., Verunreini
gung, Verknüpfung mit der wilden Jagd.
Als Kinder scheuche ist sie in Würzburg bekannt
(Schöppner II 727, mündl.): Dort schlich die Frau Ilulle
oder Hullefrau in der Christnacht in den Straßen umher mit
weiter Haube, weißem Mantel und einer Rute in der Hand.
Böse Kinder nahm sie im Sack fort. Heute kommen ver
mummte Gestalten, die diese züchtigen. Eine solche Spuk-
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
81
gestalt nennt man heute noch Hullefrau oder Hullepotz. Wird
der Name jetzt als die verhüllte Frau verstanden?
Ähnliches war Sitte in Wertheim- Dort verkleideten
sich früh am Weihnachtsabend die Mädchen in Frau Hülle
(so die ortsübliche Form), indem sie ein weißes Kleid an
legten und eine Krone von Goldpapier aufsetzten. Den guten
Kindern brachten sie Weihnachtsbäume, die bösen straften
sie mit der Hute.
Ein gerichtliches Protokoll von 1749 erwähnt einen
frauen Iiullen bäum in der Gemarkung von Ilöhfeld, süd
östlich von Wertheim (beides bei Alex. Kaufmann, ZfDM.
IV S. 19).
Ein fraun Hollen bäum auch im Darf erster Weistum
von 1592. (Chart. Max. XIII n. 417; Hocker, Stammsagen
S. 115.) 1
Ein Zentrum für Holdasagen bildet der Ort Hasloch
am Main. Das Material gesammelt von A. Fries, ZfDM.
I S. 23 f.
I. Am unteren Berg bei Hasloch zeigt sich oft Frau
Hulli — so bei den Bauern der Hmgebung (eine Deminutiv
bildung?), Frau Holle oder Holla mainaufwärts. Sie ist ein
schönes, geisterhaftes Wesen in langem weißen Gewand und
Schleier, der ihr manchmal das Gesicht verhüllt, und wohnt
in dem genannten Berge.
Sie hilft gern frommen Mädchen und Frauen bei der
Feldarbeit, beim Spinnen und anderer häuslicher Tätigkeit.
Wo sie geht, ist es glockenhell in der finstersten Nacht; so
leuchtet sie oft Verirrten. Wer aber ihre Hilfe abweist oder
sie gar beleidigt, dem tut sie Schabernack an.
Besonders ungehalten ist sie, wenn der Bocken Samstag
abends nicht völlig abgesponnen ist. Dann kommt sie und
verwirrt nachts Bocken und Garn. Faule Mägde, die über
Weihnachten ihren Bocken stehen lassen, haben das ganze
Jahr nur Unglück, besonders verwirrt sich ihnen das Garn.
Alten schwachen Frauen ist sie vor allem geneigt.
II. (S. 24 f.) Am Fuß des unteren Berges nahe am Main
ufer liegt ein flacher Stein, der Frauhullistein. Hier
ti
1 ,Im fraw hollen bäum ahn, da stehet eine mark. 4
Sitzungsber. d. pbil.-kist. Kl. 174. Bd. 2. Abk.
82
II. Abhandlung: Waachnitiua.
ruhte Frau Hulli aus, wenn sie ermüdeten Mädchen die Gras
oder Holzlast getragen. Von den Kötzenstellen (Füße des
Korbes) sieht man heute noch die Löcher im Stein.
III. Nahe dabei, in einem Mainarm, ist Frau Hullis
Badeplatz. Allein oder mit zwei gleich schönen Frauen
badet sie hier vor Tagesanbruch oder zu Mittag zwischen
11 und 12 Uhr. Noch ein 1838 hochbetagt gestorbener Schäfer
will sie belauscht haben.
IV. (S. 25.) Eine alte Frau aus Hasloch, Klara Belirin-
ger, berichtete Fries selbst, wie sie einmal im Walde Frau
Hulli gesehen, deren Ansinnen, ihr den schweren Korb zu
tragen, abgewiesen habe, wobei sie sie eine Hexe schalt. Da
für wurde sie von ihr so verblendet, daß sie durch Dorn und
Gestrüpp herumkroch und erst auf den Anruf der Ihrigen, die
sie hoch oben umhersteigen sahen, erwachte.
Ähnlich ist die V. Sage S. 26. Ein betrunkener Mann,
dem sie bei seinem nächtlichen Heimweg leuchten will, be
schimpft sie. Da verschwindet Hulli und er verirrt sich so,
daß er plötzlich auf dem Frau Ilullistein steht. Durch die
Gefahr ernüchtert, findet er den Heimweg. Doch starb er
binnen kurzem am Nervenfieber.
VI. Frau Hulli sitzt während der Eebenbli'ite im Mond
schein auf dem Felsen oberhalb des Kartäuserweinberges.
Ihr weißes Gewand leuchtet weit hinab ins Tal. Kinder
dürfen nicht auf sie hören, sonst müssen sie bis zum jüngsten
Tag im Walde mit ihr umherfahren. Als sich eines Abends
in Hasloch wieder das Gerücht verbreitete, Frau Hulli singe
wieder auf ihrem Felsen, ging ein Bursch hinauf und hörte
die ganze Nacht zu. Ganz verzückt wünschte er sich, ewig
bei ihr sein zu können. Tatsächlich starb er nach drei Tagen
und muß nun mit Frau Hülle umfahren.
VII. (S. 28.) Bisweilen sieht man auch Frau Hülle
durchs Gebirge ziehen auf ihrem prächtigen Schimmel, dessen
Gezäum und Satteldecke mit silbernen Köllen und Glöckchen
besetzt ist. Er schwebt über dem Waldesboden, manchmal
hoch in der Luft über Berg und Tal. Wenn man das Geläute
hört, sagt man: Horch, der Kollegaul zieht um. 1816 soll ihn
ein russischer Geistlicher in seine Heimat gezaubert haben.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
83
Iiolda ist demnach als Vegdäm. und Spstf. bekannt.
Motive: Bad, Loreley, Arbeitshilfe, irreführend und heini
geleitend, Steinabdruck, Umzug zu Pferd, Garnverwirren.
Von Hasloch setzen sich die Holdasagen im Spessart
fort. Sie sind von Herrlein gesammelt. Doch konnte ich in
dieses Werk nicht Einsicht nehmen. Hach der Mannh., GM.
S. 263 zitierten Stelle erscheint sie ebenfalls als Waldfrau.
Auch im Hhöngebirge ist sie bekannt (Henne am
Ehyn, Vs. S. 410; bei Knappert 160). Dort darf streckenweise
am Samstag der Hulla keine Arbeit verrichtet werden. Sie
beschmutzt die Spinnrocken, die am Sonn- oder Frau Hollen-
(sic!) abend nicht abgesponnen sind (ebd. S. 416 n. 837).
Hessen. Mit Hessen betreten wir das Stammland der
Mythologie des Volksglaubens. Aus diesem Lande vor allem
hatten die Brüder Grimm ihr Material, das sie in der IvHM.
und DS. verarbeiteten, und hier wird auch <T. Grimm auf
Holda aufmerksam geworden sein. Denn der Glaube an ein
mythisches Wesen dieses Namens war zu seiner Zeit noch
ganz lebendig.
Hier hat wahrscheinlich die Vorstellung ihre Heimat,
die der bekannten Stelle bei Burchardt von Worms zu
Grunde liegt. (,Erat igitur Burchardus in provincia Hassia
genitus, parentibus secundum seculi dignitatem non infirmis.'
Vita B. ep. c. I bei Pertz IV, fol. 832.) Über dieses Zeugnis
handelt Fried. Kauffmann PBB. XVIII in einem Aufsatze
über die dea Hludana, S. 146 ff. Das 19. Buch der Decreta,
von Burchard selbst ,Corrector‘ betitelt, faßt das in den vor
ausgehenden Büchern behandelte Material in der Form von
Frage und Antwort kurz zusammen. Man begegnet daher
vielfach fast wörtlichen Wiederholungen. In diesen Fragen
sind nun die deutschen Bezeichnungen des besprochenen Aber
glaubens und seiner Wesen in der Form: quod vulgus ...
vocat eingestreut.
In Cap. 5 der lib. 19 LX (nach Wasser schieben ,Buß
ordnungen der abendländischen Kirche' 624ff.) sagt Burchard:
Credidisti, ut aliqua femina sit, que hoc facere possit, quod
quedam a diabolo decepte se affirment necessario et ex pre-
cepto facere debere id est cum-demonum turba in similitudi-
nem mulierum transformata quam vulgaris stultitia holdam
ü*
84
II. Abhandlung: Waschnitius.
voca(n)t certis noctibus equitare debere super quasdam bestias
et in eorum se consortium annumeratam esse? Die Parallel
stelle ohne den Zwischensatz steht 1. 10, c. 29, derselbe Passus
auch in 1. 10, c. 1. Dieser ist mit dem ganzen übrigen Inhalt
des 1. 10, c. 1 aus ldeginonis abbatis Prumiensis libri duo de
synodalibus causis et disciplinis ecclesiastieis übernommen.
Daraus glaubt KauÜ'mann schließen zu müssen, daß von
Burchard ein Stück romanischen Aberglaubens durch Ein
fügung eines Zwischensätzchens auf deutsche Verhältnisse
übertragen wurde. Die Frage nach dem Ursprung und der
Verbreitung der Vorstellung von umziehenden dämonischen
Frauenheeren ist, wie schon einmal erwähnt, vor einer ein
gehenden Spezialuntersuchung indiskutabel. Hier kommt es
vor allem darauf an, daß Burchard Holda als Hame eines
mythischen Wesens verwendet. Und das scheint mir un
zweifelhaft. Kauft'mann allerdings schließt sich Sehmeller
an, der Wb. I 2 1090 die Lesart holdam verwirft, und zieht
mit ihm die Lesart unholdam Clm. 17.136 (sec. XI) und cod.
vind. 926 vor, die er auf einen urschriftlichen gen. plur.
unholdon zurückführt. M. E. ist es nicht richtig, wenn Soldau,
Gesch. der Hexenprozesse S. 495, behauptet, daß bei Annahme
unverderbter Überlieferung das Wort holda auf die ganze
Schar der nachtfahrenden Dämonen zu beziehen sei. Logisch
ist eine Konstruktion wie: die umziehende Dämonenschar,
welche man den wilden Jäger nennt, ohne weiteres denkbar
und in unserem Falle tritt noch ein formeller Faktor hinzu,
da diese Zwischensätze ganz parallel gebaut sind. Eben weil
es sich um einen Zwischensatz handelt, der in einen vorliegen
den Text eingeschoben wurde, wäre eine Laxheit in logischer
Beziehung vollständig begreifbar. Welche Lesart übrigens
den Vorzug a priori verdient, kann durch eine Untersuchung
über die Güte der Hss. allein entschieden werden. Es ist
aber von vorneherein eher verständlich, daß aus einem holdam
in diesem Satz ein unholdam wurde, wo dieser wesentlich
md. Hame unbekannt war, als der umgekehrte Weg, wenn
man nicht einen Schreibfehler annehmen will.
Die Lesart holdam muß man wohl auch für die Vorlage
von cod. K. 216 der Madrider Xationalbibl. (1143 abgefaßt,
vgl. J. Grimm, Monatsb. d. Bel. Art. 12. März 1857, S. 175)
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
85
aimekmen, wenn man Kauffmanns Erklärung der dortigen
Variante: quam vulgaris stultitia frigaholdam vocat ak
zeptiert. Kauffmann nimmt an, daß ein span. Leser der Vor
lage sick zu holdam (beziehungsweise unkoldam?) das von
dem Schreiber als friga entzifferte Wort mit Verweisungs
zeichen als Glosse (striga) an den Band geschrieben hat.
Unser Schreiber hat das Striga des Originals als friga ver
lesen, was bei der Ligatur st sehr leicht passieren konnte,
offenbar hat der Schreiber auch das Wort striga (Hexe) nicht
verstanden/ Auffallend ist es nun, wenn wir im heutigen
Volksglauben der Steiermark weibliche däm. Wesen namens
Strigholden antreffen, und noch merkwürdiger, daß der
bekannte Historiker Mich. Ignaz Schmidt (geh. zu Arn
stein b. Wiirzburg 30. 1. 1136, gest. zu Wien 1. 11. 1794, vgl.
Wurzbach, Biogr. Lex., 29. Teil, S. 303 ff.), der ab 1781 in
Wien als Direktor des Hof- und Staatsarchives wirkte, in
seiner ,Geschichte der Deutschen' II, 2. Auf!., Wien 1784, die
von ihm, c. 13, S. 454, zitierte Stelle bei Burchard folgender
maßen übersetzt: ,Hast du geglaubt oder Teil an dem Un
glauben gehabt, daß einige gottlose, von dem Teufel ver
blendete Weiber vorgeben, daß sie zur Nachtzeit mit der
Göttin Diana (in einer anderen Frage heißt es, mit einem
Haufen von Teufeln in Weiber gestalt, die man Strigholden
nennt) und einer unendlichen Menge etc.'
Schmidt hat kaum unmittelbar aus dem Volksmund ge
schöpft, sondern, hat wohl aus einer schriftlichen Quelle die
Stelle übernommen. Die Madrider Hs. dürfte diese kaum
gewesen sein wegen des Flur als bei Schmidt. Die an
geführten Tatsachen geben der Annahme Baum, daß Kauff-
mann insoferne Becht hat, daß er annimmt, es habe in der
Vorlage Strigaholdam gestanden, daß aber dies keine Band
glosse war, sondern eben der Name. Diesen konnte ein selb
ständiger, mit der Volksüberlieferung vertrauter Schreiber
leicht an die Stelle des überlieferten holdam gesetzt haben.
Damit wäre das merkwürdige frigaholdam erklärt. Bei Ab
lehnung dieser meiner Annahme wären die oben angeführten
Übereinstimmungen ein ganz merkwürdiger Zufall.
Was die Nichtigkeit der Lesart Holdam und die
Auffassung als Name eines mythischen Wesens betrifft, möchte
86
II. Abhandlung: Waschnitius.
ich noch darauf hinweisen, daß auch die in den anderen
Glossen vorliegenden myth. Bezeichnungen vollständig rich
tig sind.
M. E. ist das Zeugnis Burchards für ung. 1000 insofern
zurechtbestehend, als es ein myth. weibliches Wesen Holda
belegt. Weiteres ist mit Sicherheit nicht anzunehmen.
Das nächste Zeugnis aus der Gegend von Hessen stammt
aus der Beformationszeit, von Erasmus Alberus. Geboren
in Sprendlingen in der Wetterau, begann er seine Fabeln
als Schulmeister zu Oberursel bei Frankfurt zu schreiben und
vollendete sie 1550. ,Das Buch der Tugend und der Weisheit,
■49 Fabeln, zu Frankfurt a. M. 1550/ In fabel 16 von der
berge gebürt sagt er v. 93 f.
es kamen auch zu diesem heer
viel weiber, die sich forchten sehr,
und trugen sicheln in der hand,
fraw Hulda hat sie ausgesandt.
Die Situation ist die folgende: Von einem Berg bei
Grimmental geht das Gerücht, daß er gebären wolle. Es
sammelt sich ein großes Heer, meist von Bauern. Unter den
heranziehenden Truppen sind auch die genannten Frauen.
Interessant ist die Lesart zu v. 96: Uns liebe frawe hatt sie
ausgesandt.
Ein weiteres historisches Zeugnis liegt vor in den
Hexenprozeßakten von 1630 aus dem Besitze des Fürsten
zu Ysenburg in Büdingen, die Dr. W. Crecelius, ZfDM. I
S. 272 ff., veröffentlicht hat. Fiu der Zauberei beschuldigter
Calbacher namens Diel Breule sagte aus: er sei, nachdem
ihm Weib und Kind gestorben, einmal eingeschlafen und habe
sich beim Erwachen im Venusberg befunden. Hier: bette er
mancherlei Sachen und daß fraw Holt (an anderen Stellen
Holl) einen kessel mit wasser ubergehengt und sonsten ge
sehen, daß etzliche im feuer gesessen. (Dazu vgl. die Aussage
einer Frau in Bludenz 1525 vor Gericht Germ. II 437 f. ,In
den Frohnfasten richte das Volk ein Ding an wie ein Kessel,
es sei aber kein Kessel, sondern ein Feuer, darin werfe man
die, so selbiges Jahr in dem Kirchspiel sterben müßten/ Es
bandelt sich um ein nachts umfahrendes Seelenheer mit Frau
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
87
Selga, der Schwester der Frau Venus, als Führerin, vgl.
Sph. II 352/3.) Andere sitzen um den Tisch, Speise und Wein
sei vorhanden, aber kein Brot. Es ginge nichts Böses vor.
Dann ganz unvermittelt: fraw Holt die führ voranen in den
berg, deren folgten leut, die man aber nicht kennen kont;
denn es zeigte sich nur ein Schein, auch Vieh und Pferde mit
Locken. Mit einem Pfarrer im Berge rede Frau Holt. Auf
Befragen was, antwortete der Angeklagte, man höre nur den
Schall. Frau Holt verbinde und wasche die leut, so lam und
mangel an schenkein hetten.
Die Fahrt in den Venusberg geschieht am Neujahrstag.
Wenn die Zeit komme, müsse er fort und läge dann gleichsam
tot. Unter den im Venusberg Anwesenden bemerkte er ein
mal einen ihm bekannten Verstorbenen. Über Holt berichtet
er ferner: fraw Holt were von forn her wie ein fein weibs-
mensch, aber hinden her wie ein holer bäum von rauhen
rinden. Sie weiß auch von den Vorstrafen des Inquirierten,
sie gibt kein Geld, sondern verbindet nur Wunden. Einige
lägen in schönen Betten und doch im Feuer.
Fraw Holt pflegte zu sagen: hüte dich vor den hinder-
sten, der forderst tut dir nichts; si füre voranen das gezücht,
hernach und zuletzt ein mansmensch, wan er redete und Ant
wort gebe, würde er von allen, so da weren, mit henden ge
schlagen; sie koseten nichts als der man, der bei tisch seße,
mit fraw Holden. Schließlich bekennt er, daß er das jahr
viermal, .nemblich alle fronfasten in berg führe.
Das Protokoll ist in seiner Gedankenfolge total unver
ständlich. Es sind Einzelaussagen, die bunt aneinander ge
reiht sind. Erschwert wird das Verständnis noch dadurch,
daß sich der Inquirierte möglichst bemüht, die Sache in einem
harmlosen Lichte darzustellen. So habe ihm fraw Holt sogar
den Vorwurf gemacht, er habe Hnrecht getan, daß er den
Handel (offenbar seinen Besuch im Venusberge) nicht der
hohen Obrigkeit erzählt habe. Der offenbar pathologisch ver
anlagte Zauberer scheint selbst an die Kealität seiner Aüsionen
während der Ohnmachtsanfälle zu glauben, doch vermag er
die einzelnen Vorstellungen — wenigstens in der Wieder
gabe nach dem Protokoll — nicht ordnungsgemäß darzu
stellen. Er bietet ein Konglomerat von Motiven. Den Venus-
88
II. Abhandlung: Waschnitius.
berg stattet er so aus, daß man an ein Totenreicb denken
kann, welches aber Straf- und Lustort zugleich ist. In diesem
scheint fraw Holt eine leitende Stellung einzunehmen. Ihre
Funktionen sind nicht recht klar: er weist hin auf eine
Umfahrt und Einfahrt in den Berg. Als Begleitung
sind erwähnt: schattenhafte Menschen, Vieh und lockige
Pferde; als Abschluß ein gefährlicher Mann (ein bekanntes
Motiv der wilden Jagd). Das Anreden und Antwortgeben ist
verboten. Ihre Beschäftigung scheint strafend und lohnend
zu sein, wenigstens, wenn man den übergehängten Kessel mit
den Leuten, die im Feuer sitzen, in Verbindung bringt.
Auch das sexuelle Moment, das bei der •Venusberg
vorstellung eine große Rolle spielt, ist angedeutet, aber in
oben angegebener Tendenz abgeschwächt.
Das Motiv des hohlen Rückens ist von Wichtigkeit.
Es findet sich auch sonst bei elbischen Vegetationswesen, so
auch bei den norw. Huldren. Dieser echt volkstümliche Zug
läßt es als wahrscheinlich erscheinen, daß wir es hier tatsäch
lich um Elemente lebendigen Volksglaubens zu tun haben,
wenn auch unklar und getrübt. Als erwiesen können wir
annehmen: fraw Holt oder Holl, umziehendes myth. Wesen,
inVerbindung mit demVenusberg, Motiv des hohlen Rückens,
bedeutsame Zeiten: Neujahr und die vier Fronfasten. Zeit
des Beleges: 1630.
Ein nur 50 Jahre jüngeres Zeugnis führt uns zum Zen
trum des hessischen Holdaglaubens, zum Meißner oder
Weißner, der allerdings schon im frk.-sächs. Grenzland liegt.
Der 780 m hohe Berg erhebt sich südöstlich von Kassel zwi
schen Werra und Fulda. Hier greift das sächs. Gebiet viel
fach über die Werra hinüber und bei dem Mangel genauer
Ortsangaben in den Sammlungen (auch bei Grimm) ist es
unmöglich, frk. und sächs. gut zu scheiden. Es ist dies übri
gens überflüssig, da in den Grenzgebieten ohnedies die Vor
stellungen ineinander verfließen, in unserem Falle außerdem
Holda in beiden Gebieten bekannt ist. Ich führe daher alle
Meißnersagen nach dem Muster Grimms hier an.
Das erwähnte Zeugnis ist Zeilerus ,Epistol ische
Schatzkammer', Ausg. v. 1683, S. 622 f. (Nach Lyncker,
S. 18; Gr. D. S. S. 8; Zeiler Sendschreiben II 533, 695;
I
Perht, Iiolda und verwandte Gestalten. 89
Prätorius Weltbeschr. I 476): In dem Eschweger oder Bil-
steiner Amt liegt an dem Weißnerberg ein großer Pfuhl oder
See, welcher mehrstenteils trüb ist, wird Frau Höllenbad ge
nannt, weil der Alten Bericht nach ein Gespenst in Gestalt
eines Weibsbildes in der Mittagsstunde sich darinnen badend
habe sehen lassen und hernach wieder verschwunden seyn
solle, auch außer denen viele Gespenster an diesem Berge umb
die Moraste sich haben vernehmen lassen, auch zuweilen
Beisende und Jäger verführet und beschädiget haben sollen.
Daß es sich um eine gelehrte IJmdeutung des Hamens handelt,
zeigt der heutige Harne: Frau Hollen Teich. Von diesem
und Frau Holle selbst berichten die Brüder Grimm, DS.
S. 6 n. 4 nach Schaub ,Beschr. d. Meißners', Cassel 1794, 8
S. 12—14; Münchhausen ,Abh. über d. MJ Hess. Denkw. II
161—202: Von dieser Holle erzählt das Volk mancherlei
Gutes und Böses. Weiber, die zu ihr in den Brunnen steigen,
macht sie gesund und fruchtbar; die neugeborenen Kinder
stammen aus ihren Brunnen und sie trägt sie hervor. Blumen,
Obst, Kuchen, das sie unten im Teiche hat, und was in ihrem
unvergleichlichen Garten wächst, teilt sie denen aus, die ihr
zu gefallen wissen. Sie ist sehr ordentlich und hält auf guten
Haushalt. Wenn es bei den Menschen schneit, klopft sie ihre
Betten aus, davon die Flocken in die Luft fliegen. Faule
Spinnerinnen straft sie, indem sie ihnen den Bocken besudelt,
das Garn verwirrt oder den Flachs anziindet. Fleißigen
schenkt sie Spindeln und spinnt selbst für sie über Hacht.
Faulenzerinnen zieht sie die Decke ab und legt sie nackend
aufs Steinpflaster, wogegen fleißige Mägde, die schon früh
morgens Wasser zur Küche tragen, im Eimer Silbergroschen
finden. Gern zieht sie Kinder in ihren Teich; die guten
macht sie zu Glückskindern, die bösen zu Wechselbälgen.
Jährlich geht sie in dem Land umher und verleiht den Äckern
Fruchtbarkeit, aber sie fährt auch an der Spitze des wilden
Heeres durch den Wald und erschreckt die Leute. Bald zeigt
sie sich als schöne, weiße Frau in der Mitte des Teiches, bald
ist sie unsichtbar und man hört aus der Tiefe Glockengeläute
und finsteres Bauschen.
Diese Mitteilungen ergänzt Lyncker (1854), S. 15—18
nach Schminck Zscli. d. V. f. hess. Gesch. IV 103 aus mündl.
90
TI. Abhandlung: Waschnitius.
Quelle: Die unartigen Kinder straft sie mit der Ente, wenn
sie zu Weihnachten kommt, den gehorsamen bringt sie Spiel
zeug, Äpfel u. ähnl.
Wenn es am Weißner nebelt, besonders wenn einzelne
Wolken daran hinziehen, hat Frau Holle ihr Feuer im Berg.
Oft erscheint sie auch als tückisch und neckend, indem sie
den Menschen, besonders den Weibern das Haar verwirrt;
daher heißen die mit verworrenem Haar Hollerkopf und die
Leute sagen: Dein Haar ist hollerich oder verhollert. Einen
Stein am Weißner soll Frau Holle auf dem Daumen her
getragen haben (S. 18), einen Felsblock auf einem Berg
gipfel zwischen Eschwege und Reichensachsen schüttete sie
aus ihrem Schuh, weil er sie drückte.
Das sind die Sagen des Meißner-Gebietes über Frau
Holle. Sie erscheint demnach:
1. als Brunnenfrau. Motive: Gesundbrunnen, Gene
rationszauber, Kinderbrunnen, Unterirdischer Garten und
Geschenke daraus, Mittagsbad, Glockenklang und Rauschen,
Kinderraub, Glückskind und Wechselbalg;
2. als Spinnstubenfrau. Motive: Spindelgeschenk,
Spinnhilfe, Geldgeschenk, Besudelung, Verwirrung, auch des
Haares, Anziinden des Spinngerätes, Entblößung;
3. in Bezug zum Wetter. Motive: Bettausschütten,
Nebelfeuer;
4. mit der wilden Jagd;
5. in Beziehung zur Vegetation: segnender Flur
umgang ;
6. als Riesin. Motiv des fallen gelassenen Findlings;
7. in mimischer Darstellung als Kinder scheuche
zur Weihnachtszeit.
Aus Hessen stammt auch die eine Variante des berühm
ten Märchen von Frau Holle. Gr. K. H. M. I 8 , S. 133 ff.
n. 24. Eine genaue Wiedergabe ist bei der Bekanntheit über
flüssig. Grimm bemerkt III 3 S. 40 ff. zu diesem Märchen:
aus Hessen und Westfalen. Offenbar im allgemeinen gleich
lautende Texte, da er sie sonst gesondert hätte. Die hessischen
Märchen sind von den Brüdern Grimm unmittelbar aus münd
licher Überlieferung aufgenommen, die westfälischen Bei-
Perht, Iiolda und verwandte Gestalten.
91
träge stammen von der Familie Haxthausen (vgl. Hamann,
S. 12; auch n. 24).
Wie schon erwähnt, dürften die beiden Varianten in der
Textierung ziemlich übereinstimmen, wir müssen daher in
beiden Frau Holle als handelnde Person annehmen.
Die Brüder Grimm selbst III S. 40 f. bringen noch vier
Erzählungen aus Mitteldeutschland (Schwalmgegend, Pader
born, Hessen, Thüringen) über denselben Stoff. An Stelle
von Frau Holle erscheint hier: ein rotes Weib, eine Hexe,
eine Nixe. Die Arbeit besteht vor allem im Lausen und
Kämmen.
Wir haben es hier mit einem auch anderweitig bekann
ten Märchen zu tun (vgl. Gr. III a. a. 0.), das in Hessen an
die im Volksglauben auch als Brunnenfrau bekannte Frau
Holle geknüpft wurde. Mythisch ist nur diese selbst und das
Motiv vom Bettfedernschneien; alles andere ist märchenhaft.
Hessisch sind wohl auch die Vorstellungen, die in dem
Gedicht Waldbriihls, D. Ma. III S. 270 f. verarbeitet sind.
Er schildert Frau Holle als wilde Jägerin und Spstf.
in den Zwölften; ihr Umzug ist segensreich. Dazu stimmt
die oberhessische Redensart (GM. III 88) meatt der Holle
färn: verworrenes Haar oder verworrene Rocken haben,
auch wohl nachtwandeln.
Aus Gießen an der Nassauer Grenze bringt GM. III
87 die Redensart: die Holl kommt ohne weitere Bemerkung.
Aus der Gegend von Fulda berichtet J. W. Wolf,
H. Sg. S. 10 n. 12 nach Schwarz Buchenblätter II 91: Bei
Fulda im Walde liegt ein Stein, in dem man Furchen sieht.
Da hat Frau Holl über ihren Mann so bittere Tränen ge
weint, daß der harte Stein davon erweichte. Motiv der
klagenden Waldfrau. Eine Variante bei Schwarz I
S. 117: ein Mädchen verlangt für ihre Huld, daß der Jüng
ling den Stein aus dem Walde vor ihre Hütte schaffe. Er
versucht es, schafft sich aber dabei zu Tode. Hier heißt der
Stein vom Rollen Fraurollstein. Das ist wohl ätiologisch,
vielleicht kennt man hier auch die Namensform Frau Roll.
Wolfs Bemerkungen S. XII u. S. 182 über Identität dieser
weinenden Holl mit Freyja-Frowwa sind falsch.
92
II. Abhandlung: Waschnitius.
Neben Holl, Holle als Name eines mythischen Wesens
kommt dieses Wort in Hessen auch als Benennung elbischer
Gestalten in Mehrzahl vor: die Hollen. Über solche berichtet
Wolf a. a. O. S. 52 u. 81 aus miindl. Quelle: Hie Hollen waren
kleine Berggeister, die in den Klugstein unweit Obernburg,
am Main östlich von Darmstadt, schon in Bayern, ihren
Wohnsitz hatten. Sie entfernten sich erst von dort, als sich
die Gregend mehr und mehr bevölkerte und sie durch den
Bergbau gestört wurden. Böse Menschen hatten viel von
ihnen zu leiden, gegen gute aber waren sie wohltätig und ge
fällig. Die Spinnerinnen hatten sich stets zu beeilen, ihren
Hocken abzuspinnen, sonst kamen die Hollen hinein und
verwuschelten alles. Wenn man an manchen Tagen an dem
weißen Berg vorüberging, konnte man an den Felsritzen den
Dampf ihrer Pfannkuchen riechen. Wie man sieht, zeigen
die Hollen ganz die Züge der Zwerge. Alle Motive, die oben
erzählt wurden, gehören dem Vorstellungskreis der Zwerge
an bis auf das Motiv der Rockenverwirrung, das von
der Spstf. erzählt wird. Dieser Beleg ist durch seine Lokali
sation auffallend, da er in dieser Gegend singulär ist. Da
gegen schließen sich die guten Hollen zwischen Wolf
hagen und Volkmarsen, nordwestlich von Kassel (Lyncker,
S. 54) an die waldeckschen Hollen an. Es sind kleine Leute
mit dickem Kopf in unterirdischen Wohnungen, gutmütig,
aber rachsüchtig; sie stehlen Ähren und Kinder usf. Von
einer Verwandtschaft mit Holda ist bei diesen nichts zu
merken. Das Gebiet ist übrigens schon niedersächsisch.
Wir haben also in Hessen:
1. Ein weibl. däm. Wesen namens Holda, Holle, Holl,
Holl. Verknüpft mit der Hexenfahrt (?), dem Venusberg,
Märchen von den zwei ungleichen Geschwistern, der wilden
Jagd. Erscheint als Brunnenfrau, Spstf., klag. Waldfrau,
Vegdäm., Riesin. In Beziehung zum Wetter.
2. Elbische Wesen namens Hollen, gute Hollen. Motiv
der Rockenverwirrung.
Auch iu der ehemaligen gefürsteten Grafschaft Henne-
berg (Schleusingen, Schmalkalden, Ilmenau, Ostheim, Meinin
gen etc.) ist Holda bekannt. Sie ist ein Phantom, mit dem man
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
93
Kinder scheucht (Id. I S. 68). Von ihr heißt es: die fra
Holln scliütelt ör bett, wenn es schneit. D. Ma. II S. 48.
Id. II s. v.: die Holle Frau schüttet ihr Bett aus, wenn es
schneyt. Spieß, Volkstüml. aus dem frk. Hbg., berichtet nichts
von ihr.
Nassau. In Nassau bildet der Westerwald ein Er
haltungsgebiet alter Volks vor Stellungen. Schmidt Id. s. v.
und Kehrein S. 279 führen einige Redensarten von dort an,
die die Bekanntschaft mit Holda belegen. So heißt es, wie
auch im benachbarten Hessen, wenn es schneit: Frau Holle
macht ihr Bett (zu Hausen, Amt Wehren; ferner mött de
Holle fahren, d. i. eine Hexenfahrt machen, nachtwandeln.
Hollezopf nennt man Haare, die so verworren sind,
daß sie ordentliche Knöpfe bilden, und ähnliche Bildungen
auf Bäumen. Derartiges schreibt man sonst dem Druckgeist
zu. Vgl. den Ausdruck Märenzopf, —locke, dän. marelok,
engl, elflocks, Wichtelzopf u. ä. Mannh. GM. 261, 715; Falk-
Torp Dän. Wb. 698 u. 697.
Am obern Westerwald kennt man die Hollen (Iv.
S. 102). Zu einer Frau, die am letzten Donnerstag vor dem
heiligen Christfest spät abends spann, kam eine Holle und
brachte ihr zwölf leere Spulen zu bespinnen. Sie betrog diese
aber auf die bekannte Weise. Dieser Abend heißt (angeblich
daher) Hollen abend und an ihm herrscht Spinnruhe. Wir
haben demnach in Nassau:
1. Frau Holle. Redensart der Holdenfahrt. Bettfedern-
schneien, Alpzopf.
2. Die Hollen; als Spstf. für den Hollenabend (letzten
Donnerstag vor Whn.). Motiv der betrogenen Spstf.
Linksrheinisches Franken. Am linken Hfer des Rheins
ist Holda auf md. Gebiet vor allem im Mosellande bezeugt.
N. Hocker in Trier berichtet ZfDM. I S. 194: Bei Hermeskeil
sitzt Frau Holl im Berge und spinnt. In Dillingen heißt es,
Frau Holl wohne in neugebauten Häusern, welche noch nicht
gesegnet sind. Sie neckt gern die Kinder und macht sie fallen.
Sie heißt Frau Holl, sagen die Leute, weil sie die Kinder hole.
Hier scheint sie zu einem Zwischending zwischen Haus
kobold und Dorfgespenst geworden zu sein. Für letzteres
94
II. Abhandlung: Waschnitius.
ist das Necken von Kindern charakteristisch. Sie wurde des
halb auch zur Kinderscheuche, womit die Ausdeutung ihres
Namens übereinstimmt. In der Eifel, wo nur die Sagen
sammlung von Pfarrer J. H. Schmitz vorliegt, ist Ilolda un
bekannt. Zweimal ist der Name: die Unholde belegt für
Menschen neckende und irreführende elbische Geister (Tom
men und Teufelsplotz, S. 9 u. 28). Die Frau der Altburg, die
Samen trocknet, welche zu Goldstücken werden, hat keinen
Namen (S. 9).
In Luxemburg soll Holda nach Gredt Lbg. Sagenschatz
S. 52 als Königin einer Wichtelfamilie, also als Elbin bekannt
sein. Leider lag mir die Sammlung nicht vor. Das Lxbg.
Wörterbuch führt sie nicht an, obwohl Eigennamen aufge
nommen sind, stellt aber den Ortsnamen Huldang (1) Hul
dingen zu Huldana-Holda (! S. 189). Aus Köln sind spät-
mittelalterliche Belege für die Holden bekannt. So
bringt Pfeiffer in seinen Beiträgen zur Köln. Ma. im 15. Jh.
D. Ma. II 438 die Glossen: guthoulde m. Hausgeist. Tlieu-
tonist 113 a: guede holden, witt vrouwen, belevitten pe-
nates. In einem wahrscheinlich in Köln um 1470 gedruckten
,Tractat über die 10 Gebote' (S. Geffcken, S. 168) wird fol. 2 b
von den Leuten gesprochen: die geloeuen hcbben in den
gueden holden offte witten vrouwen, naclitmaren, neckers,
wlen, kijten, rauens, krochen ende andere spocken. In der
köln. Erzählung D. Ma. I 158 f. von den Wildsälden wird
statt Ws. auch der Ausdruck Nachthulden und Nacht
fahren gebraucht (Sph. II 354). Hier ist es fraglich, ob es
sich nicht um mhd. holde Freundin handelt, da es nächtliche
Buhlgeister sind.
Oberungarn und Siebenbürgen. Rheinischen, fränkischen
Ursprungs ist bekanntlich der Groll teil der deutschen Be
völkerung Siebenbürgens und der Zipser Bergstädte. Aus
letzterem Gebiete berichtet Schröer Nachtrag zum Wb. d.
dsch. Ma. d. ung. Berglandes, S. 275:
Holde, frä Holde: Frau Holda. Was am Weihnachts
abend von der Mohnspeise (kränhapel Krähenhäuptlein kro
Krähe Aachener Ma. 130) in der Schüssel bleibt, während
dem man zur Mette in die Kirche geht, nennt man: Frä
Holden Teil. Wenn man aus der Kirche zurückkommt,
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
95
setzt man sich wieder zur Schüssel und sagt: Nun wollen wir
mit Frau Holden essen.
Der Beleg ist trotz der Isoliertheit der Anknüpfung des
Speiseopfers an Holda bei der Bestimmtheit, mit dem ihn
Schröer bringt, kaum anzuzweifeln. Sonst sind Speiseopfer
für Holda nirgends belegt und man muß hier Erhaltung
eines sonst geschwundenen Brauches oder Sonderentwick
lung annehmen, vielleicht beeinflußt vom nächstgelegenen
bayrisch-deutschen Sprachgebiet. Die Frä Holde wurde jeden
falls aus der Heimat mitgebracht. Da die Besiedlung der
Zips durch Deutsche c. 1142—1242 stattfand (1248 Bruder
schaftsbund der Pfarrer von 24 Zipser Städten, 1271 Ein
führung des sächsischen Bechtes), wäre Holda möglicher
weise für das Bheinland spätestens vor 1240 belegt.
Auch in Siebenbürgen sind Spuren von Holda zu
finden. Ein Graben beim sächsischen Dorfe Nadesch bei
Schackburg im früheren Ivokelburger Ivomitat heißt fra-
holtegrowen (Müller, S. 26 n. 38). Bei Kleinscheuern gibt
es einen Hui de gräwen, bei Zuckmantel einen Frä Holte-
gruowen (Schuster 404 f., alles andere gehört nicht her).
Die Namensform ist wegen des t auffallend, doch dürfte es
sich jedenfalls um Holda handeln. Sonst ist sie unbekannt
(Müller 355 An.).
Dagegen kennt man die Spinnruhe in den Zwölften
in Stolzenburg und Schaas (Haltrich, S. 282) und am Sams
tagabend, manchmal am ganzen Samstag (ebd. 289).
Auf Spinnruhe in den Zwölften weist auch der Brauch
in Großschenk. Am Freitag vor Weihnachten wird das
Spinnen von den Mädchen beschlossen, da die Knechte sonst
alle Bocken und Spindeln zerbrechen, weshalb die Mägde nur
altes Gerät in die Bockenstube mitbringen. Dafür wird
mancherlei Possen getrieben (Müller, S. 366). Nach Schuster,
Archiv X S. 142 geschieht dies am 23. 12. und der Abend
heißt der Geinzelavend.
Holda ist demnach wahrscheinlich als Vegdäm. be
kannt. Die Zeit der Einwanderung setzt Bekanntschaft mit
Holda in der Heimat spätestens vor c. 1224 voraus. Natürlich
geschah die Einwanderung nicht plötzlich, Nachwanderungen
fanden noch zur Zeit Maria Theresiens statt, aber meist aus
96
II. Abhandlung: Wascknitius.
Süddeutschland. Die genannte Zahl ist der Abschluß des
großen Besiedelungswerkes durch rheinische Franken. Zwin
gend ist allerdings diese Terminsetzung für Holda in der
Heimat nicht.
Fürstentum Waldeck. In Waldeck kennt man sowohl
eine einzelne Frau Holle als auch das Yolk der Hollen.
Frau Holle gilt in Bergheim als Spstf., die am
Christabend, den Wocken wegnimmt, wenn er nicht abge
sponnen ist (Curtze, S. 196). In Münden geht die Redens
art, wenn es schneit, schüttle Frau Holle ihr Bett (ebd. n. 17).
Nach Müller, Altdsch. Bel. S. 19, 21 schreibt man hier auch
Frau Holle das Vertauschen ungetaufter, ohne Licht in der
Stube liegender Kinder gegen Wechselbälge zu (C., S. 370).
Offenbar von den Hollen übertragen.
Die Vorstellung von diesen ist nicht einheitlich. So denkt
man sich in Usseln die Hollenweiber groß. Sie wohnen im
Höllenstein in der Suder, leihen von Menschen Bottiche zum
Brauen aus und gehen Verbindungen mit Menschen ein. Auch
das Motiv vom langen Haar der Elbin wird mit ihnen
verknüpft (C., S. 218 n. 41). In Alraff, Lütersheim, Volk
marsen, Flechtdorf und Twiste sind die Hollen kleine Leute,
die sich unsichtbar machen können, in Höllensteinen wohnen
und von welchen man die üblichen Motive der Zwergsagen
erzählt: sie backen, wozu sie sich Geräte ausleihen, schenken
auf scherzhaftes Verlangen tatsächlich Kuchen, verderben
unsichtbar Erbsenfelder, rauben.mit Vorliebe Kinder und
vertauschen sie mit ihren eigenen, weshalb geistesschwache,
aber gutmütige Kinder in Twiste gute Hollen heißen. (Vgl.
dazu GM. 259 Elbentrötsch für Geistesschwache, ellevild aus
gelassen dän. mhd. Alp Tor, Narr, alb. Mensch, mnd. elvisch
geisteskrank, engl. dial. elfin Falk Torp Wb. 23. Mannh.
GM. 715.) Sie kommen oft in die Häuser, lassen sich aber
durch vorgespiegelte Zauberhandlungen leicht vertreiben u.
ähnl. (G. n. 42—48). Interessant ist folgender Brauch: Wenn
kleine Kinder kränkeln, müssen die Eltern Wolle und Brot
in einen Wacholderbusch einer anderen Feldflur bringen
und dabei sprechen: ,Ihr Hollen und Hollinnen, hier bring
ich euch was zu spinnen und was zu essen. Ihr sollt spinnen
und essen und meines Kindes vergessend Man dachte sich
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
97
also die Hollen auch als krankheitserregende Vegeta
tionsgeister. Der Brauch, solche Wesen vom Menschen da
durch abzulenken, daß man ihnen etwas anderes zur Be
schäftigung und ein Speiseopfer gibt, ist auch sonst belegt
(C., S. 373 n. 15). Eine ganz ähnliche Formel: Weichet ihr
Geister und —innen, weichet, ihr Gilbert und —innen etc.
bringt Curtze, S. 423.
Sachsen und Thüringen. An Oberfranken schließt sich
jenseits des Frankenwaldes das sächsische Voigtland an.
Zu diesem gehört auch der Orlagau. Die Orla ist ein Heben
fluß der Saale am rechten Ufer; sie entspringt bei Triptis im
Weimarer Kreis Heustadt, fließt nach Westen und mündet
gegenüber Orlamünde in die Saale. Die Volkssagen dieses
Bezirkes hat W. Börner, Pfarrer in Endschütz, der auch
das Archiv des voigtl. altertumsforsch. Vereins in Hohenleuba
gründete und fast ausschließlich füllte, gesammelt: Volkssg.
aus dem Orlagau, Altenburg 1838. Sie sind von der Rahmen
erzählung und den Gesprächen streng geschieden und machen
den Eindruck ziemlich getreuer Wiedergabe, wie es auch
Börner für sich beansprucht.
Über Perht liegt ein ganzer Sagenkreis vor. (B. schreibt
Perchtha) S. 113—188. Die erste Sage knüpft sich an die
Hamen der verschwundenen Dörfer: Cosdorf und Rödern
zwischen Bucha und Wilhelmsdorf. Das waren einst zwei
stattliche, reiche Dörfer; denn der Flursegen war ungeheuer.
Das machte, daß die ganze Gegend von Heimchen bevölkert
war. Diese waren ein friedliches und harmloses Zwergen-
geschlecht, das an der Bewohner Arbeit, Freude und Lust
teilnahm, mit deren Kindern spielte und sich besonders bei
der Ernte sehen ließ. Ihre Königin war Perchtha. Das
schöne Verhältnis zwischen ihnen und den Menschen trübte
sich aber. Es kam ein ernster Mann aus der Fremde und
sagte, man dürfe Perchtha nicht trauen; die Kleinen, über
die sie gebiete, seien Menschenkinder, welche vor der Taufe
gestorben wären. Einmal im Jahre, in der Hacht vor dem
heiligen Drkgfeste, sei ihr Macht verliehen, ihre Tücken an
den Menschen auszuiiben. Da komme sie, verwirre den
Weibern, die nicht abgesponnen, ihre Rocken und was der
gleichen mehr. Diese Lehre faßte feste Wurzeln und die
Sitzungsber. d. phil.-hisfc. Kl. 174. Bd. 2. Abl>.
7
98
II. Abhandlung: Waschnitius.
Menschen zogen sich von den Heimchen zurück. Da wurde
in einer dunklen Drkgnacht der Fährmann in Preswitz ge
rufen, und als er zum Strome kam, sah er eine verschleierte,
stattliche Frau in schlossen weißem Kleide und viele Kinder
um sie herum, die alle trübe uud traurige Mienen hatten.
Trotz seines Grauens mußte der Fährmann auf die Drohung
Frau Perchthas hin — denn sie war es — die Kleinen über
setzen und er mußte dreimal fahren, so viele waren es. Der
weil stand Perchtha drüben bei seinem Pfluge, zimmerte an
ihm ausbessernd und, als die Überfahrt beendet war, be
deutete sie ihm, als Lohn die Späne zu nehmen. Un
willig steckte er einige ein und fuhr heim. Am Morgen
fand er an ihrer Stelle Goldstücke. Seitdem waren die Heim
chen und Perchtha verschwunden. Die Fluren verödeten, die
Dörfer wurden im Kriege zerstört und das Gelände ist heute
noch düster und unfruchtbar. Die Kunde von Perchtha und
ihrer Überfahrt hat sich auch bei Kaulsdorf a. d. Saale und
zu Köstritz a. d. Elster bei Gera erhalten (S. 125).
Die nächste Sage S. 126 bringt das Motiv der Aus
besserung und des Spanlohnes. Es handelt sich um
einen Wagnermeister aus Colba, der in der Drkgnacht nach
Hause geht und am Orlafluß Perchtha trifft, deren zerbroche
nen Ackerpflug die Heimchen klagend umringen. Er muß
ihn ausbessern und bekommt dafür die Späne, die zuhause
zu Gold werden. Ein Knecht, der das hört, geht nächste
Perchtennacht (sic!) an denselben Platz. Perchtha aber fuhr
ihn streng an, was er hier zu dieser Stunde suche. Wie jener
nun vorbrachte, daß er ihren Pflug habe ausbessern wollen
und nur die Späne als Lohu verlange, erwiderte Perchtha:
,Eicht nötig, ich habe mein Beil selbst zur Hand/ Damit
hieb sie den Gesellen in die Schulter, daß er zeitlebens einen
schiefen Hals behielt (auch bei Eisei n. 265). Motiv vom
Kotnagel und vom eingehackten Beil. Ähnliches auch bei
Kaulzendorf, Preßwitz, beim Saalhause, auf dem Landberg
zwischen Pößneck und dem Forsthause Reichenbach (auch
bei Gr. DS. S. 11; Zusatz bei Börner).
Unter der Gleitsch bei Fischdorf die Variante, daß hier
Perchtha mit den Heimchen auf einem Wagen fährt und ihr
die Achse zerbricht.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
99
Aus Weidenberge in der Wabe der Saale bringt Börner
eine Sage mit dem Motiv der Blendung auf ein Jahr.
Eine Magd begegnet nachts am Heimweg Perchtha mit ihren
Kindern, alle von gleicher Art und Größe; die einen zogen
einen großen Pflug, die anderen trugen Wirtschaftsgeräte, alle
aber klagten, daß sie keine Heimat mehr hätten, und drängten
sich um Perchtha, eine mächtige, große Frau. Als die Magd,
der das komisch vorkam, lachte, blendete sie Perchtha, machte
sie aber wieder sehend, als sie die Magd unwissend in der
nächsten Drkgnacht anbettelte. Dieselbe Sage in der soge
nannten Sorge bei Weustadt a. d. Orla.
Das Tränenkrügleinmotiv finden wir in Wilhelms
dorf (S. 142). Eine Mutter weint in der Drkgnacht am Grabe
ihres Kindes. Da zieht Perchtha mit ihrem Gefolge vorbei.
Die Frau sieht ganz hinten ein Kind mit ganz durchnäßtem
Hemdchen, in der Haud einen Krug Wasser, das den anderen
kaum nachkommt. Als der Zug über eine Umzäunung klettert,
kann es nicht hinüber. Als es die Frau hinüber hebt, spricht
das Kind: ,Ach Mutter, wie warm sind Mutterhände; aber
weine nicht zu sehr, du weinst mir meinen Krug sonst gär
zu schwer und voll, da sieh, ich habe mir schon mein ganzes
Hemd damit beschüttet/ Da hörte die Frau zu weinen auf.
Zu Bodelwitz dieselbe Sage (S. 152).
Als Spinnstubenfrau ist sie im ganzen Gau bekannt.
Sie untersucht in jeder Vornacht des heiligen Drkgtages die
Bockenstuben, bringt den Spinnerinnen leere Spulen mit, mit
der Weisung, diese in bestimmter kurzer Frist vollzuspinnen,
und bestraft, wenn das Geforderte nicht geliefert werden kann,
mit Verwirrung und Verunreinigung des Flachses. Bei dieser
Gelegenheit schneidet sie allen denen, die an diesem Tage
kein Zemmede gegessen haben, den Leib auf, nimmt die ge
nossenen andersartigen Speisen heraus und füllt den leer
gewordenen Raum mit Wirrbüscheln und Backsteinen an.
Zuletzt näht sie den Leib wieder zu, wobei sie sich statt der
Wähnadel einer Pflugschar und statt des Zwirnes einer Röhm-
kette bedient. Zemmede ist eine aus Mehl und Milch oder Was
ser inPfannen gebackene Speise. (DerWame slaw.Ursprungs?)
In diesem Bericht Börners scheint verschiedenes ver
mengt worden zu sein,=so vor' allem das Motiv der betroge-
7*
100
II. Abhandlung: Waschnitius.
neu Spstf. und das Bestrafen für den Bruch der Spinn
ruhe. Von letzterem ist hier gar nicht die Bede, von ersterem
nur die erste Hälfte, es ist aber, wie wir gleich sehen werden,
ganz bekannt. Ob diese Verwirrung auf das Konto Börners
zu setzen ist oder schon im Volksglauben vor sich ging, ist
nicht mehr erkennbar.
Das Motiv der betrogenen Spstf. finden wir in Op
purg, wo Perchtha offenbar deshalb empört ist, weil die Spinn
stube voll Gäste ist, die sich jubelnd unterhalten (christliche
Anschauung!). Ferner in Langendembach und Oepitz (Eisei,
S. 103), wo eine alte Frau am Drkgabend spann und bei der
Warnung vor Perht(a) diese noch spottete. Da stieß diese das
Fenster auf und warf eine Hand voll leerer Spulen herein,
die in einer Stunde fertiggesponnen sein sollten. Die Frau
aber spann um jede nur einige Beifen und warf alles in den
Bach. Da hat ihr Perht(a) nichts anhaben können.
Endlich bringt noch Börner zwei Sagen (173, 182) mit
dem Motiv der Wagenausbesserung und des Span
lohnes. Ein armer Bergmann aus Bucha hilft ihr, sie schenkt
ihm die Späne und verkündigt ihm die Geburt von Zwillin
gen. Das geschah auch wirklich, der Bergmann aber wurde
reich. Die zweite Sage aus Jüdewein, wo zwei Betrunkene
Perchtha mit ihrem Wagen treffen und ihn ausbessern. Auch
hier Andeutung des Spanlohnes. Das sind die Sagen aus dem
Orlagau. Wir haben demnach belegt:
1. Perht als Elbenkönigin und Kinderseelen-
führerin. Sie tritt hier mit dem Gefolge der Heimchen
auf. (Über den Namen vgl. Kluge Etym. Wb. 4 1910, s. v.,
Gr. DWb. IV 2, S. 608; EHM. GM. S. 64; Sph. II 186 ff.)
Diese werden bald als elbische Wesen von Zwergenart mit
den typischen Motiven beschrieben, bald — und zwar in der
selben Sage — als Seelen ungetauft verstorbener Kinder be
zeichnet. Diese Doppelheit der Anschauungen — als solche
muß sie erscheinen, wenn auch beide aus derselben Grund
vorstellung entspringen — fiel schon unter der mythentragen
den Bevölkerung des Orlagaus auf und führte zur Konzeption
der ersten Sage bei Börner. Die Aufklärung durch den Frem
den bot einen Grund zur Änderung der Gesinnung der Men
schen und diese wieder zum Abzug der Heimchen. In Wirk-
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
101
lichkeit ist yon diesem letzteren Motiv des Abzuges und der
Überfahrt der Elben auszugehen. Diese beiden Motive sind
stereotyp innerhalb des Sagenkreises von den Elben; das
Überfahrtsmotiv berührt sich allerdings mit der Überfahrt
der Seelen (vgl. Mannh., GM. S. 361 ff.) ist aber nicht ident.
Daß die Elben aus dem Seelenglauben erwuchsen, ist wohl
sicher; sie haben sich aber vielfach ihres Ursprunges eman
zipiert und niemand wird in der ersten Hälfte der ersten
Sage bei Börner bei der Schilderung der Heimchen an Seelen
geister denken. Hat sich also die Elbenvorstellung ganz selb
ständig gemacht und ist sie erst sekundär mit Perht (wieder?)
verknüpft worden, die ihrerseits selbständig war und als
Führer in der Kinder seelen galt? Sicherheit wird hier schwer
zu gewinnen sein, aber es ist doch anzunehmen, daß zumindest
im mythenbildenden Unterbewußtsein des Volkes die Fäden
zwischen Elben und Seelen sich nie ganz lösten und so die
ISTeuverschmelzung der zwei Kreise befördert wurde. Ein
weiteres Problem kommt hinzu: ist das Motiv des Abzuges
wirklich so mächtig, daß es die meisten Sagen wie ein starker
Grundton durchzieht, oder ist es erst sekundär entstanden
aus dem Mißverstehen des alljährlichen Umziehens der Perht,
das man ja übrigens auch kennt? Es scheint tatsächlich so
der Fall zu sein und mitgewirkt dürfte haben, daß man aus
den in ihrem Auftreten fast immer jämmerlichen Seelen über
ihren Abzug klagende elbische Wesen machte. Ganz klar
ist jedenfalls bezeugt: Perht umziehend in der Drkgnacht
mit Kinderseelen in Wagen oder Pflug. Motive: Ausbesse
rung, Spanlohn, eingebautes Beil, Blendung auf ein Jahr,
ferner Perht als Königin der Elbe (== Kinder seelen), Abzug
und Überfahrt, Spanlohn.
Die Hamensform Perchtha bei Börner ist literarisch,
vl. von Grimms Myth. 1835 beeinflußt (Perahta). Aus dem
nahen Saalfeldischen ist die Namensform Perchte belegt,
die man auch erwartet. (Gr. Gm. 1 LXXXVIII; Abergl. n. 525
aus Journ. v. u. f. Dsch. 1790.)
2. Perht als Spinnstubenfrau. Dazu stelle man die
Mitteilung Eiseis (S. 103): am heiligen Drkgabend darf nicht
gesponnen werden; am Abend zuvor kommt Perchtha zu
sehen, ob alles abgesponnen ist. Dann lohnt sie die Fleißigen
102
II. Abhandlung: Waschnitius.
und bestraft die Faulen und wer leere Spulen nicht in be
stimmter kurzer Zeit vollendet, dem verwirrt sie den Flachs
und verunreinigt ihn.
Die Motive: gebotene Fastenspeise und Festmahlzeit,
Gastrotomie, riesisches Nähzeug, betrogene Spstf. Garn
verwirrung und Beschmutzung. Umzug und Spinnruhe:
Drkgnacht.
Sonst ist Perht im Voigtland noch im Saalf eldischen
belegt. Gr. a. a. 0. aus Journ. v. u. f. Dsch. 1790, S. 26—29,
Gr. 4 III 452 und Sachs. Provinzbl. V 499—512: n. 512. Dem
Mädchen, das den letzten Tag des Jahres den Pocken nicht
abspinnt, wird er von der Bergda verunreinigt. Die Bergda
ist ein zottiges Ungeheuer, n. 525. Viele essen den letzten
Tag im Jahre Knödel (Strötzel) und Hering, sonst, behaupten
sie, schneide ihnen Perchte den Bauch auf, nähme das erst
Genossene heraus und nähe dann mit der Pflugschar statt
der Nadel, mit der Röhmkette statt des Zwirnes den gemachten
Schnitt zu. Dieselben Motive wie im Orlagau. Bergda =
Berchda, vgl. dg für dch. Die Gestalt scheint theriomorph
zu sein.
Neben Perht ist im Voigtland auch Holda bekannt.
Was Köhler und Eisei von einem Bild einer heidn. Jagd
göttin Holla Popula erzählen, gehört nicht hieher. Schmidt,
S. 152 berichtet 1827 aus Reichenfels: Frau Holla hält am
heiligen Abend des hohen Neujahrs (=Drkgtag, Eisei, S. 417)
genaue Revision, ob auch alle Rocken abgesponnen sind; wo
dies nicht der Fall ist, verunreinigt sie den Flachs. Auch
muß an diesem Abend Polse, ein aus Mehl und Wasser eigens
zubereiteter dicker Brei, gegessen werden; wer dies unter
läßt, dem reißt sie den Bauch auf (Köhler, S. 476). Wieder
die Motive des Orlagaus bei Perht als Spstf.
Auch Wagenausbesserung und Spanlohn wird von Holda
erzählt, bei Hohenleuben und am Gangloffer Kirchberg, Eisei,
Anm. 2 zu n. 265 nach Schmidt und miindl. Quellen. Als
man die zurückgelassenen Späne holen ging, fand man nur
ein Häufchen glühender Kohle, ein Motiv der Schatzsage.
Der Name Holle ist sonst wenig bekannt und wird in Leum
nitz, Mörsdorf etc. mehr mit Sauzehl, dem Wirbelwind, iden
tifiziert (ebd. aus mündl. Quelle). -Holle ist demnach hier zu
Perht, ffolda und verwandte Gestalten.
103
einem Winddämon geworden. Was Eisei, S. 397, Anm. 1
berichtet, ist wertlos.
Gleichbedeutend, das heißt wohl für dasselbe mythische
Wesen gebräuchlich, ist der Name Werre. Beide Namen
Holle und Werre werden in Gangloff gleichbedeutend ge
braucht. Hier und bei Hohenleuben gilt auch Werre als
Spstf. für den Drkgabend (Eisei, Anm. zu n. 201). Varianten
aus Negis, Hopsen, Langenberg usf. (ebd.). Hier heißt der
Drkgabend auch Werrenabend. Auch die Motive (Festspeise
etc.) werden auf Werre übertragen (Eisei n. 262 mündl.).
Schließlich wird Werre auch wie Holle öfters, aber nur
dunkel mit dem Wirbelwind in Verbindung gebracht, der
auch Sauzehl heißt. (? Wen ein [sic!] Sauzehl mitnimmt,
bekommt ein böses Maul, Eisei, S. 251.) Zu dieser Vorstellung
von Werre gehört wohl die Erzählung von dem Dachdecker Z.
in Langenberg, einem bekannten Zauberer. Er bot einem
gerade am Werrenabend an, im Nu mit ihm nach Dresden
zu fahren. Dieser hatte aber keine Lust, denn es hieß, die
Fahrt geschehe im Hinterteil der Werre.
Sehr interessant ist, daß man in Gangloff und Hmgebung
die Maulwurfsgrille, die sonst Heimchen genannt wird, Werre
nennt (vgl. Schmeller B. W. II 980).
Werre ist uns schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrh.
bezeugt. Thom. Beinesius lect. var. Altenb. 1640 S. 579 (in
den krit. Anmerkungen zu Bhyakinus Lips. 1638) schreibt
(nach Gr. Gm. 1 S. 170): nostrates hodieque petulantioribus
et refraetariis manducum aliquem cum ore hiantem, frenden-
tem dentibus aut furibundam silvescente coma, facie lurida
et cetero habitu terribilem cum comitatu maenadum Werram
interminantur. Beinesius war aus Gotha geh. 1587, f 166l>
lebte aber zu Hof im Voigtland.
Manducus ist eine scheußliche und zugleich komische
Maske bei italienischen Volksspielen, die mit fast denselben
Worten beschrieben wird wie hier; vgl. Festus, S. 128 bei
Forcellini Tot. Lat. Lex. IV 38. Demnach dürfte es sich hier
um mimische Darstellung der Werra vl. als Xinder-
scheuche handeln. Der Name Werra gehört wohl zu ahd.
werzan mhd. werren verwirren, schädigen und kann sie als
104
II. Abhandlung: Waschnitius.
Sturmdämon oder wahrscheinlicher als Kockenverwirrerin
bezeichnen.
In Thüringen sind zunächst einige historische Zeug
nisse zu nennen. Vor allem Luther ,Auslegung der Episteln'
Basel 1522, fol. 69 a: ,hie tritt fraw Hulde herfür mit der
potznasen, die natur, und darf irem gott widerspellen und
in lügen strafen, hängt umb sich iren alten trewdelmarkt,
den stroharns (Strohharnisch) — hebt an und scharret daher
mit irer geigen.' Luthers Streben nach Volkstümlichkeit
in seinen Schriften bürgt für die Echtheit der Vorstellung
von Holda. Sie erscheint deutlich als Vegdäm. im üblichen
Kostüm (Stroh und Lumpen) mit der langen Käse und
musizierend. Lauter bekannte Motive.
Ferner die beiden bekannten Quellen für den Aber
glauben Mitteldeutschlands und besonders Thüringens: Job.
Agricola, eig. Schnitter oder Sneider aus Eisleben 1492 bis
1566, gest. als Hofprediger und Generalsuperintendent zu
Berlin, Verfasser des Interims, ,300 gemeyner Sprich
wörter etc. durch Dr. J. A. von Iszleben,' Nürnberg 1529
u. oft. und Joh. Prätorius aus Zerlingen in der Altmark
t 1680 ,Philosophia colus oder Phy lose Vieh der Weiber
etc.' Leipzig 1662 ,Saturnalia, das ist eine Compagnie Weih
nachtsfratzen oder Centner Lügen' Leipzig o. J. Da diese
Zeugnisse mit denen des heutigen Volksglaubens überein-
stimmen, behandle ich sie mit diesen zusammen nach Motiven
geordnet. Es handelt sich immer um Holda, Perht ist in
Thüringen nicht bekannt.
Das Motiv der Wagenumfahrt, Ausbesserung und
des Spanlohnes finden wir bei Prät. Whnf. S. 56 und im
heutigen Volksglauben. Vgl. Gr. DS. S. 8 u. 9; Witzschel,
S. 114. Ein Bauer begegnet Frau Holle bei ihrem Umzug
zur Weihnachtszeit, muß ihr den Wagen verkeilen oder ver
schlagen und erhält den üblichen Lohn. Diese Geschichte
wird in Thüringen vielfach lokalisiert u. a. auch bei Tiefen
ort und Kainberge. Hier fuhr in alter Zeit spät in der Nacht
ein Wagen durch den Wald, in dem eine fremde Dame saß
usf. Hier fehlt also der Karne Holle.
Ein Sagenzentrum für Thüringen, ähnlich wie der
Meißner für Oberhessen, ist der Hörselberg zwischen Gotha
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
105
und Eisenach. Er galt als eine Werkstatt des Fegefeuers
und wird als solche in einem ungedr. Gedicht von 1592 der
TJn. Bibi. Jena geschildert. Ebenso bei Agricola, Spr. S. 301;
auch Luther weiß 1546 Unheimliches von ihm zu berichten,
ebenso Pfefferkorns Thür. Chron. 1685, S. 25 f. (vgl. Witz-
schel, S. 129 n. 127). Moderne Sagen bringt Witzschel,
S. 131 ff. Natürlich wurde auch Holda mit diesem Berge in
Verbindung gebracht. So berichtet Prät. Whnf. (nach Gr.
DS. S. 7) S. 54: In der Weihnacht fängt Frau Holla an
herumzuziehen; da legen die‘Mägde ihre Spinnrocken aufs
neue an und lassen ihn über Nacht stehen. Sieht das nun
Frau Holla, so freut sie sich und sagt: so manches Haar, so
manches gute Jahr. Diesen Umzug hält sie bis zum großen
Neujahr = heiligen Drkgtag, wo sie wieder mnkehren muß
nach ihrem ILorselberg; trifft sie dann unterwegs Flachs auf
dem Hocken, zürnt sie und spricht: so manches Haar, so
manches böses Jahr. Daher reißen Feierabends vorher alle
Mägde sorgfältig ab von ihrem Hocken, was sie nicht abge
sponnen haben. Noch besser ist’s aber, wenn es ihnen gelingt,
alles angelegte Werg vorher herunterzuspinnen. Ebenso bei
Witzschel, S. 135 nach Prät. und aus mündl. Quellen. Wir
haben hier Holda als Spstf., Bergwohnung, Umziehen
in den Zwölften; fleißiges Spinnen in den Zwölften.
Der Hörselberg ist auch der Ausgangspunkt der wilden
Jagd, die zu Weihnachten und Fasten umzieht. Die Vor
stellung als Seelenzug ist ganz bewußt. Vor dem Heere zieht
ein alter Mann, der getreue Eckart, der die Leute mahnt,
aus dem Weg zu gehen. (Prät. Blocksbergverrichtung S. 15 ff.
Agr. Sprüchw. 667. Witzschel, S. 136.) Auch Holda erscheint
mit der wilden Jagd. S. Prät. Whnf. S. 55; daraus Walden-
fels select. ant. Norimb. 1677, S. 376; aus diesem wieder
Falkenstein Thür. Ohr.; bei Gr. DS., S. 8 n. 7 und Witzschel,
S. 188 n. 184 auch aus mündl. Quelle. In der Gegend von
Arnstadt, Ilmenau, Königsee läßt sich in der Frau Hollen
nacht das wilde Heer sehen. Aus einer Flasche Bier, aus
der die Jäger einst tranken, nahm das Bier nicht ab. Dazu
die bekannte Variante aus Schwai-za bei Suhl am Südabhang
des Thüringer Waldes. Dort geschah es, daß Frau Holla auf
Weihnachten vorüberzog mit dem wütenden LIeer. Vor ihren
106
II. Abhandlung: Waschnitius.
Haufen ging der getreue Eckart und warnte die Leute.
Diesem Zug sahen Knaben zu, die aus der Schenke Bier ge
holt hatten. Weil der Gespensterzug die ganze Gasse einnahm,
wichen sie in eine Ecke; einige Weiber aber aus dem Haufen
eilten ihnen nach, nahmen die Kannen und tranken sie aus.
Die Knaben ließen es geschehen. Der getreue Eckart lobte
sie dafür und sagte, das Bier werde nicht abnehmen, wenn
sie die Geschichte nicht weiter er zählten. Drei Tage ging es
gut, dann verrieten sie es und das Bier versiegte. Holda
als Fiihrerin eines wilden Heeres von Weibern, Motiv
des Zauberbieres.
Die Mitteilung Witzschel, II S. 173, daß man in Eisen
ach früher zu Weihnachten Pfefferscheiben gebacken habe,
auf welchen Frau Holle mit den Spinnrad oder -rocken ab
gebildet war, erscheint mir verdächtig.
Um Weimar herum ist Holda ebenfalls bekannt. So in
Phulsborn bei Apolda, wo folgende Sage erzählt wird (NDS.
S 215 n. 245): Ein Mann geht über einen Berg und sieht
Frau Iiulle, wie sie Flachsknotten abstreift. Ihr Anbieten,
sich welche zu nehmen, lehnt er ab. Zuhause aber findet er
in den Schuhen Goldkörner: Flachsknotten, die hineinge
fallen waren. Das bekannte Motiv von den trocknenden
Samen. A. a. 0. S. 417 heißt es von Frau Holle, die in Phuls
born und am linken Saaleufer bekannt ist, daß sie am Drkg-
abend den Flachs beschmutzt, den sie noch am Pocken findet.
Dieser Abend heißt bei und in Phulsborn, Arnstadt, Ilmenau etc.
Frau Hollenabend. In Büttstedt bei Weimar erzählte ein alter
Mann Sommer (S. 162), es sei in seiner Jugend Sitte ge
wesen, in den zwölf Nächten in den Garten zu gehen, an
alle Obstbäume zu rütteln und ihnen zuzurufen: ,Bäumchen
schlaft nicht, Frau Holle kommt! ‘ Der Brauch, in den Zwölf
ten mit den Bäumen zauberhafte Handlungen vorzunehmen,
ist in ganz Deutschland bekannt. Die Verknüpfung mit
Holda zeigt deutlich den Zug, mythische Vorstellungen aller
Art an bestimmte dämonische Wesen zu knüpfen. Hier ver
mittelte die Fruchtbarkeit spendende wilde Jagd. Vgl. unten
die Sage von der Taube in den Zwölften.
Auch im Meiningischen ist Holda bekannt (vgl. Hen
neberg). In Eisfeld, nahe an der Quelle der Werra herrscht
Perht, I-Tolda und verwandte Gestalten.
107
folgender eigentümlicher Brauch: Man zog am Drkgtag all
jährlich nach dem Nach mittagsgottcsdienste mit Musik auf
den Markt, sang ein geistliches Lied und rief sich dann einan
der zu: ,Frau Holle wird verbrannt' (Brückner Landes
kunde v. M. 368). Nach Bechstein, S. 1—3 wird als Ursprung
der Sitte angegeben: die Äbtissin eines Nonnenklosters zu
Eisfeld hatte mit dem Teufel zwei Kinder und wurde deshalb
verbrannt. Zum Gedächtnis dessen fand der Brauch statt.
Das ist selbstredend nur sekundär, ätiologisch. Ursprünglich
hat es sich wohl tatsächlich um eine Verbrennung, und zwar
einer weiblichen Puppe Frau Holle gehandelt, der verbreitete
Brauch des Verbrennens des Vegdäm. Nach Brückner II 789
gilt der Llolloch bei Kranichsfeld a. Ilm als Ausgangspunkt
für die Umzüge der Frau Holle. Das ist sekundäre An
knüpfung an den Namen, der unmittelbar zu hol hohl gehört.
Im Nordosten Thüringens ist der Kyffhäuser bei Fran
kenhausen zwischen Helme und Unstrut ein Zentrum mythi
scher Vorstellungen. Die Sagen sind ja bekannt. Auch Holda
wurde mit ihm in Verbindung gebracht. Sommer, S. 5 n. 2
berichtet aus mündlicher Quelle in Halle: Ein französischer
Marschall ließ sich im letzten Feldzuge sein Feldbett auf
dem Kyffhäuser aufschlagen. Als es Mitternacht war, sandte
Kaiser Friedrich, der seit undenkbaren Zeiten im Berge
wohnt, die Königin Holle hinauf und ließ ihm sagen, er
möge Napoleon abraten, nach Rußland zu ziehen, und ihn
auffordern, Deutschland zu räumen. Der General tat dies
auch.
Die Königin Holle ist Kaiser Friedrichs Haushälterin
im Kyffhäuser. Sie war eine reiche Königstochter und wurde
freventlich ermordet. Sie fand daher keine Ruhe im Grabe,
schwärmte umher, bis sie im Kyffhäuser eine Freistatt fand.
Diese Sagen zeigen deutlich das Schwinden des mythi
schen Gehaltes bei Holda in dieser Gegend. Anders bei Kuhn,
Westf. S. I 304 n. 343, Witzschel, I S. 261: Während es in
der Gegend um den Kyffhäuser fortwährend regnet, finden
Hirten oben das schönste Wetter und Frau Hülle kommt aus
dem Berge und trocknet Flachsknotten. Zum Beweis des
schönen Wetters erbittet sich einer solche, zu Hause aber sind
sie lauter Gold. Dasselbe Motiv in Frankenhausen von Frau
RB3
108 II. Abhandlung: Waschnitius.
Hülle (NDS. 216) in Stranßberg i. M. (ebd.), von einer Alten
in Tillede (ebd. 219) und von der Ausgeberin des Kaisers im
Kyffhäuser. Diese oder die weiße Mademoiselle schenkt auch
Wein. AlsAusgeberin figuriert auch Frau Holle (sic!) in Fran
kenhausen (ebd. S. 222). Sie sitzt im Berge, wie ein Knabe in
einem Buche gelesen haben will, und füttert die Pferde des
Kaisers. Einmal sei eines mit ihr durchgegangen und habe
sie bei Halle abgeworfen. Frau Holle zieht auch mit der
wilden Jagd um; dabei habe sie einmal einen Eber ange
schossen, der wütend auf sie losging. Da verwandelte sie
sich in eine Eiche, in der der Eber mit seinem Hauer sitzen
geblieben sei; dann habe sie ihn totgeschossen.
Auch sonst ist sie in unserem Gebiete bekannt. Nach
Sommer, S. 9 wird sie als kleines, buckliches, altes Mütterchen
vorgestellt, das den Leuten, besonders wenn sie in den zwölf
Nächten spinnen, manchen bösen Streich spielt. Sie macht,
daß die Kühe keine Milch geben, das Garn ungleich wird,
die Leinwand bald zerreißt. Man fürchtet sich und spricht
nur Gutes von ihr; das Böse flüstert man sich nur zu. Diese
Vorstellung ist nach Sommer in ganz Thüringen verbreitet
und ist die alte, ursprüngliche gegenüber den Sagen, wo
Holda als hohe, strahlende Frau erscheint. Sie ist demnach
Spstf. in den Zwölften.
In Schwarzburg-Sondershausen wird folgendes ge
glaubt (Witzschel II 174): In den zwölf Nächten geht Frau
Holle um und sucht in jedes Haus zu kommen. Sind die
Türen verschlossen, geht sie durchs Fenster. Findet sie den
ßocken in der Christ- und Drkgnacht nicht abgesponnen und
die Spinnräder noch in der Wohnstube stehen, so sind am
Morgen die Bocken zerzaust und Unrat ist in den Flachs
gemischt. Ein Spinnrad, über dem Frau Holle gewesen ist,
geht und ,garnt‘ nicht mehr. (Andeutung des Nachtarbeitens ?)
Aus dem Mansfeldischen berichtet Agricola, Spr.
S. 667, daß Frau Holla auf Fastnachtdonnerstag mit dem
wütenden Heer durch das Land fuhr. Unter den Geistern
sah man jüngst Verstorbene (Mannh., GM. S. 262). Also
deutlich als Seelenzug charakterisiert.
Neben und statt der Namensform Holle kennt man auch
die Form Wolle, Frau Wolle. Nach ND. S. S. 417 n. 183
P3rht, Holda und verwandte Gestalten.
109
ist in der Gegend zum KyfHäuser hin Holle bei den Ge
bildeten, die sie kennen, die herrschende Form, bei den Land
leuten Frau Wolle. Auch im Südharz. Nach Sommer 9 in
Wollmirstedt, Eisleben usf., von da aufwärts nach der Saale
zu in Hedersleben, Dederstedt usf. Der Name gilt für die
selbe Erscheinung wie Holle.
Von Wolle geht folgende Sage in Oberröblingen am
salzigen See (mündl. Sommer, S. 10): Zwischen Oseleben und
dem salzigen See liegt ein Berg, bedeckt von einigen hundert
Steinen. Hier hütete einst ein Schäfer und als er frühstücken
wollte, kam Frau Wolle den Berg herauf, um auf der anderen
Seite zum See hinabzugehen und sich zu baden. Sie bat ihn
um ein Stückchen Brot, er aber wies sie ab: wenn sie essen
wolle, solle sie arbeiten. Da verwandelte sie ihn und die
Herde durch Berührung mit der Rute in Steine. Motiv des
Bades und der Versteinerung.
Eine Frau Wulle sitzt im Frau Wullenloch am
Schlachtberg bei Frankenhausen und spinnt; wer sie äfft, der
muß hinein und mitspinnen (ND. S. S. 217 n. 246).
Auch die Namensform Frau Rolle kommt vor, so in
dem nur eine halbe Meile von Gorsleben gelegenen Zaschwitz,
Wettin und Beidersee (Sommer, S. 9 n. 6). Frau Roll als
Spstf. für die Zwölften (Witzschel II 176 n. 37).
Frau Wulle dürfte aus vrou-w-Hulle zu erklären sein
(Much). Frau Rolle eine durch Assimilationstendenz ge
förderte, volksetymologische Weiterbildung.
Ein ganz neuer Name für die Spstf. tritt uns in Guten
berg bei Halle entgegen, wo sie Frau Harre heißt. Dort
darf man in den zwölf Nächten nicht spinnen, sonst kommt
sie und besudelt den Rocken. Damit nähern wir uns schon
dem ndd. Gebiet, wo die abenteuerlichsten Namen für die
Spstf. Vorkommen. Dieses Spiel mit den Namen beginnt
schon in Thüringen, wie wir eben sahen. So finden wir in
Pfützental eine Frau Harren, anderthalb Meilen davon
Frau Harf in Rothenburg, anderthalb Meilen von Guten
berg in Näglitz Frau Archen. Die Frau Motte, die in
Löbejün bei Eisleben das Garn verdirbt, das man in den
Zwölften oder der Fastnacht gesponnen hat (Sommer, S. 11),
110
II. Abhandlung: Waschnitius.
dürfte sekundäre Abstraktion sein, kaum theriomorphe Er
scheinungsform der Spstf.
Die in Thüringen verbreitete Spinnruhe gilt für die
Zwölften oder für die Fastnacht. Außer dem Erscheinen
der Spstf. werden auch alle möglichen anderen Strafen an
gedroht, vgl. Sommer, S. 147.
Die Vorstellung von der mythischen Bedeutung der
Zwölften beleuchtet der Volksglaube in Diemitz bei Halle
von einer in dieser Zeit in Gestalt einer Taube umfliegenden
und Segen verleihenden Frau (Sommer 12 n. 9).
Wir können in Thüringen drei Gebiete unterscheiden:
1. SO. Voigtland: Perhte, Holle, Werra.
2. Mittelthüringen: Holle.
3. Nthiiringen: Holle (Rolle, Wolle), Harre(n), Harf,
Arche.
Als Appellativ für elbisches Wesen ist uns holde
in Thüringen in mhd. Zeit belegt. Albrecht von Halber
stadt hat in seiner Bearbeitung der Ovidischen Metamor
phosen (um 1200): wazzerholde (gen — en) für Nymphe. Der
Reim schützte diesen Ausdruck in Wickrams Umdichtung,
Frankfurt 1631, 4,171 d von einer wazzerholden: solden; auch
176 a (Gr. M. 1 165).
Königreich Sachsen. Im Königreich Sachsen ist Holda
im Westen bekannt. Witzschel, II 128 n. 157, berichtet aus
dem Kreis Aue, östlich von Plauen: Holda erscheint in den
Fasten nachts mit dem wütenden Heer. Als sich einer an
einem Kreuzweg aufstellte, sie zu sehen, hieb sie ihm ein Beil
in die Schulter, zog es aber im nächsten Jahr wieder heraus.
Als Spstf. erscheint sie zur selben Zeit. Von ihr geht auch
hier das Motiv der betrogenen Spstf.
Auch um Leipzig ist sie als Frau Holle bekannt. Mogks
Artikel in Wuttkes Sächs. Vkk., 2. Aufl. 328 ist leider viel
zu allgemein gehalten. Sie erscheint in den Zwölften, fast
immer allein, offenbar als Spstf.
In Chemnitz mußte nach der Chem. Rockenphil. Gr. M.
III. 438 n. 130 Sonnabends abgesponnen werden, sonst wurde
kein gutes Garn.
Die Spstf. finden wir auch bei der wendischen Bevölke
rung Sachsens und des angrenzenden Preußen. In der mjas
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
111
god Zeit erscheint die Mnrawa des abends von 11 Uhr an;
deshalb wird eine Stunde vorher der Flachs, der noch auf dem
Rocken ist, abgebrannt. Kommt die Murawa, so sieht man
sie zwar nicht, aber sie speit auf den Kocken der Frauen, die
an einem dieser Tage zu spinnen wagen. Hat eine Frau am
Abend vor Weihnachten ihren Flachs nicht abgesponnen, so
speit ihr die Murawa auf den Kocken, setzt sich ihr auf die
Brust und drückt sie. (Veckenstedt, Wend. Sg. S. 136 f., bei
Sph. II 314 f.)
Auch die Wurlawa erscheint als Spstf. Sie zeigt sich,
wenn man abends nach 10 Uhr spinnt. Von ihr wird das
Motiv der betrogenen Spstf. erzählt. (Veck., S. 118, bei Sph.
II 316.)
Das niederdeutsch-thüringische Grenzgebiet. Das ndd.
Gebiet, das sich zwischen Weser und Elbe nördlich an Thürin
gen anschließt, zeigt die gleichen mythischen Namen und Vor
stellungen wie letzteres, weshalb ich dieses Gebiet hier in
besonderem Abschnitt behandle.
Das Göttinger Land. Schambach-Müller, S. 75 n. 103:
Frau Holle ist eine grauköpfige Alte mit langen Zähnen,
die fordert, daß die Spinnerinnen vor Weihnachten oder doch
vor Neujahr abgesponnen haben. Denjenigen, die dies nicht
getan, verunreinigt sie in der Neujahrsnacht den Rocken;
findet sie ihn aber abgesponnen, steckt sie ein Geschenk
(Geld u. a.) hinter den sogenannten Wockenbreif (Papier
umhüllung). Vor 80 Jahren (von 1855 an gerechnet, also
um 1770) soll dieser Glaube im Amt Scharzfeld noch ganz
allgemein gewesen sein und das Geschenk jedesmal hinter
den Brief gesteckt haben (a. a. O. 349). Auch als Trägerin
der Weihnachtsbescherung erscheint Frau Holle. Sie
bringt den Kindern am Neujahrsabend sechs neue Hemden
(Wulften a. a. 0. 349). Ferner: an jedem Neujahrsabend
zwischen 9 und 10 Uhr fährt die Frau Holle mit einem Wagen
voll Geschenke durch die Ortschaften, deren Bewohner sie
früher verehrt haben, und klatscht mit der Peitsche. Es hören
dieses Knallen jedoch nur die Frommen. Diese kommen her
aus und empfangen die Geschenke. Diese Vorstellung einer
Art religiöser Scheidung beruht auf christlicher Anschauung.
Der Gespensterwagen mit Weihnachtsgeschenken auch sonst
112
II. Abhandlung: Waschnitius.
(vgl. Vernal., Mytk. u. Br. S. 285). Auch das Bettfedern-
schneien ist hier bekannt. So in Wulften in der Variante:
fliegen Flaumfedern in die Luft, heißt es, Frau Holle mache
ihr Bett. Auch bei Göttingen und Grubenhagen, oder auch sie
pflücke ihre Gänse.
ND. S. 417 berichten: In der Gegend von Göttingen bis
Uslar wechselt Frau Holle und Hülle. In der Gegend von
Hameln bis Minden bei Bückeburg — also ziemlich weit im
Norden — doch nur am rechten Weseruf er, tritt zuweilen
noch Frau Hülle auf, doch ist Spinnruhe in den Zwölften
nur wenig bekannt. In Bergkirchen dunkel als Spstf. Eine
interessante Mitteilung aus diesem Gebiete bringt Jahn, Dsch.
Opfb. S. 182. Bei seiner ausschweifenden Phantasie ist aller
dings Vorsicht geboten. In Kerstlingerode bei Göttingen
wurde die letzte Handvoll Frucht nicht abgeschnitten. Man
drehte die Halme oben zusammen und sprach: (Das ist vor
Frü Holle/ Also ein Halmopfer.
Braunschweig. Ende des 18. Jahrhunderts war Holda
hier noch bekannt. Blieb in den zwölf Nächten Flachs auf
der Dieße (eingebund. Flachs am Bocken), so kam Frau
Holla. Auch durfte man, während sie in den zwölf Nächten
umging, keine Hülsenfrüchte essen. (Br. Anz. 1760 n. 86 u.
S. 1392 bei Gr. M. 1 167, 169/70.) Sie ist also Spstf. in den
Zwölften. Heute ist sie aus dem Volksglauben verschwunden,
ebenso de olle Häksche, die ND. S. noch kennen. Der
Name kommt nur mehr in Volksreimen und als spottweise
Bezeichnung eines Frauenzimmers vor. Dagegen war die
Spinnruhe in den Zwölften bis in die jüngste Vergangen
heit bekannt. In Vorsfelde mußte bis zu Weihnachten aller
Flachs vom Wochen verschwunden sein, sonst geriet der
Flachs nicht, und in den Zwölften durfte man nicht spinnen.
In der rümwoke, der ersten nach Neujahr, fand früher ein
Wettspinnen statt. Hatte ein Mädchen Freitag abends nicht
abgesponnen, so hieß es von ihm: ,et mot up’n bullen rien‘
und früher soll es wirklich geschehen sein. (Andree, Br. VK.
S. 165—175. Die Spinnstube S. 232 f. Die Zwölften.)
Der Harz. Die Sagen und Gebräuche aus dem Harz hat
Pröhle, ZfDM. I 195 f., Harzsagen (Hs.) und Unterharzische
Sagen (Uh.) gesammelt.
Perht, Hol da und verwandte Gestalten.
113
Frau Holle scheint nach ZfDM. auf dem ganzen Harz
bekannt zu sein. Im allgemeinen ist von ihr bekannt, daß sie
den Hocken besudelt, der am Sonn- oder Frau Ilollenabend
nicht abgesponnen ist. Im Unterharz ist sie unter diesem
Hamen nur in Elend belegt, wo sie zu Heujahr kommt (Uh.
S. 208). In Heustadt unter Hohenstein heißt sie Frau Hülle
(ZfDM.). Besondere Sagen gibt es von ihr folgende:
In Steina wußte man nur von ihr, daß früher eine Frau
dieses Hamens ,von unvergleichlicher Schwere in den Haaren‘
öfter durchgegangen sei (ZfDM.).
In Lautental erzählte man den Kindern, daß früher
Frau Holle unartige Kinder geholt, um sie zu erziehen. Sie
nähme sie in den Wald in ihre Wohnung, wo sie saure Arbeit
und schlechtes Essen bekämen. Ilolda als Kinderscheuche,
Motive: Kinderraub, Erziehung, Waldwohnung (ZfDM.).
Aus Lerbach bei Klaustal (schon ndd. LIs. S. 155 f.):
Hier knüpfen sich die Sagen von der Frau Holle an die so
genannten Kuhkolksklippen. Auf diesen steht ihr Bett,
offenbar ein ähnlich geformter Fels. Unweit derselben kommt
sie um 10 Uhr abends aus dem Walde, schaut in die Fenster,
wo sie noch Licht sieht, und ,tut übel 1 ’. Sie hat glühende
Augen und einen roten, feurigen Mund. Ihr weißes Gewand
schlägt sie weit auseinander, wenn es schneit. Von 10—11 Uhr
sitzt sie nur so da und ,tut iibeL, von 11—12 Uhr aber trägt
sie Wasser in zwei hellen Eimern aus dem Bach herauf. Denn
sie hat auf den Klippen auch ein Faß ohne Boden stehen;
wenn dieses voll ist, wird sie erlöst. Vorstellungen und Motive:
Vegdäm.: Waldwohnung, weißes Gewand als Schnee,
Wassertragen.
Dorfgespenst: Schauen ins Fenster, glühender Mund
und solche Augen.
Verwunschene Jungfrau: Danaidenfaß.
Als Klagefrau erscheint sie ebenfalls. Ein Waldar
beiter hört abends am Weg etwas winseln; er glaubt, es sei
eine alte Frau, und fragt, ob sie nicht mit ihm gehen wolle.
Er bekam keine Antwort, aber es begann hinter ihm herzu
gehen und kam richtig in seine Stube. Hun fragt er die Alte,
ob sie nicht einen Schnaps mit ihm trinken wolle. Da wird
sie auf einmal groß bis an die Decke und beugt sich über ihn;
Sitzungsber. d. pbil.-hist. Kl. 174. Bd. 2. Abh. 8
114
II. Abhandlung: Wasehnitius.
er will fliehen, aber sie faßt ihn und davon hat er sein Leb-
lang ein schwarzes Bein. Es war Frau Holle und sie warnte
ihn, daß er sie gehen lasse, wenn er wieder am Frau Hollen
abend vorüberkäme, wo sie das Hecht habe im weißen Gewand
zu sitzen und heulen müsse. Motiv der eingeladenen Klagfrau.
Als Spstf. erscheint sie, wenn sie einer armen Witwe,
die noch nach Mitternacht spinnt, in einer Drkgnacht sieben
volle Hollen (= Spindeln, vgl. Frau Rolle) ins Fenster wirft.
Eine moralische Umkehrung des sonst Erzählten.
Auch die Gespensterkutsche ist hier mit ihr ver
knüpft. Am Osterheiligeabend (sic!) fährt Frau Holle mit
dein Teufel in einer Kutsche den langen Berg, an den Kuh
kolksklippen vorbei, hinab. Auch in Lerbach selbst sieht man
sie so nachts; da erkundigt sie sich bei späten Wanderern um
den Weg. Zuletzt reicht sie ihre Hand aus dem Wagen, und
wenn man sie faßt, wird man schwarz gebrannt; man muß
ihr ein Stück Holz reichen.
Auch eine mimische Darstellung von ihr ist Brauch:
Am Frau Hollenabend (wann, wird nicht bemerkt, offenbar
6. 1.) kommt jemand als Frau Holle in kreideweißem Laken
herein. Das eine Zipfel hängt bis an die Käse, zwei andere
hat sie umgeschlagen, das vierte hängt hinten herab. Sie sagt
dann ihren Spruch:
So manches Haar in der Wocken
So manches Unglück in der Wochen
So manches Haar — So manches böse Jahr.
In Osterode — ebenfalls ndd. Gebiet — tritt Frau Holle
als Waldfrau auf. So zwingt sie einen Wilddieb, sein Ver
brechen zu gestehen (Hs. 113).
Mit schatzhütenden Schlüssel]ungfrauen und Er
lösungssagen wird Frau Holle ebenfalls verknüpft. So
erscheint sie in grauer Kleidung in Walkenried und führt
jemanden auf die Staufenburg oder ins Schloß über Wieda,
wo der Betreffende Gelegenheit hätte, sich durch Erlösung
einer Schlüsselj ungf rau einen Schatz zu erwerben (Hs, 217).
Merkwürdig ist die Erzählung aus Ilfeld. Dort wohnt Frau
Holle mit der Schlüsselj ungf rau gemeinsam auf dem Burg
berg. Da sie sich stritten, sperrte sie diese in einen Kasten
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
115
und ließ sie (Holle) ins Wasser werfen. Seit dieser Zeit ließ
sich Frau Holle nicht mehr sehen. Es scheinen hier ältere
Vorstellungen von Wasserzauber mit dem Vegdäm. zu einer
sekundären ätiologischen Sage geworden zu sein. Eine bunte
Verknüpfung von Motiven zeigt die Vorstellung von Frau
Holle in St. Andreasberg. Im dortigen Walde zeigt sie sich
alle Nacht von 11—12 Uhr auf den Dreibrotsteinen sitzend
und weinend. An einem bestimmten Sommertage hockt sie
sich Vorübergehenden auf und läßt sich zum Bache tragen.
Sie wäre erlöst, wenn die Steine, die früher Brot gewesen,
wieder zu solchem verwandelt würden. Frau Holle ist hier
wieder klagende Waldfrau. Motive: Aufhocken (über:
Wasserlauf als Grenze der Geistermacht vgl. Sph. I 197, 257),
Versteinerung, Erlösung (Hs. 135). Das Weib auf diesen
Steinen heißt auch: schwarze Katherine. Auch als Kinder-
scheuohe dient Frau Holle hier, mimische Darstellung ist
aber unbekannt.
Einem Mädchen erscheint sie im Walde als schwarze
Frau mit zwei Eimern ohne Boden, drehte ihm den Kopf
um und sprach: ,Sieh dich imk Seitdem heißt der Berg dort:
Sidichim. Motiv vom bodenlosen Eimer (S. 135 Hs.).
Abzuweisen ist es, wenn Pröhle die Leidfrau in Herz
berg (Hs. 173) und die Haulemutter in Klaustal (S. 76) mit
Llolle identifiziert.
Mit der Lutterjungfrau, einem Wasserwesen der
Lutter, vereint erscheint Frau Holle auf dem Hausberge bei
Lauterberg (Hs. 198). Sie heißt deren Kammerfrau. Oft
wäscht sie ihren Schleier im Flusse, und wenn es auch die
ganze Woche regnet, hofft man doch auf gutes Wetter am
Freitag oder Samstag, da Frau Holle am Sonntag ihren
Schleier wieder trocken haben müsse. Ganz dasselbe wird
in Duderstadt bei Göttingen von der Mutter Gottes erzählt
(ZfDM. II 106 1 n. 18).
Als Spstf. ist Frau Holle bekannt im Altenburgischen,
Sangershausen, Wippra a. Harz, und zwar zur Fastenzeit.
Da darf man nicht spinnen, sonst kommt sie. In Bockswiesen
bei Grund sagt man, wenn jemand in den Fasten zwischen
12 und 1 Uhr spinne, komme Frau Holle und setze sich auf
den Hechelkamm; solchen,' die dennoch spinnen, setzt man
S*
116
II. Abhandlung: Waschnitius.
eine kleine Puppe auf den Wocken (ND. S. S. 370). In den
genannten Orten ist die Spinnruhe auch bei sonstiger Strafe
geboten (ebd.).
Im Unterharz kennt man auch die Namensformen: Frau
Wulle, Eolle, die Wulle (Uh. 208). In Walkenried beide
Formen: Eolle und Wolle (ZfDM.). Am Südharz bei Molmer
schwende sagt man, wenn zu Großneujahr nicht abgesponnen
sei, komme Frau Wolle in den Wocken (ND. S. 417). Motiv
des Einnistens ?
Ein neuer Name für die Spstf. tritt uns in Ilsenburg
am Nordostabhang des Harzes entgegen: Frü Frien. Als
klagende Waldfrau zeigt sie sich bei den Bäumiersklippen.
Von ihr geht folgender Beim:
Frü Frien — wolle geren frien
un könne keinen krien — da feng se an de schrien.
und dazu folgende Sage: Frü Frien wollte immer gerne
freien, sie verbarg sich nachts in Höhlen, ging gleich über
Berg und Tal, war nicht schön und konnte niemanden be
kommen; sie reiste die ganze Welt nach einem Freier aus.
Hatte sie jemanden, da war er wieder fort. Sie ging von
Sonnenaufgang aus, tötete einen Köhlerjungen, geht über
Meineberg und Westenberg. Sie spukt bis heute und zeigt
sich abends zur Zeit der Uhlenflucht. (So der Bericht Uh.,
S. 209.)
Früe Free heißt die Spstf. in Langeln. Dort sagt man
am Faßlabend: Jungens spinnt jne Dieße uf süß kummet de
Früe Free un knackt in de Hee (ebd.). Aus Veckenstedt
bringt Pröhle (ebd.) einen überaus verworrenen Bericht von
Kindern und einer alten Frau: Frü Free ist im Himmel ge
wesen und wurde von den, Leuten um Eat gefragt. Sie hielt
sich unter den Weiden auf. Sie machte Musik, tanzte viel
und fiel zuletzt ins Wasser. Hier heißt sie auch Frü Fretchen.
Nach dem Gesagten ist sie wohl Vegdäm. Auch mit Märchen
ist sie verknüpft (vgl. Uh. 210). Über Frü Frien handelt
Sph. II 307. Sie scheint ein buhlerischer Walddämon zu sein,
mit der Funktion einer Spstf. betraut.
Gegend von Magdeburg. Diese Gegend fällt in das
Gebiet der Frau Harke. Ich behandle hier nur das Auftreten
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
117
von Frau Holle und Freen. Schon Samuel Walther, Rektor
des Magd. Gymn., dessen Vater Prediger in der Umgebung ge
wesen, schreibt in seinen ,Singularia Magdeburgica'
Magd. u. Lpzig. 1732, S. 767 (Z. d. V. f. VK. IX S. 17/18):
,. . . . sie (die Mädchen in der Christnacht) schmücken des
Nachts ihre Haare und sehen des Morgens in einen Eymer
Wasser, ob sie einen Crantz oder Haube aufm Kopf haben;
sie glauben, daß Frau Holla oder Holda, welche in der Mark
auch FrauHarke genannt wird, anfange herumzuziehen, daher
die Mägde ihre Proben am Spinnrocken machen, auch den
selben absolut vor Neujahr abspinnen, damit Frau Harke sie
nicht bespeie, kratze oder besudle; andere aber etc
observieren in den Zwölften die Witterung, die Frau Holde
machen soll und was dergleichen mehr/ Demnach Holda als
Spstf. und Vegdäm. bekannt. Aus dem heutigen Volksglauben
ist sie für die Umgebung von Calbe a. Saale bezeugt. Hier
erscheint sie in der Zwölften, wenn man spinnt (ND. S.
S. 417). In Zuehau ist auch die donnerstägige Spinnrulie be
kannt. Als zwei Mägde spannen, tat sich die Tür auf und
’s warf’s eine große Spule herein mit den Worten: spinnt die
auch voll! Das verarmte Motiv der betrogenen Spstf. (ND. S.
S. 132).
Frü Free-Frien. Ihr Gebiet reicht von Ilsenburg
a. Harz bis nach Halberstadt. ND. S. 414 bringt den Vers
von Ilsenburg aus der Umgebung von Halberstadt. Es han
delt sich um den Drkgabend oder Sonnabend. Es darf nichts
auf der Dieße bleiben, süst kümt Frü Freen un kackt in de
heen. So in Diibeck. Frü Frien mehr im Harz. In Ströbeck
und Derenburg heißt es an allen Feiertagen, wenn was auf
der Haspel bleibt, die (Frü) Freke komme und verun
reinige es.
Hieher gehört wohl auch die 1750 von Eccard ,de
origine Germanorum/ II 398 erwähnte frü Freke: cele-
bratur in plebe Saxonica frü Freke, cui eadem munia tribun-
tur, quae superiores Saxones Holdae suae adseribunt (Z. d.
V. f. VK. IX, S. 125). (Vgl. Gr. M. 281 eine frouw Vreke
auch in Belgien [Nachtr. 92] ein Vrekeberg.)
Lausitz und Schlesien. Aus der Lausitz ist gar nichts
Hiehergeliöriges bekannt; dagegen hat schon Weinhold, Frl.
118
II. Abhandlung: Waschnitius.
S. 49 von einer schlesischen Spillaholle berichtet, die über
den Fleiß der Spinnerinnen wache, also Spstf. ist.
Ähnlich benannt ist die Spstf. in Öst.-Schlesien. Peter,
S. 21. Man drohte früher in Niederschlesien Kindern, die
nicht fleißig genug spannen, daß die Spillalutsche, in
Braundorf bei Jägerndorf die Spillma (r)the komme und
sie holen werde, mit den Worten:
Spennt, Kendala, spennt,
D’ Spellalutsche kemmt,
S’ guckt zu älla Lächla rai,
Ebs Straanla woll baal fertig sain.
Bei Niederwalde befand sich der Spillalutschenstein,
ihr Wohnsitz, wohin sie die faulen Kinder trug. Einem
Kinde, das zur Strafe für seine Nachlässigkeit nachts nach
spinnen mußte, erschien ein Ding wie ein Pelzärmel, der auf
dem Fußboden auf und ab rollte und dabei seufzte: Verzage
nicht, warum spinnst du die Zahl am Tage nicht! Das Kind
starb vor Schrecken.
Als andern Namen für die Spstf. aus dem Troppaui-
schen und Glatzischen nennt Drechsler (I 172, II164): Spilla-
hulle, Spillahole, Spillagritte, Zumpeldrulle (zerlumpte
Trulle), Mickatrulle (Mückentrulle), aus dem Neißischen:
Popelhole, Spillahole.
Spilla- gleich Spillen gen. pl. zu mhd. spille = spinnel
Spindel.
Eine ähnliche Gestalt ist die Satzemsuse in Wigstadtl.
Sie ist eine häßliche Alte, wie die Buschmutter, und bestraft
das in der Arbeit (Sätzm, Sätzich) saumselige Gesinde.
Faulen Spinnerinnen, die bis Feierabend nicht genug ge
sponnen haben, drückt sie eine glühende Spule in die Hand
oder setzt sich ihnen auf den Schoß, bis das Versäumte nach
geholt ist.
Der Sätzichkäatr, die —ziege und die Relpa sind
koboldartige Wesen, mit denen man in Sprachendorf, Ben-
nisch und Jauernig böse Kinder schreckt. Wie man sieht,
ist hier die Spstf. ganz zu einer Art gespenstigen Fronvogt
geworden, jede Beziehung zur Spinnruhe fehlt. Doch war
Perlit, Ilolria und verwandte Gestalten.
119
diese sicher vorhanden. Darauf weist die oben erwähnte Ge
schichte von dem Kind, wo das merkwürdige Gespenst ur
sprünglich wohl des Bruches der Spinnruhe wegen erscheint.
Einen interessanten mimischen Brauch schildert uns
Drechsler (I 172 n. 196) aus Leobschütz: In den Bocken-
stuben erscheint die Himmelsziege, seltener Himmels
kuh. Eine Magd hat auf ihrem Bücken mittels der Schürzen
bänder zwei Besenstöcke befestigt, die, wenn die Trägerin
sich bückt, vorne und hinten überragen. Die Himmelsziege
schaukelt mit dem Oberkörper auf und ab und spricht zu den
Spinnerinnen:
Verzage nicht, verzage nicht,
Was spinnst du die Zahl am Tage nicht.
Also derselbe Spruch, der oben einem wirklichen dä
monischen Wesen in den Mund gelegt wird. Man sieht deut
lich, wie bei der Spstf. mimischer Brauch und mythische
Erzählung einander beeinflussen, ja ineinander ohne scharfe
Grenze übergehen. Die theriomorphe Erscheinungsform ist
hier im Brauche festgehalten, während in der Striegauer
Gegend die Spiellahole (sic! Drechsler II 164) von einer
vermummten Frau in der Gestalt eines alten Mütterchens
dargestellt wird, indem sie von Haus zu Haus wandert und
nachsieht, ob die Kinder fleißig spännen.
Sofern die Spstf. menschlich dargestellt wird, scheint
sie elbisches Häturwesen zu sein; darauf deutet ihre Wohnung
in einem Stein und die ausdrücklich hervorgehobene Ähn
lichkeit mit der Buschmutter.
Theriomorphisch gedacht erscheint sie als Kater und
Ziege. Was das einem Pelzärmel ähnliche kollernde Ding
anbetrifft, handelt es sich um eine jener aus dem Alptraum
hervorgewachsenen Vorstellungen von einem zottigen, gestalt
losen, aber sich bewegenden Etwas, das namenloses Ent
setzen ein jagt.
Ihrem Wesen als Faulheit strafende Erscheinungen ent
sprechend sind alle diese Gestalten im besonderen Maße
Kinderscheuchen. Das Motiv des Verbrennens ist be
kannt. Das Aufsitzen scheint auf Alpvorstellung zu deuten.
120
II. Abhandlung: Waschnitius.
Die Tschechen. Während bei den an das tschechische
Sprachgebiet grenzenden Deutschen — mit Ausnahme des
Egerlandes — Perht nicht bezeugt ist (vgl. Grohmann Sagen
aus Böhmen, Wilh. Müller VK. d. Dsch. in Mähren, Peter
für Schlesien), zeigt sich bei den Tschechen die über
raschende Tatsache, daß in deren Volksglauben eine dämo
nische Gestalt, vor allem als Kinderscheuche in den
Zwölften lebt, die augenscheinlich den Namen der deutschen
Perht trägt. Darauf machte zuerst J. Feifalik, ZfDM. IV
S. 387—389 aufmerksam. Nach seiner Mitteilung geht in
der Gegend nordwestlich von Brünn und weiter in der
Ilanna am 24. Dezember (stedry den freigebigen Tag) eine
Gestalt mit Hörnern und roter Zunge in den Dörfern von
Haus zu Haus. Sie hat einen Bohrer bei sich, mit dem sie an
Kindern, die ihre Geschenke von St. Nikolaus schon gegessen
haben oder sonst schlimm gewesen sind, die Gastrotomie
vollzieht. Diese Gestalt heißt Spereclita, männlichen und
weiblichen Geschlechtes. Nach Kott Slovn. III 929 erscheint
sie auch bei Olmiitz mit den Hirten am heiligen Abend
und zerreißt mit dem Bohrer den Bauch derer, die zu viel
gegessen haben, und stopft ihn mit Erbsenstroh aus. Auch
in Böhmen ist sie bekannt. Hier lautet die Namensform:
Berchta, Peruta, Parychta. Ihre Funktion ist dieselbe
wie in Mähren und deckt sich mit der der Luca (St. Luzia).
Bezüglich der Budweiser Tschechen widersprechen sich Feifa
lik (auch Jungmann Slv. III 35) und Mächal (Näkres 190 f.);
ersterer bezeugt eine Berchta dort, letzterer eine Louca (Luzia)
und diese zeige sich auch als Spstf. Letzteres ist wahrschein
licher. In Böhmen kennt man auch ein Sprichwort: chodi
jako Perchta (geht wie P.) von einem, der sich eitel schmückt
(Feifalik a. a. O.). (Vgl. auch Jungmann Slv. III 66.)
Auch in einer von Hankas Glossensammlungen kommt sie vor:
Perchta plutonissa, Kozkochaneho nomenclator n. 1360, 4
(Jungmann a. a. 0.).
Auffallend sind vor allem die Namensformen mit dem
Zwischen vokal, die den Gedanken an Entlehnung aus
einer ahd. Form nahelegen. Anderseits haben wir Formen
ohne diesen und diese scheinen gerade die älteren zu sein
(Sprichw. von 1794), dazu kommt; die Verschiedenheit des
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
121
Vokals. Die Frage läßt sich natürlich nur vom slaw. philol.
Standpunkt entscheiden. Die Verfolgung dieses Problems
behalte ich mir vor.
Daß eine Entlehnung des Namens aus dem Deutschen
stattgefunden hat, ist zweifellos, da der Name seiner Form
nach nicht slawisch sein kann (miindl. Mitt. Prof. A^ondräks).
Auch sachlich ist nichts auszusetzen (vgl. hastrmann aus
Wassermann AV. Müller, a. a. 0. S. 11), doch hat die Gestalt
der Perht eine wesentliche Einschränkung, und zwar nach
einer Pichtung hin erlitten, daß man annehmen müßte, nicht
der Glaube an das dämon. Wesen, sondern der Brauch der
mimischen Darstellung dieser Gestalt sei übernommen
worden. Dafür spricht der heutige slawische Volksbr&üch,
der Mangel jeder Mythe, das erwähnte Sprichwort, endlich
die Unsicherheit des Geschlechtes, da ja ein weibl. däm.
AVesen von einem Mann därgestellt wird. Im übrigen ist ja
die Übernahme eines Brauches wahrscheinlicher, besonders
wenn Anknüpfungspunkte schon vorhanden sind.
Ebenso auffallend ist das Auftreten der Namensform
mit S, der wir schon im Egerlande begegnet sind. Die große
lokale Entfernung macht eine direkte Entlehnung, be
ziehungsweise Biickentlelmung unwahrscheinlich, gegen die
ja auch die slawische Form mit ihrem Zwischenvokal und
erhaltenen Spiranten spricht. Es scheint sich um eine früh
zeitige slawische Entlehnung aus dem Bayrischen zu han
deln, wobei man eine weitere Verbreitung der Form mit S
ansetzen muß; denn eine auf beiden Gebieten unabhängig
voneinander mit einem aus Eedensarten, Komposition oder
anderem angeflogenen sekundären S gebildete Dublette wäre
ein sprachliches Kuriosum. Übrigens wüßte ich auf deut
schem Gebiet keine Möglichkeit, das S auf genanntem Wege
zu erklären.
Es bleibt demnach nur die Möglichkeit einer germ. An
lautsdublette übrig, es ist mir aber leider nicht möglich
gewesen, eine andere derartige zu einem von den beiden in
Betracht kommenden Wortstämmen (von got. bairhts usf. oder
ahd. pergan) zu finden. Würde eine solche entdeckt, wäre die
Zugehörigkeit des mythischen Namens Perht entschieden.
■
122 II. Abhandlung: Waschnitius.
Niederdeutsches Sprachgebiet.
Niederrhein. Dem ndrh. frk. Gebiet ist Hol da und, wie
es scheint, die Spstf. überhaupt unbekannt. J. W. Wolf
bringt nichts Hiehergehöriges, der doch sicher gerade darauf
sein Augenmerk gerichtet hat.
Dagegen treffen wir auf das Appellativ Hulde,
Holde als Bezeichnung dämonischer Wesen, beziehungsweise
Name einer Mehrzahl solcher im plur.
In der mnl. Bose v. 5679 heißt es: hulden, die daer
singhen. Dazu bemerkt Gr. GM. 3, 88, der diese Stelle bringt:
sind es Meerfrauen?
Aus dem 15. Jh. liegt ein ausgedehnter Bericht über die
Holden vor, veröffentlicht von Alex. Kaufmann, Germ. XI
1866, 411 f. Es ist eine Gespenstergeschichte, die in Hss. und
Drucken aus dem 15. und 16. Jh. vorliegt. Kaufmann teilt
die hieher gehörigen Stellen aus cap. 21 der Hs. mit, die von
Joh. Mooren entdeckt wurde aus dem Jahre 1437, mit den
wichtigsten Varianten aus dem Hamborner Kodex (15. Jh.)
und dem Kölner Drucke (1500—1521):
,Ende die boese geesten, die daer heite witte vrouwen
of heilige holden (de goyden holden ind de wise vrouwen
H. C.), die quamen tor oer ende seiden oer, dat sie die heili
gen holden (selige frouwen off hulden C. D.) weren die onder
der eerden wonden ende oec onder crusen huschen, ende
noemden oer der stede veel in der luden hof, daer sie wonden,
ende seiden oer, dat sie die lüde warnen solde, dat sie oer
stede rein hielden, soe solt ou wael gaen on oere nerigen.
Ende sie dede dat den luden condt ende wie dan des gelovet
ende daer volboert toe gevet, dar origen sie dan macht over.
Als ou dan die eer niet geschieden, soe deden sie dan den
luden schade an oere nerige ende an oere kinderen (kinderen
ende vee II. C.). Soe gingen dan die lüde na der wigelien
ende vrageden, woe dattet daer om werel Diese befragt die
Geister, welche antworten: ,Ons en wort geen e(e)r gedaen,
oer kinderen hebbe ons woninge unrein gemact. Sie solden
des donredages vroe te bede gaen ende maken dat schoen om
den heert ende bereiden die tavelen mit schoenre spisen, dat
Perht, Ilolda und verwandte Gestalten.
123
wir eten, dan solde ou wael gaen in allen saken/ Das traf
auch alles ein.
Die Geschichte ereignete sich im Lande von Cleve.
A. Birlinger bringt aus dem Besitze Dr. Crecelius’ dieselbe
Stelle aus einer Ausgabe des 16. Jh. Germ. XYII 1872,
S. 77 ff. Wir haben hier Hausgeister, die aber mit Natur
dämonen verschmolzen sind. Ihre Wohnung ist dement
sprechend entweder am Herd oder unter der Erde, be
sonders unter Büschen. Solche findet man nach Moorens
Mitteilung (G. XI) in den Niederlanden in jeder Feldmark
als Grenzbezeichnung. Häufig findet man bei ihnen Kreuze
oder Kapellchen; wo dies nicht der Fall ist, will man zu Mit
tag weiße Gestalten dort sitzen sehen. Kaufmann (ebd.) er
innert an die als Grenzbezeichnung dienenden Frau Hullen
bäume in Franken (s. d.) und im Odenwald. Auch im
Brenbergischen aus 1566 ein Frau Hullenbaum.
Daß Verunreinigung die Elben vertreibt, ist ein be
kanntes Motiv, so in vielen Zwergensagen, vgl. an. alfrek
ganga und die Seele in der Oberpfalz (s. d.). Ebenso das
Speiseopfer für den Hausgeist, die Hervorhebung des Don
nerstages und die Schädigung des Viehs und der Kinder.
Diese halb elbischen Seelengeister heißen: witte, selige
frouwen oder heilige, goyde holden, hulden. Sie sind dem
nach weiblich gedacht,
Über Spinn ruhe wird nichts berichtet. Knappert,
S. 226 teilt einen Brauch aus der Provinz Drenthe mit als
unbewußte Erinnerung an sie: De laatste spinnavond voor
Kerstmis beet daar algemeen ,verbranden‘ of ,verbreken'.
De spinngezelschappen bezoeken elkander en houden gericht
over de nalatigen en luiaards die hare taak niet hebben af-
gedaan. Men gelast haar het overgebleven vlas te verbranden
en het spintnig te verbreken/
Zu erwähnen wäre noch, daß in Holland die Vorstellung
von im Sturme umfahrenden weiblichen Wesen viel häufiger
ist als in Deutschland (vgl. Wolf 616, 617). Auch das Motiv
vom Erscheinen des Dämons ist bekannt (ebd. S. 283).
Westfalen. Wie in den ndrh. Gegenden liegen die Ver
hältnisse auch im angrenzenden Westfalen, nur daß hier die
Spinnruhe und eine bestimiüte Ausprägung der Spstf. nach-
124
II. Abhandlung: Waschnitius.
weisbar ist. Der Name und die Gestalt der Hol da ist, wie
dort, unbekannt, dagegen kennt man die Bezeichnung Hollen
für elbische Wesen. Schon in Waldeck und im benach
barten Hessen (s. d.) haben wir gute Hollen kennen gelernt.
In Südwestfalen sind sie uns durch Kuhn, W., vielfach be
zeugt. So berichtet dieser (n. 164) aus Börlinghausen bei
Meinertshagen südöstlich von Solingen von den Schahollen,
die im IIüll-Lock wohnten, den Menschen Dienste leisteten,
besonders Kühe für ein hingelegtes Butterbrot hüteten, aber
auf das Geschenk eines Kleides verschwanden. Aus demselben
Ort bringt Kuhn n. 165 eine Erzählung, die das reizende
Motiv vom langen Haar der Elbin enthält: Ein Bauer
verschwindet allabendlich. Da bindet ihm die Bäuerin einen
Faden an den Bock und vermag ihm so zu folgen. Sie ge
langte ins Hiill-Lock und fand unten tief in einer Kammer
ihren Mann mit einem Schahölleken in einem Bett; die
Zwergin (sic!) hatte so langes Haar, daß es aus dem Bett
heraushing und bis auf die Erde reichte. Da hob sie es be
hutsam auf und legte es ins Bett. Die Zwergin aber sagte:
.Das war dein Glück, sonst liätt’ ich dir den Hals umgedreht/
(Vgl. Sph. I c. 24. ,Behüt’ Gott deine schönen Haare',
S. 146 f.)
Viehhüten für ein Butterbrot und Verschwinden nach
einem Kleidergeschenk wird ebenfalls von den Sckanhollen in
dem Felsloche bei Gerninghausen bei Köbbinghausen erzählt
(K. n. 161). In einer Variante das Kleidergeschenk in n. 163
aus Hespike.
Das Motiv vom Getreidestehlen liegt der Sage
n. 162 zugrunde, wornach in Gerninghausen dreschende
Knechte ein Schanhölleken eine Last Ähren tragen sahen,
worunter es schwer ächzte und stöhnte. Als sich die Knechte
nun ans Dreschen machten, droschen sie nicht weniger als
vier Malter Korn heraus.
Scha-, Schan- bisher unerklärt, wohl kaum zu Schaden.
Unter den einfachen Namen Hollen treten sie auf in Schar
fenberg bei Brilon an der Waldeckschen Grenze. Sie wohnten
im Hollenhoel, konnten durch verschlossene Türen gehen,
waren den Dorfbewohnern freundlich, liebten besonders kleine
Kinder, raubten aber auch mitunter welche. Sie verliehen
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
125
oft ihr Geschirr, besonders den Braukessel, wofür man ihnen
etwas Bier beim Zurückstellen drin ließ. Als der Braukessel
aber einmal verunreinigt wurde, verschwanden sie (K. S. 213
n. 239). Lauter typische Motive der Zwergensage.
Als ein wildes, aber doch hilfreiches Volk gelten die
Hollen in Grevenbrück, südlich der Ruhr bei Meschede, wo
sie im Hollenlock wohnen. Auch hier Kinderraub, Vieh-
hiiten etc. (K. S. 193 n. 214).
Das Motiv der Braupfanne bei den Hollen in Vel
mede bei Meschede (K. n. 224 ,vgl. v. d. H. Germ. IX, S. 290
n. 25). Hollen gibt es auch in Reiste bei Meschede (n. 225).
Bei Attendorn werden die Hollen Helden genannt (v. d. H.
a. a. 0. 290 n. 26). Interessant ist die Erzählung aus War-
burg: Dort kommt die Holle, während die Wöchnerin schläft,
nimmt das Kind, macht die Windeln los, reinigt es, trocknet
die Tücher und legt das Kind wieder hinein. Eine Wöchnerin
erwachte und sah, wie die Holle mit dem Kind beim Feuer
saß und die Tücher trocknete. Sie schrie auf, da warf die
Holle das Kind ins Feuer und verschwand (v. d. II. Germ. IX,
S. 289 n. 24). Die Holle scheint hier schon als Einzelwesen
gedacht. Über dieses Motiv handelt eingehend Laistner Spli.
II 309 f., c. 56 Demophoon. Er führt hier als Parallele zu
dieser westfälischen Erzählung die antike Sage von Demeter
und Demophoon bei Apollodor I 5, 4 an. Demeter kam auf
ihrer Wanderung ins Haus des Keleos und übernahm die
Wartung seines Söhnleins, Demophoon. Hm diesen unsterblich
zu machen, hält sie ihn bei Nacht ins Feuer und tilgte das
sterbliche Fleisch an ihn. Da nun Demophoon von Tag zu Tag
wundersam gedieh, wollte Metaneira, die Mutter, erlauschen,
was die Göttin mit dem Kind triebe. Beim Anblick des vom
Feuer umspielten Sohnes schrie sie laut auf; da wurde der
Knabe vom Feuer verzehrt und Demeter zeigte sich in ihrer
Erhabenheit. Eine ähnliche Erzählung geht von Achilleus
und Thetis, Sph. I 124 f., c. 22 Thetis. Das Motiv zeigt
deutlich Züge der Wechselbalgsagen und der mit ihr in Ver
bindung stehenden Vorstellung, daß elbische Wesen sich gern
mit Menschenkindern zu schaffen machen. Daß die ganze
Szene dem Alptraum der Wöchnerin entsprungen ist, ist klar.
Über alles Weitere siehe Sph'. a. a. 0.
126
II. Abhandlung: Waschnitius.
Wir kennen demnach in Südwestfalen elbische Wesen
namens: Hollen, gute —, Scha-, Schankollen, -liölleken. Wie
schon erwähnt, ist auch die Vorstellung von der Spstf. und
die Spinn ruhe in ganz bestimmter Ausprägung bekannt.
Kuhn, I S. 60 f. n. 47 berichtet: In der Gegend von Lenden
bei Dortmund spannen die Mägde Sonnabends lang nach
Sonnenuntergang, da tat sich das Fenster auf, ein ungeheurer
nackter Arm faßte herein und eine Stimme rief: Wer am
Saterdagabend spinnt, muß den nackten Arm bekleiden, nach
anderen war es ein blutiger Arm, davon hat man den
Spruch:
We säterdagsäbend to lange spannt
de nimmerme in himmel kiimmt;
da kümmt ’n mann mit ’ne blaurige hand.
Ebenso in Büren a. Alme, O. von Soest (Kuhn II n. 7).
Ähnliches aus Ahlen I S. 99 n. 99, wo ein Mädchen
Sonnabend spät spann und sich eine Stimme hören ließ:
Säterdag to läte spönnen
Hümmer nich in himmel kommen.
Einem weiblichen Wesen Berta soll diese blauerige
Hand zugeschrieben werden in: Brockhausen, Eisborn und
Drüchelten; dort kommt Berta mit der blauerigen Hand
(Kuhn II n. 7) diiärt finster (ZfDM. II S. 88—92, Woeste).
Vgl. die Mitteilung Kuhn, II S. 95 n. 297 aus Eisborn:
Saterdags um 7 hängen alle guten Frauen ihre Wocken auf:
denn dat is use lewe früe ör tit.
Die Spinnruhe am Samstag ist auch ganz in Südwest
falen, schon auf md. Gebiet, in Berleburg geboten, sonst wür
den die Schafe narrig (Kuhn II n. 298), oder: du kiiems
oppen doarnbusk (ZfDM. II 88—92). Auch die Spinn ruhe
in den Zwölften ist bekannt, beziehungsweise die Variante:
nichts darf rund gehen, keine Feld- oder Hausarbeit. So bei
Iserlohn südöstlich von Dortmund (II n. 334), bei Helgenburg
am Steinkuder Meer (n. 337), bei Bückeburg (II n. 335), bei
Wester-Cappel bei Osnabrück (n. 339). Interessant ist, daß
in Gesmold zwischen Osnabrück und Melle am Ostufer der
Ilaase der Klaus als Spstf. erscheint, wenn man am Christ-
Perht, Ilolda und verwandte Gestalten.
127
oder Silvesterabend nach Sonnenuntergang spinnt (II n. 336).
In Glandorf bei Iburg (bei Paderborn) darf kein Flachs am
Wochen bleiben in den Zwölften, sonst kommen die hei den
(Zigeuner, Zwerge) und spinnen ihn ab. Nacharbeiten (Iv.
II n. 345).
Wie man sieht, ist die ziemlich einheitliche Spinnruhe
in den Zwölften, beziehungsweise die aus dieser entwickelte
Vorstellung von der Spstf. hier nicht mehr, so einheitlich
wie mehr im Süden.
Nonleutschland von der Weser bis an die Sprachgrenze.
Hol da im Süden dieses Gebietes bereits behandelt. Hollen
nur aus frühnhd. Zeit belegt. In der ndd., vielfach erweiter
ten Übertragung des Narrenschilfes (Narragonia, Kostock
1519, 96 a) findet sich folgende, dem hochdeutschen Text
mangelnde Stelle: ,mannich narre lövet an vogelgeschrei und
an der guden hollen (bonorum genium) gunst‘ Gr. M. 1 165.
Sonst haben wir in der ndtsch. Tiefebene eine Beihe
hiehergehöriger mythischer Wesen, deren Gebiet ziemlich
streng voneinander geschieden zu sein scheint.
Es fragt sich, wieso Gestalten, die ganz gleichen mythi
schen Vorstellungen entsprechen, in eng benachbarten Land
strichen ganz verschiedene Namen haben, ohne daß ein
stammhafter Unterschied der Bevölkerung oder ein geo
graphischer oder sonstiger Einfluß ersichtlich ist. Das würde
gerade auf das Gegenteil hinweisen von dem, was Kuhn ND.
S. XXIV annimmt, daß nämlich diese feste Begrenzung auf
germanische, vorslawische Zeit zurückgehe und ununter
brochene Tradition vorliege. Die Mehrheit der Gestalten ist
nur auffallend, wenn man sie als Sproßformen eines früher
gemeinsamen mythischen Wesens auffaßt. Das ist aber bei
den in Frage stehenden unmöglich.
Wie ich schon in der Einleitung erwähnte, hat der
Schulmann 0. Knoop in Bogasen eine erbitterte Polemik
gegen diese von Kuhn und Schwartz zuerst entdeckten mythi
schen Wesen geführt, wobei es an persönlichen Angriffen auf
die genannten Sammler nicht gefehlt hat. Knapp vor seinem
Tode hat Wilh. Schwartz in der Z. d. V. f. VK. IX 1899,
S. 1 f., 123 £., 305 f. geantwortet, wobei er seinen alten Stand
punkt festhält und die in vielen Punkten tatsächlich recht
128
II. Abhandlung: Waschnitius.
matte und haltlose Kritik Knoops, vor allem aber dessen An
griffe auf die Zuverlässigkeit des Tatsaclienmateriales zu
rückweist.
Unrecht hat Knoop jedenfalls, wenn er Frau Gode aus
einem Beinamen der Maria (gode vrouwe) und Holle als die
Olle (!) deuten will; überflüssig sind die überaus gezwunge
nen Deutungen der lokalen Verballhornungen der einzelnen
Namen. Im Hecht ist er in der Deutung der Frie und der
Fui(k). Seine Folgerungen sind aber immer viel zu weit
gehend.
1. Frau Harke. ND. S. n. 181. Knoop, ZfVK. III
S. 81—101; Schwartz, Z. d. V. f. VK. IX S. 9 f.
Ihr Gebiet: Die Südgrenze gegen Frau Holle verläuft
von Petersberg bei Halle zum Harz, über den sie sich bis in
die Gegend des Brockens erstreckt; von hier bis zur Elm zu
verfolgen. Nördlich dieser Grenze umfaßt ihr Gebiet den
Süden der Altmark (bezeugt nur in Staffelde bei Stendal).
Hechts von der Elbe fällt die Nordgrenze gegen die Frau
Gode mit der Südgrenze der Priegnitz zusammen; in der
Uckermark gegen die Frick läuft sie in einer südlich von
Templin nach Angermünde sich erstreckenden Linie. Die
Ostgrenze geht von Potsdam über Jüterbog, Wittenberg nach
Torgau. Es umfaßt also ihr Gebiet: Magdeburg und Um
gebung, Südaltmark, Havelland, Huppin, Süduckermark,
Fläming, Niederlausitz, Schweinitz, Gandersheim und
schließt die schon behandelte Frü Fr een und die Ausläufer
der Frau Holle ein. Ein Zeugnis aus 1732 bei Sam. Walther
siehe oben.
Innerhalb dieses Gebietes variieren die Namensformen
vielfach. Vgl. Kuhn ND. S. a. a. O.
Es handelt sich fast immer um die Spstf. in den
Zwölften, die manchmal auch männlich gedacht wird. Nur
in den Dörfern an der Elm, wo die olle Iläksche bekannt ist,
ist diese nicht Spstf., da die Spinnruhe in den Zwölften un
bekannt ist, sondern nur Kinder scheuche. Frü Herken
in Grochwitz ist Spstf. für die Fastnacht.
Ihre Tätigkeit besteht immer im Verunreinigen des
Wergs oder im Zerkratzen der Mägde (K. M. S. S. 371/2).
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
129
Als Bi es in erscheint Frau Harke in Cammern (ND.
S. 109 f.). Mit ihr verknüpft die Motive: Kiesenspielzeug,
verhinderter Kirchenhau, Auszug und Überfahrt mit Span
lohn etc.
Als Waldfrau spricht man ihr die Waldtiere als Herde
zu, z. B. Hasen (vgl. Biegler WS. II 186 f.); auch wird sie
durch die Lichtung des Waldes vertrieben. Beziehung zum
Feldbau liegt vor, wenn sie, nach dem Glauben der Leute,
die Kühen in der Uckermark einführt. Der Name dürfte
auch in allen seinen volksetymologischen und sonstigen
Varianten auf den Harkenberg bei Cammern zuriickgehen,
der erst nach der Konzipierung eines in seinen Wäldern
wohnenden Vegdäm., der als Spstf. sich weit in der Um
gebung verbreitete, zum heutigen Frau Harkenberg wurde.
Es gibt auch eine Frau Harfengras, wohl nur bei volks
etymologischer Anlehnung möglich. Mit Unrecht lehnt Knoop
die Zusammenstellung mit der vro Here des Gobelinus Per
sona, Witte hist. oc. Sax. (1500) Entzelts Chronik (1579) ab.
2. Frau Gode. ND. S. n. 171 f. Knoop, Am Urquell,
V S. 9 ff., ZfVK. III S. 41 f.
Ihr Gebiet: Nordaltmark, Priegnitz, Mecklenburg.
Die Namensformen variieren auch hier vielfach (vgl.
ND. S. a. a. O.). Im allgemeinen erscheint sie meist als Spstf.
in den Zwölften, speziell am Drkgabend.
Verknüpft ist sie vielfach mit der wilden Jagd. So
in Mirow und Wittstock mit dem Motiv der Ausbesserung
— es handelt sich um einen Pfahl, den sie spitzen läßt —
Spanlohn, aufgenommener Hund etc. Ebenso bei Groß-
Methling.
In Grabow erscheint sie ebenfalls mit der wilden Jagd
und als Spstf. in der Fastnacht (Bartsch 26). Ihr Herum
toben auf einem Felde bringt diesem Fruchtbarkeit (elxl.).
Als Vegdäm. erscheint Frau Gode in Bühn, wo sie sich
nachts in einem hohlen Baum sehen läßt (Bartsch 27), als
Waldfrau in Parchim, wo, man sie als Kerl in grünem
Jägerrock, mit breitem Hut und düsterem Haar im Walde
trifft (ebd. 30). Mutter Gauerken endlich bringt die Pest
über ein Dorf (ebd. 31). Ein jüngerer Zug.
Sitzungsber. phil.-hist. d. Kl. 174. Bd. 2. Abli.
9
=
130 II. Abhandlung: Wasehnitius.
Ob der in der Gegend von Brome geübte Brauch des
Halmopfers mit seinem Namen Vergodendel zu Frau Gode
gehört, ist zweifelhaft; würde übrigens gar nichts weiter zur
Vorstellung von Frau Gode beitragen (vgl. Kuhn MS. VI,
VII, ND. S. 391; Knoop Zi'VIv. III 41—48).
Der N ame ist aus der weit verbreiteten Bezeichnung
elbischer Wesen: die Guten, entstanden; wie Holda aus den
Holden (vgl. unten). Die Formen mit au sind lautgesetzlich
ndd., mecklenb. Godke und ähnliche Diminutivformen. Die
Formen mit W volksetymologisch verbildet. S. Knoop a. a. O.
3. De Fuik. ND. S. 414 n. 179; Knoop ZfVK II 449
bis 459; Schwartz, Z. d. V. f. VK. IX S. 123 f.
Ihr Gebiet: Die ganze Uckermark von Angermünde
bis Thomsdorf a. Mecklb. Grenze. Nördlich von Prenzlau
bis Straßburg und südlich bis Templin. Nach Norden hin
nicht allzuweit. Westgrenze gleich der politischen (vgl. ZfDM.
V 373 ff.).
Auch hier die verschiedensten Namensformen in ND. S.
a. a. 0. Sie ist Spstf. für die Zwölften mit dem Motiv der
Verunreinigung. Sie erscheint ebenfalls als wilde Jägerin.
Motiv der Fütterung ihrer Hunde mit Mehl.
Sie gilt auch als des Teufels Großmutter und als
Hexe im Märchen von Hänsel und Gretel. Ihr Versuch, den
See, auf dem die Geschwister als Enten schwimmen, aus
zutrinken, mißlingt: sie platzt. Das mythisch auszudeuten,
ist kein Grund vorhanden (ZfDA V 373 f.).
In Templin ist die Frick Spstf. für den Samstag.
Über das Geschlecht ist man sich vielfach im Unklaren
(vgl. Jahn Pomm. n. 39).
Knoop befindet sich wohl auf dem richtigen Weg. wenn
er den N amen Fui aus der Interjektion Pfui ableitete, die
im Volke oft an Stelle des Teufelsnamens ausgesprochen wird.
Dazu stimmt die Erzählung Schwartz’ (a. a. 0. 123) über die
Auffindung der Fui, wo tatsächlich der erste Gewährsmann
direkt Pfui sagt. Aus diesem Gebrauche entstand ein Name
Fui für die Spstf., natürlich unbestimmten Geschlechts; dar
aus, wie sonst, ein Diminutivum: Fuik. Aus diesem Fuik
Frick schon im Volke oder bei der Aufnahme, da im ent
sprechenden Gebiet r und u lautlich fast zusammenfallen, was
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
131
schon seinerzeit zu einem Streit zwischen Kuhn und Schwartz,
wie dieser selbst erzählt (a. a. 0.), führte. Mit Frigg hat der
Name nichts zu tun.
4. Die Miiraue.
Gebiet: von Zossen über Teupitz, Wendisch-Buchholz,
Storkow bis Fürstenwalde, also an der wendischen Sprach
grenze.
Die More: Gegend von Eilenburg und Wurzen in
Sachsen. Sie ist Spstf. in den Zwölften. Es ist die Spstf.
der benachbarten wendischen Bevölkerung, die Murawa (s.
oben).
5. Als Spstf. dient ferner in der Gegend von Dedeleben
bei Jerxheim de Märtche(n) (ND. S. n. 184), der Druckgeist
(Mare + wucherndem t); die Hexe in Krosigk am Peters
berg (ND. S. n. 181); de Waud auf Usedom und Wollin
(Jahn, Pomm. S. 2); die fule Ireth in manchen Dörfern der
Ostpriegnitz, Kreis Teltow (Lk. d. Pr. Bb. III). Die Spinn
ruhe in den Zwölften ist auch ohne ausdrückliche Spstf.
bekannt.
<
Wir haben demnach in Norddeutschland bis nach Pom
mern fast überall eine Spstf. für die Zwölften, auch Fast
nacht und Samstag, unter verschiedenen Namen. Ziemlich
weit verbreitet ist ihre Anknüpfung an die wilde Jagd.
Aus den östlichen Kolonisationsgebieten: Ostpreußen,
Littauen und Westpreußen sind unter den Deutschen
keine hiekergehörigen Gestalten, Vorstellungen und Bräuche
bekannt (vgl. Temme-Tettau).
Dagegen kennen die einheimischen Littauer Spinn
ruhe und Spinnstubenfrau. Wenn die Laumen (elbische
Wesen) des Abends nach 12 noch Bäuerinnen beim Spinnen
treffen, legen sie diesen eine Mulde voll Spindeln vor mit
dem Auftrag, sie in einer Stunde abzuspinnen. Hat eine
Bäuerin diese Aufgabe gelöst, so sind am nächsten Morgen
die Spindeln voll Goldfäden (Veckenstedt Lit. Mythen II
97 n. 8, bei Sph. II 314)^ Der Donnerstagabend gilt als
Laumesabend, an dem nicht gesponnen werden darf (Sph. II
318). Eine Frau, die Samstagabends nach Mitternacht immer
spann und badete, wurde von den Laumen abgebrüht und
9*
132
II. Abhandlung: Waschnitius.
geschunden, so daß sie starb (Veckenstedt, II 97 n. 9, bei Sph.
II 336).
Demnach: elbische Wesen als Spstf., besonders Donners
tag und Samstag. Motiv der betrogenen Spstf. angedeutet,
aber in anderer Dichtung ausgebildet. Motiv der Ver
brühung.
Schleswig-Holstein. Holda und die Hollen sind wie
in Norddeutschland heute nicht bekannt. Auf die letzteren
weist der Hollenhoop bei Stocksee bei Plön. Die an ihn ge
knüpfte Geschichte gehört nicht liieher (Müll., S. 263 U. 352).
Als Spstf. in den Zwölften gilt hier, wie auf Usedom
und Wollin, der Wode. Läßt man Flachs auf dem Docken,
so jagt er hindurch (Müll. n. 230). Auch der Teufel ist
Spstf. Müll. n. 230 bringt darüber eine Sage aus Marne in
den Ditmarschen (auch bei Dav. Francke, Altes und neues
Mecklenburg I 55). Eine Frau versuchte doch in den Zwölften
zu spinnen, da verfiel das Gesinde in einen tiefen Schlaf und
plötzlich ging die Türe auf, einer trat herein, verlangte das
Spinnrad und begann zu spinnen. Sie warf ihm allen Flachs
und alle Wolle hin, aber er spann alles blitzschnell auf; end
lich befreite sie sich mit Hilfe einer Nachbarin. Hätte der
Teufel alles aufgesponnen, war’s um sie geschehen gewesen.
Spinnruhe am Samstag ist ebenfalls weit verbreitet.
Eine Alte, die oft mit anderen am Samstagabend gesponnen,
erschien ihren Genossinnen nach dem Tode, zeigte ihnen
eine glühende Hand und sprach:
Seer du, hvad jeg i Helvede vandt,
Fordi jeg om Lover dag Aften spandt.
(Müll. n. 229.) Aus Sundwith, also schon dänischem Sprach
gebiet.
Skandinavien.
Altnordische Zeit. In Snorri ■ Sturlusons Lleims-
kringla (13. Jh.), cap. 16 der Ynglingasaga, erscheint eine
seidkona ILuldr, von der die von König Vanlandi ver
lassene Drifa verlangt, sie solle ihn entweder nach Finnland
zaubern oder ihn töten. Als der König trotz seines Sehnens
infolge des Zaubers nicht nach Finnland fährt, wird er in
einen tiefen Schlaf versenkt, in welchem ihn die mara tottrat.
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
133
Eine Parallelgeschichte wird cap. 17 von Visburr er
zählt. Auch hier greift die verlassene Frau, Audi, zum Zauber
und läßt durch dieselbe velva Huldr über die Ynglinge den
Fluch verhängen, daß in ihrem Hause der Geschlechtsmord
beständig sein solle.
In d’jodolfs Ynglingatal wird der Name nicht genannt.
Huldr, der Name einer Zauberin, ist wohl ursprünglich ein
Appellativ für: dämonisches Wesen. Das Wort setzt einen
germ. Stamm *huldi- voraus, ein part. fern. pass, zu *helan,
vgl. Falk Torp, Etym. Wh. S. 428. Die lautgesetzliche Form
wäre *hyldr gen. *huldar, doch ist hier wie in vielen anderen
Fällen der Ausgleich der Formen eingetreten. Huldr heißt
demnach: Die Verhüllte.
Eine gleichbenannte Gestalt hat einer ganzen Saga den
Namen gegeben, der Huldarsaga. Vgl. K. Maurer, Abh. d.
Alt. d. Ws. München phil. Kl. XX 223 f., 277 f. Sie wird er
wähnt in der Sturlunga cap. 331. Der Dichter und Ge
schichtsschreiber Sturla cPordarson, Snorris Neffe, erzählt auf
einer Seefahrt mit König Magnus im Jahre 1263 den Schiffs
leuten zur Unterhaltung ,die Huldarsaga besser und ver
ständiger, als irgend einer der Anwesenden sie vorher gehört
hatte! Auf die Frage der Königin, was es gebe, wird ihr
mitgeteilt, daß man eine Saga hören wolle, die von einer
großen Unholdin (frä tröllkonu mikilli) handle; es sei eine
gute Saga und werde gut erzählt. Am nächsten Tag muß
Sturla die Saga der Königin wiederholen.
Die Saga war nach diesem Bericht bereits bekannt, nicht
Erfindung Sturlas. Maurers Schluß aus tröllkonu mikilli auf
eine Kiesin ist nicht zwingend; es könnte sich wohl um die
Huldr der Ynglingasaga handeln, zumal diese im Ynglingatal
als tröllkund bezeichnet zu werden scheint.
Von einer Huldarsaga hören wir erst wieder 1775 hei
P. F. Suhm (Critisk Hist, af Danmark II S. 678), dem von
Propst Gunnar Pälsson von einem Iluldarsagafragment er
zählt wird. Derselbe Gun. Pälsson aber ist von Maurer als
Dichter des Gunnarsslagr nachgewiesen worden. 1805 be
sprach und übersetzte W. ‘ H. Abrahamsson (Schriften der
Skand. Lit. Selsk. I S. 263 f.) die Saga, ebenfalls nach einem
defekten Exemplar. Nach dieser Übersetzung übertrug Gräter
134
II. Abhandlung: Waschnitius.
,Iduna und IIermod‘ 1816, S. 1 f., c. 1—18 der Erzählung.
Aus derselben Quelle schöpft P. E. Müller, Sagabibi. I 1817,
S. 366—371 (Lachmanns Übs., S. 273—277).
Maurer konnte 1858 eine Hs. der Huldarsaga abschrei
ben. Jon Arnason berichtete ihm, daß es eine ältere und
eine jüngere Fassung der Saga gebe und schickte ihm eine
Abschrift der älteren Version.
Über das Verhältnis dieser zwei Bearbeitungen — zu
denen sich noch eine dritte H 3 gesellt — handelt Maurer
ausführlich a. a. 0. Aus der eingehenden Untersuchung geht
hervor, daß wir es hier, wie schon P. E. Müller a. a. O. be
hauptet hat, mit einem Erzeugnis des 18. Jh. zu tun haben,
selbst bei der ältesten Fassung. Die Saga kommt daher für
uns gar nicht in Betracht.
Dänemark. Eine der an Huldr idente FTamensform liegt
aller Wahrscheinlichkeit nach in dem Hamen Hyldemoer
für ein dämonisches Wesen vor. Von ihr berichtet Thiele
D. Fs. 282—284: ,Der boer i Hyldetraeet et Weesen, som
kaldes Hyldemoer eller-quind. (J. E. Bietz, Sv. D. L. II
S. 275, hylmver.) Hun lievner al Overlast, der tilfojes trse et
og i Nyboder veed man at fortseile, hvorlunde en Mand, den
omhuggede et Hyldetrse pludseligt- dode kort derefter. Det
er ikke raadeligt at have Boskab af Hyldetrse, thi det lider
hun ikke. Der man engang havde lagt et Barn i en saadan
Vugge, kom Hyldemoer og trak det i Beenene, og lod det
ingen Bo have, for det bler taget ud af den Vugge.
Boesens Beskriv. over Heisingsoer S. 23 sagt: Det be-
sonderlige Lsegedoms Trse, Hyld, som isser i Danmark er bek-
iendt, har Havn af denne Gudinde eller af Hildi, en Lsege
doms Gudinde, som med sine Geister eller Underguder har
Bolig under samme Trse, ihvor saa det findes; hun har skj«ul
ket Indbyggerne dette Trse og taaler ikke, at det vanhelliges
og misbruges. Det er en uryggelig Lovning som endu findes
hos den overtroiske Almue, at de tilbede den Gudinde Hildi,
forend de tager af Hylden, med denne Bon:
0 Hildi Moder, Hildi Moder, lad mig tage noget af din.
Hyld, saa vil jeg lade dig tage noget af mit igjen! Dette
gjentages tre Gange og forseer man sig herudi, bliver man
straffet.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
135
Wie man deutlich sieht, ein Vegdäm., eine Baumnymphe
des Ilolunderbaumes (Hyld.). Dennoch bringt man heute
allgemein diesen Namen mit dem an. Huldr und der norw.
Hulder zusammen und findet hier die umgelautete Form an
*hyldr. Es hätte dann hyldekvinde die Bedeutung von elle-
kvinde und mit dem Baumnamen Hyld wäre dieser Name erst
volksetymologisch verbunden worden (Falk Torp, Et. Wh.
S. 428). Die Natur der Huldren bot keinen Widerstand. Daß
hyld- auch in Dänemark bekannt war als Bezeichnung elbi
scher Wesen, zeigt das ältere dänische hyldeskudt verstört
neben elleskudt. Auch die dänische Redensart: han har sovet
under en hyld, es ist verwirrt im Kopfe, kann hieher ge
hören nach Analogie des Aberglaubens in Schonen, doch
könnte hier direkt an den Baum angekniipft sein, der im
ganzen germ. Sprachgebiet als besonders zauberkräftig gilt. 1
Für erstere Auffassung aber spricht folgende, bei Sph. I 37
mitgeteilte neugriechische Anschauung: Einen sehr schäd
lichen Einfluß auf die Menschen üben die Neraiden um die
Mittagsstunde zumal im Sommer aus, und es ist sehr gefähr
lich zu dieser Zeit an einem Brunnen etc., ebenso wie in
Schatten von Bäumen, besonders unter Platanen, Pappeln etc.,
wo diese Wesen mittags gerne verweilen, sich aufzuhalten
oder gar zu schlafen: Der Mensch wird hier leicht von den
Neraiden ,ergriffen', das heißt, er erhält von ihnen einen
Schlag, infolgedessen er geistig oder körperlich erkrankt.
(Ein bekanntes Motiv.) Die Kedensart wird wohl früher
anders gelautet haben; vgl. med en hyld.
Die Spinnruhe in den Zwölften bezeugt für Däne
mark Benj. Thorpe ,Northern Mythology' London 1852 v. III
99. ,This is akin to the Danish superstition, that from Yule-
day to New-Yearsday nothing that runs round may be put
in motion, consequently neither reel nor spindle' und Thiele
D. Fs. III bei Gr. M. Abergl. n. 134: ,fra juledag til nytaars-
dag niaa mau ikke sätte nogen ting som löber rundt i gang alt-
saa hverken spinde eller vinde' (offenbar die Quelle für Thorpe).
Auch am Donnerstag, an dem der Gardsvor (Hus-
kobold) sein Opfer bekommt, dürfen die Frauen nicht spin
nen (EHM. Mgd. 214).
1 Vgl. ZfoVK. II. 355. Anm. 1. '
136
II. Abhandlung: Waschnitius.
Schweden. Die dänische Hyldemoer ist in dem stamm
verwandten Skäncn ebenfalls bekannt. Hylten-Cavallius ,W.
ok W/ S. 310 berichtet: ,Likaledes talar man i Skäne (Gärs
härad o. fl. st.) om ett quinligt natnrväsen i flädern eller
hylle-trädet. Detta väsen heter Ilyllefroan. Gör nägon
skada pä flädern eller orenar invid detta träd, sä fär han en
sjukdom kallad Ilylleskäll som botar med at slä ut mjölk öfer
trädets röfter/
Etwas anders, der dänischen Anschauung ähnlicher bei
Rietz, Sv. D. L. S. 275. Pä mänga Ställen i Skäne lyser
allmogen fruktan för at sitta eller ligga under ett kyllet.rä,
emedan man dä kann blifva hyllebläst (er) (adj.) d. är: fä
ett utslag pä kroppen. Har detta egt rum, sä att man fätt
hyllebläst (m.) eller hylleskäll (n.), sä fördrifves sjuk-
domen derigenom att man tigande stundom efter solnedgan-
gen tvätar sig i nymjölkad mjölk och under fortsatt i aktta
gende af tystnad, slär denna mjölk ut under det ifrägavarande
hyldeträet eller och nägon annan hyll/
Also auch in Schonen Hyllefro als Baumnymphe des
Holunderbaumes. Die Vorstellung und der Name hylle-bläst
zu bläsa blasen (vgl. dän. elveblsest Hautausschlag, norw. dial.
Alvgust dass. dän. gusten bleich zu gust Windstoß Falk Torp,
Et. Wb. 362) und hylle-skäll zu skolla brühen, scheint auch
hier auf eine Übertragung zu deuten. Die Bezeichnung Hul-
d(r)en findet man aber hier wie im übrigen Schweden nicht.
Nur die an Norwegen angrenzenden Landstriche, die zum
Teil von dort aus besiedelt wurden, haben diesen Namen
erhalten (vgl. Afzelius, S. 288 f.).
Auch die Spstf. und die Spinnruhe ist in Schweden,
und zwar in Wärend belegt. Vgl. Hylten-Cavallius, I S. 236f.:
Frigg var i hednaveld gudiuna för spänad och qvinnlig
hemslöjd. Det var sälunda för hende, som späntenen och
spänvagnen (c. Spinnrocken) icke matte röras under thors-
helgen, likasom man icke heller pä thorsdagsqvällen eller
nägon stör högtidsqväll mätte göre annan kringgerning,
säsom nysta, spulta, varpa, vinda garn, lägga tömmar o. sv.
icke ens mala eller köra med vagn uppä gärdens egor. Det
sistnämda af dessa iakttaganden hänförer sig dock mähända
snarare til Thor seif, som enligt folktron färdas äkande. Det
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
137
heter eljest om dessa gamla wärendska folkbruk. att pä de
näwnda qvällarne spinna Thoregud og Frigge ock att man
för i verldena sett en gubbe ocb en käring sitta vid Spinn
rocken pä Thorsdagsnatten. Och ännu i vär tid tror folket
sig förnimma hurn Spinnrocken gär denna natt. Man säger
dä efter gamalt tal, att det är Thoregud och Frigge, soin
spinna. Friggs spänten lyser ännu pä hinilen, säsom en stjern-
bild (haltet i Orion) under det i Wärend allmänt kända
namnet Frig'getcnnen eller Friggerocken. Gudinnan sjelf
har deremot, säsom vi nyss nämnt äldrats til en gammal
käring, som nu mera som en nättlig genfärt besöker de hus,
i livilka hon fordom varit dyrkad. Mängenstädes har hon
tili och med nedsjunkt tili en hednisk ovätte eller pulte. Det
heter derföre stundom, att det er puken, som spinnet- om
thordagsnätterna, och att om nägon Spinner den qvällen, sä
spinnet- det efter liela natten.
Darnach ist in Schweden als Spstf. ein gespenstiges
altes Weib oder der Hausgeist (pulte) bekannt. Die Spinn
ruhe gilt für Donnerstag und die ATtrabende höherer
Feiertage. Das Motiv des Nacharbeitens ist bekannt.
Die Beziehung auf Frigg und Thor wohl gelehrten Ur
sprunges.
Norwegen. Allgemein ist in Norwegen als Bezeichnung
elbischer Naturwesen der Ausdruck: Hulderfolk, Huldre-
folk, Huldafollt bekannt; dazu Huld(e)r f., pl. Iluldrer
(die vielen Varianten bei Aasen, N. 0. S. 305), für das weib
liche, Hulderkall oder —mann für das männliche Wesen. Sie
erscheinen einerseits als reine Vegetationswesen, die nach
Abzug der Menschen von den Almweiden diese und die Senn
hütten mit ihrem Vieh (Hulderkyr fe) in Besitz nehmen.
Anderseits zeigen sie deutlich elbischen Charakter, woh
nen in Bergen (Hulderhaug), so daß sie sich dem Under-
jordiske und dem Haugfolk aufs engste verwandt zeigen.
Die überaus zahlreichen Sagen von ihnen haben A. Faye
(N. S.) und P. Ch. Asbjornsen (N. H. E.) gesammelt. Ich
erwähne nur die bemerkenswertesten Motive.
Ein sehr beliebtes Motiv ist das der Huldrenbraut
und —ehe. Junge Männer, die die Huldren auf den Senne-
reieii belauschen, verlieben sich in eine schöne Huldre und
138
II. Abhandlung: Waschnitius.
bringen sie in ihre Gewalt, indem sie ein Messer über sie
werfen. Mit oder auch gegen den Willen der übrigen Huldren
heiraten sie, wobei im ersten Falle von diesen reiches Heirats-
gut auf zauberhafte Weise gespendet wird. Die Ehe bleibt
eine Zeitlang glücklich, bis eine Abkühlung in der Liebe des
Ehemannes eintritt. Da zeigt die Huldre bei einer sich
bietenden Gelegenheit ihre Kraft und fortan behandelt sie
der Mann wieder gut. Das ist der Typus zahlreicher Er
zählungen. Häufig wird angeknüpft an ein vorhandenes
Schmuckstück aus alter Zeit, besonders eine Brautkrone,
Trinkhorn usf., das vielverbreitete Motiv der Elbenhinter
lassenschaft. 1 Anderseits rauben aber auch die Huldren
Mädchen, die allein auf der Alm Zurückbleiben. Eine hieher-
gehörige Erzählung mit sehr interessanten Motiven, die elbi
schen Naturwesen auch sonst beigelegt werden, bringt Faye,
S. 25. Hier werden die Huldrer auch als Hnderjordiske be
zeichnet.
Die Gestalt der Huldren ist die menschliche, doch
haben die Männer rote Augen und alle sind durch den Besitz
eines Schwanzes ausgezeichnet, den sie aber unter Menschen
sorgfältig verborgen halten. Daran knüpfen sich die weit
verbreiteten Motive von der Erkennung, vom Einklemmen
in den Baumspalt usf. Im übrigen sind besonders die Mäd
chen sehr schön. Wie schon erwähnt, sind sie im Besitz von
Yieli und Pferden (F., S. 25).
Wie bei anderen elbischen Wesen ist ihr Gesang von
großer Lieblichkeit und bezaubernder Wirkung. Über ihn
bemerkt Faye, S. 42. ,Paa enkelte Steder er hendes Sang
„Huldre Slaatt“ (Laat) bekjendt, der skal ly de heel huul og
sorgelig og derved adskiller sig fra de Hnderjordiskes Musik,
den beskrifves af Grevidner som saare for fryllende/
Hie und da glaubt man auch in einzelnen Augenblicken
ihre Höfe gesehen zu haben an Stellen, wo sonst nichts als
Busch und Wald war. Man nennt solche Örter Hullahöfe
(Müller Sagb. 272 f.). Vgl. Sph. I 22, 102, 217 f.
Häufig erscheint aber statt des Huldrefolk eine einzige
Huldr(a), dann immer als weibliches Wesen, meist ebenfalls
1 Vgl. Sph. I. 211.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
139
im Besitze von Kühen, von denen sie bei schlechtem Wetter
ganze Herden in den Wald treibt (ein Wolkenmythus) und
ausgezeichnet durch einen Schwanz oder hohlen Kücken.
Darin berührt sie sich mit der schwedischen Skogsnufva und
der norwegischen Skogsnerte.
Im übrigen variiert natürlich die Vorstellung von den
Huldren sehr nach dem Lokal. Auch sind sie keineswegs gegen
die verwandten Underjordiske und Trollen scharf abgegrenzt.
Island und Faerner. Nach Maurer (Isl. Vs.) werden in
Island die Elben, deren Vorstellung im Gegensatz zu der
deutschen hier ganz einheitlichen Charakter zeigt und über
die ganze Insel verbreitet ist, neben Älfar, Älfakyn etc.
huldufolk (huldumadr, —kona), das heißt verborgenes
Volk genannt. Sie leben in unterirdischen Wohnungen, zei
gen menschliche Gestalt, haben aber keine Seele. Sie lieben
Musik und Tanz, besonders zu Festzeiten, wo ihre heller
leuchteten Wohnungen weithin zu sehen sind. Sie haben
ein vollständig eingerichtetes Staatswesen und besitzen be
sonders gutes Vieh. Sie fahren auch zum Fischfang hinaus.
Dennoch sind sie scharf von den Menschen getrennt. Sie
können auch andere Gestalten annehmen, besitzen überhaupt
übernatürliche Kraft und können den Menschen schaden oder
nützen. Gewöhnlich sind sie unsichtbar, doch kommen sie oft
mit den Menschen in Berührung. Darauf beziehen sich die
zahlreichen Sagen, die aber nur die allgemein bekann
ten Motive auf weisen: Wechselbalg, Liebschaft, Bergver
lockung etc.
In ähnlicher Weise tritt uns auf den F ae r 0 e r n das
Huldufolk entgegen. Auch sie wohnen in Hügeln und be
sitzen schöne Kühe. In der Nacht vor Epiphanias, der ,13.
Nacht', sieht man mitunter solche in den Ställen bei den eige
nen Kühen stehen; es wagt aber niemand sie zu halten, weil
man die Bache des huldufolks fürchtet. Die huldu-Kiihe er
kennt man daran, daß sie ihr Haupt immer nach den Bergen
zu wenden. In Dal auf Sandoy hörte man ein Hulduweib, wie
sie ihre Kühe zählte und beim Namen rief. Einzelsagen mit
den bekannten elbischen Motiven (Kinderraub, Liebschaft)
bringt Jiriczek nach Hammershaimb ,Fserosk Antologie' Z. d.
V. f. VK. II 1 f., 142 f. ■
140
II. Abhandlung: Waschnitius.
Von der Spstf. und der Spinn ruhe liegen aus west
nordischem Gebiet keine Belege vor.
II.
1. Der Seelendämon Perht.
Bei der Frage nach Ursprung, Wesen und Alter der
mythischen Gestalt, die uns unter dem Namen Perht im bayri
schen-, fränkischen und einem Teil des md. Sprachgebietes
entgegentritt, ist von der Tatsache auszugehen, daß ihr Er
scheinen an den Winter, speziell an die Weihnachtsfestzeit
geknüpft ist. Dies legt von vornherein den Gedanken nahe,
daß wir es hier mit einer Gestalt des Seelenglaubens zu
tun haben. Dazu stimmt der gesamte Mythen- und An
schauungskomplex, der sich an Perht knüpft und der die
vielfach aufgeworfene Frage, ob wir es hier überhaupt mit
einem Wesen ursprünglichen Volksglaubens zu tun haben
oder aber mit einer Personifikation eines christlichen Festes
und des aus diesem erwachsenen Brauches, im ersteren Sinne
entschieden bejaht.
Daß der Winter vor allem die Zeit des Seelenkultes
ist, ist in den äußeren Umständen der Witterungsverhältnisse
und der durch sie beeinflußten menschlichen Lebensführung
begründet. Es ist natürlich, daß in dieser Zeit, wo der primi
tive Mensch in seiner niedrigen Behausung mit all ihren un
heimlichen dunkeln Winkeln, voll von Erinnerungen an die
verstorbenen Ahnen, unter den psychischen und physischen
Störungen und Beklemmungen des engen Beieinanderwoh
nens lebte, wo endlich in der Natur ringsum alles Leben,
bis auf die um das Haus tosenden Stürme, erstarrt ist, ganz
andere Triebkräfte zur Konzipierung mythischer Vorstellun
gen sich geltend machen mußten als in der Zeit der sommer
lichen Feldarbeit, wo das Bauschen der belaubten Wälder,
das Wogen des hohen Getreides, Gewitter, Begen und Sonnen
schein ganz anderen Stoff für die mythenbildende Phantasie
bot. Der Winter ist ganz naturgemäß die Hauptzeit der
Seelenverehrung. Als solche ist er auch in den zwei Ländern,
in welchen das indogermanische Heidentum zu einer weiteren,
ungestörten Entwicklung gelangte* im Kultjahre ganz aus-
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
141
drücklich festgelegt. Die Griechen teilten das Kultjahr in
die dionysische (Winter-) und die apollinische Hälfte
ein, die Inder aber in die pitrayana (Wege der Väter =
Zeit der Ahnenverehrung, Winter) und die devayana (Wege
der Naturgötter) (vgl. L. v. Schroeder ,Myst. n. Mim. i. Rgv/
S. 186, 206 ff.). Die Identität der mythischen Vorstellungen
aber ist bei den indogermanischen Völkern viel stärker, als
man gewöhnlich annimmt. (Vgl. L. v. Schroeder Vorlesungen
über die -Religion der alten Arier an der Wr. Univ. in den
letzten Jahren.)
Es ist ferner als wahrscheinlich anzunehmen, daß inner
halb dieser winterlichen Zeit ein großes Seelenkultfest
(Totenfest, vgl. Mogk) stattfand, das im germ. Julfest
und weiterhin im Weihnachtsfest seine Spuren bis heute
hinterließ. Wir können ohne Bedenken die Weihnachtszeit
als Festzeit des Seelenkults auch bei den Germanen als ein
heimisch annehmen. (Die von Tille und Bilfinger beige
brachten Belege für einen fremden Ursprung aus römischen,
heidnischen und christlichen Anschauungen sind nicht über
zeugend, da die Gegenbelege ganz unberücksichtigt bleiben.
Näher auf diese Frage einzugehen, ist mir unmöglich. Vgl.
die Bit. bei Spli. II 409, auch ITauffen ist gegenteiliger
Meinung, vgl. Einf. in die dtsclib. VK. S. 56.)
Die heidnische Vorstellung einer Festzeit beruht aber
vor allem in den Glauben, daß die Dämonen, in unserem
Falle also die Seelengeister, eine weit stärkere Lebensintensi
tät äußern als sonst. Außermenschliche Mächte machen sich
hilfreich und schädigend geltend, Zauberhandlungen finden
statt, Opfer werden dargebracht, gute Dämonen anlockend,
böse befriedigend.
Nun treten die Seelengeister überhaupt und vor allem
in dieser Zeit in zweifacher Erscheinungsform auf:
als Einzeldämonen und in Massen als Seeionheere. Wäh
rend im letzteren Falle der Charakter als Seele der abge
schiedenen Menschen meist gewahrt bleibt, entwickelt sich
die einzeln erscheinende Seele bald zu einem Seeiondämon,
der sich teils als geneigtes Wesen, z. B. der Hausgeist, meist
aber als unheimliches, schreckliches Gespenst zeigt. Solche
Seelendämonen sind vor allem die Druckgeister.
142
II. Abhandlung: Waschnitius.
Per kt zeigt bekanntlich beide Erscheinungsformen; sie
ist Einzeldämon und Führer in eines Seelenheeres. Ich be
handle sie zunächst in dieser ihrer letzterwähnten Funktion,
da hier einerseits die Beziehung zum Seelenglauben eine un
mittelbare ist, anderseits ihr Einzelerscheinen uns zu einem
neuen Vor stellungskreis, dem von der Spinnstubenfrau führt.
a) Perlit als Kiiiderseelenfüluerin.
An drei Stellen des germ. Sprachgebietes ist die Vor
stellung eines Umzuges der Seelen ungetauft verstorbener
Kinder unter einem weiblichen Führer bekannt. In den öst
lichen Alpenländern (OberSteiermark, Südniederösterreich,
Salzburg, Tirol) und im Voigtland ist dieser Perht, in der
Schweiz Frau Selten. Es fragt sich, ob diese Vorstellung
volkstümlich-heidnischen Ursprunges ist oder literarisch
christlichen. Für letzteres spricht die äußere Form dieser Vor
stellung, das merkwürdig isolierte Auftreten und die An
knüpfung an die Frau Saelde der mhd. höfischen Dichtung.
Dagegen sprechen eine Reihe innerer Gründe, so vor allem
die Möglichkeit, alle in Betracht kommenden Vorstellungen
und Motive aus rein heidnischen Anschauungen zu erklären.
Zweifellos haben wir es hier, gleichgültig, ob die Vorstellung
jüngeren Alters ist oder nicht, um eine Äußerung heidnischen
Geistesleben trotz der christlichen Form zu tun.
Auszugehen ist von der gemeinindogermanischen Vor
stellung der im Sturm umfahrenden Seelen. Als Haupt-
umfahrtzeit tritt uns im germ. Volksglauben die Weik-
nachtsfestzeit entgegen. In dieser Vorstellung ist uns
wohl eine der ältesten Schichten des Seelenglaubens erhalten.
Die als Atem gedachte Seele geht nach dem Tode im Wind,
im Sturm auf oder bei Beibehaltung der körperlichen Vor
stellung: die Seelen fahren ruhelos in der Luft umher. Ein
Totenreich oder Seelenheim ist noch nicht vorhanden. Ein
solches mußte sich aber aus der Vorstellung der an den
toten Leib im Grabe gebundenen Seele entwickeln. Toten
reich und Sturmumfahrt traten in Konkurrenz; seine Auf
lösung fand der Konflikt in der Vorstellung vom Seelenborg
und der Ausfahrt aus diesem. Daneben blieb die alte Schichte
bestehen. Das Fortschreiten und die Verfeinerung der
Perht, Ilolda und verwandte Gestalten.
143
religiösen Empfindung erzeugte bald das Gefühl, daß das
ewige, ruhelose Umherirren der Seelen etwas Abnormales,
Beklemmendes, Schreckliches sei. Die von ihren Nachfahren
mit der nötigen Ehrfurcht behandelte und verehrte Seele ruhte
ja im Seelenheim, das sich bald zu einer ganzen Unterwelt
erweiterte. Die im Sturm ruhelos umfahrenden Seelen mui>-
ten solche sein, bei denen etwas nicht stimmte, entweder
solche, die selbst gefrevelt oder an denen sich die Lebenden
vergangen hatten. Ganz deutlich verfolgbar ist diese Ent
wicklung bei den Griechen, die neben der voll ausgebildeten
Unterwelt auch das Umfahren der Seelen im Sturme kennen:
die Umfahrt der Hekate und der Ihrigen. Das sind aber
die Seelen derer, die der Bestattung und ihrer heiligen
Bräuche nicht teilhaft geworden oder die mit Gewalt ums
Leben gebracht (ßiaioOavatoi) oder ,vor der Zeit' gestorben sind
(äupoi) (Rhode Psyche II 82 f.).
Auf ganz dieselbe Weise kann die Konzipierung der
Vorstellung unseres Kinderscelenkeeres vor sich gegangen
sein. Hier ist sogar überall die ältere Schichte in der wilden
Jagd erhalten. Beigetragen haben dazu noch andere, gleich
zu behandelnde Faktoren. Interessant ist es nun, daß wir
in der Mythologie eines primitiven Volkes (Borneo) eine
parallele, in der Mythologie der Küssen aber eine ganz gleiche
Vorstellung haben: Knappert 209/210, ,De Buntiana of
Pontyanay rangscliikt men onder de booze geesten. Zij neemt
de gedaante aan van een witten vogel met een vrouwenhoofd.
Ilet haar is zeer lang en op den rüg treft men eene opening
aan om de geroofde hinderen in te bergen; (Riedel) op de
westkust van Borneo worden zij somtijds angemerkt als de
zielen der doodgeboren hinderen (Wilken)' und ebd.
Anm. 3: ,De Slavische Kusialkis zijn de zielen van meisjes,
die ongedoopt stierven (Flkl., Record vol. IV, S. 55). Ralston
noemt ze Rusalkas, maar verhaalt er het zelfde van „There
are also little Rusalkas having the appearence of seven year
old girls. These are supposed by the Russian peasent to be
the ghosts of stillborn children or such as have died be-
fore there was time to baptise them; such children the
Rusalkas are in the habit of stealing after deatli (Ralston
Songs etc. S. 174).
144
II. Abhandlung: Waschnitius.
Beigetragen zu dieser Entwicklung allgemeines Seelen-
heer > Kinderseelenheer liat folgendes (vgl. EHM. GM.
§ 90. Die Kindergestalt der Seele): Dachte man sich die
Seele nicht in der Gestalt des Verstorbenen oder als Tier, so
erscheint sie oft als kleines menschliches Wesen, ja geradezu
als Kind. So der Hausgeist, Klabautermann (der wohl erst
sekundär zu einer Kinderseele wurde), endlich die zahlreichen
aus dem Seelenglauben entsprungenen elbischen Wesen. Auch
von hier aus konnte man leicht zu einem Kinderseelenheer
gelangen.
Zieht man schließlich die sicher immer sehr große Kin
dersterblichkeit in Betracht, die zweifellos auch zu der
Sage vom Rattenfänger von Hammeln geführt hat, so dürfte
wohl die Entstehung unserer Vorstellung genügend beleuchtet
sein. Wie man sieht, handelt es sich hier um rein heidnische
Wurzeln.
Tatsächlich finden wir schon bei Vergil eine Art Kin
derseelenheer: Aeneis VI 425 ff. Aeneas hat mit seiner Be
gleiterin den Cerberus glücklich passiert:
Continuo auditae voces vagitus et ingens
infantumque animae flentes in limine primo,
quos dulcis vitae exortis et ab ubere raptos
abstulit atra dies et funere mersit acerbo.
hos iuxta falso damnati crimine mortis, usw
Eine literarische Vorlage für diese Vorstellung kennen
wir nicht 1 und trotz der poetischen Stilisierung muß man
nach Analogie der ganzen Schilderung der von Aeneas durch
wanderten Unterwelt doch auf eine volkstümliche Grundlage
schließen, die Vergil leicht in seiner Heimat kennen lernen
konnte.
Auch in Griechenland kennt man übrigens eine während
der Zwölften umfahrende Heerschar kindergestaltiger Dämo
nen, die aber mit den unschuldigen Kindern nichts zu tun
haben. (Schmidt, Neugr. Volksleben S. 148, bei Sph. II 408.)
1 Sal. Reinach ,Orpheus* Wien 1910 2 S. 79 berichtet allerdings von den
Griechen: ,Selbst zur Vorstellung eines Vorhimmels war man gelangt,
dem Aufenthaltsort der Seelen ganz jung verstorbener Kinder. 4 Ein
Beleg dafür fehlt.
♦
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
145
Interessant ist die von v. d. Leyen, D. Sb. IV S. 69 aus
Luxemburg mitgeteilte Sage: ,Au£ der Brachtenbacher Mühle
wachten die Müllersleute bei der Leiche ihres Kindes. Da
ertönte gegen Mitternacht plötzlich vor dem Stubenfenster
eine himmlische Musik und die dauerte zwei Stunden. So
bald der Tag anbrach, trat der Mann vor das Haus und da
sah er in dem weichen Boden unter dem Stubenfenster die
Fußspuren vieler Kinder abgedrückt/ Diese Erzählung zeigt,
aus welcher Seelenstimmung derartige Mythen entspringen.
Himmlische Musik verrät übrigens auch einem lettischen
Bauer beim nächtlichen Heimweg durch den Wald den Zug
von Kinderseelen (nach miindl. Mitt. P. Schroeders und Myst.
u. Mim. i. KV. S. 125). Vgl. auch die oben mitgeteilte Er
zählung von dem Kinderseelenheer in Hundsdorf (Ob.-Öst.).
Daß diese Seelen als Seelen ungetauft verstorbener
Kinder bezeichnet werden, ist aus dem oben Gesagten ohne
weiteres verständlich. Die ohne Taufe verstorbenen Kinder,
welche nach christlicher Anschauung ihr ewiges Leben an
einem Ort, der weder Freude noch Schmerz bringt, verbrin
gen, sind auch sonst Gegenstand besonderer mythologischer
Spekulation. Hier scheint vielleicht ein älterer heidnischer
Grund vorhanden zu sein und die Taufe ist eventuell an
Stelle der durch den Vater vollzogenen Aufnahme in die
Familie getreten. Aber auch wenn dies nicht der Fall ist,
ist die mangelnde Taufe doch nur eine naheliegende christ
liche Motivierung- der dämonischen Macht, die sich an dem
Kinde zeigt. Ein ungetauft verstorbenes Kind wird z. B.
zum wilden Alf (Jahn, S. 104, bei Sph. II 272) oder zu
einem Irrlicht (ebd.), es tritt in das wütende Heer ein oder
gesellt sich zu den Vögeln, die am Allerseelentage um die
Kreuze der Kirchhöfe fliegen (Drechsler I 188). Solche Kin
der heißen LIeidelbe (AnzfdA. 13, 45), die dän. höghamien
sind ungetaufte Kinder (Cleasby-Vigfusson 241 nach Much
GLIg. 271) und die Seele eines solchen Kindes, das unter
einem Baum vergraben wurde, geht in ihn ein und kommt
als Klabautermann aufs Schiff (Temme 302, vgl. oben). Vgl.
EHM. GM. § 172. 1
1 Die von Rosegger, ,Erdsegen‘ S. 229, einer Bauerndirn zugeschrie
bene Vorstellung von den auf einem Baume das heil. Christkind er-
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd., 2. Abh. 10
146
II. Abhandlung: Waschnitius.
Erwägenswert ist schließlich noch eine Möglichkeit, wie
die Vorstellung eines Ivinderseelenheeres, wenn auch nicht
hervorgerufen, so doch vielleicht wesentlich beeinflußt wor
den sein kann. Es ist möglich, daß die im Leben des primiti
ven Menschen und abgeschwächt auch im heutigen europäi
schen Volksleben eine große Bolle spielende soziale Gliede-
rung in Alters- und Geschlechts k lassen (vgl.
H. Schwartz ,Alterskl. u. Männerbünde 1 ) auch auf die Vor
stellung vom jenseitigen Leben ihren Reflex ausübte. Deut
liche Hinweise auf derartiges zeigen sich ja in der an. My
thologie, besonders in der Edda, wo nicht nur unter den
Toten Unterschiede nach der sozialen Stellung, sondern auch
nach dem Geschlecht gemacht werden (vgl. Much Germ. Llim-
melsgott 81 f.).
Aus dem Erwähnten ist bereits klar ersichtlich, daß dieVor-
stellung des Kinderseelenheeres rein heidnischen Anschauun
gen entsprungen ist und nur die äußerste Schale christlichen
Anstrich zeigt. Für die Ursprünglichkeit und das hohe Alter
dieser Vorstellung aber spricht entscheidend die therio-
morphe Erscheinungsform der Kinderseelen in Tirol,
denen ganz parallel die dämonischen Hunde, als -svyjpsi
Satgovs; bezeichnet, der griechischen Seelenführer in Hekate
zur Seite stehen. (Rhode, Psyche S. 83, bes. Anm. 3.) Auch
im md. und ndd. Volksglauben von der wilden Jagd spielen
Hunde eine besondere Rolle, vor allem die der Frau Gode,
doch ist es fraglich, ob es sich hier nicht um ein sekun
däres Motiv aus der Vorstellung von der Jagd heraus handelt.
Dies ist aber bei Perht ganz unmöglich. (Über theriom. Form
seel. u. elb. Geister vgl. Mannh., GM. S. 367 ff.; WfK. II
116 f. Auch Werre ist ein Harne für die Erdgrille Schm.
B. Wb. II 980, GM. S. 226/227, Anm. 4.)
Die Annahme des heidnischen Charakters der be
sprochenen Vorstellung ist demnach so stark begründet, daß
selbst das Bekanntwerden einer kirchlichen Legende über
einen derartigen Umzug sie kaum wesentlich erschüttern
würde. Bisher ist aber keine hiekergehörige Legende in der
wartenden Seelen ungetauft verstorbener Kinder ist wohl sehr stark
stilisiert.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
147
Literatur ‘bekannt; höchstens wäre der Volksglaube in Sulz
bach (Oberpfalz) Panzer, II S. 13 n 15 anzuführen: Eltern
dürfen dort nicht weinen, sonst kommen die kleinen un
schuldigen Kinder, die bei den himmlischen Prozessionen
alle vorausgehen, nicht mit. Ferner ebd. n. 14: Am Tag vor
Johanni führt Maria die kleinen Kindlein ins Paradies in
die Kotbeer. Es wäre auch recht auffallend, daß nicht eine
Heilige, vor allem Maria, mit diesem gütigen Amt der
Führerin betraut würde. An ein Verdrängen durch Perht
ist wohl kaum zu denken. Die Anknüpfung an die Frau des
Pilatus aber zeugt gerade für das Gegenteil: man suchte den
heidnischen Mythus durch Verknüpfung mit einer christ
lichen Figur zu einer Legende zu machen. Das braucht
nicht kirchlicher Einfluß zu sein, sondern kann aus dem
Volke selbst hervorgegangen sein. Mit Maria ist unser My
thus bekanntlich ein einziges Mal in Beziehung gebracht.
Woher kommt nun die Führerin dieses Seelenheeres
Perht? Es sind drei Möglichkeiten vorhanden:
1. Sie entwickelt sich aus der Differenzierung aus der
Schar der Kinderseelen.
2. Ein bereits im Volksglauben vorhandenes mythisches
Wesen wird mit dem Seelenheer in Verbindung gebracht.
3. Ein neu entstehendes mythisches Wesen wird aus
äußeren Gründen die Seelenführerin.
Die philologische Methode, aus dem Namen das Wesen
zu erschließen, läßt uns hier im Stich, insoferne philologisch
alle drei Möglichkeiten gegeben sind, ja die dritte eigentlich
erst wegen des Namens in Erwägung zu ziehen ist.
Die Deutung von Perht als die weiße zu got. bairhts
usf. ist wohl abgetan. Sie hat zu den vielen unglücklichen
Versuchen Anlaß geboten, Perht mit dem Kreise der weißen
Frauen in Beziehung zu setzen. Aber schon Grimm hat auf
die Möglichkeit einer Entstehung aus dem Namen des Drei
königsfestes hingewiesen (vgl. Bilfinger GJ. 103). Be
kanntlich kennen bayrische und auch alemannische Urkunden
schon seit c. 1000 für dieses Fest die Bezeichnung: zi deru
perahtun naht, giperchten naht, perhtenabent usf. (vgl. Schm.
BW. I 269; Staub-Tobler IV 1538). Im Schwäbischen scheint
der Ausdruck unbekannt zu sein (Fischer I 881), imVoigtland
10*
148
II. Abhandlung: Waschnitius.
ist der Beleg fraglich (vgl. oben). Aus dieser Bezeichnung
scheint sich nun ein Name * Perahta für ein mythisches
Wesen gebildet zu haben. Parallelen dazu liegen zahlreich
vor: Luz, Befana, Faste usf. (vgl. Bilfinger GJ. 104). Das
Alemannische liefert einen ganz gleichartigen Fall, indem
man dort schon 1382 die Bezeichnung perhtentag zu einem
St. Berchtentag machte und an die heilige Königin von Bur
gund anknüpfte.
Der Übergang erklärt sich leicht aus der Gleichheit
des ersten Kompositionsgliedes mit dem Gen. des schon vor
handenen Namens. Für diese Auffassung über die Ent
stehung des Namens Perht spricht auch der Umstand, daß
Perht gerade im Bayrischen bekannt ist, wo die Bezeichnung
Perhtennacht seit alters her gebraucht wird, daß ferner der
Name Perht im Alemannischen unbekannt ist, da man eben
dort an die heilige Berta anknüpfte. Im schwäbischen Gebiet
dürfte die Bezeichnung Perhtennacht auch bekannt gewesen
sein. Auffallend ist allerdings das Auftreten des Namens
im Voigtland, da die entsprechende Bezeichnung des Drkg-
festes auf md. Boden fehlt und der Beleg bei Börner literari
schen Ursprung zu haben scheint; für das Alter unserer Ge
stalt sagt natürlich die eben besprochene Annahme nichts.
Der neue Name kann sowohl einem bereits vorhandenen als
auch einem neu sich entwickelnden Wesen beigelegt worden sein.
Einen anderen Erklärungsversuch hat bekanntlich
Mogk gegeben, indem er den Namen aus ahd. pergan ab
leitet. Philologisch wäre nur einzuwenden, daß derartige
Bildungen aus starken Verben nicht, häufig sind. Mogk
nimmt an, daß seelische Geister Perhten hießen, und daß
sich aus diesen Perht als Führerin, beziehungsweise Einzel
dämon differenzierte. Dagegen spricht, daß die Bezeichnung
Perhten für eine Mehrzahl mythischer Wesen ziemlich be
schränkt ist, ferner daß das Zusammentreffen mit dem Fest
namen ein merkwürdiger Zufall wäre, wenn man nicht etwa
diesen mißverstanden aus den Namen der Perhten ableitet,
•wozu allerdings Bezeichnungen wie: Werren-, Hollenabend
Anhaltspunkte lieferten. Auch die Unsicherheit im Geschlecht
der Perht, besonders in Schwaben könnte angeführt werden,
da sich Seelengeister durch solche auszeichnen.
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
149
Sicherheit über den Ursprung des Namens wird sich
wohl kaum jemals gewinnen lassen. 1 Damit ist dieser Weg
zur Erkenntnis des Wesens der Perht versperrt.
Betrachten wir nun dieses in Gegenden und Erzählun
gen, wo Perht einzeln ohne das Seelenheer auf tritt, so zeigt
sich, um das Resultat gleich vorweg zu nehmen, daß Perht
ganz zweifellos ein seelischer Geist ist, der unmittelbar
aus dem Seelenglauben hervorwuchs, ohne in das Gebiet der
Vegetationsgeister überzugehen. Damit ist die Auffassung
Perhts als Personifikation eines Kalenderbegriffes, hervor
gegangen aus mimischen Darstellungen wie des Sommers,
Winters usf. abgewiesen. Unter den beiden anderen Mög
lichkeiten ist nicht leicht eine Entscheidung zu treffen, doch
ist folgende Entwicklung das Wahrscheinlichste: Aus dem ur
sprünglichen Glauben an die die Menschen und ihre Wohnun
gen, besonders im Winter umschwärmenden Seelen entwickelt
sich einerseits, wie oben ausgeführt, die Vorstellung vom
Kinderseelenheer, anderseits die eines besonderen Seelen
dämons, der dann vielfach mit ersteren verknüpft wurde. Der
Name des Festtages konnte dann leicht — verstanden als
Tag der Per(a)hta — auf das an diesem Tage erscheinende
Gespenst übertragen werden. Beitragen konnte zu dieser
Neubenennung die allgemeine Unbestimmtheit derartiger
seelischer Dämonen, die Scheu, den ursprünglichen Namen
auszusprechen u. a.
Wir gelangen zu dem Resultat: Perht ist ein Dämon,
der unmittelbar aus dem Seelenglauben hervorgewach
sen ist, als bestimmt abgegrenzte Gestalt schon vor der Ein
führung der Bezeichnung Perhtennacht, also gegebenenfalls
schon in heidnischer Zeit vorhanden gewesen sein kann. Ihr
Hauptgebiet war wohl stets das bayrische Mundartengebiet
mit Ausstrahlungen ins schwäbische, fränkische und wahr
scheinlich ins voigtländische. Als reiner Seelendämon, der
nur stellenweise zum Vegdäm. wurde, unterscheidet sie sich
stark von der md. Holda, mit der sie sich aber in ihrer
Funktion als Spstf. noch berührt.
1 Eine Möglichkeit ist oben angedeutet (siehe Abschn. Die Tschechen)
150
II. Abhandlung: Waschnitius.
Bevor ich mich dieser Materie zuwende, muß ich noch
eine Reihe von Untersuchungen über Perht nachtragen.
In den Mythen von Perht und ihrer Kinderseelenschar
kommen eine ganze Anzahl typischer mythischer Motive vor.
Schon ihr Aussehen ist das übliche dämonischer un
heimlicher Weiber. Sie erscheint als alte Frau, in Lumpen
gekleidet, mit zerzaustem Haar und auffallend langer
Nase. Diese beiden letzteren Motive sind nicht unmittelbar
mythisch zu deuten, wie es bezüglich der Käse, z. B. EIIM.
MdOr. 424 (,1m Regen also eine Käse, die unaufhörlich läuft')
tut, sondern sie sind aus dem Bestreben erwachsen, den in
menschlicher Gestalt gedachten Dämon vor den Menschen
durch besondere Eigentümlichkeiten auszuzeichnen, vor
allem ihm ein abschreckendes, unheimliches, übermenschliches
Aussehen zu verleihen. Zu diesem Zweck eignet sich vor allem
der Kopf und das Gesicht. Man vergleiche die künstlich er
zeugten Spitzschädel bei den Adelsgeschlechtern südamerika
nischer Stämme und bei den Awaren, ferner den Kopfputz
der primitiven Völker, der aus ähnlichen Erwägungen her
vorgegangen ist, schließlich die vielfachen kultlichen Mas
kierungen. Koch heute kann man bemerken, wie das bloße
Anlegen einer künstlichen Käse sonst unkostümierten Menschen
ein entstelltes, unheimliches Aussehen gibt. Übrigens wird die
lange Käse auch anderen mythischen Wesen zugeschrieben:
so der Stampe und Holda (die Potznase bei Luther), dem
Alb (mit diner krummen nasen), im Münchener Kaehtsegen
(ZfdAlt. 41, S. 335 f. v. 33), dem gespenstigen Fuhrmann, der
auf einem dreirädrigen Wagen tote Mönche führt (Gr. DS.
S. 263 n. 275, M. GM. 362), dem Trollen im Ilof des Halvor
im Dovregebirge (Asbj. Kw. Vm. I 183), dem Regen in
einem Kinderlied (EHM. GM. 275), einem schwäbischen
Burggespenst (Meier 210 n. 59, Sph. II 11), der russischen
Baba Yaga (Knappert, S. 164 4 ) u. a. 1
Diese Käse wird in Hss. des Ma. auch als eisern be
zeichnet (Cgm. 478 f. 2, Cgm. 111X3 f- 117 b, Vintler), ja
1 Die Tengu, japanische dämonische Wesen, die in Felsspalten leben,
werden z. T. mit wunderlich langen Nasen dargestellt (L. Hearn: ,Kokoro*
S. 284). Auch die Europäer, die man für mythische Fl alb wesen zwischen
Mensch und Tier hielt, wurden mit solchen Nasen abgebildet (ebd. S. 16).
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
151
die ganze Perht wird nach Crusius eisern genannt. Ähnlich
beißt der wilde Jäger in der Lausitz, auch der eiserne Polenz
(Haupt, S. 121 nach seiner Rüstung ?). Die Nase der Baba
Yaga (Ralston, S. 137) ist auch eisern. Eiserne Körperteile,
besonders Zitzen und Finger werden oft dämonischen Wesen
zugeschrieben, die mit diesen Instrumenten Kinder und Men
schen umbringen; z. B. der Mittags- und Waldmann der
Litauer (Sph. II 438), eine Vorstellung, die wahrscheinlich
aus dem Alpglauben hervorgegangen ist.
Hieher gehört auch das Motiv vom Schusterleisten,
dem Gespräch zwischen der langnasigen Stampe und dem
spät arbeitenden Schuster. Fast ganz gleichartig wird es
auch in Schlesien erzählt (Peter, S. 59). Unter das Fenster
eines an den Vorabenden von Sonn- und Feiertagen arbeiten
den Schusters trat eine scheußliche Gestalt mit einer langen
Nase und rief: Siehst du meine große Nase? Der Schuster
aber drohte zurück: Siehst du mein großes Klopfholz? Als
sie aber hereintrat, entfloh er und arbeitete nicht mehr. Diese
Gleichartigkeit ist doch auffallend. Ein ähnliches Zwiege
spräch zwischen einem Kobold und einem Müller: .Hast du
je ein so großes Maul gesehen? 4 Antwort: ,Ist dir je ein
so heißes Koch untergekommen? 4 (Asbj. H. Ev. I 8 f.)
Die zerzausten Haare und das lumpige Gewand
stellt sich zu der Vorstellung vom jämmerlichen Aussehen
der wiederkehrenden Seelen, einer allgemein verbreitete An
schauung. Deshalb werden auch die Kinder der Perht mit
diesbezüglichen Namen belegt und daher auch der appella-
tive Gebrauch von perhtl für unordentliche, schlampige
Frauenzimmer.
Gar nichts mit Mythologie zu tun hat Berhte mit dem
fuoze, Berte au grand pied, die Mutter Karls des Großen.
Ich glaube mich weiterer Ausführungen enthalten zu können
(vgl. die Deutung EHM. GM. 276). (Vgl. dazu J. Reinhold
,Berte aus grans pies 4 Krakau 1909.)
Das bekannteste unter den hiehergehörigen Motiven
ist das vom Tränenkriiglein und vom geschürzten
Totenhemd. (Vgl. W. Wackernagel, KL Sch. II S. 399 f.
,Zur Erklärung und Beurteilung von Bürgers Leonore 4 nicht
ausschöpfend; EHM. GM. S. 65 f.) K. Schenkel erweist das
152
II. Abhandlung: Waschnitius.
Tränenkriigleinmotiv Germ. XI S. 450—452 bereits bei den
Griechen und Römern (Tibull, Properz, Lnkian), deshalb
■wurden dort allzu heftige Totenklagen gesetzlich eingedämmt
(Pyche 1123 u. Anm. 2). Dieses aus Vorstellungen des Seelen-
glauhens hervorgegangene mythische Motiv wurde später
vielfach novellistisch verwendet. Am bekanntesten im Mär
chen n. 109 KHM., in der Geschichte von Helgi (Hkr. Hb.
II B. 40 f.) und in der Leonorensage. Verwandt ist das Motiv
vom geschürzten Totenhemd. Es wird auch mit der wil
den Jagd verknüpft. So berichtet Panzer 1164 n. 180: Hinter
dem wilden Heer, das sich in einer Fähre über den Main hatte
setzen lassen, blieh ein einzelner Geist zurück und sprach:
,Wär’ ich geschürzt und gegürtet, so käme ich auch mit/
Da band ihm ein Feldhüter ein Strohseil um den Leib und
sagte: ,Hun kannst du nach/ Als Lohn empfing er eine
Hand voll Gold. Ähnlich ebd. I 176 f. In Herda, Thüringen,
rief eine aus dem wilden Heer einem Mädchen zu: Schürz
mich, gürt mich, daß ich mitkomme! Da warf es ihr das
Schürzenband zu und alsbald erreichte sie wieder das Heer
und rief dreimal: Lohn dir’s Gott! (Witzschel I 37 n. 32).
Auch hinter dem schwäbischen Mutesheer schreit beständig
einer her: War ich gegürtet und geschürzt, so käme ich nach
(Meier, S. 125 n. 139. 2). 1 Laistners Deutung (Sph. II 225
bis 227) auf die Anlegung der Alpfessel ist falsch. Das Motiv
gehört zu der Vorstellung von dem hinter dem Heer zu
rückbleibenden Geist, vgl. Birlinger I 90. Der Geist, der
sich den Kopf verbinden läßt (schon 1550), und die krumme
Gans, die in Deutschnoven der wilden Gfohr nachwackelt
und Mühe hat, mitzukommen. (Von ihr das Motiv vom ein
gehackten Beil, Heyl, S.400.) Das Motiv ist schwer mythisch
deutbar.
Christlich sekundär ist das Motiv der Erlösung
durch die Kamengebung, das leicht aus der Vorstellung
vom Ungetauftsein der Kinder entspringen konnte. Vgl. die
südrussische (ruthenische) Vorstellung, daß ungetauft ver
storbene oder ermordete Kinder nach sieben Jahren aus
ihrem Grabe herausfliegen und die Vorübergehenden mit
1 Vgl. auch V. d. Leyen D. Sagb. IV. S. 68 aus Wallis.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
153
dem Rufe ,chrztu £ um Taufe anflehen (vgl. ZföVK. II 91,
355 an. 1). Aus ihnen werden Haren, Truden und Haus-
kobolde. Auch das aus dem Alraun hervorwachsende Kind
verlangt in Polen ,chrztu £ (ebd. II 355).
Die Blendung des Neugierigen auf ein Jahr ist,
sofern es sich um die bestrafte Belauschung der einkehren
den Dämonen handelt, mythisch und stellt sich zum Motiv
des eingeschlagenen Beiles.
Echt volkstümlich ist die Formel, 1 mit welcher die
Blendung vollzogen wird. Auch der Teufel bläst die Augen
aus, vgl. die Formel: Deine Augen sind mein! (GM. III 89
und Meier 136). Vgl. den Drachen, der beim Besuch der
Mutter dem durch das Schlüsselloch lugenden Kind die
x\ugen auskratzt. (Veck. Wend. M. 393 n. 27, bei Sph. II 274.)
Daß die Strafe nach einem Jahre wieder aufgehoben wird,
wird auch oft von der wilden Jagd erzählt. Es hängt mit der
Vorstellung der jährlich umziehenden Dämonen eng zusam
men, ist aber natürlich unmittelbar nicht zü deuten. Lit. Ang.
vgl. GM. III 89.
Unklar ist es, wie man das Motiv, das ich mangels einer
besseren Bezeichnung das Motiv von der Ausbesserung und
und vom Spanlohn nannte, auffassen soll. Schwartz’ Deu
tung (Heut. Vgl. 2 S. 32, 37, 42), der auch Mannh. WfK. I
85 beizustimmen geneigt ist, auf den im tosenden Gewitter-
Sturm verkeilten Wagen der wilden Jägerin, dessen lierab-
fallenden Späne die goldhellen Blitze sind, ist sehr zweifel
haft und erscheint ganz konstruiert. Der Spanlohn ist sicher
nicht mythisch und gehört ins Gebiet der Schatzsagen, wo
sich zahlreiche Parallelen finden (vgl. Sph. I 235). Sollte
aber dann die Erzählung vom zerbrochenen Wagen nur die
notwendige Anknüpfung zu bieten haben und der eigentliche
Kern der Spanlohn sein? Das Motiv wird im Orlagau auch
von einem Waldweibchen mit seinem Schubkarren (Börner)
und in Thüringen von einer fremden Dame (Witzschel I 114)
erzählt.
1 v. d. Leyen D. Sagt). S. 73 f. vom Mutesheer in Württemberg: ,Streich
dem da die Spiiltle zu. 4
154
II. Abhandlung 1 : Waschnitius.
Die geisterhaft schnelle Fahrt wird auch der wil
den Jagd vielfach zugeschrieben.
Daß Perht mit dieser in Beziehung gebracht wird, ist
begreiflich. Im Wesen ist ja ihre Schar dieselbe wie jene.
Ja, es ist erstaunlich, daß die Trennung immerhin so scharf
durchgeführt ist. Alle Motive, die bei dieser Gelegenheit mit
Perht verknüpft werden, gehören zu den typischen der wilden
Jagd: Wagenumzug, Menschenentführung, erbetener Jagd
anteil und eingehacktes Beil. Letzteres wird auch anläßlich
des Heimckenumzuges im Orlagau erzählt. Es gehört zu dem
Vorstell-ungskreis des Elbengeschosses. Zu bemerken ist noch,
daß die Verknüpfung der Perht mit der wilden Jagd nur in
Tirol und vielleicht auch einmal in Bayern zu finden ist.
Bei der Begegnung sterblicher Menschen mit Perht zeigt
sich diese meist nur dann erzürnt, wenn man sich ihr mit
Vorsatz in den Weg gestellt hat. Dasselbe wird von fast allen
dämonischen Wesen erzählt: wo einer auf einem notwendigen
Gange (vgl. Vonbun, S. 10 bayr. notnigel, daher Notnagel-
motiv) begriffen mit ihnen zusammentrifft, tun sie ihm nichts
zuleide.
b) Perht als Einzeldämon.
Perht erscheint nicht immer als Führerin einer Seelen
schar. Vielfach tritt sie ganz allein ohne diese auf, ja strecken
weise kennt man sie nur als Einzeldämon.
Durch Schwinden der ursprünglich vorhandenen Vor
stellung als Seelenführerin ist zu erklären, wenn sie inVirgen
und Prägarten in Tirol wohl als Tochter des Ilerodes be
kannt ist, aber auffallenderweise nicht als Kinderseelen-
fiihrerin. Gerade hier aber zeigt sie sich in charakteristischer
Ausprägung als Einzeldämon: sie wird zu einem gespensti
gen, wilden Wesen, das auf Menschen- und Kinderraub aus
geht und überaus gefürchtet ist. Ganz ähnlich erscheint sie
auch in Kärnten. Sie trägt hier deutlich Züge des Druck
geistes an sich, wie die meisten seelischen Dämonen. Dazu
stimmt das in beiden Ländern von ihr erzählte Motiv der
fremden Blumen, das in Kärnten in der älteren Gestalt er
halten ist. Es ist kaum möglich "dies anders als aus der im
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
155
Alptraum eine große Rolle spielenden Traumfahrt zu deuten
(vgl. Schilderung hei Kohlrausch, S. 317 hei Sph.). Die
eigenen Erfahrungen übertrug man in novellistischer For
mung als Erzählungsmotiv auf den augenscheinlich vom
Druckgeist Getöteten oder Entführten.
Typisch für einen Seelendämon ist ferner die therio-
morphe Erscheinungsform als Einzelgestalt in Steier
mark und wahrscheinlich auch im Saalfeldischen.
Nach einer anderen Richtung hin weist die Vorstellung
von Perht, die das tödliche Tüchlein anbietet, in Kufstein bis
Linz. Hier handelt es sich um einen nächtlichen Waldgeist,
also einen elbischen Vegdäm. und gerade von solchen wird
oft das Motiv vom todbringenden Geschenk erzählt. Vgl.
darüber Laistner Sph., doch ist seine Deutung (natürlich auf
den Druckgeist) unrichtig. Das Motiv soll jedenfalls die
Gefährlichkeit derartiger dämonischer Wesen illustrieren, et
dona ferentes.
Zum Vegdäm. ist Perht, wie schon erwähnt, auch bei
den Slowenen und Romanen geworden, mit den bekann
ten Motiven.
Schließlich erscheint Perht als Einzeldämon in ihrer
Eigenschaft als Kinderscheuche und Spinnstubenfrau.
Auch hier zeigt sich ihr seelisches Wesen, sowohl auch in dem
verbreiteten Motiv, das ich der Kürze halber Gastrotomie
nannte. Auch dieses Motiv ist an sich mythisch unerklärlich
und man wird auch hier nur an die bedrückenden Erfahrun
gen des Alptraumes anknüpfen können, vor allem, da das
Motiv besonders bei den Slawen beliebt zu sein scheint, wenn
man es nicht etwa ganz sekundär als einfaches Drohmittel
auffassen will.
Aus Gründen der Erzählungstechnik erklärt sich das
Alleinsein der Perht in der Sage von Alpach, wo sie als
spendendes Wesen erscheint.
Deutliche Beziehungen zum Seelenglauben zeigen die
zwei kultlichen Bräuche, die uns in Verbindung mit
Perht Unterkommen: das Speiseopfer und der Perhtenlauf
nebst den dazugehörigen Darstellungen.
156
II. Abhandlung: Waschnitius.
c) Das Speiseopfer.
Es ist an sich schon verständlich, daß die Darbringung
menschlicher Speisen vor allem den Seelen der Abgeschiedenen
gilt. Die dem toten Körper entflohene Seele setzt nach den
Anschauungen des Primitiven ihr bisheriges Leben im großen
und ganzen fort, nur daß sie in eine außermenschliche, dä
monische Sphäre gerückt ist. Trotzdem bleibt sie aber in
innigster Beziehung zu dem Leben, das sie früher geführt
hat; man schreibt ihr daher die gleichen Bedürfnisse zu wie
dem lebenden Menschen und es ist nicht auffallend, daß man
sich verpflichtet hält, die Seele des Verstorbenen — sei es
nun aus Pietät oder aus Furcht — mit dem Kotigsten zu ver
sorgen. Dazu gehört natürlich vor allem die Speise. Das
Speiseopfer für die Seelen ist daher weder den Germanen
noch deren Nachkommen etwas Unbekanntes. Als Speiseopfer
unmittelbar nach dem Tode, als ein Mahl für den Toten in
erster Linie ist ja der sogenannte Leichenschmaus zwei
fellos anzusehen. Ebenso ist das Speiseopfer auf und in
den Gräbern vielfach aus alter und neuer Zeit belegt. Aus
dem Glauben aber an die im Hause wohnen bleibenden Seelen,
aus denen sich die Hausgeister entwickeln, und an die im
Hause einkehrenden umziehenden Seelen entspringt die Sitte
des Speiseopfers im Hausbereich. Vor allem gewinnt
das Speiseopfer gerade in jenen Zeitabschnitten hohe Be
deutung, wo die seelischen Geister intensive Lebensäuße
rung zeigen, wo die Dämonen mit den Menschen in nähere
Berührung treten, wo endlich die zu Seelenzügen und -heeren
vereinten Verstorbenen umgehen und die Häuser besuchen.
Dies ist die Weihnachtsfestzeit und in dieser spielen ja
die Speiseopfer gerade die größte Bolle (vgl. EHM. GM.
§ 177) und in dieser Zeit werden auch vom Volk ganz
bewußt und mit ausdrücklicher Betonung dem Kinder
seelenzug und der Perht, beziehungsweise verwandten Ge
stalten Speiseopfer dargebracht. Bekannt sind solche Speise
opfer in Steiermark, der Wocheiner Feistritz (slow.), Tirol,
Südniederösterreich und Bayern (14. Jh., 1465, 1468, 15. Jh.
und jetzt).
Perht, Holda uud verwandte Gestalten.
157
Anmerkung. Über Speiseopfer vgl. Bilfinger, GJ. S.74.
AnzfdA. XIII. EHM. Bezension von Müllers Mythologie und
ausführlich Sph. II 345 ff.
Auf alte heidnische Speisesitten scheinen die Ge
bräuche in Salzburg, Südbayern und Mitteldeutschland zu
weisen, auf deren Übertretung die Strafe der Gastrotomie
gesetzt ist. Auch hier wird wohl die Alpvorstellung eine
wichtige Bolle spielen.
(1) Der Perhtenlauf und die mimische Darstellung.
Über den Perhtenlauf in Salzburg handelt eingehend
Andree-Eysn ,Die Perchten im Salzburgischen', Arch. f.
Anthrop. X. F. III 2 (Sonderabdruck 1904) und etwas er
weitert ,Volkkundliches £ S. 156—184. Über den Perhtenlauf
(PI. abgekürzt) im allgemeinen W. Mannhardt WfK. I c. VI,
§ 11, Kornaufwecken, Perchtelspringen, Faschingsumläufe.
Abbildungen von Perhtentänzern bei Andree-Eysn, Xagl-
Zeidler Dschöst. Litgesch. S. 728 n. 113. Gartenlaube n. 51
1909.
Während Frau Andree-Eysn den PI. als ,im Sinne der
Dämonenvertreibung abgehalten' auffaßt (S. 18) und sich
wesentlich auf den allgemeinen Glauben, der gewissen Mas
ken innewohnende Zug der Dämonenvertreibung sowie Lärm
und lautes Geräusch seien ein Mittel, um böse Geister abzu
halten oder ihre üble Wirkung zu hindern' (S. 19), stützt,
steht Mannhardt auf dem Standpunkte, daß der PI. und eine
Beiße ähnlicher Veranstaltungen in ihren Teilnehmern, Vege
tationsdämonen repräsentierten, die durch »ihr bloßes Er
scheinen und Eufen die das Wachstum hindernden Mächte
vertrieben, die noch schlummernden Geister der Gräser und
Halme zu neuem Leben erweckten' (a. a. 0. S. 548).
Ich glaube, daß keine dieser beiden Auffassungen das
Wesentliche getroffen hat. Bei derartigen Kultbräuchen müs
sen wir auf die zwei Seiten, in denen die religiösen An
schauungen des primitiven Heidentums zum Ausdruck kom
men, als auf die zwei entgegengesetzten Ausgangspunkte der
den Bräuchen beigelegten Bedeutung unser Augenmerk
richten. In wesentlicher Verschiedenheit von den modernen
158
II. Abhandlung: Wasehnitius.
religiösen Anschauungen, z. B. des Christentums, das in
seiner offiziellen Ausprägung einen deutlich ausgebildeten
Dualismus geneigter und feindseliger Wesen repräsentiert,
in seiner höheren Weiterentwicklung die Gottheit den mensch
lichen Interessensphären entrückt denkt, spricht das primitive
Heidentum jedem seiner Götter und Dämonen eine Wesen
heit zu, die freundliche und feindliche Züge in sich vereinte
und je nach den äußeren Verhältnissen oder auch ganz un
berechenbar sich geneigt oder abgeneigt zeigte; diese konnte
sich dann bei höherer Entwicklung nach der einen oder
anderen Seite hin ausbilden, verlor aber ihren Januscharakter
niemals vollständig. Daher erscheinen uns die alten Götter
aller Mythologien als lebensvolle, die Natur in ihren wider
sprechendsten Kraftäußerungen in sich vereinigende Indi
viduen, während neue Gestalten deutlich ihren Ursprung
aus einer Zeit verraten, wo intellektuelle Spekulation die
schöpferische Kraft des mit der Natur noch unmittelbar eins
seienden menschlichen Bewußtseins zerstört hatte. Gottheiten,
die statt aus reiner Naturbetrachtung aus moralischen und
anderen geistigen Gedankenkreisen erwuchsen, zeigen sich
als blutlose Schemen, so klar sie in ihrer Bedeutung und
Symbolik auch sein müssen. Vollends mußte das Christen
tum, das die Gottheit aus dem unmittelbaren Leben ausschloß,
jede Mythologie töten; was man christliche Mythe nennt, ist
entweder jüdisches Erbgut, Heldensage (Christus), oder
märchenhafte Legende. Dadurch aber, daß das Christentum
das Seelenleben des einzelnen mit einer ewigen göttlichen
Macht verknüpfte, brachte es etwas ganz Neues ins religiöse
Leben der Menschheit, zumindest für den europäischen
Kulturkreis (ähnliche Ansätze in der europäischen Philo
sophie ziehe ich nicht in Betracht, da es sich hier um räum
lich beschränkte Spekulationen und nicht um allgemeine Vor
stellungen handelt). Man muß sich hüten, unsere heutigen
religiösen Vorstellungen ins Heidentum hineinzutragen, und
das ist auch der Grundfehler der bisherigen Mythologen,
vielleicht mit Ausnahme Mogks, daß sie immer moralische
Begriffe mit den mythischen verquickten und daher eine ge
wisse Einseitigkeit in die mythischen Gestalten hineintrugen
und so die Eigenart des speziell Heidnischen in ihnen ver-
Perlit, Holda und verwandte Gestalten.
159
wischten. Die einzige Göttergestalt, wo vielleicht schon indo
germanisch, bei der Konzipierung und Ausbildung morali
sche Empfindung beteiligt war, scheint der gemein-indo
germanische Himmelsgott zu sein, aber auch nur
insofern, als man bei ihm als Menschheitsvater (= pater
familias, der höchste soziale Rang in der Großfamilie, Mensch
heit selbstverständlich nach dem damaligen Gesichtskreis)
und als alles umspannendes Himmelszelt- von Anfang an die
wohlwollende Seite betonte (L. v. Schroeder). Im allgemeinen
muß die Weltanschauung des Heidentums viel eher ästhe
tisch als moralisch genannt werden. Hier ist der Punkt,
wo sich Kunst und Mythologie in ihrer wurzelhaften Ver
wandtschaft zeigen, die niemals vergessen werden darf.
Nun zurück zu dem Ausgangspunkte. Die Einheitlich
keit mythischer Gestalten, die hei jeder einzelnen in der Ver
einigung von den Menschen nützlichen und gefährlichen
Eigenschaften zutage tritt, mußte dann zu praktischen
Schwierigkeiten führen, wenn der Mensch in unmittelbare
Berührung mit der dämonischen Macht trat, also im Zauber,
im Kult. Es ist daher nicht auffallend, wenn uns in Kult
handlungen eine nicht mehr einheitliche, sondern dualistische
Auffassung der dämonischen Wesen entgegentritt; die Kult
handlung ist apotropäisch, das heißt Dämonen abwehrend,
und zwar seihst solche, die in ihren Mythen als überwiegend
geneigt erscheinen, oder sie will sich die Kraft der außer
menschlichen Wesen unmittelbar nutzbar machen, wobei aber
die Trennung nicht vollständig restlos durchgeführt ist.
Zu den apotropäischen Bräuchen gehört der PI.
nicht; dagegen.sind solche z. B. s’Häxenostusch’n im Böhmer
wald am Pfingstsonntag (Pank 76—79), das Grasausläuten
im Inntal (Andree-Eysn, S. 10) u. a.
Die Grundlage und die Bedeutung des PL ist eine ganz
andere. Er ist ein Bewegungsritus, verbunden mit einer
mimischen Darstellung des umziehenden Seelen
heeres zur Förderung der animalischen und vegetabilen
Fruchtbarkeit. Er charakterisiert sich dadurch deutlich
als dionysischer Kultakt. 1
‘ Für teilweise verfehlt halte ich aber v. d. Leyens (D. Sagb. I 125) ver
wandte Auffassung: ein Tanz, der Fruchtbarkeit über die Felder bringen
160
II. Abhandlung: Wasehnitius.
Bewegungsriten, denen man die angeführte Be
deutung zuschreibt, finden wir hei allen primitiven Völkern.
L. v. Schroeder führt sie ganz richtig auf die eminente Er
höhung des Lehensgefühles zurück, die durch alle körperlichen
Emotionen hervorgerufen wird. Diese versetzen schließlich
den Geist in jene Ekstase, wo den Menschen alle Hemmungen
seiner Natur zu schwinden scheinen und er sich in unmittel
barer Berührung mit der Gottheit, ja als göttliches Wesen
selbst fühlt. Die ekstatische Verzückung, der Bausch (gavia)
aber bildet einen wesentlichen Faktor im religiösen und über-
haupt im Seelenleben des Menschen, es ist das das dionysi
sche Element, das von Nietzsche so hoch für die Entste
hung von Mythologie und Kunst eingeschätzt wird (vgl. Ge
burt der Tragödie S. 23). In den Perhtenläufern und
-tänzern hätte er bis in unsere Zeit hineinragende Beispiele
gefunden, daß auch den Germanen jenes dionysische Element
nicht fremd war. 1 Allgemein und aus dem Gesagten leicht
verständlich ist auch der Glaube, daß die Durchführung des
Bewegungsritus Fruchtbarkeit für Mensch, Vieh und Feld
bringt.
Aber unsere Perhtenläufer und -tänzer erscheinen in
einer ganz bestimmten Maskierung. Es ist zweifellos, daß
diese eine mimische Nachbildung dämonischer Wesen
bezeichnen soll. Diese Sitte beruht auf dem Glauben, daß
mit der Nachbildung dämonischer Wesen auch ihre Kraft
erlangt wird. Wenn man dem brennenden, rollenden Bad,
dem Sonnwendfeuer, dem Ei, dem Kranz etc. dieselbe frucht
barkeitspendende Kraft zuschreibt wie der Sonne, liegt der
selbe Gedanke zugrunde. Dasselbe ist der Fall bei den zahl
reichen Darstellungen des Vegdäm. und den dabei vor genom
menen Biten, wie Begenzauber etc., im Frühjahr und
Sommer. Die in den drei Donnerstagnächten der Weihnachts
festzeit tosend durchs Tal schwärmende schiochen Perhten
mit ihren scheußlichen, Entsetzen erregenden Masken sind
soll und zugleich ein Seelentanz, d. h. ein Tanz, in dem in seltsamer
Verhüllung die Seelen an dem einzigen Tage herumspringen, der ihnen
noch vergönnt bleibt.
1 Ein schwacher Hinweis bei Nietzsche, Vorls. über Soph. Ded. N. F. Pr.
Lit. Bl. vom 27. Februar 1910., 6. Spalte.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
161
offenbar eine mimische Darstellung der dämonischen Seelen-
zi'ige, die um diese Zeit brausend, aber Fruchtbarkeit spendend
durch die Lüfte fahren. Die schönen Perhten sind nur eine
Abschwächung mit besonderer Hervorhebung des Tanzes.
Einen sicheren Beleg für diese meine Anschauung bietet
das Motiv vom Erscheinen des Dämons, beziehungs
weise vom Überzähligen. Man ist sich vollständig be
wußt, daß dieser Brauch eigentlich eine Zauberhandlung ist,
mit welcher sich der Mensch außermenschliche Kräfte an
eignen will, daher über die ihm sonst gesetzten Schranken
in das Gebiet dämonischen Lebens eingreift, was notwendiger
weise die Abwehr und die Rache dieser Geister heraufbe
schwören muß. Das macht die Gefährlichkeit jeder Zauber
handlung wie überhaupt des Verkehrs mit dämonischen
Wesen aus. Bei einem Nachahmungszauber liegt es aber
nahe, daß die Gefahr darin besteht, daß der Dämon, dessen
Kraft man sich durch die Nachahmung zu Nutzen machen
will, selbst erscheint und sich rächt. Ganz charakteristisch
ist es nun, wodurch sich — außer durch die vermehrte Zahl —•
die Anwesenheit des Dämons bemerkbar macht: das Umher
tosen der Teilnehmer verwandelt sich in eine derartige eksta
tische Verzückung, daß die Perhten Übermenschliches zu
leisten imstande sind. Hieher gehört im Grunde auch die
Geschichte vom Gasteiner Bergknappen. Das Überspringen
des Brunnenstockes ist bedeutsam, vgl. Perhtlspringen in
Virgen. Auch in Igls ähnliches: dort war es am Ascher
mittwoch Brauch, daß sich zwölf Burschen in Teufelsmasken
nach Ellbogen begeben, wobei sich ihnen regelmäßig ein drei
zehnter, der Teufel, anschloß. Seine Anwesenheit erkannte
man daran, daß die Burschen wie rasend sprangen, wie es
sonst kein Mensch vermag, sogar über die Dorfbrunnensäule
hinweg (Heyl, S. 107). Etwas ganz Ähnliches wird schon 1519
aus der Lausitz berichtet : In Guben stellten beim Passions
spiel neun Bürgerssöhne Teufel dar. Da kam während der
Aktion ein zehnter wirklicher Teufel, trieb arge Possen,
sprang über den Brunnen (!) und suchte die anderen dazu
zu verführen, um ihnen die Hälse zu brechen. Bei der Kreuzi
gung verschwand er (Haupt, S. 107). Das Überspringen der
Brunnen hat wohl ursprünglich zum Brauch gehört wie
Sitzungsber. d. plul.-hist. Kl. 174. Bd. 2. Abh. H
162
II. Abhandlung: Waschnitius.
noch heute in Virgen und ist ein Regenzauber. Die angeführte
Erzählung aus Guben aber zeigt deutlich, daß dieses Motiv
nicht etwa aus Abschreckungstendenzen seitens der Kirche
entsprungen ist.
Wenn der PI. zu einer andern Zeit als der Weihnachts
festzeit stattfindet, handelt es sich um eine Verschiebung,
die bei der Ähnlichkeit mit den Faschingsumziigen nalieliegt.
Von diesen aber unterscheidet sich der PL dadurch, daß er
im Wesen ein mimischer Bewegungsritus ist, während jene
mehr apotropäischen Charakter zeigen.
In welcher Beziehung steht nun der PL zur
Perht? Der Karne des Brauches und seiner Teilnehmer
gibt hier keinen Aufschluß. Er kann von der Bezeichnung
des Epiphaniastages direkt her stammen, wie Mannh. WfV.
I 542 meint, er könnte auch von der Bezeichnung für die
umziehenden Seelen übertragen sein, ein Vorgang, der auch
sonst belegt ist (L. v. Schroeder Vorlesung vom 9. 11. 1908),
endlich mit dem Kamen der Perht in dunkler Beziehung
stehen.
Als Person des Umzuges tritt Perht selbst in dem
Perhtenjagen der Slowenen des Asslinger Gereuts auf. Hier
sieht man deutlich, daß der Umzug der Perht an sich schon
fruchtbarkeitsfördernd wirkt; die übrigen slowenischen als
Perht-Vertreiben bezeichneten Bräuche sind apotropäisch ge
worden. Auch in den Kärntner Bräuchen tritt Perht auf;
obwohl diese heute nicht mehr dem Salzburger und Tiroler
Pl. ähneln, scheint dies nach dem Kamen Perhtjagen früher
doch der Fall gewesen zu sein. Ebenfalls eine Beziehung zu
Perht wird angedeutet, wenn in Lienz beim Pl. als Dämon
die wilde Perchtl erscheint, und unter der ,einen', die in
Eschenloh als vierte, nicht natürliche dazukommt, wird man
sich auch Perht gedacht haben. Wie tiefgehend die Beziehun
gen zwischen Brauch und Glauben an Perht sind, läßt sieh
wohl kaum mit vollster Bestimmtheit sagen, daß aber solche
bestanden haben und noch bestehen, geht aus dem Gesagten
klar hervor.
Mimische Darstellung von Perht allein tritt uns
in Kärnten, Schwaben, Franken _und wahrscheinlich bei den
Tschechen entgegen, und zwar als eine Person der Weih-
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
16B
nachtsumzüge. Über diese handelt Tille, D. W. S. 49 f. und
S. 107 f. c.V. Tille geht von heidnischenUmzügen anläßlich des
germanischen Jahresanfanges im Herbste aus. Ein Teil dieser
Bräuche wurde mit dem Eindringen der römischen Januar
kalendenfeier dorthin verlegt. Beim Durchdringen des Jesu-
geburtsfestes zu Weihnacht verlegte die Kirche unter gleich
zeitiger Christianisierung die noch im Herbste verbliebenen
und die nach den Kalenden verschobenen Bräuche auf Weih
nachten. Zu den letzteren, die also den Umweg über die
Kalendenfeier gemacht haben, gehört nach Tille, S. 108 auch
der Umzug der Perht, bei der die Verschiebung leicht war,
da sie keinen Heiligennamen repräsentiert, also nicht an
einen Tag gebunden war, sobald die ev. Beziehung zum
Epiphaniastag in Vergessenheit geraten war. S. 49 denkt
er allerdings auch an eine mögliche Verschiebung vom Früh
lingsanfang her.
Nach meiner Meinung ist diese Theorie der Verschiebun
gen nicht richtig. Ich nehme vom Anfang an innerhalb der
dionysischen Jahreshälfte weitgehende Verschiedenheiten in
der Zeit derartiger kultlicher Umzüge an, die durch das
Christentum noch gefördert wurden, indem in verschiedenen
Gegenden der Brauch an verschieden kirchliche Ganz- und
Halbfeiertage endgültig fixiert wurde.
Ursprünglich handelt es sich auch hier um eine heid
nische Kulthandlung: es ist eine mimische Darstellung
von Seelendämonen, aber nicht der im Sturme dahin
brausenden, sondern der still und segnend im Hause ein
kehrenden.
Ganz heidnischen Charakter zeigt der Umzug der Perhtl
in Kärnten, wo Kostüm, Bewegungsritus und Lärmen zweifel
los das Alte erhalten haben. Auch die Verschiedenheit der
Zahl, selbst wenn die Teilnehmer christliche Heiligennamen
führen (z. B. zwölf Klause in Schwaben, Tille, S. 110)
und das Motiv vom Erscheinen des Dämons, das auch hier
bei ganz christlichem Gepräge des Brauches erzählt wird
(Tille, S. 110), zeigt deutlich, daß es ursprünglich auf eine
Darstellung umziehender Seelendämonen angelegt war, und
rückt so diese Umzüge dem,PI. nahe, mit dem ja der Kärntner
Brauch auch den Kamen teilt.
n*
164
II. Abhandlung: Waschnitius.
Daß heute diese Masken vor allem als bescherende und
strafende Kinderscheuchen aufgefaßt werden, ist begreif
lich; doch beruht noch vieles auf heidnischer Grundlage.
Die meist als Geschenke dienenden Äpfel und Nüsse sind alte
Symbole der Fruchtbarkeit (vgl. Mannh. WfK. an vielen
Stellen, vgl. Register). Die Lebensrute zeigt sich in der Rute
(Mannh. ebd.), endlich Kostüm und Namen, wo dies nicht ins
Christliche verändert wurde.
Über die mimische Darstellung der Spstf. später.
2. Die Spinnstubenfrau,
a) Die Spinnruhe.
Die Spinnruhe (Spr.) beruht auf der Vorstellung, daß
gewisse Tages- und Jahresperioden die Zeit der Lebensäuße
rung außermenschlicher Wesen — vor allem seelischer Natur
— sind. 1 Da jede Tätigkeit, ja die bloße Anwesenheit der
Menschen die Geister in ihrem Treiben stört, ergibt sich von
selbst, daß man zu der bewußten Zeit Arbeit vermeidet. Aus
diesem Glauben erwuchs die weit verbreitete Vorstellung vom
,Nacharbeiten''. Überschreitet der Mensch in seiner Arbeit
die ihm zugemessene Zeit, so äußert sich der Unwille der
Dämone darin, daß die Arbeit die ganze Nacht fortgesetzt
wird, entweder so, daß sich die Werkzeuge von selbst be
wegen, oder daß die Geister selbst erscheinen und die Tätig
keit fortsetzen. Die Beobachtung unerklärbarer nächtlicher
Geräusche und Traumerfahrungen haben wohl zu diesem
Glauben beigetragen. In Betracht kommen hier vor allem
die häuslichen Arbeiten, die im Winter den ganzen Kreis der
bäuerlichen Tätigkeit aüsfiillen, während im Sommer die
Feldarbeit dem Leben des Landwirtes sein Gepräge gibt.
Unter den winterlichen Arbeiten nahm das Spinnen die her
vorragendste Rolle ein. Jene oben ausgeführte abergläubische
Vorstellung mußte vor allem dieses treffen; aber auch auf die
anderen Arbeiten erstreckte sich diese. (Die Spr. im weiteren
Sinne.)
1 Sie sind ,tabu £ .
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
165
Als Zeit dämonischen Treibens gilt vor allem die N acht.
Das bedarf keiner Erklärung. Ebenso ist es klar, daß gerade
die Spinnarbeit mit der Dämonenzeit in der Nacht kollidieren
mußte. Denn das Spinnen wurde nicht nur tagsüber ge
trieben, sondern gerade nach der Viehfütterung und der
Abendmahlzeit kamen Frauen und Mädchen in den Spinn
stuben zusammen oder einzelne Frauen spannen zu Hause bis
in die Nacht hinein. Eine natürliche Abgrenzung fehlt. Be
sonders wichtig sind die Nächte vor Festtagen, vielleicht
durch christlichen Einfluß. Das ist aber gleichgültig, denn hier
handelt es sich nicht um die Zeit, sondern um die Auffassung
des Begriffes: Festzeit = Geisterzeit, und das ist heidnisch.
Es sind daher, besonders die Nächte vor Sonntagen,
ferner vor Ganz- und Halbfeiertagen der Spr. unterworfen.
Noch wichtiger sind die Nächte am Anfang oder Ende einer
mehrtägigen Festzeit, z. B. Weihnacht, Fastnacht. Tatsäch
lich ist gerade in diesen Perioden die Spr. am allgemeinsten.
Die Sitte der Spr. tritt uns in doppelter Ausprägung
entgegen: 1. Die Spinnarbeit ist zu gewissen Zeiten ver
boten. Das ist ohne weiteres verständlich. 2. Zu einer be
stimmten Zeit muß abgesponnen sein, es darf sich kein
Flachs mehr vorfinden. Dieser Brauch wurzelt wohl in der
Angst vor dem Nacharbeiten. Läßt man über Nacht das
Gerät fertig zur Arbeit stehen, so muß das die gefürchteten
Geister förmlich zur Arbeit einladen. Deshalb muß in Kärn
ten jeden Abend die Schnur vom Bad gelöst werden, sonst
spinnen die armen Seelen (Francisci 69), in Schottland muß
ebenfalls der Treibriemen abgenommen werden. ,If the band
had not been taken off, a fairy sett to work and spun with
might an main the whole night‘ (Knappert 222). Nach Gr.
Abergl. n. 993, S. 472 kommt das Erdmännchen. Ähnliches
ist der Fall, wenn der Flachs auf dem Bocken bleibt. Im
Bayrischen Wald kommen die Hexen und spinnen (Panzer II
554) u. ähnl. Hier ist ein tägliches Herabnehmen unmöglich,
daher beschränkt sich die Angst auf die Hauptzeit der Ge
spenster: den bedeutungsvollen Tagen (Christ-, Neujahrs- u.
Drkgtag) der Weihnachtsfestzeit. Dazu kommt, daß der am
Bocken steckende Flachs eine große Ähnlichkeit mit dem so
genannten Alpzopf (s. oben) hat. Daher die Furcht, daß
166
II. Abhandlung: 'Waschnitlus.
sich dämonische Wesen in den Flachs einnisten und ihn
ganz verwirren.
b) Die Spinnstubenfrau.
An die Spinnarbeit — einzeln oder in Gesellschaft —
mußten sich, wie an jede andere menschliche Tätigkeit, Er
zählungen von Berührungen mit außermenschlichen Wesen
und Mächten knüpfen. Die Spinnarbeit kommt aber aus oben
angeführten Gründen besonders in Betracht.
Es ist daher ganz natürlich, wenn in den Spinnstuben
(angeblich) Besuche elbischer Naturwesen stattfinden.
Sie erscheinen — meist weibliche Wesen — setzen sich zu
den arbeitenden Frauen und spinnen mit und verschwinden,
gewöhnlich ohne etwas geredet zu haben, oft schenken sie ein
ewiges Knäuel her. So die Saligen in Tirol (Alpenburg 6,
10,32), frz. Baumelfen (Des Monnier Trad. pop. 407), Berg
weibchen in Neu-Eberstein (H. a. Rhyn, S. 428), die lit.
Baumes (Veck. II 97), die baskische Lamina (Sph. II 45)
u. v. a. Der Besuch der Spinnstube ist nicht mythisch, das
heißt, es hat mit dem Wesen dieser Dämonen nichts zu tun,
sondern bietet nur den Schauplatz ihres Auftretens vor den
Menschen. Für uns ist jetzt nur wichtig festzustellen, daß der
Besuch dämonischer Wesen in der Spinnstube im mythen
bildenden Bewußtsein existiert. Mit der Spr. haben diese
Mythen gar nichts zu tun.
Wie alle anderen Kultbräuche hat auch die Spr. ihre
beste Stütze in der Furcht vor Strafe seitens der durch
Nichteinhaltung beleidigten dämonischen Wesen. Diese ist
entweder negativ: Die betreffenden Geister verlassen oder
meiden das Haus und entziehen ihm so ihren Schutz, oder
positiv: sie erscheinen strafend und rächend. Die Vorstel
lung strafender dämonischer Wesen erzeugte einen ganzen
Mythenkranz von Erzählungen, und da solche viel intensiver
die Phantasie des 1 olkes beschäftigen als die Tatsache eines
traditionell übernommenen Brauches, ist die Verschiebung
des Schwerpunktes ganz selbstverständlich: nicht mehr die
Vorstellung der Dämonenzeit, die der Mensch nicht stören
darf, hat das Hauptgewicht, sondern das Erscheinen des
strafenden Dämons.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
167
Stellen wir nun den Mythenkreis vom Besuch der
Elben in der Spinnstube zusammen mit der notwendig
aus der Spr. sich entwickelnden Vorstellung vom Erscheinen
des strafenden Dämons, so haben wir die Elemente des
Mythenkreises von der Spstf. beisammen. Aber auch die Vor
stellung vom Nacharbeiten mußte das nacharbeitende
mythische Wesen mit der Spinnstube und den Menschen in
Berührung bringen. Tatsächlich erscheinen solche Wesen
auch als umziehende Spstf.
Zu diesem dem Bewußtsein entsprungenen Elementen
kommt noch der wichtige Faktor der Traumerfahrung,
speziell das Erlebnis des Alptraumes. Dieser führt uns
mehr zu der Analyse der Bestrafung und würde uns jetzt
von der Behandlung der Gestalt zu sehr ablenken. Ich komme
noch auf ihn zurück.
Aus dem Vorher gegangenen ist klar: Die durch den
Bruch der Spr. beleidigten dämonischen Wesen sind jene
Geister, welche die durch die Arbeit gestörte Zeit für sich
beanspruchen. Dies sind in unserem Falle: Seelengeister.
Die Spinnzeit fällt zusammen mit der Winter hälfte des
Jahres, mit der dionysischen Kultzeit. Alle in dieser Zeit
ihr Leben äußernden Dämonen sind seelischen Ursprunges.
Der Seelenglaube ist aber ein Quell, der uns mythische Wesen
in buntester Gestaltenfülle gibt. Daher ist es nur selbstver
ständlich, wenn der den Bruch der Spr. rächende Dämon in
verschiedensten Formen erscheint. Alle Wesen, die an dieser
Zeit teilhaben, können erscheinen: der Hausgeist, Alp, wilde
Jäger usf. und sie zeigen sich tatsächlich.
Nun liegt es im Wesen der Mythe, daß sie, abgesehen
von ihren allgemein menschlichen psychischen und physio
logischen Grundlagen, in ihrer Formung stark von der Stel
lung derjenigen Kreise innerhalb der natürlichen und
sozialen Gliederung beeinflußt wird, in denen sie ihren Ur
sprung hat und besonders gepflegt wird. In unserem Falle
ist es der Kreis der Bauernweiber. Nehmen wir noch den
unausbleiblichen Keflex, den die weibliche Spinnarbeit
auf den Dämon, der sich mit ihr beschäftigen muß, wirft,
so ist im wesentlichen die Erscheinung, daß der rächende
Dämon sich meist in Gestalt eines Weibes zeigt, erklärt.
168
II. Abhandlung: Waschnitius.
Ebenso erklärt ist aber, daß die Spstf. durch diese ihre Eigen
schaft als dämonisches Wesen ursprünglich nicht ausgefüllt
wird, sondern daß sie in ihrem Kern ein Seelendämon im
besonderen oder aber elbischer Yegdäm. ist. Erscheint
aber die Spstf. nur als solche, müssen wir entweder Ver
armung der Vorstellung oder junge Neubildung an
nehmen. Solcher Neubildung erscheinen natürlich vor allem
jene Gestalten verdächtig, die ihren Namen von der Zeit
ihres Erscheinens erhalten haben, in zweiter Linie die
jenigen, deren Namen nur auf die Funktion der Spstf.
deuten. Zu den ersteren gehören: der slowenische Ivwaternik
und seine Frau, das Gottscheer Pfinstokmandle, das nieder
österreichische Pfinzdaweibl, die elsässische Frau Faste usf.
Zu letzteren vor allem die Schweizer Spstfen.: Chlungeri,
Chunklen, dann die Werre u. a.
Da man nun auch wahrscheinlich den Namen der Perht
vom Perhtentage abzuleiten hat, liegt der Schluß nahe, Perht
als eine solche sekundäre Neubildung zu betrachten. Dagegen
spricht aber ihr deutlich primärmythisches Gepräge tragen
des Wesen als Seelendämon und die uralten Kultbräuche.
So wie andere dämonische Wesen (Alp, wilde Jäger usf.)
konnte auch sie Spstf. sein.
Wie schon oben erwähnt, stand für das Amt der Spstf.
eine große Anzahl mythischer, vor allem weiblicher Wesen
zur Verfügung. Wir sahen eben, wie Perht, ein Seelendämon,
als Spstf. aufgefaßt wird. Daneben kam aber der große Kreis
der elbischen Vegetationsdämonen, die ja meist weib
lichen Geschlechtes sind, in Betracht. Aus dieser Sphäre ist
die andere deutsche Spstf. hervorgegangen, die über ein
größeres Gebiet hin bekannt ist: Hol da. Als mythisches
Wesen in verschiedener Ausprägung ist sie im (ganzen)
fränkischen und thüringisch-sächsischen Gebiet und dem ndd.
Grenzstrich bekannt. Ebenso wahrscheinlich auch bei den
fränkischen Kolonisten in Oberungarn und Siebenbürgen.
Daß Holda tatsächlich in ihrem Kern Vegdäm. ist, zeigt schon
der Umstand, daß ihr Name nur eine Differenzierung aus
einem Appellativum ist, das gerade für solche elbische Wesen
gebraucht wird und aus gemeingermanischer, wenn nicht so
gar indogermanischer Vorstellung-und sich dem daraus ent-
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
169
wickelnden Sprachgebrauch entstanden ist. Dieses Appellativ
erscheint schon ahd. holdo für genius, hei Notker im Ca-
pella 81 (verus genius — min wäre holdo). Mhd. erscheint: die
guoten holden penates (s. Lexer Mhd. Wb.) und die guten
helde im Voc. theut. Nürnberg 1482. 1 Ferner hei Albr.
v. Halberstadt: wazzerholde für Nymphen, und ndd. 1519
,der guden hollen (bonorum geniorum) gunstb Ferner am
Niederrhein im 15 Jh.: heilige, goyde holden und im heuti
gen Volksglauben im südlichen Westfalen gute Hollen usf.
Feste einer weiteren Verbreitung sind die Hollen in Unter
hessen und die Stelle bei E. M. Arndt ,Märchen und Jugend-
erinnerungen‘ 1818 S. 357, wo ein kleines Mädchen, das gern
im Walde mit Käfern und anderem Getier spielte, von einem
großen Goldkäfer in die Luft zu einer guten Holde entführt
wird. Der unbestimmte Artikel zeigt, daß Arndt das Wort
als Appellativ auffaßt. Schließlich dürfte der zweite Teil der
Bezeichnung Strigholden hieher gehören. Vgl. übrigens Un
hold und seine Entwicklung.
Eine solche Holde kat’ exochen ist die md. Frau
Holda. Es ist aber ausdrücklich zu bemerken, daß Holda
niemals mit anderen Holdeü in Verbindung auftritt; wo die
Holden bekannt sind, kennt man keine Frau Holda und um
gekehrt (auch in Nassau und Waldeck sind sie wohl lokal
getrennt); auch wo sie in Verbindung mit anderen elbischen
Wesen erscheint, werden diese nie Holden genannt. Das ist
durchaus verständlich: wo man Holden als appellative Be
zeichnung gebrauchte, konnte Holde nicht zum Eigennamen
werden, sondern nur dort, wo die appellative Bedeutung wohl
mit der ursprünglichen mythologischen Vorstellung schwand.
Grimm M. I 220 stellte das Wort zu got. hulps nhd.
hold mhd. holt an. hollr geneigt, propitius; gemger.* hol^iaz.
Die schw. Form des Adjektivs übernimmt subst. Funktion,
wird Appellativ, schließlich Eigenname. Sprachlich und sach
lich ist kein Einwand zu erheben, man wird daher an Grimms
Deutung festhalten müssen. Die Bezeichnung elbischer Geister
1 uec hulden nec nnhulden, nec pilwiz. nahtvaren etc. Berthold v. Regens
burg, Freiburger Hs. I. ll a (Schönbach, Studien z. Gesell, d. adtsch. Pr
V S. 80).
170
II. Abhandlung: Waschnitius.
als hold kann natürlich ebensogut Euphemismus als aufrichtig
gemeint sein, vielleicht war man sich darüber niemals selbst
im klaren. Daß eine derartige Bezeichnung für Wesen, die
sich ja nicht immer den Menschen günstig zeigen, möglich
und gebräuchlich sein kann, zeigt die Parallele von gut als
Dämonenbezeichnung (die guoten). Zweifellos diese Be
deutung hat es z. B. im mhd. Gedicht ,Irregang und Girre
gar* v. Büdiger v. Miiner (Münnerstedt a. Bliön) v. 1001 f.
(v. d. H. Gesab. III 70), wo dem betrogenen Hauswirt dä
monische Natur auf geschwatzt wird:
er solde sin ein guoter
und ein pilewiz geheißen.
Ferner als Diminutiv mhd. Giitel Kobold; bei Prätorras
Anthrop. 1668, S. 311 f. Gütchen = Wichtlichen, Erdmänn
chen etc. Dasselbe in Goethes Faust II v. 5845. Im heutigen
Volksglauben: der Gütchenteich bei Halle, woher die Kinder
kommen (Sommer 169 f.). Auch die schlesische Redensart,
wenn Kinder im Schlafe lachen: ,das Jüdel spielt mit ihm!
wird von Grimm mit Recht hiehergestellt (M. 2 449, Anm. 1).
Das Wort ist kein Diminutiv zu Gott wie Bahder PBB 22,
534 meint (vgl. Kluge Wb. s. v.). Im Münchener Nachtsegen
v. 8. 9. vor den suarcen und’ wizen dy di guten sin genant
(ZfdAlt. 41 S. 342, wo auch weitere Nachweise).
Ganz ähnlich sind die Faun (es) i der italienischen
Bauern benannt. Bmbr. Fönes zum Verbalstamm fav— (fa-
vere) mit —no Suffix gebildet; vgl. umbr. föns gnädig,
günstig (Mannh. WfK. II 113). Diese Ableitung war schon
den Alten bekannt. Serv. Qu. VIII 314, quem nos propitium
dicimus Serv. Georg I 10, quod frugibus faveat (Pauly Real-
encyklop. VI 2057. Ebenso manes ,Die Guten* zu mänis,
e altlat. mänus gut.
Analoge Benennungen dämonischer Wesen sind
ferner: nisl. lyflingar, die guoten leutlan im Kärntner Lesach-
tale (Vegdäm. ZfDM. III 29 f.), nir. davine maithe = good
people und Shefro = de gode Folk (Faye XXIV), engl.
Robin goodfellow (ebd.), orknoische guid folk eller guid
neigbours (ebd. XXIX), mlat. bonae res.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
171
Aus dieser Bezeichnung ist auch der Name der Frau
Gode hervorgewachsen ebenso wie Holda. Es sind demnach
Bildungen wie Guthoulde (D. Ma. II 438) vom mythologischen
Gesichtspunkte aus in ihren Bestandteilen tautologisch.
Entgegengesetzter Meinung ist Mogk, der Holde als
Bezeichnung elbischer Wesen auch etymologisch mit den
nord. Huldren in Beziehung bringt und von hei an ableitet.
Schon den Hollen in Hnterhessen schreibt man die
Funktion der Spstf. zu, während sie sonst ganz wie Zwerge
erscheinen. Die Spinnerinnen müssen sich beeilen, sonst kom
men die Hollen hinein und verwuscheln alles. Ähnlich er
scheinen bei Iburg i. Westf. die heiden (Zigeuner, Zwerge).
Dementsprechend erscheint auch die Holde kat’ exochen
die Holda als Spstf. Als solche ist sie bekannt: in Bayr.-
Franken, Hessen (Meißner), Voigtland, Thüringen, Kgr.
Sachsen, im angrenzenden ndd. Gebiet, endlich in Schlesien,
wo im Namen der Spillaholle deutlich der Übergang von dem
Appellativ Holde zum Namen Holda erkennbar ist.
Ursprüngliche Yegetationsdämonen, die mit dem
Amt der Spstf. betraut sind, sind ferner: die thür. Frau
Frien, die ndd. Frau Gode und Frau Harke.
Es erübrigt noch, die Motive, die uns in den Mythen
von der Spstf. ziemlich einheitlich im ganzen Dtsch. und
auch im angrenzenden slaw. Sprachgebiet entgegentreten,
im einzelnen zu besprechen.
Yor allem tritt die Gleichartigkeit in der angedrohten
Strafe hervor; es handelt sich meist um Verwirrung, Be
schmutzung des Rockens, um das Einnisten in diesen und
um das Verbrennen des Flachses. Mythisch verständlich sind
davon ohne weiteres nur die Verwirrung und das Ein
nisten: dies hängt, wie schon erwähnt, mit der Vorstellung
vom Alpzopf zusammen. Die Spstf. kann ohne weiteres diese
Eigenschaft des Druckgeistes annehmen, da sie aus nah ver
wandten Vorstellungskreisen entsprungen zu sein pflegt, ja
geradezu selbst der Druckgeist ist. Kaum wird man bei der
Verwirrung des Flachses an Meteorisches (Sturm) anknüpfen
können.
Schwieriger ist das Besudeln und Anziinden des
Rockens mythisch zu erklären. Es könnte sich ja hier um ein
172
II. Abhandlung: Waschnitius.
rein sekundäres Erzählungsmotiv handeln: die Spstf. wird
eben mit bedrohlichen Handlungen ausgestattet ohne weitere
mythische Bedeutung. Auffallend ist es aber, daß gerade
diese zwei Strafen durch die Knechte noch heute vollzogen
werden. Es ist daher die Frage, ob nicht diese Tätigkeit von
diesen im Anschluß an die Vorstellung von der Spr. geübten
Bräuchen auf die Spstf. übertragen wurde.
Die anderen Strafen erklären sich aus sich selbst:
das Entblößen der Mägde in Hessen (Alptraum), das Ver
fluchen der Zukunft etc. 1
Eine große Bolle spielt aber die Gastrotomie. Neben
der Spstf. als solcher wird sie auch ihr und verwandten Ge
stalten zugeschrieben, wenn nur von der Funktion als Kinder
scheuche die Rede ist. Anders als aus dem Alptraum wird
sich diese grausige Strafe nicht erklären lassen, zumal da sie
vielfach mit dem Essen in Beziehung gebracht wird. Dazu
stimmt, daß das Motiv besonders in slawischen Gegenden
gangbar ist, wo der Alpglaube eine sehr große Rolle spielt.
Eine sekundäre Entwicklung ins Moralische hinüber
ist die Vorstellung einer belohnenden Spstf. Die mit
dieser verknüpften Motive sind die üblichen bei spendenden
Dämonen: das ewige Knäuel (auch von den saligen Fräulein
u. and. Vegdäm.), Spindelgeschenk (ebenso), Spinnhilfe
(ebenso), Geldgeschenk usf.
Ebenfalls weit verbreitet ist das Motiv von der be
trogenen Spstf. Es ist ein reines Erzählungsmotiv, das
an eine mythische Persönlichkeit angekniipft wird, ein typi
sches myth. Novellenmotiv. Vgl. solche Motive im Thors
mythus.
Mimische Darstellung der Spstf. ist nur in
Schlesien und Lerbach (und bei den Budweiser Tschechen,
vgl. Mächal a. a. O.) belegt, wo jemand die Frau Holle bei
ihrem Umzug darstellt (s. d.); doch haben wir eine ganze
Reihe von Bräuchen, die mit der Spr. Zusammenhängen und
auf die \ orstellung von der Spstf. eingewirkt haben können.
1 Vgl. Shakespeare: ,Die lustigen Weiber von Windsor' iibs.
Bd. 5. Bibi. Inst. S. 531. V. 4.
Simroek,
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
173
3. Holda, ein elbischer Vegetationsdämon.
Im heutigen Volksglauben des fränkischen und sächsi
schen Mundartengebietes zeigt sich Holda deutlich als Veg-
däm., ohne daß der Zusammenhang mit dem Seelenglauben,
aus welchem ja alle diese Wesen entsprungen sind, aus dem
Bewußtsein geschwunden wäre. Ich nenne sie daher einen
elbischen Vegdäm. Als solche erscheinen ja auch die Holden
der älteren Zeugnisse, und es ist damit schon gegeben, daß
auch Holda diesen Charakter tragen muß. Das ist, wie er
wähnt, tatsächlich der Fall und auch in den ältesten Quellen,
— abgesehen von der Notiz bei Burkhard und Steph. Lanzkr.
— Luther und Alberus, die hessischen Prozeßakten und die
alten Beschreibungen des Meißners kennen Holda als Veg-
wesen.
Die älteren Mythologen suchten, ausgehend von der be
kannten Stelle bei Burkhard und im Bestreben, Holda als
ident mit Perht zu erweisen, in ihr wesentlich die Führer in
eines angenommenen weiblichen Seelenheeres, brachten
sie in Beziehung zu Wodan und setzten sie schließlich der an.
Frigg gleich. In Übereinstimmung mit ihrem angeblichen
Charakter als Seelen- und Todesgöttin glaubte man in einer
Reihe von Motiven, vor allem im Brunnen Iloldas, direkte
Beziehung zum Seelenglauben konstatieren zu können. Darin
taten sich besonders die Laien hervor. Ich behandle daher
zunächst:
a) Holdas Beziehung zur wilden Jagd und zum Seelenkult.
Vgl. Mannh. GM. 262; Knappert 238 ff. Als Anführerin
oder Teilnehmerin der wilden Jagd finden wir Holda bei
Burkhard, vielleicht in den hessischen Prozeßakten, am Meiß
ner und an vielen Stellen in Thüringen. Auf dieselbe Auf
fassung weist auch die Redensart: die ist mit der Holda
gefahren, für zerzaustes Aussehen etc. Wie wir die Vorstel
lung eines weiblichen Seelenheeres und damit vielleicht auch
die des Hexenrittes zu beurteilen haben, ist noch unsicher.
Von dem Zeugnisse des Burkhard aus eine Entwicklung
174
II. Abhandlung: Waschnitius.
Holdas aus einer Seelenführerin zu einem Vegdäm. anzu
setzen, ist rein hypothetisch. Gerade die nächstälteren Quellen
Luther und Alberus zeigen uns Holda deutlich als Vegdäm.
Von diesem ihren Kern ist auch bei der Beziehung zur wilden
Jagd auszugehen. Feld und Wald, überhaupt das ganze
Pflanzenreich erscheint vor allem dann belebt, wenn Wind
oder Sturm die Vegetation in Bewegung setzt. Es ist daher
ein oft beobachteter Übergang, daß aus Vegdäm. Sturm
dämonen werden. (Vgl. darüber Mannh. WfK. I 85 f. mit
vielen Belegen; vgl. die voigtl. Holda = Sauzehl.) Holda
konnte um so leichter in die wilde Jagd auf genommen werden,
da sie als Spstf. gerade zur Hauptumfahrtzeit der wilden
Jagd ihr Dasein äußerte. Dazu kommt, daß wir, wie auch
sonst in der Mythologie, auch im Kreis der wilden Jagd
zyklisches Bestreben wahrnehmen können. IJieher gehört
auch der getreue Eckehart, der aus der Heldensage entlehnt
wurde. Auch die Bergwohnung, die für elbische Vegdäm.
charakteristisch ist, hat sicher zur Einverleibung beigetragen.
Von der Teilnehmerin zur Führerin ist nur ein Schritt, be
sonders dort, wo sich noch kein Führer entwickelt hatte. Be
sonders Mittel- und das angrenzende Norddeutschland zeich
net sich durch eine bunte Beihe von solchen aus. Hieher stellt
sich mit ganz gleicher Entwicklung Frau Gode. Motive. Mit
der wilden Jagd nichts zu tun hat das Motiv der Aus
besserung und vom Spanlohn.
Das sich immer wieder erneuernde Zauber bi er ist
eines jener Wunschdinge, wie sie vielfach in Volkssagen und
-märchen Vorkommen; so nimmt in einer Milchbutte, aus der
salige Fräulein getrunken, die Milch nicht ab, sondern zu.
(Zgl. n. 32 Sph. II 36); vgl. ferner den ewigen Wocken
(NDS. S. 243 n. 270, 2); das ewige Knäuel (Freissauff,
S. 190 u. ö.). Meist ist Schweigen Bedingung der Dauer. Der
Ursprung ist wohl märchenhaft. In der Erzählung vom
angeschossenen Eber am Ivyffhäuser ist Holda durch die
Verwandlung in einen Baum deutlich als Vegdäm. charakte
risiert. Auch die Skogsnufva kann sich in Bäume verwandeln
(Mannh. WfK. I 147, Anm. 2).
Einmal wird auch das Motiv vom eingeschlagenen
Beil mit Holda verknüpft (Aue i. Sachs.). Zu den aus dem
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
175
Seelenglauben hervorgegangenen Vorstellungen gehört auch
die von den in den Bergen wohnenden Elben, die oft
Menschen in ihre unterirdische Behausung locken, welche
ganz das Gepräge eines Seelenheims trägt. Als eine solche
im Berg wohnende Elbin erscheint auch Holda. So wohnt
sie im Untern Berg bei Hasloch, wo sie sonst ganz als Veg-
däm. aufgefaßt wird. In Hermeskeil sitzt sie im Berg und
spinnt, ein häufiges Motiv dieses Kreises. Im Venusberg des
hessischen Hexenprozesses ist sie die Herrin des Seelenheims.
Ebenso ist der Hörselberg Wohnung der Holda und zugleich
Werkstätte des Fegefeuers. Dasselbe ist beim Kyffhäuser der
Fall, der durch die bekannte Sage von Barbarossa als Seelen-
lieim unverkennbar ist.
Die Brunnenwohnung gehört nicht hieher.
b) Holda als Vegetationsdämon.
Von jedem bewußten Zusammenhang mit den Seelen
losgelöst, also als reiner Vegdäm., wird Holda gewöhnlich
vorgestellt.
Daher hat sie ihren Aufenthaltsort im Walde. So in
Hasloch, im Spessart, im Harz. Wie von der nord. Skogs-
nufva und Huldra wird von ihr in den hessischen Prozeß
akten berichtet, daß sie vorn schön, aber ,liinden her wie ein
holer Baum‘ sei. Dieses Motiv vom hohlen Bücken wird
mit vielen mythischen Wesen verknüpft. Es .wird außer den
genannten noch beigelegt: den steir. Wildfrauen, den dän.,
Waldfrauen und Ellefruer, der Guro Bysserofa, feurigen
Männern in der Oberpfalz, dem Teufel bei Caes. v. Heister
bach (Mannh. WfK. 1147, Anm. 1), den Eis in Magleby (Sph.
I 254), dem Alp im Lesachtal (ZfDM. III 35 f.), dem tirol.
Alber (Sph. II 272). In einem Segen heißt es: ,Ich beschwöre
dich Alb, der du Augen hast wie ein Kalb, Bücken wie ein
Teigtrog, weis mir deines Herren ITofk (Mannh., GM.
S. 258 f.). Ein Trollweib Skaldskaparmäl c. 75 heißt: Bak-
rauf zu bak Bücken und rauf Loch (Mannh. GM. 673 1 ). Mit
der Deutung dieses Motivs hat Mannh. WfK. I 121 jedenfalls
Becht, wenn er es ursprünglich auf Waldfrauen bezieht und
an Entstehung dieses Bildes aus hohlen, morschen Bäumen
176
II. Abhandlung: Waschnitius.
denkt. Später wurde es überhaupt zu einer Eigenschaft elbi
scher Wesen. Über ein ähnliches lit. Motiv vgl. v. d. H.
Gesab. CXIII f., Bd. III.
Yegsymbol ist auch das Strohgewand der Holda bei
Luther und die Sichel der von Holda ausgesandten Frauen
bei Er. Alberus. (Zum ersteren vgl. den Fastnachtsbrauch in
Warnsdorf Vernäh, Myth. S. 293.)
Mit Holda ist auch das Motiv der klagenden Wald
frau verknüpft. Als solche kennt man sie in Fulda, wo diese
Vorstellung aber ätiologisch zu sein scheint. Ganz als Klag
frau erscheint sie in Lerbach, wo auch die typische Erzählung
von der Einladung durch einen Vorübergehenden von ihr
erzählt wird. Pröhle hat sie daher ohne weiteres mit der
Harzer Haulemutter identifiziert (Hs. 278). Diese Vorstellung
ist weit verbreitet. Vgl. über sie Sph. II c. 55, Demeter und
Frau Holle.
Wie die anderen Vegdäm. zeigt sich Holda den Menschen
meist freundlich, rächt sich aber beleidigt. So hilft sie in
Ilasloch den Menschen, besonders den Frauen bei der Feld
arbeit, ähnlich wie die saligen Fräulein in Tirol u. a.,
leuchtet späten Wanderern nach Hause wie die oberpfälz.
Waldleute Menschen nach Haus geleiten. (Mannh. WfK. I
84.) Ähnlich leuchtet der Tiroler Alber Kirschdieben, der
westf. Hermen Birndieben (Sph. II 276, 437). Anderseits
führt sie Menschen in die Irre. Ebenso das schwed. Pyss-
lingefolk (WfK. I 61), die rauhe Eis im Wolfdietrich, die
fzs. Dames vertes (a. a. 0. 118), die Skogsnufva (a. a. 0.), die
russ. Ljeschi (140), südam. Waldgeister (143 f.), der schwed.
Hulte (153) u. a. Holda hockt auch auf (vgl. Sph. I 186,
272 f., vgl. Laistner AnzfdA. XIII 43 f. über Entstehung
aus der Alpvorstellung. Mannh. WfK. II 51, 60 f.).
Wie die übrigen Waldgeister wird auch Llolda musi
zierend vorgestellt, so bei Luther und bei Hasloeh, wo sie
ganz an Loreley erinnert. Das Motiv ist weit verbreitet.
Ebenso entspricht es verwandten Vorstellungen von der
Kornmutter u. a., wenn Holda als Kinderräuberin vor
gestellt wird und daher als Kinder scheuche dient. So tritt
sie auf in Hasloeh, im Moselland, am Meißner und im Harz.
Kinderraubende Vegdäm. sind ferner: Die dive Zeny (WfK.
1
Perht, Holda und verwandte Gestalten. 177
I 8), Fanggen (90), Langtüttin (108), Seligen (107), der Eis
(126), der Salvanel (113), die Ljeschi (143), der Caypora
(145). Daß dämonische Wesen überhaupt als Kinderscheuche
dienen, ist selbstverständlich. Auch das Wechselbalg
motiv wird mit Holda verknüpft (Hessen). Märchenhaft
ist die Vorstellung von der Erziehung durch Holda. Hieher
gehört die Erzählung aus dem Spessart.
Gleich den anderen Vegdäm. steht Holda in engster
Beziehung zum Wasser und damit auch zum Wetter.
Wenn es im Harz von Holda heißt, daß sie Wasser in
zwei Eimern trage, die man sich auch ohne Boden vorstellt,
hat dies sicher, wie auch Laistner annimmt, meteorische Be
deutung: die Bewässerung der Fluren durch Nebel und Tau.
Nichts zu tun hat damit die eimertragende nord.Huldre. Diese
gehören zu ihrer Vorstellung als Sennerin, sind daher gar
nicht mythisch deutbar. Über dieses Motiv vgl. Sph. I 283 f.
Kuhn Westf. S. I 203, oft mit Erlösungsage verknüpft, vgl.
Bartsch I 273.
Als waschendes Wesen erscheint Holda in Lutter
berg, ein weit verbreitetes Motiv. Verknüpft ist damit das
Motiv vom Wäschetrocknen, das deutlich Beziehung zum
Kegen zeigt. (— Nebel Sph. 1151 und Laistner, Nebs. S. 364.)
Hieher gehört auch Holda als Samentrocknerin (vgl. dazu
Gr. DS. S. 11; Witzschel I 261; Schambach n. 261; ND. S.
S. 215; Baader n. 277, n. 441; Schöppner n. 165; Pröhle Oh.
S. 211; Lyncker n. 147,148; Panzer II136; Meier n. 52—62).
Aus dem badenden Vegdäm. ist am Meißner Holda
ganz zu einer Brunnenfrau geworden, ebenso im bekann
ten Märchen. Der Übergang ist nicht befremdlich, doch sind
auch fremde Motive hinzugekommen. Solche- märchenhafter
Art sind: ihr Zaubergarten und die Geschenke aus diesem.
Dagegen sind die Vorstellung des Teiches als Gesund- und
Kinderbrunnen (vgl. Urquell IV 224 f., V 80, 162, 287), Hol-
das mittägliches Erscheinen und die Geräusche aus der Tiefe
mythisch und volkstümlich und auch von vielen anderen Ge
wässern bekannt.
Ihre Beziehung zum Kegen habe ich schon gestreift;
vgl. die Redensart: Frau Holle hält Kirmes, wenn’s regnet
(EHM. GM. 284). Auch mit dem Schneefall wird sie in
Sitzungsber. d. pbil.-hist. Kl. 174. Bd. 2. Abh. 12
178
II. Abhandlung: Waschnitius.
Beziehung gesetzt. Als die ausgebeutelten Bettfedern Holdas
wird der Schnee im Hennebergischen, im Märchen, am
Meißner und um Göttingen bezeichnet (vgl. Laistner, Nebs.
S. 191). Auch diese Bedensart wird mit anderen Wesen ver
knüpft : Im Elsaß: d’engele bans bed gemacht, d’fedre fliege
runder; bei Gegenbach 427 die Himmelfedern fliegen (Gr.
GM. III 87 f.). Ähnlich: De aule Wijvers schüddet den Fels
ut: es schneyet Knappert 253 3 . Idiot. Osnabr. 1752. Vgl.
Psalm 147, 16 ,er gibt Schnee wie Wolle' und Herodot IV 7
u. 31. Nichts mit Holda zu tun hat Maria ad nives, Notre
Dame aux neiges.
Eine weitverbreitete Vorstellung ist die vom Nebel als
Bauch, erzeugt von dämon. Wesen.
Auch von Holda wird solches am Meißner erzählt (vgl.
Laistner, Nebs. S. 17).
Daß auch ricsische Motive auf Ilolda übertragen wur
den, ist nicht verwunderlich. Elbische Natu rweseu erscheinen
oft in wechselnder kleiner oder großer Gestalt. Ein solches
Motiv ist das vom fallengelassenen Findling, das von
Holda am Meißner erzählt wird.
Mit verwünsch, 1 enen S.ehatzj ungf rauen, die auf
Erlösung harren, wird Holda vielfach am Harz in Beziehung
gebracht. Auch aus diesem Kreise sind Motive auf sie über
tragen worden. Den Charakter von Schatzsagen zeigen
deutlich die Erzählungen von den trocknenden Flachs-
knotten, wiewohl hier, wie schon erwähnt, in erster Linie
andere Vorstellungen tätig waren (vgl. Sph. I 328 und das
verwandte Motiv des sich sonnenden Schatzes Sph. I 276).
Selbst als erlösungsbedürftige Jungfrau erscheint
Holda bei Lerbach mit dem Danaidenfaß. Vgl. darüber:
Laistner Sph. II c. 33. Die Danaiden Bd. I 283—292.
c) Kultbräuche.
Das Stehenlassen der letzten Ähre mit oder ohne aus
drückliche Bestimmung für dämon. Veg.- oder Sturmwesen
ist vielfach belegt (vgl. Mannh. WfK. I). Ein solches Halm
opfer wird in Göttingen Ilolda- dargebracht. Es ist ihrem
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
179
Wesen als Vegdäm., der auch im segenbringenden Sturm um
fährt, ganz entsprechend.
Ein anderer Brauch, das weitverbreitete Verbrennen
des Vegdäm. (vgl. Mannh., WfK. I c. 6, S. 497 ff.), ist eben
falls an Holda geknüpft. Daß ursprünglich ein solches tat
sächlich stattgefunden hat, ist zweifellos. Auffallend ist es,
daß es schon am Drkgtag stattfindet, während sonst Frühling
und Frühsommer die Ilauptbegehzeiten dieses Brauches sind.
Aber die Friihlingsbräuehe beginnen vielfach schon zu Weih
nachten; übrigens sind uns direkt Feuer am Drkgtag belegt,
vgl. Cod. Ben. 207 f. 1. tract de superstitionibus a. 1460.
,Ignes, qui fieri solent in vigilia epiplianiae' (Schm. B. W. I
271), vgl. die Hügelfeuer zu Silvester und Weihnachten in
Siebenbürgen (Archiv f. sb. LK. X 143). Die Weihnachts
feuer auf den Antoniusberg bei Schweina (Witzschel II 171).
Schlußwort.
Ich bin mir wohl bewußt, wie viele Fragen ich im vor
hergehenden offen lassen mußte. Dies ergibt sich, wie schon
oben bemerkt, aus der Sprödigkeit des Stoffes, die eine Son
deruntersuchung einzelner gestalten ohne Auseinandersetzung
über das ganze Gebiet der Mythologie nur beschränkt ermög
licht. Ich habe es daher vermieden, mich mit einer Reihe
von Fragen — besonders solchen religionshistorischen
Charakters — zu beschäftigen, was doch kaum zu etwas
anderem als zu hypothetischen Aufstellungen geführt hätte.
Möge man meine Arbeit als das nehmen, wozu sie geworden
ist: als eine Material- und Problemsammlung. Ist es mir ge
lungen, einzelnen Lösungen der aufgeworfenen Probleme An
erkennung zu verschaffen, wird es der Beurteilung meiner
Arbeit nur zugute kommen.
180
II. Abhandlung Waschnitius.
N aehträge.
Zu S. 17. Neuerdings hat R. Steffen-Visby in der ,Fest-
skrift til H. F. Feilberg (Kobenhavn 1911), S. 536ff. ver
sucht, eine schwedische Totengöttin Bläkulla zu erweisen,
die gleich ihren deutschen Entsprechungen Holda und Perhta
eine Hypostase der alten Totengöttin Frigg sei.
Zu S. 137. Auf der Insel Aland dauert die Spinnruhe
von Thomasdag (21. 12.) bis wahrscheinlich zum Knutsdag
(13. 1.). Vgl. Festskrift til Feilberg S. 391 ,Efter Tornas fär
man inte spinna, annars „kommer Tommos i tottan 1 “.
Zu S. 140. In der oben erwähnten Festschrift für Feil
berg linden wir auch S. 187, 189, 190 Belege für die Spinn
ruhe in Norwegen. Hier heißt es: Baade fra Sverige og Norge
kjendes den tro at det er smrlig galt am torsdagen at drive
paa med noget arbeide, der er forbundet med en omdreiende
bevsegelse. Dette gjadder sserlig torsdag aften. Da maa der
ikke spindes efterat kjorene er stelt (Hallingd. Gudbrandsd.,
Sondhordl.), eller efterat kveldsmaten er spist (Nordmore,
Strinden). Man vilde begaa en stör synd om man gjorde det.
Es werden auch einige Erzählungen angeführt. Einmal erscheint
,en stör natteravn', setzt sich neben die arbeitende Frau und
beginnt gleichfalls zu spinnen. Ein andermal muß die Frau,
die sich gegen die Spr. verging, sehen,' wie das Spinnrad von
selbst die ganze Nacht weiter arbeitet. Von einem Mädchen,
welches die Spr. am Donnerstagabend nicht einhielt, hören wir,
daß sie nach ihrem Tod ihrer jüngeren Schwester erschien und,
indem sie ihre blutige Hand vorstreckte, gesagt habe:
,Her ser du hvad jeg har vundet
for hver torsdagskveld jeg har spundet/
Dieselbe Geschichte erzählt Cavallius a. a. 0. II. Til. 1, § 43
aus Schweden, was mir entgangen ist. Die Variante aus
Dänemark siehe oben. Es ist das auch sonst begegnende Motiv
der hereingestreckten blutigen Hand. Auch hat das
Spinnen am Donnerstagabend sonstige schlimme Folgen: die
Hexen bekommen Macht über die Leinwand u. s. f. An mehreren
Stellen Norwegens heißt es sogar, die Bänder, mit welchen
Perht, Ilolda und verwandte Gestalten.
181
Christus gefesselt wurde, seien am Donnerstag abend ge
sponnen worden. In Kvinherred wurde durch das Spinnen an
diesem Abend der Garvör gestört.
Wir haben demnach für Norwegen die Spr. am Donners
tagabend belegt. Als Spstf. erscheint stellenweise der Haus
geist, sonst hat sich keine eigene Gestalt herausgebildet.
Zu S. 140ff. Zur Auffassung des Winters als Seelen
kultzeit, bzw. des Julfestes als Totenfest vgl. H. F. Feilberg
,Jul‘ (2 Bde. Kob. 1904), bes. der II. Band.
Zu S. 164ff. Die Spinnruhe führt Feilberg a. a. 0. II,
S. 82—87 auf ein weitergefaßtes Verbot, keine Arbeit, bei
der etwas rundgeht, zu verrichten, zurück und erklärt dieses
aus der Angst, durch einen solchen, wenn auch unbeabsich
tigten (Nachahmungs-)Zauber den Gang der Sonne an diesen
kritischen Tagen zu stören. Das würde natürlich nur für die
Julfestzeit gelten, die aber auch Feilberg als Toten- und nicht
als Sonnwendfest auffaßt.
Verzeichnis der außer l’erlit und Hol da erwähnten
dämonischen Gestalten.
Alb (p.) 150, 167, 168, 175.
Alber (Tirol) 175, 176.
wilder Alf 145.
Alraun 152.
Baba Yaga 150, 151.
Bakrauf 175.
Baumelfen 160.
Befana 148.
Ellefruer 175.
Eis 175, 176, 177.
Erdmännchen 165.
Fanggen 177.
Frau Faste 74, 75, 148, 168.
Fauni 170.
Fru Frien (Fi’ee) 116, 117, 171.
Frigg 10, 12, 13, 14, 15, 131,
Bläkulla 180
Bergweibchen 166.
137, 173.
Frohnfastentier 76.
Buntiana 143.
Caypora 177.
Brechtölterin 78.
Freyja 12, 13, 14.
Fuik 130.
Chlungeri 71, 168.
Frau Chunkle" 72, 168.
Dames vertes 176.
davine maithe 170.
Gagaraunzl 48
Garvör 135, 181.
Frau G6de 15, 129f., 146, 171,
174.
die Guoten (-leutlan, Guid folk,
Demeter 125, 176.
bonae res) 170.
182
II. Abhandlung: Waschnitius.
Gütchen 170.
Guro Rysserofa 175.
Hachlerin 66.
de olle Häksche 112.
FrauHarke 116,117,1281., 171.
Frau Harre 109 f.
Haulemutter 176.
Heidelbe 145.
Hekate 143, 146.
Hel 13, 14.
Hermen (westf.) 176.
Hexe 131, 165,
Hilde 12, 13.
Hildi 134.
Himmelsziege, -kuh 119.
högkajmsen 145.
Huldr 132 ff.
Hulderfolk 137 ff, 177.
Hulte 176.
Hyldemoer 134 f.
Hyllefroa 136.
wilde Jagd 10, 13,32,33,36,40,
51, 53, 69, 78, 80, 89, 90, 91,
105, 131, 145, 152, 153, 154,
167, 168, 173 f.
fule Ireth 131.
Kebrweibel 20.
Klabautermann 144, 145.
Klaus 126.
Kwaternik 27, 28, 168.
Langtüttin 177.
Lamina 166.
Laumen (-s) 131, 166.
Ljescki (russ.) 176, 177.
St. Lucia (Luz) 47, 68, 148.
Lutterjuugfrau 115.
lyflingar 170.
Maria 20, 36, 128, (ad nives)
178.
Märtche(n) 131.
Märzenkalbl 48.
Mickatrulle 118.
Mittagsmann 151.
Frau Motte 109.
Muraue 131.
Murawa (Wurlawa) 111.
Nachtweible 78.
s’Pfinzda-Weibl 53 f. 168.
Pfinstokmandle 17., 168.
Pilwiz 169, 170.
eiserner Polenz 151.
Popelhole 118.
Pudelmutter 20.
Puk 137.
Pysslingefolk 176.
Relpa 118.
Robin goodfellow 170.
Frau Rolle 109 f., 116.
Rusalkas 143.
Salige (Fräulein) 166, 176, 177.
Salvanel 177.
Sampermuada (Sompa-) 49 f., 51.
Satzem suse (-käter, -Ziege) 118.
Sauzebl 102, 174.
Scha(n) -hollen 124, 126.
Schlüsselj ungfrau 114.
Frau Selten (Zälti) 70, 142.
Shefro 170.
SkogsnufVa 176.
Spereehtra 120.
Sperte 68.
Spillaholle (-gritte) 118, 119
(G)Stampe (Stempe) 11, 39 f.
41, 43, 66, 150.
Sträggele 72, 73.
! Stria 46.
Strigen 22.
Strigkolden 21, 85.
Perht, Holda und verwandte Gestalten.
183
Stuhawible 69.
Thor 137.
Troll 150.
Waldfrauen (dän.) 175.
Wand 131.
Weiße Frau 17, 26.
Weißes Männchen 79.
Werre 163, 168.
Wildfrauen (steir.) 175.
Frau Wolle 108 f. 116.
dive zeny 176.
Zodawascherl 18, 48, 49, 50.
Zumpeldrulle 118.
Zuserbeutlein 55.
Verzeichnis der wichtigsten Motive:
das eingeschlagene Beil 32, 79, 98, 101, 110, 154, 174.
die betrogene Spstfrau 28, 78, 79, 93, 99, 100, 102, 110, 111,
117, 131 f., 172.
das Bettfedernschneien 89, 90, 93, 112, 177 f.
die Blendung 18, 20, 30, 99, 101, 153.
die fremden Blumen 23, 34, 154.
die Danaidenarbeit 46, 113, 178.
das Erscheinen des Dämons selbst 37, 38, 58, 66, 79, 123, 161 f.
der vorwitzig gerufene Dämon 73.
die schnelle Fahrt 19, 30, 34, 154.
die Gastrotomie 11, 20, 27, 56, 57, 65, 68, 99, 102, 120, 155, 172.
das lange Haar der Elbin 96, 124.
die hereingestreckte Hand 52, 126, 132, 180.
der hohle Rücken 87, 88, 175.
der erbetene Jagdanteil 32, 154.
die klagende Waldfrau 91, 113f., 116, 176.
die erlösende Namengebung 18, 20, 52, 55, 152.
der Notnagel 98, 154.
die lange Nase 19, 30, 35, 40, 41, 45, 56, 104, 150.
der Schusterleisten 41, 151.
die Ausbesserung und der Spahnlohn 19, 20, 98, 100, 101, 102,
104, 129, 153.
das geschürzte Totenhemd 30, 55, 151 f.
das Tränenkriiglein 19, 20, 51, 52, 99, 151 f.
der Überzählige (Dreizehnte) 58, 161 f.
das Wunschding (ewiges Knäuel, Bier u. s. f.) 27, 35, 45, 79,
106, 172, 174.
der hinter dem Heer zurückbleibende Geist 52, 55, 152.
184 II. Abh.: Waschnitius. Perht, Holda und verwandte Gestalten.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Vorwort 3
Literatur 4
Einleitung 9
1 17
Hochdtsch. Sprachgeb 17
1. Bayrisches Magbt 17
Gottschee 17
Steiermark 18
Kärnten 23
Slowenen in Krain, Steiermark,
Kärnten 25
Tirol 29
Romanen Südtirols 44
Westungarn 46
Niederösterreich 47
Oberösterreich 54
Salzburg 56
Bayern 60
Oberpfalz 66
Egerland u. Böhmerwald ... 67
2. Alemannisch-schwäb. Magbt.. 69
Vorarlberg 69
Schweiz 70
Elsaß 74
Schwaben s . 76
Baden 78
3. Frank. Magbt 79
Bayr. Franken u. Grenzgebiete. 79
Hessen 83
Henneberg 92
Nassau 93
Linksrh. Franken 93
Oberungarn u. Siebenbürgen . . 94
F. Waldeck 96
Sachsen u. Thüringen 97
Kgr. Sachsen 110
Niederdtsch.-thtiring. Grenzgb. . 111
Seite
Lausitz u. Schlesien 117
Tschechen 120
Niederdtsch. Sprachgebt 122
Niederrhein 122
Westfalen 123
Norddeutschland v. d. Weser b.
a. d. Sprachgrenze 127
Schleswig-Holstein 132
Skandinavien 132
Altnord. Zeit 132
Dänemark 134
Schweden ...136
Norwegen 137
Island u. Fseroer 139
II 140
1. Der Seelendämon Perht . . . 140
a) Perht als Kinderseelenfüh
rerin 142
b) Perht als Einzeldämon . . 154
c) Das Speiseopfer 156
d) Der Perhtenlauf u. d. mimi
sche Darstellung 157
2. Die Spinnstubenfrau .... 164
a) Die Spinnruhe 164
b) Die Spinnstubenfrau ... 166
3. Holda, ein elbischer Vegeta
tionsdämon 173
a) Holdas Beziehung zur wilden
Jagd u. zum Seelenkult . 173
b) Holda als Vegetationsdämon 175-
c) Kultbräuche 178
Schlußwort 179
Nachträge 180
Verz. der außer Perht und Holda
erwähnt, dämon. Gestalten. . 181
Verz. der wichtigsten Motive . .183
Inhaltsverzeichnis 184
Sitzungsberichte
der
Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien.
Philosophisch-Historische Klasse.
174. Band, 3. Abhandlung.
Kordofän-Texte
im Dialekt von G-ebel Dair.
Von
H. Junker und W. Czermak.
Vorgelegt in der Sitzung am 18. Juni 1913.
Wien, 1913.
In Kommission bei Alfred Holder,
k. u. k. Hof- und Universitäts-Buckhändler,
Buchhändler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften,
Druck von Adolf Jlolzhausen,
k. und k. Hof- und Universitäts-Buchdrucker in Wien.
VORWORT.
Zmm Aufbau der nubischen Grammatik fehlt uns ein
wichtiges Glied: das Nubische, das in den Bergen von Kordo-
fän gesprochen wird. Der Mangel ist um so empfindlicher, als
gerade dieser Dialekt weniger als alle anderen unter dem Ein
fluß fremder Sprachen gestanden hat und sich, wie die Rasse
der Bergnuba selbst, reiner bewahrt haben muß. Es waren
uns bis jetzt im Kordofän-Nubisch nur eine Reihe von Woi’t-
aufzeichnungen bekannt, so von Rüppel, 1 Russegger, 2 Hun
zinger, 3 Reinisch, 4 Lepsius, 5 Holroyd, 6 und Heß. 7 Für
den grammatischen Aufbau sagten sie uns nichts und es ließen
sich nur gelegentlich Wahrnehmungen über die Lautverhält-
nisse im Nubischen aus ihnen entnehmen.
Im Winter 1909/10 machte H. Junker bei Gelegenheit
der nubischen Expedition der kgl. preußischen Akademie der
Wissenschaften in Berlin zuerst zusammenhängende Aufnahmen
im Nuba-Dialekt von Samuel Fadl alMaula. 8 Im folgenden
Jahre erhielt er auf Ersuchen in zuvorkommender Weise durch
Pater Huber von der kath. Afrikamission wichtige Sprach-
notizen aus dem Dialekt des Gebel Delen in Gestalt von
1 Riippel, Reisen in Nubien usw., S. 370ff.
2 Russegger, Reisen in Europa, Asien und Afrika II, 2, S. 355ff.
3 Hunzinger, Afrikanische Studien, S. 543 ff.
4 Reinisch, Die Nuba-Sprache (Einleitung). Die sprachliche Stellung
des Nuba.
5 Lepsius, Nubische Grammatik, S. LXXVI ff.
6 Siehe ebenda.
7 Wir benutzten eine uns von Herrn Hofrat Reinisch überlassene Liste.
8 Sitzungsberichte 1910, XXXI, S. 588.
1*
4
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
einigen Paradigmen, Sätzen und Wörtern. 1 Wie die genannten
Wortaufzeiclmungen von Munzinger, Büppel usw., die aufKor-
dofänleute verschiedener Distrikte zurückgehen, untereinander
stark divergieren, so deckten sich auch die Notizen Pater
Hubers aus dem Gebel Delen nicht in allem mit der Sprache
Samuels aus dem Gebel Dair, und es kann als ausgemacht
betrachtet werden, daß wir ebenso wie in. der Gruppe der
Nil-Nubier, auch in der Bergnuba-Sprache mit bedeutenden
dialektischen Verschiedenheiten rechnen müssen. Es mußte so
mit darauf Bedacht genommen werden, vorerst tunlichst einen
Dialekt gesondert zu bearbeiten.
Im Winter 1912/13 konnten wir nun bei Gelegenheit der
ägyptischen Expedition der kaiserlichen Akademie der Wissen
schaften in Wien umfangreichere Aufnahmen im Dialekt Sa
muels machen, und zwar wurden Text 2 und 3, einige Sätze
aus Text 5 sowie mehrere sprachliche Notizen gemeinsam auf
genommen, Text 4, Teile aus Text 5 und gelegentliche Beispiele
von H. Junker allein. Diese Aufnahmen werden zusammen
mit denen von II. Junker aus dem Jahre 1909/10 (Text 1,
Teile aus Text 5, Paradigmen und sprachliche Notizen) in der
vorliegenden Arbeit wiedergegeben.
Samuel Fadl al Maula, unser Gewährsmann, stammt
vom Gebel Dair und ist schon ziemlich früh aus Kordofän nach
Ägypten gekommen. Dort wurde er von den Patres der öster
reichischen Afrikamission (Combonianer) erzogen. Samuel F.
ist sehr begabt und für seine Verhältnisse gut ausgebildet. Er
kennt außer seiner Muttersprache noch das Arabische und
redet und schreibt italienisch. Augenblicklich leitet er eine
Laiterie in Kairo. Den Zusammenhang mit seiner Mutter
sprache hat er nie verloren, da er in Kairo bis heute Gelegen
heit hatte, mit einigen seiner Landsleute zu verkehren. Sein
sprachliches Verständnis hat er u. a. in verblüffender Weise
bewiesen, als er uns auf den Unterschied zwischen t und t
aufmerksam machte und uns den lautphysiologischen Vorgang
1 Zum Teil schon benützt in Reiniscli: Sprachliche Stellung des Nuba.
Kordofän-Tcxte im Dialekt von Gebel Dair.
5
bei der Aussprache des schwierigen Lautes t einwandfrei er
klärte (siehe S. 19). Auch war er sich des Zusammenhanges des
Nil-Nubischen mit dem Berg-Nuba genau bewußt.
Unser Bestreben war es vor allem, von Samuel F. freie
Texte zu erhalten, daneben konnten wir uns aber bei seiner
Bildung ohne Bedenken auch Paradigmen usw. diktieren lassen,
zumal er selbst aus seiner Erlernung des Italienischen die Art
und Bedeutung der Paradigmen kannte. In der Tat haben wir,
von zwei unbedeutenden Abweichungen abgesehen, nie einen
Widerspruch zwischen seinen Paradigmen und den entsprechen
den Formen in den Texten konstatieren können.
Wir hielten es für nötig, den Texten selbst eine gram
matische Skizze vorauszuschicken, in der auch die Paradigmen
und sprachlichen Notizen ihre Stelle fanden. Wir wissen wohl,
daß diese Skizze nichts Vollständiges und Abschließendes bieten
kann, sie soll auch nur über den Bau der Sprache orientieren
und die Durcharbeitung der Texte erleichtern. Dabei war es
unser Bestreben, nur Sicheres zu bieten und Konjekturen tun
lichst fernzuhalten. Die Kordofän-Aufzeichnungen von Hun
zinger usw. sowie von P. Huber 1 wurden nicht restlos ein
gearbeitet, da es sich nur darum handelte, den einen Dialekt
Samubls darzustellen.
Die Sprache der Nilnubier: Kenzi, Mal.ias usw., wird zwar
allenthalben binzugezogen, aber nur zur Erklärung oder zur
Bestimmung von Laut- und Sprachgesetzen in Samuels Idiom,
und wir haben es uns meist versagt, sich daraus ergebende
Vermutungen über den allgemeinen Bau des Kubischen hinzu
zufügen, weil das außerhalb des Rahmens unserer Skizze liegt.
Wir schwankten zu Beginn, ob es nicht besser sei, vorerst
noch neue Texte von Samuel F. zu sammeln und dann einen
vollständigen grammatischen Abriß zu geben, doch sahen wir
bald ein, daß es besser sei, davon abzusehen, weil dadurch
die Herausgabe überhaupt vielleicht auf unbestimmte Zeit
verschoben worden wäre. Zudem soll die Arbeit anderen und
Letztere sollen an anderer Stelle gesondert besprochen werden.
6
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
uns gerade für weitere Aufnahmen eine Grundlage bieten und
Hilfe sein.
Zum Schlüsse sei den HH. Patres der österreichischen
Mission in Kairo aufrichtig gedankt, daß sie uns auf Samuel F.
aufmerksam gemacht und uns durch wiederholte persönliche
Bemühungen mit ihm in Verbindung gesetzt haben.
Auch soll es hier dankbar ausgesprochen werden, daß die
erste und nachdrücklichste Anregung zur Arbeit überhaupt
von Herrn Hofrat Reinisch ausgegangen ist, der nicht müde
wurde, uns immer wieder auf die Bedeutung des Kordofännuba
hinzuweisen und zu Aufnahmen zu ermuntern.
Wien, im Juni 1913.
H. Junker, W. Czermak.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
7
I. Teil.
Grammatische Skizze.
A. Lautlehre.
I. Konsonanten.
Konsonantenbest and:
Explosivae
stimm- stimm
los haft
Fricativae
stimm
los
stimm
haft
Liquidae
Nasales
Dentales
Praecacuminales . .
Gutturales
Gutturopalatales . .
Palatales
Labiales
Gutturolabiales. . .
t
t
k
d
d
9
d
b
s
f
y
IV
l,r
hr
n
n
n
71
n
m
711
a) Konsonantenbeschreibung.
t entspricht
1. t in KDMF. z. B.:
im Wortanfang
ti geben 1,4
töndu Kind
ta(f) kommen 1, 17 . .
tö(r) eintreten 3, 16; 18 .
tödun drei
in der Wortmitte, z. B.
sirto Eisen, Geld 5, 21
orti Hammel
2. d in KDMF. z. B.:
tisu fünf . . . . .
= tir geben
= töd Sohn
= ta(r) kommen
= tö(r) eintreten
= tosk(um) drei
= sarti Eisen
= urti Kleinvieh
= dig(um) fünf
2
8
III. Abhandlung: Junker-Cze rmak.
Anmerkung. Am Ende der Worte war es einigemal zweifelhaft,
ob der stimmlose oder stimmhafte Konsonant gesprochen wurde, darum er
scheinen dort im Diktat wechselnd d und t, z. B. lcual&t und Icual&d sieben
= kolod(um); ngut und ogud Ziege = eged usw. Dieselbe Erscheinung tritt
uns in den Aufnahmen von Hunzinger, Rüppel usw. entgegen, wo z. B.
einem koldde bei Heß und folladu bei Reinisch ein Icolatt bei Hunzinger,
fdlat bei Riippell und falat bei Russegger gegenübersteht. In einem
einzigen Fall sprach Samudl F. t wie I: tiun er gab 3, 12.
3. s und s in KDMF. z. B.:
dütu Horn 2, 6 (= Rei. nuttu) . . = nisi Horn
otto, utu (Hess) Wasser . . . . = essi Wasser
3 d steht im KDMF. gegenüber:
1. d, z. B.:
id Mann 5, 3 = id Mann
pl. indi 1, 22 — idl
tSndü Sohn = töd
edu acht = idu
2. n, z. B.:
diiti Horn 2, 6 (Rei. nuttu) pl. nonu — nisi Horn
dodi lang 4, 23 = nosso (.d = s. s. § 10)
3. s, z. B.:
kid Kälte 3, 2 = kis Winter
4. Einem kudu Berg 4, 2 entspricht ein kulu im KD. Der
Plural lautet kuli 4, 23 (vgl. edu-eli).
Anmerkung. Der Wechsel n-d und l-d ist wohl nur ein scheinbarer,
denn es handelt sich in diesen Fällen vielleicht um die Differenzierung eines
Doppellautes nd und Id. Dieser Doppellaut ist einigemal sicher nachzu
weisen. 1 Z. B.:
a) Esel heißt bei Sam. F. onnu, im K. hdnu. Rü. hat odu. Die Form
mit nd erscheint in onduäkod' Maulesel und bei Mu. und Rü. als ondo, undu.
Sohn heißt KFM. töd, ist er der Sohn in 4, 9 {oadwe, Söhne toni,
tuhi in KDMF. Die Urform gibt töndü pl. tindi bei Sam. F. (vgl. bei Rei.
die Variante tendi für tod im D). Ebenso sind wohl zu erklären:
dod'i lang = nosso
dugud (Mu.) Sklave = riugud im K.
dia (Mu.) trinken = ni trinken K.
id Mann bei Sam. F. und KDMF., dagegen Mu. indo Mensch und
in unseren Texten indi Leute.
1 Wie Sam. F. nd als einen Laut faßt, zeigt sich darin, daß er yandd
,ich bin* spricht, es aber yade schreibt.
8
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
9
Vgl. auch die verschiedenen Formen für Stern: Ru. odo, Rü. oiidu,
Mu. orndu = M. tvingi, K. wissi-, mittelnuhisch wird.
b) Berg gibt Sam. F. stets mit lcudu wieder wie M., in Iv. heißt er
leulu entsprechend dem Plural lculi bei Sam. F.; Heß gibt die Urform kuldu,
ebenso Mu. lcoldi gegen Ru. lcudu, Rü. kudon. 1 — Frau heißt im Singular
6du, im Plural eli. Mu. gibt ildu, aus dem 6{l)du und el(d)i sich differen
zierten, wohl unter dem Einfluß des Vokalismus und der Betonung. 2
t. Daß t sowie das folgende d von t und d zu unter
scheiden sind, unterliegt keinem Zweifel. Der Unterschied war
deutlich wahrnehmbar; wir wurden von Samuel F. eigens darauf
aufmerksam gemacht, und zwar beschrieb er in überraschend
klarer Form die Entstehung des Lautes: ,Man biege die
Zungenspitze leicht um, lege sie an das vordere Gaumenende
und schnelle sie nach vorne. Dabei ist die Hauptanstrengung
im Halse 1 . — Es geht daraus hervor, daß t und d emphatische,
präkakuminale Laute sind, die man aber mit dem arabischen
b, Jo nicht verwechseln darf, t entspricht im IvDMF.
1. t, z. B.:
to 3. p. sg. pron. pers.
ti 3. p. pl. pron. pers.
tul alles 5, 12; 4, 36
2. d, z. B.:
ti sterben 4, 35 . .
= ter
— tir
= tun M. ganz, alles
di sterben
te grün 4, 44 = dessi grün
d entspricht vielleicht einem z im F. de wie? was? Fragewort 5
5, 18; 19; 20 = zi Fragewort im F. (?).
k entspricht im KDMF.: 6
1. einem Je, z. B.:
kod Pferd = kag Pferd
kpiiu vier = hems(u) vier
kol Zimmer 3, 4 = Jcä Haus (?)
kudü Berg = kulu, leid
kid Kälte = kis Winter
kud öffnen 3, 17; 24 = kus öffnen
1 Vgl. auch bei Leps. die Bergnamen: Kuldügr (= Kuldu — nur großer
Berg'?), Ktilddge gegen Knlfdn (Kolofän).
2 Über den vermutlichen Ursprung des -du siehe unten § 55 ff.
■
10
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
2. einem g, z. B.:
ken gut 1,15 = gen gut
kele rot = gele rot
äku sitzen = äg sitzen
kül Stier = gur, gor Rind
7 g entspricht im KDMF.:
1. einem g, z. B.:
ogut die Ziege = eged Ziege
gi Objektssuffix = gi, ga ebenso •
2. einem Je? dug schlagen entspricht entweder tukk schlagen
oder tog schlagen.
8 ku nur in der Verbindung kria und Jena: Jeu entspricht in der
Aussprache genau dem kuscliitischen ku und dem italie
nischen qu.
kua 1 entspricht im KDMF.:
1. einem ko, z. B.:
kualdd sieben . . . . = kölod sieben
kuä der Löwe 4, 44 . . = kö Löwe
kual haben = kö haben, FM. kun
2. einem ku, z. B.:
kuade Fleisch assim. gnade 1, 4 ff. = kussu Fleisch,
3. einem go, z. B.:
Jcudr.su sechs = gor g (um) sechs
9 f, (ß)\ in den von uns aufgenommenen Fällen hörten wir
fast stets ein palatalisiertes t, nicht ein palatalisiertes Je, so daß
die in KDMF. übliche Transkription Je, die auch für ursprüng
liches f verwendet wird, nicht angebracht war.
{ kommt in unseren Aufzeichnungen nur als sekundärer
Laut vor, und zwar entstanden aus der Verbindung
1. p + s, z. B.:
ä-tüt'are = d-tng-iare ich werde dich loslassen 3, 39.
2. «-(-») z- B.:
ä-tintere — ä-ti-n-sere ich werde dir nicht geben 1, 11; viel
leicht auch tvefere aus wen(T)-sere ich werde sagen vgl.
§ 25, 1 u. 1\
1 Über y,a siehe auch unten § 29.
3
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
11
3. r-Es handelt sich um Fälle, in denen KDMF. ein
auslautendes r haben, das wir wohl auch für die Urform
postulieren müssen, das aber im Nuba verschliffen oder
verschwunden ist, z. B.:
atwaboh . . . . = ai swaböh du warst
afeobdn = ä(i) seoboii wir waren
wifeebüh . — ü Seebüii ihr wäret
afeSsrö . ... = ä(i) sgigrö wir werden gehen.
Dem stehen aber Formen wie ü sesaün ihr werdet
gehen, ai susoroii du wirst gehen usw. gegenüber. Man
ersieht daraus, daß die Assimilation nicht notwendig ist:
eine bestimmte Regel für ihre Anwendung konnten wir
nicht entdecken. Bemerkt sei noch, daß sich e, to und
ti nie mit folgendem § assimiliert findet.
d entspricht im KDMF.:
1. y (d), z. B.:
kod Pferd = kag Pferd
kederaun sie teilten sich 1,34 . . = kory teilen
2. s, z. B.:
de wohin = säi wohin
kuade Fleisch = kussu Fleisch
kud öffnen 3, 24 = kas öffnen
dodi lang
= nosso lang 1
10
vergleiche auch Assimilation unten § 26 ff.
3. n, z. B.: der schlafen 3, 19; 3. = nur schlafen. Vgl. Mu.
gil Zahn = K. nel Zahn; — djaldo, Ru. sado, Zunge =
ned. Für die Urform ist vielleicht n anzusetzen.
b entspricht im KDMF.:
1. b, z. B.: bal-su hinausgehen 3, 24 = bei hinausgehen.
2. w, z. B.:
ber eins 1, 2 ff = wer eins.
vgl. birgeti Wurm (Rei.) . . . = ivirki Wurm.
11
1 Vgl. Mu. irdjo = Rii. irscliu Wind — Mu. djaldo — Rü. sado = Ru.
gliiado Zunge. Zu bemerken ist auch, daß z. B. im Kenüz g (d') sehr
oft wie z ausgesprochen wird.
i
12
III. Abhandlung;: Junker-Czermak.
12 £ entspricht im KDMF.:
1. einem g (d), z. B.:
su gehen 1, 33 usw == gü gehen
&in Jahr 3, 1 — gen Jahr(?)
tisu fünf — dig(um) fünf
kuarSu sechs = gorg(um) sechs
sar Sache 4, 36 usw = geli Sache
2. s: Hrto Erz, Geld 5, 21, 22, 23 = sarti Erz
3. d: o&i Hand 3, 28 = eddi Hand in M. F., vgl. aber ossi
Fuß in K.
Anmerkung. Für die Aussprache des s bei Sam. F. ist zu be
merken, daß es zwischen dem dentalen s und dem palatalen 3 stellt und
mit dem polnischen 3 große Ähnlichkeit hat. Da Sam. F., unser einziger
Gewährsmann, im Arabischen zwischen s und s nicht unterschied, sondern
beides mit seinem 3 wiedergab, ist die Möglichkeit offen, daß seine Aus
sprache des 3 auf die individuelle Beschaffenheit seiner Sprachwerkzeuge
zurückzuführen ist, wahrscheinlicher aber ist, daß wir es mit einem dem
Nuba eigentümlichen Laut zu tun haben.
13 f ist nur ein einziges Mal und zwar in dem Worte Kulfän =
Kordofän belegt: 4, 3, 4, 5, 6.
14 y belegt in yere ich weiß, yerd weißt du? usw. 5, 9ff. =
K. iyir wissen
yände ich (bins) = e + nde, abgekürzt inde,
ycimunde ich bins nicht 5, 34
yamundum ihr seid es nicht 5, 32.
15 w entspricht in KDMF. ein w z. B. ioe(n) sagen 1, 8 usw. = w<t
sagen, war wollen 1, 15 usw. = weris wollen; vgl. auch
weh rechts 2, 7 mit iyon M. und in K. rechts.
16 l entspricht in KDMF.
1. I, z. B.:
bal(-Su) hinausgehen 3, 24. . = bei hinausgehen
iiel sehen 2, 2 usw = nal sehen
liualdd sieben = kdlod sieben.
2. r, z. B.: kül Stier 1, 2 usw. = gur Rind.
3. n im M. kual haben 1, 19 usw. = kun haben; K. ko.
4. einem kol Zimmer 3, 4 usw. steht vielleicht in K. ein
lca Haus gegenüber? kaal Tür 3, 5 usw. ist vielleicht mit
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
13
gal öffnen MF. zusammenzustellen ?; käla Kamel ist im
KM. kam; sal Haus, Dorf ist vielleicht esei (d. i. I = i).
r entspricht in KDMF.
1. r, z. B. als Inlaut:
orti Hammel .
sirto Erz 5, 21
ari weiß
uri schwarz .
eri nein 3, 36 .
= urti Kleinvieh
= sarti Erz
aro weiß
= urum schwarz
= wdra nein M.
17
als Auslaut:
her eins 1, 2 usw == wer eins
ur Kopf 1, 7 = ur Kopf
der schlafen 3, 3 — ner schlafen
or Name 4, 2 = eri Name.
Als Anlaut ist r nicht zu belegen, ebensowenig wie in
ursprünglichen nubischen Wörtern in KDMF.
2. I: Sar die Sache 4, 36 = geli Sache.
3. Ausgefallen oder verschliffen ist r in den pr'on. pers. ai, tö,
a, ü, tl s. § 35, ebenso in ti geben = tir. 1
n entspricht einem n im KDMF. z. B: pg
n Genitivpartikel = n dasselbe
önnu Esel = kann Esel
ken gut 1, 15 . = gen 2 gut
n, l, r, bezeichnen eine eigenartig rollende Aussprache von l n pg
r, deren Artikulationsstelle der von t und d entspricht.
Sie stellen meist keinen einfachen Laut dar und werden
dann bei langsamer Aussprache in Id und nd zerlegt;
außerdem können sie im selben Wort untereinander
wechseln, so notierten wir sicher ein kuane ich habe
1, 13 neben Jcuaröh du hast 1, 12 und kiiarüh ihr habt
daneben aber auch kualde ich habe, lmaläö wir haben,
kualduh er hat. Vgl. KolfAn = Kordofän.
1 ora zwei lautet KDM. öwi, üwo.
2 Dem encL'iri ,viele 4 steht vielleicht digri im K. gegenüber, dabei müßte
dem n ein d entsprechen, wie umgekehrt oft einem Nu. d ein n im
KDMF. entspricht (s. oben § 3); auch hier wäre wohl eine Urform nd
zu postulieren.
14
III. Abhandlung;: Junker-Czermak.
belunin sind schlecht neben beläunin 4, 13; 17 vgl.
• * '70
auch äl-koli neben äl-kondi nach vorn 2, 7.; ändi du
neben ali (Paradigma), tühorur in seinem Zimmer 3, 3
neben tQholur und tünondur = tü-n-kol-du-r? siehe § 56—57;
ebenso tünarur neben tünandur in seinem Haus 3, 4 usw.
= to-n-ialdu-r? s. § 56—57 und § 116 Anm.
Außerdem hörten wir die kontrahierte Aussprache von
nd auch in decti wohin = de-ndi 2, 11, Hindi diese 2, 11; 12.
20 n entspricht im KDMF. einem n
im Anlaut z. B.: fiel sehen 2, 2 usw. — nal sehen, mittel-
nubisch rA.Y = hal] nädu aus nag-su gehen 2, 1,
= nog-gü; no dieser 2, 6 = in dieser;
im Auslaut: sin das Jahr 3, 1 usw. = gen, gern Jahr?.
h im Auslaut der Konjugation s. § 75 ff. — m, n.
Dem ahi nehmen 1, 17 usw. entspricht in, in, iiigi nehmen.
21 n keim vier ist aus ken-du(su) entstanden = kems(u) vier, hin
übrigeblieben 1, 7 entspricht MF. vielleicht kid, vgl. § 25.
22 n 1 stellt eine Kombination von h und n dar, also ein palata-
lisiertes gutturales n. Beispiele: nindi diese Plural v.
«o; fiel, ''-fiel links 2, 8.
23 m entspricht m des KDMF. in der Negation, siehe § 87; in
käme Speise 3, 32 steht ihm vielleicht M. kaba Speise
gegenüber; K. hat kale. Über m = b -j- n siehe § 82.
24 m ein dem ii entsprechendes m hörten wir einigemal bei der
Yerhalendung äum, z. B.: buradnäum war gekrümmt 2, 7; 8.
b) Assimilation.
Die Assimilation ist im Kordofännuba eine weitverbreitete
Erscheinung und verändert die zusammentretenden Wörter oft
so, daß ihre ursprüngliche Gestalt kaum mehr erkenntlich ist.
Es kann sich verschmelzen:
25 1. n + t zu
a) nd, z. B. Dwendiun — üwen-ti-uh ,er sagte ihm 1 (we-
tir-sum).
h) ii, z. B. Qweiiun — owen-ti-uh dass. 3, 8 usw.
l a . n -{- d ist in fini [Yar. tlndi] zu h geworden.
1 Nicht mit dem n zu verwechseln, mij dem in anderen Werken unser n
geschrieben wird.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
15
2. n-\-k zu:
a) hg, 1 z. B. ähguli = ä-n-kuli unsere Berge 2, 4 usw.
Uhgudür = ü-n-kudur euer Häuptling 4, 7.
b) h, z. B. tünolur = to-n-kol-du-r ? in seinem Zimmer 3, 3
usw. — kolnäl = kol-n-käl Zimmertür 3, 5.
3. « + s zu:
a) nt, z. B. ä-ti-nt'ere = ä-ti-n-Sere ich werde dir nicht
geben 1, 11; vgl. wet'ere ich werde sagen — ive(n?)-tere.
b) h, z. B. Qndrgi = Q-n-sar-gi meine Sache 1, 25; toüa-
rur — tO-n-Sal-du-r ? in seinem Hause 3, 4.
4. ?n m zu m z. B. amüh = ah?-mun er sagte 1, 9.
5. n-\-d zu n z. B. kßhu = ken-du = kems(u) vier.
6. d+n zu nn z. B. bonnuh neben bodmin er schlug 1, 30 ; 28. 26
7. d-\~n zu n z. B. kuhuh — kud-nuh er öffnete 3, 17.
8. d-\-k zu d z. B. tßduh = tod-kum — tosk(uvi) drei.
9. g-\-n zu n z. B. ätonde — ä-tog-nde nachdem (ich) dich 27
freigelassen habe 3, 39.
10. g m zu mm z. B. dhmmuh = düg-muh er schlug 3, 30.
11. g-\-6 zu:
a) f, z. B. ä-tü(are — ä-tüg-sare ich werde dich loslassen
3, 39.
b) d, z. B. hädure = hag-sure ich ging 2, 1 usw.
12. r-)-s? zu f z. B.: 28
atßSvrö = ä(i) sßsßrö wir werden gehen
atwaböh . . . — ai swa-böh du warst
wifeebüh. . . = wi see-büii ihr wart;
in allen diesen Fällen handelt es sich direkt nur um doch
wird das i aus r verschütten sein, wie die Parallelformen er,
ar, ur zeigen; vgl. är, äi nehmen.
13. l-\~g zu ii? tun alles (Akk.) vielleicht tul-g.
14. l-\-d, Z —(— siehe § 19.
Aus 7i + lc.ua wird ngua in külnguadc = lcul-n-knad'c Ochsenfleisch 1,4
und sonst.
16
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
2. Vokale.
In unserer Transkription bezeichnen a e i o u die un
betonten kurzen Vokale, d 6 i 6 u die betonten kurzen, ä e
l ö ü die langen unbetonten, ä B i 6 ü die langen beton
ten. Besondere Kürzen werden durch ä e usw. angegeben. Da
die einzelnen Vokale in ganz verschiedenen Aussprachen und
Klangfarben auftreten, mußten diese durch diakritische Zeichen
angedeutet werden. Es bezeichnet dabei a e i o u eine breite
offene Aussprache z. B. o wie in engl, call, fraud, e beinahe wie
ä. Längen, Kürzen und Betonung werden dabei in der oben
angegebenen Weise wiedergegeben; also o 6 s o usw. Eine
halboffene Aussprache wird durch untergesetzten Punkt ange
deutet a e usw.; so steht z. B. p zwischen o und u, e, zwischen
e und i usw.
29 1. a. Im KDMF. steht im gegenüber:
1. a, z. B.:
ta kommen 1, 17 = ta kommen
älcu sitzen 3, 18 = äg sitzen
ar, äi, nehmen 3, 13, 17 . . . . = är nehmen
ä wir . . . = ar wir
käme Speise 3, 32 = kale Speise'?
2. e, z. B.:
bal- hinausgehen 3, 24 = bei hinausgehen
war wollen 1, 15 = iveris wollen
ai du = er du
sar Sache 4, 36 = geli Sache
3. dem ua entspricht:
a) ein u, z. B. kiiade Fleisch 1, 4 usw. = kussu Fleisch.
b) ein o, z. B.:
kudrsu sechs = gövg(um)
kualdd sieben = kölod
kuä der Löwe = ko Löwe
vgl. duarsi laufen, das bei Ru. dorci lautet.
30 2. e. Im KDMF. steht ihm gegenüber:
1. e, z. B.:
her eins = 10er eins
ken gut = gen gut
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
17
te grün
der schlafen 3, 3 ...
kehu, ktdiu vier ....
2. i, z. B.:
edu acht
3. a, z. B.:
hei sehen 2, 2 usw. .
eri nein
4. e entspricht ai in
e ich
de wohin 1, 20 usw. . .
i steht im KDMF. gegenüber
1. i, z. B.:
tl sie 3. PI
ti Rind 2, 2
Md Kälte 3, 2 ....
id Mann
tisu fünf
ti geben 1, 4 usw. . . .
gi Akkusativpartikel
i Pluralendung ....
2. a, z. B. sirtö Erz 5 ; 21
3. e, z. B. sin Jahr 3 ; 1 .
o steht im KDMF. gegenüber
1. o, z. B.:
tuduh drei
tö(r) ein treten
töndü Sohn
dodi lang
öra zwei
ko, kondi
ivüiiS weint (Hess) .
2. a, z. B.:
kod Pferd
Dna mein
önnu Esel
Sitzungsbcr. d. phil.-Uist. Kl. 174. Bd. 3. Abh.
== desse
= ner schlafen
= kems(u)
= idu(um) acht
= nal sehen
= wdra (M.) nein
= ai ich
= säi wohin
31
= tir sie
= tl Kuh
= kis Winter
== id Mann
diy(um) fünf
= tir geben
= 9h M. ga
= i dto.
= sarti Erz
= gen Jahr(?)
32
— tösk(um) drei
= tö, tör eintreten
= tod Sohn
= nosso lang
= ow(um) zwei
— kön, gön Postposition.
= oh weinen
= kag Pferd
= ana mein
= hänu Esel
2
18
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
urti Kleinvieh
kur-ked Jüngling
3. u, z. B.:
orti Hammel
koro Mann
4. e, z. B.:
or Name . = eri Name
ogut Ziege — eged Ziege
oto (Rei.) Wasser
33 u entspricht im KDMF.:
1. u, z. B.:
kudu Berg .
kud öffnen . . .
= essi, ossi Wasser
= kuhi Berg
= kus öffnen
tu l alles = tuü M. alles
su gehen = <jü gehen
-mw Verbalendung == -um dass
2. e, z. B.:
ogut Ziege = eged Ziege
3. i. So überall in der Nominalendnng -du, -do (s. Nr. 4)
§ 55, dem im KDMF. ein -ti gegenübersteht, vgl. auch
nuttu = nissi Horn, kuttu (H.) — kissi pudend. mul.
4. Im Nuba selbst wechselt u oft mit o, z. B. notierten wir
or und ur Kopf, du und dö für den Plural, älcunde und
äkonde (3, 27 zu 3, 23).
5. Aus u -\- i wird toi, z. B. Swi geh = Su-i- wi ihr tritt
in bestimmten Fällen neben ü auf: ieamun sie gingen
3, 32 steht für suamuii, sende gehend 3, 29 für sunde,
sii für sui, sioli neben Sudli.
34
B. Formenlehre.
I. Das Pronomen.
a) Pronomen personale.
1. Die gewöhnliche Form.
Singular: Plural:
1. Pers. e ä, a\
2. „ ai ü
3. „ ts, to U
Kordofäti-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
19
Dem e entspricht KDMF. ein ai, dessen Kontraktion es wohl 35
darstellt; eine Var. gibt vereinzelt i; vgl. inde § 40.
ai ist vielleicht aus einem ar = KDMF. er, ir verschliffen,
siehe auch § 17, 3.
tQ = KDMF. ter, tar, scheint das r schon so vollkommen ver
loren zu haben, daß es auch in dem Fall des § 9, 3 nicht
mehr nachzuwirken scheint.
ä ist meist von der emphatischen Form ändi § 39 verdrängt.
Es entspricht ihm im KD. ar, dagegen im FM. tt; das r
wirkt wohl noch in einigen Fällen nach; § 9, 3 u. § 28.
ü — KD. ir, MF. ur, kann in bestimmten Verbindungen zu
toi werden; z. B. wi-teebün ihr wart § 28, vgl. § 9, 3.
ti = MDMF. ter, tir, auch hier ist das r wie bei to vollkommen
verschwunden.
Der Genitiv der Pronomina lautet:
Singular: Plural:
1. Pers. ön an
2. „ an ü n
3. „ tön tln
Vgl. auch § 41 und § 61.
36
Vom Dativ und Akkusativ sind nur folgende Formen belegt: 37
ö- mir, mich, ä- dir, dich und tn-gi ihn. Bei 0- und ä- ist es .
zweifelhaft, ob die Objektsbezeichnung gi überhaupt weg
gelassen wurde, wie das auch bei Substantiven häufig
der Fall ist (§ 64), oder oh sich g den folgenden Konso
nanten assimiliert hat.
tö wird in vielen Fällen in der Art eines schwachen Demon- 38
strativs oder eines bestimmten Artikels gebraucht. In der
Erzählung werden z. B. die Personen zuerst ohne tu ein
geführt, dann aber wird im Verlaufe dieser meist to
vorgesetzt, um anzudeuten, daß es dieselben sind; wir
könnten to in diesen Fällen mit dieser, jener oder ,der
Genannte' übersetzen. Es ist für diesen Gebrauch von
Wichtigkeit, daß statt dessen daneben das Demonstra-
tivum iw, Hindi vorkommt.
z. B. 3, 3: kudur . . . dernde, ondulah to-utir süüün
... 3, 12 to kudtir ika tiiui ... 3, 20. to ondulah . . _
2*
20
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
dimiuii als ein Häuptling . . . schlief, kam ein Afrit zu
ihm . . . der (genannte) Häuptling gab (ihm) Feuer . . .
der (genannte) Afrit aber stand nicht auf . . .
Der Text hat in den parallelen Fällen nü und fiincti.
Anmerkung 1 . Zwischen Substantiv und Verbum kann to nochmals
eingeschoben werden, z. ß. 3, 19 to Scderd'fi to d'ermun der Hausherr, er
schlief. 3, 20 to öndulaii .... to dimiun der Afrit,. ... er stand nicht auf.
In I, 27 ist to zur Hervorhebung vor ai du gesetzt $o ai, ai nändd
wdra ötir O du, was willst du von mir?
to kann auch vor Zeitbestimmungen u. ä. stehen, z. B. to endel
1, 7 und 6. to tiütir zu dieser Zeit 1, 28.
39 2. Die emphatische Form.
Singular: Plural:
1. Pers. yändi ändi
2. „ ändi iindi
3. „ tondi tlndi
40 Neben yändi scheint 3, 11 ein inde gebraucht zu sein. Für
ändi hat Mu. ani, für ündi hat er uni; wir selbst notierten
tvfii neben tlndi.
Vergleiche auch die von der emphatischen Form abge
leitete Konjugation § 105 ff.
b) Pronomen possessivum.
Es gibt im Nuba zwei Arten znm Ausdruck des Possessiv
verhältnisses, entweder vez’wendet man den Genitiv des Personal
pronomens oder bildet dessen Nisbeform. Die erste ist im K.
und D. fast ausschließlich im Gebrauch, während M. und F.
beinahe durchwegs die andere verwendet.
41 1. Der Genitiv des Pronomens. Siehe § 36.
Beispiele:
tö-n-ur sein Kopf 1, 30
tl-n-guli ihre Berge 4, 20
än-guli unsere Berge 4, 36 ff.
u-h-gudur euer Häuptling 4, 7 usw.
Diese Art des Ausdruckes scheint wie im KDMF. be
sonders bei den Verwandtschaftsnamen im Gebrauch zu sein,
z. B. agah Vater, on-agdh mein 'Vater, än-agan dein Vater. —
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
21
einen Mutter, on-änin meine Mutter. — intaii Bruder, Dn-intan
mein Bruder, än-intan dein Bruder, tön-intan sein Bruder, än-in-
iah unser Bruder, tin-intan ihr Bruder. — Ebenso intah terdo
Schwester. — töndü Kind (Sohn und Tochter), ün-dudndu mein
Kind, än-duandu dein Kind, tün-duandu sein Kind. — Soll das
Geschlecht bezeichnet werden, so sagt man ondudndu hortöndü
mein Sohn, ondudndu terdo meine Tochter usw.
Bei agandoan Vetter dagegen ist schon die unter 2 be
schriebene Ausdrucksweise im Gebrauch.
2. Ebenso häufig bildet man aus dem Pronomen personale 42
die Possessiva durch Anfügung von -na na (siehe § 66), das
genau dem in derselben Weise verwandten ni im MF.
entspricht. Die Formen lauten:
Singular: Plural:
1. Pers. ö-na ä-na
2. „ ä-na ü-na
3. „ tö-na ti-na.
Beispiele: agandoan tnna-gi nnwendiun er sagte seinem
Vetter (1, 10); küVur d-nä-gi deinen Stierkopf (1,12); koliiäl
tona seine Zimmertür (3, 5).
Anmerkung. Soll das Possessivum betont werden, so setzt man
dazu das entsprechende Pronomen personale vor das Substantiv; z. B. e tcudu
öna mein Berg (4, 6); eine Variante (?) bat o kudu ona (4, 2). Ebenso to
Icid’an-n- guad'e lonä-gi ,sein Fleisch 1 (1, 6).
Als Prädikat gebraucht werden die Possessiva in der § 105 ff. be- 43
schriebenen Weise. Wir notierten die Formen:
inanin es ist der meinige = ist mein
änanin „ ., „ deinige
f.Snanin „ „ „ seinige
änanin „ „ „ unsrige
ilnanin ,, eurige
(inanin „ ,, ,, ihrige,
z. B. nö or Qnänin dies Holz gehört mir, ist mein (5, 25).
c) Das Demonstrativum.
Als einziges Demonstrativ kommt in unseren Texten nn no vor, 44
Plural nindi. Es steht wie das entsprechende in des KDMF.
stets vor dem Substantiv, z. B. nü kül dieser Stier (2, 6),
nQ id dieser Mann, nindi ti diese Rinder (2, 12), nindi
eli diese Frauen (3, ol).
22
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
45 Durch Hinzufügen von Postpositionen bildet man: nü-kd von
hier oder nach hier; z. B.: Swi iiüko geh weg von hier
(3, 39); kai fiükd taSerd? wirst du hierhin zurückkehren?
(3, 35); fiugi hier : or önagi e nitii toge ich habe mein
Holz hier gelassen (5, 26).
Uber den Gebrauch von to, dem Pron. pers., in der Art
eines Demonstrativs siehe § 38; vgl. R. § 152, A. 2.
d) Das Interrogativum.
46 1. de, dg, z. B.:
iin-gudur orgi de oni-kond wie heißt euer König? eig.:
welchen Namen hat euer König? orgi Nokoro oiii-kun er
hat den Namen Nukuru (4, 7—8). Nnkuni den toadwe
wessen Sohn ist Nukuru? (3, 9).
Die Nisbeform lautet de-nä, siehe § 66.
Als Prädikat siehe § 105, 112.
dendürndi wann ist wohl de-ndür-ndi, vgl. unde Zeit
M. (?); ndi = in, siehe § 115.
47 2. de, z. B.:
ai de Otöra wohin hast du es gegeben? (1, 20).
de Suma wohin ist es gekommen? (5, 26).
Mit Postpositionen:
a) -ndi wohin?, z. B.: dendi seama wohin sind sie ge
gangen? (2, 11).
b) -ko von wo, welchem?, z. B.: Kulfän dekö von wel
chem Kordofan (bist du) (4, 5).
Als Prädikat tinintan ddh wo ist ihr Bruder? (5, 28).
siehe ferner § 110 und 112.
48 3. naa, einmal in 4, 39 belegt, wo es parallel zu de vor
kommt: orgi näa oni kona welchen Namen hat es?.
Aus näa und der Postposition -ndi ist vielleicht
nandi (4, 13°) zusammengesetzt: nändi Nubani belduwe
warum sind die Kubaner schlecht? möglicherweise ist aber
dies nändi mit dem folgenden nände identisch.
4. nände was? Vgl. FM. na-zi. (nände = nä-n-de?) nände
todra was willst du? (1, 27). nände verd was weißt
du? (5, 11).
49
Kordofan-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
23
5. isinä wie beschaffen? Nubaniiiguli isinä itea wie be
schaffen sind die Nubaner-Berge ? (4, 21).
2. Das Nomen. 1
a) Substantiv.
1. Artikel.
Uber den Gebrauch eines bestimmten Artikels siehe § 38.
Als unbestimmter Artikel wird das Zahlwort ber ver
wendet; z. B.: dötü ber ein Horn, kül berge einen Stier (2,5).
sin berai in einem Jahre (3, 1); ul bernquii es war an einem
Tage (2, 1).
2. Genus.
Es gibt im Kordufän ebensowenig wie in KDMF. ein
grammatikalisches Geschlecht; über den Ausdruck des Ge
schlechtes durch kor -kortöndü als Maskulin und te'rdo als
Feminin siehe § 41.
3. Numerus.
1. Pluralendung -i.
a) ohne Veränderung der Nomens, z. B.:
50
51
or der Baum
kod das Pferd
kül der Stier .
ti das Kind
osi die Hand
B
b) mit Veränderung, z
tön du der Sohn .
terdo das Mädchen
edu (eig. eldu) die Frau
kudü (eig. kuldu) der Berg
dötü (eig. ndötu) das Horn
ogut die Ziege ....
vgl. kund der Fuß .
-il, z. B.:
orti der Hammel
Plural ori
„ kodi
„ kuli
„ ti
„ osi
Plural tindi
tirdi
eli
kuli
nöni
n 0f ß
„ hue
Plural ortil
52
53
1 Über eine Art Nominalendung sielie unten § 56 ff.
24
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
Vielleicht sind hierhin die Plurale auf in zu setzen, die
von M u. notiert wurden:
ob der Weg . .
gil der Zahn. .
54 3. -nil z. B.:
käla das Kamel.
önnu der Esel .
55 4. -du. Belegt in:
büdii . . . .
komdii . . . .
Plural obin
„ gil in
Plural kälanil
„ Qninil
Plural von bol wildes Tier
„ ,, kömul Schlange.
Vielleicht ist diese Endung nicht die eines eigentlichen
Plurals, sondern die einer Gattungsbezeichnung und wird somit
gebraucht, wenn nicht die Mehrzahl von Exemplaren, sondern
deren Spezies bezeichnet werden soll. Dazu stimmte gut der
Gebrauch von hodii Wild, das in 4, 39 als Plural und in der
Variante als Singular gefaßt wird. Von Bedeutung ist auch
der Gebrauch von or- und or-dü Namen, zu denen als Plural
ordandu gebraucht wird, or und ordu sind beide Singulare,
aber man gebraucht or, wenn sich ,Name‘ auf einen, ordu,
wenn es sich auf mehrere bezieht.
Die Beispiele Samuels lauten:
to or-gi di ohi-lcond welchen Namen hat er
ti or-du di oiii-konerd welchen Namen haben sie
ti ordandu di oni-konera welche Namen haben sie.
Bei bödu sagt er 4, 39 einmal bödii . . . orgi . . . kona
und or-du . . . konerd neben ordandu . . . konera.
56 Wenn aber -du ursprünglich nur Gattungsbezeichnung war,
ist es nicht ausgeschlossen, daß dies du, do dasselbe ist, das,
wie Reinisch schon vermutet hat, als eine Art Nominalendung
an die Substantiva tritt. So kommt in Text 1 neben einem
agandoan auch agandoando vor, ohne daß ein Unterschied in
der Bedeutung zu bemerken ist. So erklären sich wohl auch
die Verschiedenheiten in den Aufnahmen von Mu. Ru. usw.
Es erscheinen:
al-do Hei’z neben al
shal do Dorf „ sal
kil-do Gazelle - „ kel
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
25
tel-de das Haar neben tel
kal-to Auge „ kale
Icud-do Fuß „ kod, kund
ol-(d)u der Tag „ ul
tvudlan-do Haase „ wudlang
lddu Kälte „ leid
kol-do Brunnen „ hol
kokor-do Hahn „ kokor nsw.
Vergleiche:
swi-du Sand = K. siw
ke-to Arm = K. kew
laten-do Junge = D. butän
ken-do Nabel — K. sen
oin-du der Staub — uin, uni?
Es wäre möglich, daß die -du-Formen gesagt wurden,
wenn man sich etwa den betreffenden Namen aus dem Arabi
schen übersetzen ließ, die einfachen, wenn man auf ein einzelnes
Exemplar hinwies: aber ebenso denkbar ist, daß wir es wie bei
agandoaii mit einer Nominalendung zu tun haben, die gesetzt
und fortgelassen werden kann.
Bei einer Reihe von Substantiven dagegen ist diese No- 57
minalendung so mit dem Stamm verschmolzen, daß er ohne
dieselbe nicht mehr vorkommt. Vgl. § 4 u. Anm.
So sind wohl zu erklären:
in-do der Mann (abgek. id) .... Plural in-di
e(l)-du (Var. ildu) die Frau ... „ el-(d)i
tön-du der Knabe „ tin-di
ter-do das Mädchen „ tir-di
kii(l)-du (Vav.kuldu) der Berg . . „ kul-(d)i
on-du der Esel
sir-to das Eisen
ka(.)-to das Feld
dc>(.)-tu, nuttu Horn „ nöni
Vgl. außerdem bei Mu., Ru. nsw.:
sildü die Erde
kwin-du der Rauch
o(s?)-tu das Wasser
nun-do, gm-tü der Mond
on-du der Stern
djal-do die Zunge
hen-do die Dattelpalme
wolan-do dünn = ollid
26
III. Abhandlung;: Ju nk er- Czermak.
Anmerkung. Mit aller Reserve sei die Vermutung gegeben, daß
das -ti, das im KDMF. als eine Nominalendung auftritt, unserem -du ent
spricht. Es sind wohl zusammenzustellen :
Sir-to Eisen ....
o(s)-tu Wasser .
on-du Stern ....
dö{.)-tu Horn, Var.nut-tu
lien-do die Dattelpalme
tel, tel-de das Haar
nun-do, om-tü Mond .
bir-tü Kraft ....
Jcut-tu (Mu.) pudend. mul
shin-du Nagel (Mu.) .
ot-tu Ellenbogen (Mu.)
und Sar-ti (vgl. Sa, Ser Lanze KD.)
„ es-si
„ wis-si, wini
„ niS-Si
„ ben-ti
„ del-ti
„ unatti (doch Var. un)
„ ibir-ti
„ Jcis-si
„ sun-ti, sut-ti
„ (bud)-ur-ti
Im folgenden seien neben den genannten noch eine Anzahl der auf
-ti auslautenden Wörter im KDM. gegeben, wobei zu bemerken ist, daß sich t
nach r, l, n erhalten, sonst assimiliert hat.
tiv-ti Herr, gor-ti Schech, sogor-ti Geist, newSr-ti Geist, ar-ti Gott (zu eb-to
zu stellen?), Jcur-ti Ellenbogen, Singir-ti Haar, er-ti Brust, budur-ti
Glied, et-ti Galle, fer-ti Eingeweide, kid-ti Fliege, obur-ti Asche‘ der-ti
Fasten, ar-ti Insel, un-ti Traum, ber-ti Ziege, sil-ti Häcksel, wit-ti
Dummkopf, nör-ti Mehl, iskar-ti Gast (neben iskari) usw.
Da diese Substantiva allen möglichen Bedeutungsklassen entnommen
sind, ist es wohl weniger wahrscheinlich, daß wir es mit einem bestimmten
Bildungselement als vielmehr mit einer richtigen Nominalendung zu tun
haben. Auch in den nominalbildenden at-ti, kat-ti und in dem it-ti der Or
dinalzahlen geht ti vielleicht auf dieses du = ti zurück.
5. andu
or } ordu der Name Plural ordandü
siehe auch unter 6. ur-andu, torg-andü.
6. Mehrfache Pluralbezeichnungen 1 ; 3 ; 4 bei demselben Nomen
sind in verschiedenen Fällen belegt; ein Unterschied in
der Bedeutung existiert nach Sam. F. ? doch ist uns dieser
bisher nicht klar geworden.
Beispiele:
tdrga kleiner Fluß Plural torganil ; torgandu.
ur der Kopf „ urz,uril, urandu (orando)
7. Als Plural von Adjektiven ist nur belegt:
nur groß Plural hiiar.
Ein Plural ist vielleicht auch endiri ; viele‘.
Kordofäti-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
27
4. Kasus.
a) Genetiv.
a) So wie im KDMF. wird das Genetivverhältnis durch n 61
ausgedrückt, das an das Nomen rectum tritt. Z. B.:
Barabra-n- agah der Vater der Berberiner (1, 36)
liül-h-guade Ochsenfleisch (1, 4; 16)
a-n-guli-m-büdü das Wild unserer Berge (4, 41).
Vgl. auch den Genetiv des Pron. pers. §§ 36 und 41. 62
ß) Das genetivische n fällt fast ebenso häufig weg. Z. B.:
Nubani agdii der Vater der Nuba (1, 35)
lud ur der Stierkopf (1, 12)
aiigull bül das Wild unserer Berge (4, 43).
b) Dativ-Akkusativ.
a) Die Endung des Kasus obliquus ist wie im KD. gi\ 63
einigemal hörten wir statt dessen ge.
Beispiele:
ti-gi heleali als (ich) die Rinder sah (2, 9)
ür-gi QtSn gib mir den Kopf (1, 9)
ika-g’ äri nimm Feuer (3, 17).
ß) Auch hier fällt die Kasusbezeichnung sehr häufig fort. 64
Beispiele:
e ti helebe ich sah Rinder (2, 2)
bonnuii tnn-ur er schlug seinen Kopf (1, 30)
ika tiun er gab Feuer (3, 12).
Für den Kasus obliquus der Pron. pers. siehe § 37. Bei
mehreren Objekten wird -gi nur dem letzten angehängt.
b) Das Adjektivum.
1. Das eigentliche Adjektiv. 65
Beispiele:
seril klein, (serd), beldu schlecht, nur groß, watündu
klein, ken gut, wiih rechts, hei links, dodi lang, ari weiß,
uri ,schwarz', te ,grün‘ (tedje), kele ,i - ot'.
28
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
In der Flexion werden die Adjektiva wie die Substantiva
behandelt. Pluralbildung siehe § 60.
Das Adjektiv folgt stets dem zugehörigen Substantiv, z. B.:
osi-nel die linke Hand, Kulfahu/r das große Kordofän.
Nur tul alle kann vorangehen: tül §ar yere ich weiß alle
Dinge (5, 12).
66 2. Abgeleitete Adjektiva.
Es kann von jedem Substantiv durch Anfügen eines nä,
naä, das die Zugehörigkeit bezeichnet, ein Adjektiv, die soge
nannte Nisbe, gebildet werden. Besonders häufig ist diese Bildung
bei dem Pronomen personale im Gebrauch, wo sie die Bolle des
Possessivs hat. Beispiele der Ableitung von Nominibus sind:
bodü un-guli-naä das zu euern Bergen gehörige Wild
(4, 40; 42); es wechselt diese Ausdrucksweise mit anguU-m-
bödii das Wild unserer Berge (4, 41), ebenso wie man ur
ona-gi meinen Kopf neben to-n-ur sein Kopf gebraucht.
Als Prädikat gebraucht:
hü id äh-guli-naä-nin dieser Mann ist einer von unseren Bergen
(5.3) , vgl. ho kudil Qnaniii dieser Berg ist der meinige (5,1).
ti ... äh-guli-naä-naum Rinder . . . sie waren von unseren
Bergen (2, 3—4).
67 Neben nä scheint ein ni im Gebrauch zu sein; als Variante
zu dem oben erwähnten Satz gibt Samuel F.:
hö id ah-gull-ni-ndih dieser Mann ist einer aus unseren Bergen
(5.4) .
hindi indi anguli-m-nih (Var. -ndih) diese Männer sind aus
unseren Bergen (5, 5;* 6), vgl. Konjugation § 109 ff.
Anmerkung-. Dahin gehören wohl auch die Ableitungen von den
Ländernamen: Nubä-ni der Nubaner, Kul/än-ni der Kordofänmann, z. B.:
Nubä-ni betdu-we sind die Kubaner schlecht? (4, 13“), daneben sagt man Nu-
bä-ni indi Nubaner-Leute.
Als Prädikat verwendet:
5 Kolfän-ni-nde Ja, ich bin ein Kordofän-Mann (4, 4).
. . . kuh öna Nuba-ni-nhi . . . meine Berge sind die von Nuba‘ (4, 1).
3. Adverbia.
gg Das Adverb wird von den Adjektiven durch die Post
position ko gebildet: Nubani ebeto keh-ko yeh die Nubaner
kennen Gott gut (4, 16).
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
29
4. Komparativ. 69
Ein Komparativ liegt vielleicht 1, 81 vor: to-n agandoando
birtii nur-lco komuii sein Vetter aber hatte größere Kraft.
Die Postposition ko könnte etwa eine ähnliche Funktion wie
-kel haben, das MD. hauptsächlich Superlative bildet. 1
c) Numerale.
70
1 her
2 öra
3 töduii
4 keim
5 tUUj disu
6 kuärsu (ker'su)
7 kualdd, kualdt
8 edu
9 u wid, u wit
10 büre
11 bürebereh
12 büreoraii
13 büretöduii
14 burekinu
15 büretiseii
16 bürekuar&uii {-kuarsu)
17 bürekualat {-ltualdd)
18 büreedeh
19 bürewideh
20 tarbu (tärbuh)
21 tarbubereh
30 il töduii
40 il kiiiu
50 il tisu
100 il tarbutiseh {-in)
200 il tarbu ora {il tarböran)
300 il tarbu töduii
Die Variante kersu für kudrsu wurde nur einmal gehört
und bei späteren Diktaten nicht mehr. Bei “wid gab Samuel F.
an, daß es ähnlich dem französischen liuit ausgesprochen werde.
Stellung des Zahlwortes:
Das Zahlwort steht wie im KDMF. hinter dem Substan
tiv, z. B.:
koro ora zwei junge Männer (1, 1)
sin berai in einem Jahre (3, 1)
Anmerkung, ul berneuii heißt ,eines Tages* (2,1, verbal gefaßt?).
tl ber-neun kid'an-g urm-uii ber-neun Jcül-gi urm-un einer von ihnen schlach
tete ein Schwein, der andere schlachtete einen Stier (1, 2—3).
-ordandu . . . berberan wenih nenne die Namen . . . einen nach dem andern
(? 4, 42).
Hälfte heißt tümat (vgl.-K. tom?), das vor dem Substantiv steht:
tümal-knl der halbe Stier (1, 5), tümat-Md'an das halbe Schwein (1, 6).
Almkvist, Nubische Studien, § 14.
30
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
3. Das Verbum.
a) Das gewöhnliche Verbum.
72 1. Zusammensetzung der Verba.
Wie in den bekannten nubischen Dialekten können auch
im Kuba mehrere Verbalwurzeln zusammengefügt werden und
geben dann ein Verbum, dessen Bedeutung aus der der einzel
nen Wurzeln resultiert.
So sind belegt:
näg-su — nädu einhergehen duarsi-Su weglaufen
bal-su hinausgehen bod-dug schlagen
kai-ta zurückkehren si-iiel gehen und sehen
Anmerkung 1 . Hierhin ist auch wen-di zu rechnen, das aus we(n)-ti
entstanden ist und wie we-tir im K. usw. jemandem etwas sagen bedeutet.
Auch in ofiiko, das in orgi ohiko Namen besitzen, heißen bedeutet, werden
wir vielleicht oni-ko trennen können.
Auch Ji(n)-we[n) für das einfache we(n) wird so zu erklären sein, sowie
Qrtor-a 1, 20; oder sollte es sich um eine Erweiterung des Verbalstammes
handeln ?
73 2. Erweiterung des Verbalstammes.
Gegenüber den verschiedenen Arten der Stammerweite
rung, wie sie in KDMF. im Gebrauch sind, ist bis jetzt im
Nuba nur eine nachzuweisen, bei der an den Stamm -ol oder
-al tritt und die wohl dem -os der übrigen Dialekte am
nächsten steht.
Samuel F. erklärte, daß ein i tie-be ich starb [to tiuh
er starb] bedeute, während er e tiöle (ti-ol-e) mit ich starb
vollkommen, , etwa ich bin mausetot übersetzte.
In den Texten erscheint die ursprünglich verstärkende
Bedeutung bereits abgeschwächt, ähnlich der Verwendung der
-os-Form im KDMF. Die Konjugation ist genau die des ein
fachen Verbums.
Belegt sind:
Su-ol von iu gehen.
3, 14: to su-ol-i kai-ta-un er ging und kehrte zurück.
3, 22: su-ol-i . . . hel-uh als' er fortging, sah er.
74
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
31
nele-al von nel sehen.
2, 9: tigi nele-al-i . . . kai-ta-r-e als ich die Kühe sah,
kehrte ich um.
Vgl. 3, 18 und 20.
take-al von take eintreten.
2, 13: take-al-de . . . kai-ta-r-e als sie eingetreten waren,
kehrte ich um.
3. Die Tempusexponenten.
Als solche erscheinen in den Texten zwei, die zwischen
Stamm und Endung treten und mit letzterer sich oft stark
assimilieren.
a) Die -5-Form dient zum Ausdruck der Vergangenheit:
iiele-b-e ich sah, siehe § 81 ff.;
b) die -ser-Form bezeichnet das Futur: nel-ier-e ich werde
sehen, siehe § 84 ff.
a) Die Konjugation.
Die Endungen der Personen lauten:
Singular: Pb
1. Pers. e —
—6, 6 (ori)
Plural:
75
un
■Oll
ün
ailn
I. Positiv.
1. Konjugation ohne Tempusexponent.
76
Paradigmen:
a) Singular:
Plural:
1. Pers. e nel-e ich sehe (sah)
2. „ a{i) iiel-ön du siehst
3. „ tö nel-ün er sieht
ä iiel-6 wir sehen
ü nel-uuii ihr seht
ti nel-aün sie sehen
b) Sing. 1. Pers. yandi bod-e ich schlug (schlage)
2. „ andi bod-öii du schlugst
3. „ tündi lon-nön er schlug
Plur. 1. Pers. ändi bod-6 wir schlugen
2. „ undi bod-üh ihr schlugt
3. ,, tmi bod-aun sie schlugen
32
III. Abhandlung-: Junker-Czermak.
77 Die erste Person schiebt in einigen Verben zwischen Stamm
und Endung ein r ein, das vielleicht euphonisch ist (oder
Rest einer Form -re — ri KD.?): e kai-tare ich kehrte
um (2, 10; 13; 5; 14) neben to kai-ta-ün er kehrte um
(3, 14) — e . . . hädu-re ich ging (2, 1) von häg-su =
nädu. Vielleicht gehört hierher auch örgi — onikonde ich
heiße (5, 17) zu . . . kond heißt er? (5, 18). -de wäre dann
nach n aus -re entstanden wie im K. usw.
Von sark* ? fürchten lautet die 2. Pers. Sing, ai sarkoroh.
Das r ist euphonisch oder stammhaft.
78 In der dritten Person Sing, kommen folgende verkürzte For
men vor: to tan er kommt; -kun hat.
In Sarkum er fürchtet [vgl. buradndum war gekrümmt § 110]
hörten wir m statt n.
Die Formen bodnun (1, 28; 3, 5), bonnun (1, 30) er schlug
von bod schlagen, kuhuh (3, 17) er öffnete von kud öffnen
setzen entweder eine Endung -nun voraus (vgl. § 110) oder
sind Formen der 6-Koujugation, in denen m zu n geworden ist.
79 Die dritte Person Plural zeigt neben -auii eine verkürzte und
eine erweiterte Form. Beispiele der ersteren sind:
yeh sie wissen (4, 16) von yer wissen; San (4, 36), seit
(4, 38) sie sind.
Die erweiterten Formen takeräuh sie traten ein (2, 12)
Jcederaun sie teilten sich (1, 34), sarkeräüii sie fürchteten sich
(3,31), weisen entweder auf eine ursprüngliche Endung -(e)räuh,
hin, etwa entsprechend K. -ran, oder r ist stammhaft oder
euphonisch? (siehe 1. und 2. Pers. § 77). 1
Anwendung.
80 Diese Konjugationsform wird sowohl für die Gegenwart
als für die Vergangenheit gebraucht.
Beispiele für das Präsens:
iJca i-nde wär-e ich will Feuer (3, 11); e yer-e ich weiß (5,10;
12), siehe auch oben sah, seh sind, yeh sie wissen kuh
hat usw.
1 Die von Hess notierten Verba wnhe er weint (= oft), dite lacht, fuete
küßt, Icahe leckt (= gan), gie blickt (= guh), kie hört (= gig), tune
beschläft (= den) sind vielleicht 1. sg. oder zeigen den reinen Stamm;
sind sie wirklich 3. sg., so haben wir es mit einer dialektischen Ab
weichung zu tun.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
33
Für die Vergangenheit:
ti-un er gab (1,4,6), to iha äi-Jcö su-ün er nahm das Feuer
und ging (3, 13); ündulan äko-nde nel-üh er sah den
Afrit sitzen (3, 23) usw.
2. Die o-Form.
Paradigmen:
a) Singular:
1. Pers. e we-be ich sagte
2. „ ä wee-böii du sagtest
3. „ tu we-mün er sagte
b) Singular:
1. Pers. e swa-be ich war
2. „ a-twa-boh du warst
3. „ to Siva-un er war
81
Plural:
ä-ndi weo-bö wir sagten
ü we-mün ihr sagtet
tl ivee-mün sie sagten
Plural:
a-t'eo-bön wir waren
wi-tee-büh ihr wart
ti iea-mün sie waren
Zwischen Stamm und b wird in bestimmten Fällen ein 82
euphonischer Vokal eingeschoben; man sagt e Hebe ich gab von
ti geben, e tiebe ich starb von ti sterben, e sweebe ich ging
von su gehen usw. — Die dritte Pers. sing, hat statt des b ein m;
ist dies etwa aus b — nun — mun entstanden? s. oben § 78
und § 110. — Die 2. pl. we-mün ist wohl aus wen-bün entstanden.
— Die 3. pl. -aun könnte dann vielleicht auf einer Analogie
bildung beruhen, so daß der einfachen Form helüh-nelaün ein
sumüh-Seamüh gegenüberstünde. Vgl. auch das Futur § 85. —
Die Form des Paradigmas: sivaüü ist vielleicht der einfachen
Form zuzuweisen, sonst bildete sie eine Ausnahme, da die
übrigen Verben das m haben, wie der-mun er schlief, nele-mun
er sah, düm-mun er schlug, su-muh er ging.
Die Bedeutung der 6-Form ist die der Vergangenheit 83
und scheint, wenn wir aus unseren Texten einen Schluß ziehen
dürfen, weniger das Tempus der Geschichten als das der
direkten Aussage von der Vergangenheit zu sein; auf jeden Fall
ist zu bemerken, daß es in den erzählenden Texten I und III
vor der einfachen Form zurücktritt, während es in II und IV,
die eher erlebte Tatsachen anführen, häufiger ist, doch kommen
auch beide nebeneinander vor.
Beispiele: e ti nelebe ich sah Kühe (2, 2; 3) ai Qn(o)we-
bon du hast (soeben) gesagt (4, 17); to ondulan-gi dümmun er
Sitzungslier. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd., 3. Abh. 3
34
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
84
85
schlug den Afrit, als Variante wurde die einfache Form duguh
gegeben (3, 30); dudrsi seamun laufend gingen sie = sie liefen
fort (3, 32).
3. Die ser-Form = Futur.
Paradigmen:
a) Von hei sehen, lautet das Futur:
Sing. 1. Pers. e hel-sere ich werde sehen
2. ,, ai hel-seröh du wirst sehen
3. to nel-Haüh
Plur. 1. Pers. ändi hel-£ord
2. „ ü hel-surüii
3. „ ti hel-kaüh
b) we(n) sagen.
Sing. 1. Pers. e wetere
2. „ ai wet'erdh
3. „ tu icefaiiü
Plur. 1. Pers. änd.i wefero
2. „ ü weturüh
3. „ ti wat'aüh
c) dug schlagen.
Sing. 1. Pers. e dugusere
2. „ ändi dudordh
3. „ tündi dudadh
Plur. 1. Pers. ändi dugesoro
er wird sehen
wir werden sehen
ihr werdet sehen
sie werden sehen
ich werde sagen
du wirst sagen
er wird sagen
wir werden sagen
ihr werdet sagen
sie werden sagen
ich werde schlagen
du wirst schlagen
er wird schlagen
wir werden schlagen
ündi dugesurüh ihr werdet schlagen
tindi dugeSaoh sie werden schlagen (dugesooh)
d) su gehen.
ich gehe, ich werde gehen
du gehst
er geht
wir gehen
ihr geht
sie gehen
2.
3.
Sing. 1. Pers. e susilre
2. „ ai susoroh
3. „ tu susaüh
Plur. 1. Pers. a(i) äüsßro
2. „ u suSaiui(?)
3. ,, tl suSaüh
Die dritte Person Pluralis lautet in den beiden ersten der
Paradigmen wie die 3. Pers. Sing., vielleicht aber zeigen die
Varianten bei dug und su, daß die Endungen tatsächlich ver-
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebei Dair.
35
schieden waren und erst später angeglichen wurden. Bei ta
kommen ist täsäum als 3. PI. notiert.
Das siisaun der 2. pl. von su ist unerklärt und vielleicht
auf ein Versprechen Samuels F. zurückzuführen, da er die
Form nur bei der Bildung des Paradigmas gebrauchte.
Die Bedeutung der ier-Form ist eine futurische. 86
Beispiele: Wenn du wiederkommst, e tJca-kö wa§u-sare so
werde ich dich mit Feuer verbrennen (3, 41); — Sii nel-sare
Nuba nur-gij e ti-nendoä su-sare (§u-sere) ich werde gehen und
Großnubien sehen, wenn ich nicht sterben werde, werde ich
gehen (4, 34—35).
Samuel F. übersetzte auch einige präsentische Ausdrücke
mit der £er-Form, wie e tä-sere ich komme, ü ta-iurun ihr
kommt, e su-sere ich gehe, usw. In den Texten läßt sich
allenfalls die Stelle e ijndel ä-tüfare ähnlich auffassen und mit
,ich lasse dich jetzt los 1 (3, 39) übersetzen.
Uber das Futurum der Negation siehe § 91.
II. Die Negation des Verbum.
if I
Als Negationspartikel sind zu belegen n, m und mun; in
einigen Fällen unterscheidet sich die negative Form scheinbar
gar nicht von der positiven,
1. Negation der einfachen Form. 87
a) 1. Person singularis. Wir unterscheiden drei Formen:
a) -nde; Beispiele: war-nde ich will nicht, 1, 15: Jci-
clanguade anägi warnde so will ich auch dein Schweine
fleisch nicht, e iarhuende ich fürchte mich nicht.
Vgl. auch die Negation der Verba des § 111.
ß) -(i)ne Beispiel: swl-nee (swi-ne e ) ich ging nicht von 88
su gehen, 4, 30 und 32 e swine'e . . . Nuba-nur-gi
swlnee ich bin nicht hingegangen, . . . nach Großnuba
bin ich nicht gegangen.
v) ,ich sah nicht' gab Samuel F. mit nele wieder; er 89
selbst gab an, daß diese Form von der positiven
iielee ich sah verschieden sei und diktierte fiele
ich sah nicht, nelee ich sah. In den Texten
jedoch war ein Unterschied zwischen beiden nicht
3*
36
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
zu konstatieren; so heißt es 4, 30 eri, nelee nein
ich sah nicht und 2, 5 e kill berge nelee ich sah
einen Stier.
Da diese Erscheinung nur bei nel (und kual siehe
§ 114) zu belegen ist, wäre es nicht unmöglich, daß das n der
Negation mit dem l des Stammes verschmolzen ist. 1 Vgl. § 19.
b) 2. Pers. sing.
1, 24 Q-ti-munon du mir hast nicht gegeben; ai yernbun-
döh du weißt nicht, von ye, yer wissen.
c) 3. Pers. sing.
3, 20 to di-miun er stand nicht auf; to ye-miii er weiß
nicht, swa-min es ist nicht.
d) 1. Pers. Plur.
ai ye-mundö wir wissen nicht.
e) 3. Pers. Plur.
ti yemin sie wissen nicht. 4,15 Nubani indi ebeto yemin
die Nubanerleute kennen Grott nicht.
2. Verneinung der ser-Form. = in, n.
e ä-tl-n-fere ich werde dir nicht geben (1, 11,' 14). e
kai-ta-in-tare Var. kaitai”-Sare ich werde nicht zu-
rückkehren (3, 37).
3. Verneinung des Konditionalis. = n.
siehe § 92. Die Formen der einzelnen Personen lauten
-ne-; -no-; -na-; -ne-; -nu-; -na-,
4. Verneinung des Imperativ. = in, m-
sielie auch § 93. kai-ta-in-i komm nicht wieder. (3, 40).
5. Verneinung des Interrogativs siehe § 102.
III. Der Konditionalis.
Es sind nur Beispiele der realen Bedingung belegt. Die Form
der Bedingung ist mit Hilfe der Postposition -ndod gebildet.
1. Positiv. Einziges Beispiel lcai-ta-ron-doä e ika-kd wasu-
sare wenn du zurückkehrst, werde ich dich mit Feuer
verbrennen (3, 41).
1 Vielleicht ist nicht bedeutungslos, daß die Form a) = ncl6 bei präsen-
tischer Bedeutung steht, während ß) und y) von der Vergangenheit ge-
braucht werden; vgl. ebenso § 90c miun zu -min?
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
37
2. Negativ.
Paradigma:
Sing. 1. Pers. e ti-nendod
2. „ at-tinondod
3. „ to tinandod
Plur. 1. Pers. ai tinendod
2. „ wi tinundoa
3. ,, ti tinandod
wenn ich nicht sterbe
wenn du nicht stirbst
wenn er nicht stirbt
wenn wir nicht sterben
wenn ihr nicht sterbt
wenn sie nicht sterben
Beispiel: e ti-nendod su-Sare wenn icli nicht sterbe, werde ich
gehen (4, 35).
IV. Imperativ.
Die Endung des Imperativs ist i oder in. Daneben
kommen auch endungslose Formen vor.
1. Imperativ auf i. 93
a) positiv; Beispiele:
sivi geh von Su gehen (3, 39)
turi tritt ein von to (tor) eintreten (3, 16)
äri nimm von är, äi nehmen (3, 17)
ahiri nimm von ahi nehmen (1, 17)
togi laß los von tog loslassen.
b) negativ; Beispiele:
kaitaini komm nicht wieder (3, 40)
sarkuini fürchte nicht.
2. auf in. 94
Beispiele:
wenin sage (4, 42 zweimal)
kotanih gib mir (1, 16; 24)
3. ohne Endung ist O-ten gib mir (1, 9) = K. aigi den 95
Unregelmäßig gebildet ist isa in mdel isä nun geh! (3, 42).
Eine Imperativform der dritten Person liegt vor in: 96
to tore er soll eintreten
sarkümmi er soll sich nicht fürchten
Vielleicht ist auch to di Var. to dige ein Imperativ: er
soll (?) aufstehen vgl. ai di du sollst (?) aufstehen.
38
III. Abhandlung;: Junker-Czermak.
V. Partizip.
97 Die Endung des Partizips ist i wie im FM.
In Text I oft, aber nur bei urm schlachten als urnü der,
der geschlachtet hat, gebraucht. Beispiele:
to kfil-g 3 urm-i kül-h-giiade to tiuh der, der den Stier
geschlachtet hatte gab das Stierfleisch ... (1, 4) — er gab
es to agandoan kidan-g’ urm-i-gi seinem Vetter, der das
Schwein geschlachtet hatte (1, 5).
Uber den verbalen Gebrauch siehe § 105 ff.; vergleiche
auch die gleichlautende Form in § 98.
VI. Die sogenannten Gerundivformen.
Es handelt sich im folgenden um infinite Formen, die
einen Nebenumstand ausdrücken. Wir unterscheiden deren drei:
98 1. die f-Form.
Sie ist nur bei Gleichheit des Subjekts gebräuchlich und
da sie auch äußerlich mit dem Partizip auf i zusammenfällt
(§ 97), so liegt der Gedanke nahe, daß es sich um einen er
weiterten Gebrauch dieses Partizips handelt. Beispiele:
3, 33—34: to kudur . . . eil nele-i sarkä-nde . , . o(n)w$n-
euh als der Häuptling die Frauen sah, wie sie sich
fürchteten . . . sagte er.
3, 24—25: bal-su-uh, bal-si-i bude-ko ta-uh er ging hinaus,
und nachdem er hinausgegangen war, kam er mit
einem Stock.
3, 24: to kolhal-gi kud-i bal-ku-ün er öffnete die Tür des
Zimmers und ging hinaus.
Von der ol-, cd-Form:
2, 9—10: ti-gi nel-E-al-i, kal-kondi kai-ia-re } als ich die
Binder sah, kehrte ich um. Ebenso o, 18; 20.
3, 14: to Su-ol-i kai-ta-ün er ging und kehrte wieder.
Ebenso 3, 22; 5, 14.
99 2. Die «de-Form.
Diese Form wird gebraucht, wenn das Subjekt des Haupt
satzes von dem des Nebensatzes verschieden ist. Beispiele:
2, 2—3. e ti hele-be obür iiäde-nde belebe ich sah Rinder,
ich sah wie sie auf dem Wege dahingingen.
Kordofan-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
39
3, 3: kudür . . . der-nde, undulah tü-ütir Suü-üii. Als der
Häuptling schlief, kam der Afrit zu ihm.
3, 15: kai-ta-nde, to ön-wenpuh als er (der Afrit) zurück
kehrte, sagte er (der Häuptling) zu ihm.
3, 29—30: eli kato-n-dbur Se-nde, to kudür ... to gnduldh-
gi düm-muh als die Frauen auf dem Feldwege gingen,
schlug der Häuptling . . . den Afrit.
3, 39: e. . . ä-tnfare, ä-tonde swi nü-ko ich werde dich
loslassen und wenn ich dich losgelassen habe, geh
weg von hier.
Von der ol-, aZ-Form:
2, 12—-13 : tl kaber-ndi take-r-äuh, kaber take-al-de e kdl-ko
kaita-r-e. die Kinder betraten den Stall und als sie in
den Stall eingetreten waren, kehrte ich um und ging
zurück.
3. die feo-Form. 100
In unseren Texten ist sie nur bei Subjektsgleichheit zu
belegen; vielleicht handelt es sich bloß um eine Verknüpfung
der Verben durch die Postposition ko, die mit dem KDMF.
-kon -gon verwandt wäre. Neben ko kommt kondi vor; siehe
auch die Postposition ko-kondi in § 117. Beispiele:
3, 13: to ika äi-ko Su-üii der nahm das Feuer und ging
weg.
3, 32 käme bisi-kd dudrsi äeamuh sie warfen das Essen
hin und liefen davon.
3, 28 Qsi-r to-nä ahi-kondi bal &u-üh er nahm ihn bei
seiner Hand und ging hinaus.
4. In dem Falle des 3, 27 wird in gleicher Bedeutung der 101
bloße Stamm gebraucht, vielleicht aber auch deshalb, weil die
f-Form folgt: to kai-ta tonarur tur-i Qnduldhdlemuh äkunde er
kehrte zurück, trat in das Zimmer ein und fand den Afrit da
sitzen.
Ebenso wird in 1, 17 der reine Stamm im Nebenumstand
gebraucht: ai ta kidaii-guade a-nä-gi aniri komm du und nimm
dir dein Schweinefleisch.
40
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
VII. Die Frageform.
Die Frage wird durch Anfügung eines -d gebildet, das
meist an den Stamm, respektive an den Tempusexponenten tritt.
Belegt ist:
102 l. c li e 2. Pers. Singularis.
a) die einfache Form:
ai ... wdra willst du? von war wollen (1, 27 und 3, 10)
ai. ..yera weißt du? von yer wissen (5, 9; 11)
ai ... kond hast du? (5, 16)
ai...Qtöra hast du gegeben? (1, 20)
negativ:
ai . .. iieläd Var. nslä sahst du nicht? (4, 29). Über das
Fehlen der Negationspartikel siehe § 89.
b) die 6-Form.
tiaba hast du gegeben? (1, 24)
ai neleaba hast du gesehen? (4, 18)
hcaba bist du gegangen? (5, 15)
ai. . swabd bist du gewesen? (4, 26 und 27).
c) die ser-Form
kai-ta-ser-a wirst du wiederkommen? (3, 35).
103 2. die 3. Pers. sing.
a) einfache Form:
to ... kond hat er? (heißt er? 5, 18 und 4, 7).
b) die ö-Form.
de-suma wohin ist es gekommen? (5, 26)
104 3. die 3. Person Plural.
a) die einfache Form:
sea sind? gibt es? (4, 37)
isinä-sea wie sind (4, 21)
tl.. .konerd haben sie? (5, 19 und 20 4, 39 und 40);
b) die 6-Form.
de-ndi seama wohin sind sie gegangen (2, 11), die
Variante ist sea, das aber die einfache Form ist.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
41
b) Die abgeleitete Konjugation.
Soll ein Substantiv, Adjektiv, Pronomen usw. prädikativ 105
gebraucht werden, so wird es durch Antreten bestimmter En
dungen zu einem Verbum gemacht. Da diese Endungen von
denen des gewöhnlichen Verbums abweichen, müssen sie hier
getrennt behandelt werden. Als Parallele zur abgeleiteten Kon
jugation erscheint im KD. e, im MF. ame vgl. Rei. § 306.
Es erscheinen auf diese Art verbal gebraucht:
1. Substantiva z. B. Sohn sein.
2. Adjektiva z. B. groß sein, schlecht sein. Nisbeformen z. B.
von den Bergen sein, ein Kordofanmann sein usw.
3. Pronomina
a) absoluta: ich bin es, du bist es usw.
b) possesiva: er ist der meinige .usw.
c) interrogativa: wem gehört? wer ist?
4. Numeralia: es ist einer.
5. Partizipia: es ist der, der geschlachtet hat.
6. Adverbia: wo ist er?
7. Präpositionelle Ausdrücke: im Winter sein.
Die Endungen der Konjugation lauten gewöhnlich in Ver- 106
bindung mit dem Bildungselement nd, n:
Singular:
1. Pers. -nde
2. „ -ndöh
3. „ -nih, dih
Plural:
-ndöh
-ndüh
-ndih, nih, dih
I. Einfache Form positiv,
a) Paradigmen.
a) beläu, loMn schlecht:
Sing. 1. Pers. e hoMundö ich bin schlecht
2. „ a(i) beidundöh du bist „
3. „ to beMunih er ist „
Plur. 1. Pers. äi beiotundöh wir sind schlecht
2. „ wi beidundüh ihr seid „
3. „ ti beldunih sie sind ,,
107
42
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
108
109
110
ß) ierd, seril klein:
Sing. 1. Pers. e serdunde
2. „ ai serdondön
3. „ vacat
Plur. 1. Pers. ai serildoh
2. „ wl Serildun
3. „ ti Gerildih
b) Weitere Beispiele:
Singular:
ich bin klein
du bist „
wir sind klein
ihr seid „
sie sind _
1. Pers. 4, 4: Kulfani-nde ich bin ein Kordnfanmann
e dödi-nde ich bin lang von dodi lang
yä-nde ich bin es
2. Pers. änduii du bist es
ai urindon du bist schwarz
3. Pers. 1." 15: kendih es ist gut
4, 6: watundünin ist klein
5, 3: änguli-naä-nih er ist von unseren Bergen. Var.:
änguh-m-ndin
1, 36 urmih 1, 35 urminin er ist es, der ge
schlachtet hat.
4, 10; 12: toandonin ist der Sohn;
vgl. auch § 110 und § 43.
Plural:
l.Pers. ändö wir sind es
3. Pers. 4, 1 Nubani-nih sie sind von Nuba;
4, 14 kursani-nin sie sind Lügner
4, 22 nuar-ndih sie sind große
4, 23 dode-nih sie sind lang
5, 6 anguli-ni-nin sie sind von unseren Bergen
5, 32 tl-niii sie sind es Var. tianiii
c) Abweichend von den eben genannten Formen:
1. doh wo ist 5, 28 ti-n-intafi doii wo ist ihr Bruder?
Die Form erinnert an die 3. Pers. sing, des ge
wöhnlichen Verbums, abgekürzte Form, wie tan er
ist gekommen.
2. ä-n-guli-naä-naum, buräd-naum, agandoäanaun.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
43
Ich sah Kühe auf dem Wege gehen, änguli-nad-naum
sie waren von unseren Bergen (2, 2—4). Jener Stier
hatte große Hörner, das rechte Horn cil-konäi buräd-
ndurh war rückwärts gebogen, das linke Horn ur-
konäi\ buräd-naum war nach vorwärts gebogen (2,
6—8). Bil koro öra, tl agandoäanaun Es waren ein
mal zwei Männer, es waren Vettern (1, 1).
Es ist zu bemerken, daß es sich in allen Fällen um eine
Aussage in der Vergangenheit handelt, während alle übrigen
angeführten Formen präsentisch sind; dem ä-h-gul-l-nad-naurh
sie waren von unseren Bergen steht ein a-n-gull-ni-nih sie sind
von unseren Bergen gegenüber. Da -nauh mit der 3. Person
Plural der gewöhnlichen Form des einfachen Verbs -auh große
Ähnlichkeit hat, könnte man annehmen, daß die abgeleiteten
Verba sich in der Vergangenheit der gewöhnlichen Konjugation
folgen, deren einfache Form ja auch für das Präteritum steht.
So werden auch die Formen berneun in ti berneun es
war einer von ihnen (1, 2—3) und ul berneun es war an
einem Tage (2, 1) zu erklären sein. Es sind 3. Pers. Singular
Vergangenheit der von her abgeleiteten Konjugation auf neuii
entsprechend dem Plural auf nauiii. Bei agandoäan-naun könnte
man allenfalls auch agandoaan-aun trennen. 1
II. Einfache Form negativ.
111
Als Paradigma diene
yamunde ich bin es nicht (5, 33)
amondon du bist es nicht (5, 34)
tümin er ist es nicht
ämundön wir sind es nicht (5, 32)
yamundüm ihr seid es nicht (5, 31)
III. Die Frageform.
112
Abweichend von der gewöhnlichen Konjugation lautet die
Fragepartikel der abgeleiteten -e, nur in einem Fall -d.
1 Bet buräd-naum ist es nicht-ausgemacht, ob wir ein Adjektiv buräd oder
eine Nisbeform buräd-nä annehmen müssen; im letzteren Falle müßte
die Endung (3. sing.) un statt naun lauten; vgl. dazu § 78 und 108,
urmi-in neben urmi-nin.
44
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
Beispiele:
4, 3 ai Kulfäni-nde bist du ein Kordofanmann?
4, 9 und 11 toandue, toadue ist der Sohn (wessen)?
5, 24 denäye wem gehört?
4, 13a: betduwe sind sie schlecht?
Das einzige Beispiel für d ist:
3, 7 ai dendd ’amun wer bist du, sagte er. Var. dendd.
113 IV. Gerundivform.
Einziges Beispiel 3, 2: tob sili-ndi-nde tob kid da die
Welt im Winter war, war die Welt kalt.
114 V. Das Verbum kual.
Dies Verbum, dessen Bau uns noch unbekannt ist, hat eine
Konjugation, die der der abgeleiteten Verben ähnlich ist. Die
negative Form war von der positiven meist nicht zu unter
scheiden, wohl des Stammlauts Id wegen, siehe § 89 und § 102.
Positiv: Negativ:
e kualde ich habe V. kuane e kualdg ich habe nicht
ai kuaröh du hast V. kualdon
tQ Jeu ai dun er hat kuallih er hat nicht
kiiaidö wir haben kualdd wir haben nicht
kuariuh ihr habt kriaMun ihr habt nicht
Anmerkung. Zu der abgeleiteten Konjugation sind wohl auch die
Formen nin, din zu zählen, die Holroyd a. a. 0. als einfache Substantiva
resp. Adjektiva gibt. So heißt windin Durra; eigentlich es ist Durra von
wie, oi Durra. Sicher hat Holroyd die Frage in einer Form gestellt, daß
der Gewährsmann in einem Satz antworten konnte. Ebenso
tilgin ist Haar von td Haar
oguinin ist eine Ziege von ognt Ziege
wurrindin ist schwarz von uri schwarz
horinnin ist weiß von ori weiß
kelindin ist rot von kde rot.
I C. Postpositionen.
115 1. -ndi, rndi in, in hinein.
Beispiele:
4,25 Ai Nuba-n-gull-ndi swaböii, ai Nuba-nuri-ndi sicabd du
warst in den Nubanerbergen, warst du auch in Großnuba?
k
Kordofän-Texte iyi Dialekt von Gebel Dair.
45
2, 12 ti kaber-ndi take-r-äuh die Kühe traten in einen
Stall ein.
zeitlich: Hli-ndi- im Winter.
2. -ur, -r in, auf, hinein. 116
Beispiele:
2, 1 obur nädure ich ging auf dem Wege (ob), ebenso
2, 3; 3, 29.
3, 27 tunarur in seinem Haus = to-n-§al(d)-ur. (Mu.
shaldo Haus).
3, 16 kolur in das Zimmer (tritt ein).
3, 3 toholur in seinem Zimmer (schlief er) = to-h-kol(d)-ur.
3, 28 üsi-r hei der Hand. Var. (?) einmal Dsi-r-ko.
-ur in wird auch vorliegen in fi-n- okur neben ihnen
(1, 32) eli° nätur unter, in mitten der Frauen (3, 30).
Anmerkung. Es wäre möglich, daß die Postposition überhaupt, wie
in l)6i-r, nur -r lautete und wir in dem u den Auslaut der Nominalendung
du erkennen müßten, vgl. § 55. Darauf weisen auch die Veränderungen im
Stammauslaut bei Jcol, Sal hin, die beim Hinzutreten eines einfachen -ur
unerklärt blieben. Vgl. auch § 19.
3. ko. -kondi. 117
a) mit. tö-gi lcöl-ko bonde als er ihn mit dem Stock schlug
(1, 29), köl-ko bonnuh ton-ur er schlug mit dem Stock
auf seinen Kopf (1, 30).
bude-ko mit einem Stock (3, 25).
e ika-kö wasu-sare ich werde dich mit Feuer verbrennen
(3, 41).
b) in der Richtung nach, von her.
Beispiele:
1, 33 iide-ko sumuii er ging nach Norden.
3, 39 swi ns-kd geh von hier weg.
3, 35 kai iiO-ko ta-serd wirst du hierher zurückkehren?
4, 5 Kulfän ds-kd von welchem Kordofan?
kondi:
2, 7 äl-kondi burädndum es war nach hinten gekrümmt
(von dl = ew KM. Schwanz?)
2, 8: ur-kondi nach vorn, von ur Kopf.
c) Wohl anschließend an die unter a) genannte Verwen
dung von ko gebraucht man diese Postposition zur
Bildung von Adverbien z. B. keii-ko gut von ken gut.
46
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
4, 16 Nubam ebetg keii-ko yeii Die Nubier kennen Gott
.. s ut -
d) Uber den Gebrauch von ko, kondi bei Verben siebe
§ 100.
e) ko als Steigerungspartikel(?) beim Adjektiv siehe § 69.
118 4. -ai?
Dreimal erscheint ein ai, ei = in, an als Postposition in
der Bedeutung einer Zeitbestimmung:
3, 1 sin ber-ai in einem Jahre, in 8, 2 aufgenommen als
ün sin ber-ge und in diesem Jahre.
3, 35 ul ber-ei...ta serd wirst du eines Tages kommen?
4, 33 e ul berai . .. Hi wenn ich eines Tages gehe.
Vielleicht ist auch nusi hier 5, 26 aus iio -f- ei — in
diesem = hier entstanden parallel K. in-do 2
5. Qtir 1
a) von, von her: ai nände wdra Qtir was willst du von
mir, (1. 27) Qtir ist hier o-ütir; — ,von ihnen' übersetzte
bei der Erklärung von 1, 27 Samuel F. mit tl Qtir.
b) zu -hin: to -Qtir suim er ging zu ihm (3, 3).
c) bei zu: in dem Ausdruck to ti-Qtir zu dieser Zeit, da.
(1, 28) vgl. to-indel.
119 6. einerseits -andererseits o. ä. scheint in 2, 7—8 durch ein
jedesmal nachgesetztes ä ausgedrückt zu werden: dotu
wEn-ä . . . dütu-nel-ä das rechte Horn (war nach vorn ge
krümmt), das linke Horn (war nach hinten gekrümmt)
von weit und fiel.
D. Adverbia.
120 1- Her Zeit.
Endel jetzt
al später 5, 8: ai al Q-togi laß mich später los.
bil einst
dendurndi wann? vgl. § 46.
1 Ob = öti-r? = K. awtir in der Nähe? Es müßte daun in den Beispielen
das zu fordernde vorangehende genitivische n ausgelassen oder assimiliert
worden sein.
2 Dieselbe Postposition liegt vielleicht auch in Hrin-e am Morgen, eter-ei
am Mittag.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
47
Vgl. die Zeitbestimmungen:
Icualel Nachts, etatwe (am?) Abend
sirin-e am Morgen (3, 22) kdter (am?) Vormittag
eterii am Mittag
ul beraii eines Tages siehe § 118
to tihtir zu dieser Zeit (1, 28) 1
2. des Ortes. 121
nuEi hier siehe § 118
üü-ko nach hier, von hier siehe § 117
de, dendi wohin? siehe § 46 und 115
äl-kondi nach hinten siehe § 117
kal-ko rückwärts, zurück, Var. kal-kondi
ur-lcondi nach vorn
-okur in der Nähe, an der Seite
3. der Art und Weise 122
ondi so; wohl aus no-ndi entstanden § 44 u. 115.
kenko gut siehe § 117, c
ö ja
ivdra nein
E„ Syntaktische Bemerkungen.
I. Wortstellung. 123
Das attributive Adjektiv, das ursprüngliche wie das ab
geleitete, das Zahlwort und der unbestimmte Artikel stehen
hinter dem Substantiv. Beim Genitivverhältnis geht das Nomen
rectum dem Nomen regens voraus. Das Demonstrativ steht vor
dem Substantiv.
Das Possessivpronomen geht entweder als Genetiv des
Personalpronomens dem Substantiv voraus, oder folgt als attri
butive Nisbe nach.
2. Sätze. 124
Ein echter Nominalsatz ohne Kopula scheint 3, 2 vorzu
liegen. Sonst sind überall Verbalsätze im Gebrauch, und zwar
erscheinen als Prädikat entweder ein echtes Verbum oder ein
1 Der Akkusativ dient in 3, 2 zur Zeitbestimmung: no sin ber-ge in diesem
einem Jahre.
48
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
als Verb behandeltes Substantiv, Adjektiv, Pronomen, Adverb
oder präpositioneller Ausdruck (abgeleitete Konjugation §105 ff.).
Im Verbalsatz steht das Verbum finitum fast immer am
Schlüsse, das nähere und entferntere Objekt wechseln ihre Stel
lung untereinander. Das Subjekt leitet den Satz ein. Das pro
nominale Subjekt kann auch hinter das Objekt treten. Das
nominale Subjekt kann durch to vor dem Verbum wieder auf
genommen werden.
125 Sollen mehrere Sätze koordiniert oder subordiniert werden,
so ist zu unterscheiden, ob das Subjekt dasselbe bleibt oder
wechselt. Bei Subjektsgleichheit verwendet man für das vor
ausgehende Verbum entweder den reinen Stamm oder die so
genannten Gerundivformen -i und ko. Wechselt das Subjekt,
so steht die Gerundivform auf nde. Diese Formen vertreten
Nebensätze jeder Art.
Kordöfän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
49
II. Teil.
Texte und Übersetzung.
Text 1.
Wie sieh die Berheriner von den Kuba trennten.
(Aufgenommen Winter 1909/10 durch H. Junker.)
Als ich Samuel F. den Zweck meiner Sprachaufnahmen
auseinandersetzte und auf die Verwandtschaft des Bergnuba
mit der Sprache der Berheriner hinwies, erklärte er zu meiner
Überraschung, daß ihm der Zusammenhang der beiden Sprachen
wohl bekannt sei, und man bei seinem Volke noch wisse, daß
Kuba und Barabra einst einen Stamm gebildet hätten. Dann
erzählte er die in Text 1 wiedergegebene Geschichte von den
beiden Vettern, die er von einem alten Kubaner gehört habe,
der früher in Kairo wohnte und als Erzähler berühmt war.
Samuel F. erzählt mir die Geschichte zuerst auf arabisch,
und da das spätere nubische Diktat etwas ab weicht und vor
allem, den interessanten Schluß nicht hat, sei die erste Fassung
im folgenden wiedergegeben:
,Es waren einmal zwei Vettern. Da schlachtete der eine
einen Ochsen und der andere schlachtete ein Schwein. Da gab
der, der den Ochsen geschlachtet hatte, die Hälfte des Ochsen
fleisches seinem Vetter, und der, der das Schwein geschlachtet
hatte, gab die Hälfte des Schweinefleisches seinem Vetter, der
den Ochsen geschlachtet hatte. Da wollte der eine, der den
Ochsen geschlachtet hatte, auch den Kopf des Schweines (d. i.
dessen Hälfte) haben. Der andere aber sagte: ,Tch habe den
Schweinekopf und du hast den Ochsenkopf, jeder hat, was ihm
Sitzungsber. d. phil.-hist. KI. 171. Bd. 3. Abh. 4
50
III. Abhandlung:: Junker-Czermak.
gehört'. Der Alme der Nubier, der nämlich, der den Ochsen
geschlachtet hatte, schlug den anderen und sie prügelten sich.
Da war ein Kanal (in der Niiho) und als der Ahne der Nuba
den Ahnen der Barabra schlug, da sprang der Ahne der
Barabra Uber den Kanal und zog nordwärts. Und sie teilten
sich und mögen sich nicht mehr sehen. Und die Nubasprache
blieb dieselbe, die andere dagegen hat sich verändert 1 .
Daß als Ahne der Nuba der Vetter, der das Schwein ge
schlachtet hat, auftritt, spielt darauf an, daß die Nuba als Nicht
mohammedaner Schweinefleisch essen, das natürlich bei den
mohammedanischen Barabra verpönt ist.
Die Erzählung will nicht nur dartun, daß Kordofän die
Heimat der nubischen Stämme ist, denn von hier ziehen ja die
Barabra nordwärts, sondern auch, daß die Kordofänsprache die
ursprüngliche Form bewahrt habe. Samuel F. bezeichnet sie als
,leicht' und ,flüssig' gegenüber den anderen ,harten' nubischen
Dialekten. Auch daß bei der Prügelei der Ahne der Barabra
den kürzeren zog, ist nicht ohne Absicht erzählt. Das sich
.gegenseitig nicht sehen mögen', soll wohl besonders zum Aus
druck bringen, wie die Barabra verächtlich auf die Nuba
herabschauen, weil diese Neger sind und nur als Sklaven nach
Nubien und Ägypten kamen. Andererseits fühlen sich wohl
auch die Nuba als kräftigere Rasse den Barabra überlegen.
Im Anschluß an die Geschichte erzählte Samuel F., wie.er
selbst auch praktisch auf die Verwandtschaft der Sprachen hin
gewiesen worden sei. Als er sich einmal auf einem Schiffe
über einen ihm untergebenen Berberiner geärgert hatte, wollte
er mit ihm nicht streiten, konnte aber seinen Unmut nicht
ganz unterdrücken und machte ihm mit heimatlichen Nüba-
schimpfworten Luft. Plötzlich beschwert sich der Berberiner
und fragt ihn: ,Warum schimpfst du mich so? Ich habe dich
wohl verstanden, du hast so und so gesagt'.
In der Tat wird z. B. der ,Hundesohn' in beiden Sprachen
nicht allzu verschieden lauten; wem ivel-n-tod geläufig ist, wird
auch das bol-n-tö(n)du eines Schimpfenden zu deuten wissen.
Koi'dofan-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
51
1. Bil koro ora ti agah-doäan=
auh.
2. ti ber-ne-uh kidah-g' urm-uh
3. ber-ng-uh kül-gi urm-uh
4. to kül-g' urm-i kül-h-guade
to ti-uh agan-döah-gi.
5. tümat-kül-gi to agan-doah
kidah-g' ürm-i-gi
6. to ändel kidah-g' urm-i to
kidah-n-guade to-nä-gi to agan-
doah-gi ti-üh tumat-lddah
7. to ändel gr-ando a-lcih-auii 1
8. to kül-g' urm-i agan-doah-gi
on(o)-wen-uh:
9. ai kidan-ür-gi n-tBn! amüh}
10. to kidah-g' urm-i agan-
doah tg-na-gi on-wen-di-uh
11. e ä-ti-n-t'er-e kidan-ur o-
na-gi
12. ai kuV-ur a-nä-gi kuaröü 3
13. e kidan-ur ö-na-gi kuane 4
1. Es [waren] einmal zwei Män
ner, sie waren Vettern.
2. Einer von ihnen a schlach
tete ein Schwein und
3. einer von ihnen schlachtete
einen Stier.
4. Der, den Stier geschlachtet
hatte, gab Fleisch des Stieres
seinem Vetter,
5. nämlich die Hälfte b des
Stieres dem Vetter, der das
Schwein geschlachtet hatte.
6. Der nun das Schwein ge
schlachtet hatte, gab von seinem
Schweinefleisch seinem Vetter,
er gab seinem Vetter die Hälfte
des Schweines.
7. So blieben nun c die beiden
Köpfe übrig.
8. Der, den Stier geschlachtet
hatte, sagte seinem Vetter:
9 ,Gib mir den Schweinekopf!'
sagte er.
10. Der, das Schwein ge
schlachtet hatte, sagte seinem
Vetter:
11. ,Ich werde dir meinen
Schweinekopf nicht geben!'
12. ,Du hast deinen Stierkopf,'
13. ,und ich habe meinen ,
Schweinekopf.'
Text. 1 Da km wohl K. kid entspricht, dürfte a vielleicht ein Bil
dungselement sein, das wir freilich nicht erklären können und sonst nicht vor
kommt. 2 amun = an-m-uii § 82; vgl. anoon sagtest du 4, 17. 3 = Jcual-
nd-onl siehe § 114. 4 = kual-nd-d? § 114.
Übersetzung. a Eigentlich: von ihnen (mit Wegfall des genitivi-
schen n § 02) war es einer (§ 110), der schlachtete usw. b Die auf
fallende Stellung von tümat Hälfte, siehe § 71. c ändel mit to einge
leitet; vgl. to tistir 1, 28 und § 38.
4*
52
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
14. e ä-tl-n-ter-e
15. ken-dih, e köiian kidah-
guade a-nä-gi war-nde
16. Icül-n-guade o-nä-gi kotänin 1
17. ai ta, kidan-guade a-nä-gi
ani-ri
18. to kidaii-g’ urm-i nn-wen-
di-uh:
19. kuade a-nä-qi e kualde.
20. ai de ü-td-ra? 2
21. to ön-wen-di-un
22. lciiade a-nä-gi e ind-i ti-e-be.
23. to ün-wen-di-ün:
24. kuade o-nä-gi ind-i ti-ab-d?
ü-ti-mun-on
25. 3 ündr-gi 3 icar-e, kotaniii
26. to Dn-wen-di-uii: e anar-gi 4
kualde,
n 7
27. to ai, ai nände war-a ö-
tir?
28. to ti-ütir 5 to kul-g’urm-i
bod-nuii to kidan-g'urm-i-gi
29. to kidan-g 1 urm-iagan-doan-
do t.o-na tü-gi kßl-ko bonde, c
30. to lconan kßl-ko bon-nun
to-n-ur
14. ,Ich gebe ihn dir nicht/
15. ,Gut, so will ich auch“ dein
Schweinefleisch nicht! ‘
16. ,Gib mir mein Ochsen
fleisch [wieder]/
17. ,Komm du und nimm [dir]
dein Schweinefleisch/
18. Der, das Schwein geschlach
tet hatte, sagte zu ihm:
19. ,DeinFleisch habe ich nicht/
20., Wohin hast du es gegeben ?‘
21. Er sagte zu ihm:
22. ,Ich habe dein Fleisch den
Leuten gegeben/
23. Der sagte ihm:
24. ,Du hast mein Fleisch den
Leuten gegeben? Mir gabst du
es nicht/
25. ,Ich will meine Sachen, gib
sie mir [zurück]/
26. Er sagte ihm: ,Ich habe
deine Sachen nicht/
27. ,o du, was willst du von
mir
28. Zu dieser Zeit schlug der,
der den Stier geschlachtet hatte,
den, der das Schwein geschlach
tet hatte.
29. Der das Schwein geschlach
tet hatte, als sein Vetter ihn
mit dem Stock schlug,
30. da schlug er ebenfalls mit
dem Stock, auf dessen Kopf.
Text. 1 Imperativform, vgl. § 94. Mu. hat ein kotanin, das er einmal
mit ,bringen 1 und dann mit ,für mich 1 übersetzt, was sich aus der Bedeutung
,gib, bring mir“ erklären ließe. 2 Vgl. § 72. 3 = ö n-iar-gi § 25.
1 Ebenda. 5 Wohl von Substantiv ii und Postposition 6tir\ vgl. § 118;
zu dem vorangehenden to siehe § 38. 8 = bon-nde = bod-nde.
Übersetzung. “ lconan müßte nach 1, 30 und 4, 34 hinter Icid'an-
gyad'e stehen.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
53
31. to-n-agan-doan-do birtu
hur-ko ko-m-un
32. ti-n-ok-ur torga swa-üii
33. to kul-g"urm-i torga kill-
un ede-ko su-m-un
34. ondi 1 ti keder-auh
35. Nuba-nl-agan to kidaii-g’
urm-i-nih ■
36. Barabva-n-agan to kul-g’
urm-i-n.
31. Sein“ Vetter aber hatte
größere Kraft [als er].
32. Neben ihnen [aber] war
ein Kanal.
33. Der den Stier geschlachtet
hatte, übersprang den Kanal.
Er zog nach Norden.
34. So teilten sie sich.
35. Der Vater der Nuba ist
der, der das Schwein geschlach
tet hatte, b
36. der Vater der Barabra ist
der, der den Stier geschlachtet
hatte.' 1
Text 2.
Heimweh Samuels. 0
(Aufgenommen am 19. März 1913 von H. Junker und W. Czermak.)
1. ul ber-vg-un e ob-ur iia=
du-re 2 (swe-eb-e)
2. e ti nel-eb-e
3. ob-ur nade-nde nel-eb-e
4. än-gul-i-naä-naum
5. e kül ber : ge nel-ee
6. nö kül non-i nuar-gi ko-
m-ün 3
7. dotö weh-ä äl-kondi buräd-
näum
8. e-dütu*nel-ä ur-kondi burad-
näuih
Text. 1 § 122. 2 Wohl f,
§ 72 3 Wohl kon-m-un § 82.
Übersetzung. a Das ist der
schlachtet hatte. b Siehe Üinleiti
geht auf Samudl selbst zurück, der u
Heimweh befallen wurde, als er, sah,
Straßen von Kairo getrieben wurden.
1. Eines Tages ging ich auf
der Straße dahin.
2. Da sah ich Rinder;
3. wie sie auf der Straße gingen,
sah ich.
4. Sie waren von unseren Bergen.
5. Ich sah einen Stier.
6. Dieser Stier hatte große
Hörner.
7. Das rechte Horn nun war
nach hinten gekrümmt,
8. das linke Horn aber war
nach vorne gekrümmt.
ag-Su-re von nag und iu gehen, vgl.
4 Das e vor dütü ist unerklärt.
Vetter dessen, der den Ochsen ge-
ng zum Text. c Die Überschrift
ns erzählen wollte, wie er einmal von
wie Kinder seiner Heimat durch die
54
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
9. e Hindi ti-gi hele-al-i
10. kat-kondi kai-ta-r-e
11. Hindi tl dendi se-am-a (sea)?
12. Hindi ti lcaber-ndi 1 take-
r-äun
13. kaber take-al-de e kal-ko
kai-ta-r-e.
9. Nachdem ich dieses Vieh
gesehen hatte,
10. kehrte ich hinter ihnen um*.
11. Wohin gingen diese Rinder?
12. Diese Rinder traten in
einen Stall ein.
13. Nachdem sie in den Stall
eingetreten waren, ging ich zu
rück.
Text 3.
Rer Häuptling uml der 'Afrit.
(Aufgenommen am 19./20. März 1913 von II. Junker und W. Czermak.)
1. sin blr-ai min esiniü 2
2. ho sin ber ge tob sili-ndi-nde
(ili-ndi-nde) } tob kid.
3. kudür to-holur 3 der-nde
öndulah tü-Dtir äüü-üh
4. tü-här-ur 3 Sü-iin
5. kol-häl 3 to-nä bod-nüh
6. tö ün-icen-(d)e-uii:
7. ai de-ndd a-m-üh 4
8. to o-we-ne-uh (ö-weh-un): 5
9. yä-nde ä-m-üh 4
10. Bn-weng-uh: nände wär-a?
11. ün-wehe-uh: ika-i-nde wär-e
(ika wär-e).
1. Eines Jahres von den Jahren,
2. da in diesem Jahre die Welt
im Winter war, war die Welt
kalt.
3. Als der Häuptling 1 ’ in seinem
Zimmer schlief, ging der 'Afrit
zu ihm.
4. Er ging in sein Haus
5. und klopfte an seine Zimmer
türe.
6. Er sagte zu ihm:
7. ,Wer hist du?'
8. Er sagte zu ihm:
9. ,Ich binsh
10. Er sagte: ,Was willst du?'
11. Er sagte zu ihm: ,Feuer
will ich'.
Text. 1 Es könnte allenfalls Ica-ber-ndi zu trennen sein = ,in ein
Haus*. 2 Arabisch. 3 Siehe § 19. 4 an-m-un. s Abgekürzt
aus on-wen-di-uü, vgl. § 25.
Übersetzung. “ D. i. er ging hinter ihnen drein, um sie möglichst
lange zu sehen, da sie ihm an seine Heimat erinnerten. b Von Heß usw.
wird kud'ur als Zauberer angegeben; Samuel nennt ihn Häuptling o. ä.,
vgl. auch 4, 7. Vielleicht sind oft beide Ämter in einer Hand vereint.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
55
12. to kudur ika ti-üh
13. to ika äi-ko iu-ün
14. to su-ol-i Jcai-ta un
15. kai-ta-nde to on-wene-un:
16. kol-ur 1 tur-i a-m-un
17. ika-g 3 är-i. to kol-fiäl-d'e
(sic!) knn-un
18. to tö-un; ika-g’ 2 ele-äl-i
älcu-ün
19. to sal-erah to der-m-uh
20. to Qndulaii ika ele-äl-i to
di-mi-un
21. äku-uii (da 3 siriii
22. to ial-eran Sirin-e 4 su-ol-i,
23. no ündulaii äkg-nde nel-un
24. to kol-ual-gi kud-i bal-su-
uii
25. bal-si-i bude-ko ta-iih.
26. bude segeda-nad-ko ta-üii
27. kai-ta to-nar-ür 5 tur-i
ündulan-ele-m-un äku-nde
12. Der Häuptling gab (ihm)
Feuer.
13. Nachdem er das Feuer
genommen Hatte, ging er.
14. Nachdem er gegangen war,
kehrte er zurück.
15. Als er zurückgekehrt war,"
sagte er (d. Häuptling):
16. ,Tritt ein ins Zimmer k
sagte er.
17. ,Nimm das Feuer!' (Da)
öffnete er b die Zimmertüre.
18. Er trat ein, und als er
das Feuer sah, setzte er sich.
19. Der Hausherr aber schlief.
20. Der 'Afrit, als er das
Feuer sah, stand nicht auf,
21. (sondern) blieb bis zum
Morgen sitzen.
22. Als der Hausherr am
Morgen fortging,
23. sah er diesen 'Afrit da
sitzen.
24. Nachdem er die Zimmer
türe geöffnet hatte, ging er hin
aus.
25. Als er hinaus gegangen
war, kam er (wieder) mit einem
Stock,
26. mit einem Tamarinden
stock kam er (wieder).
27. Als er zurückkehrte und
in sein Haus eingetreten war,
sah er den 'Afrit' dasitzen.
Text. ’ Siehe § 19. 2 So liier und 20 statt nele-al-i. 3 Arabisch.
4 Vgl. § 118 Anm. Allenfalls könnte man auch sirin-ge (= -gi) akkus. trennen?
Vgl. § 120 Anm. 5 § 19.
Übersetzung. 11 Zu ergänzen: ,und an der Zimmertür klopfte 1 .
*> Der 'Afrit. c Noch immer dasitzen.
56
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
28. to id ondulah-gi ösir 1 to-
nä ahi-lcondi bal-Su-uii
29. ob-ur ob, 2 el-i katg-n-ob-ur
se-nde (iiäde-nde) 3
30. to kudur ondulan-gi el-
iS-nätur io ondulaii-gi düm-m-
uh (bodummun)
31. fiindi el-i sark-eräuh
32. käme bisl-ko dudrsi se-am-
un
33. to kudur Hindi el-i hele-i
sarke-nde
34. to ondulan-gi ö-wene-un: 4
35. ul-ber-ei kai iio-ko ta-ser-d?
36. ü-wen-uii: 4 eri!
37. e kai-ta-in-Sar-e.
38. to kudur ondulaii-gi Qn-
wen-un: 1
39. e endel ä-tufare, a-tonde 5
sw-i hö-ko
40. kai-ta-in-i
41. kai-ta-r-on-doa e ika-kö
wasu-sar-e
42. Endel isd.
28. Der Mann nun faßte den
‘Afrit bei seiner Hand, und
ging hinaus (mit ihm).
29. Als er auf dem Wege
ging (?) und Frauen auf dem
Feldwege gingen,
30. (da) schlug der Häupt
ling den ‘Afrit mitten unter
den Frauen.
31. Diese Frauen .fürchteten
sich.
32. Sie warfen (ihr) Essen,“
weg, und liefen davon.
33. Als der Häuptling sah,
wie die Frauen sich fürchteten,
34. sagte er zu dem ‘Afrit:
35.,Wirst du eines Tages hier
her zurückkommen ?'
36. (Der 'Afrit) sagte zu ihm:
,Nein!'
37. ,Ich werde nicht wieder
kommen !'
38. Der Häuptling sagte dem
‘Afrit:
39. ,Ich werde dich jetzt los
lassen, und wenn ich dich los
gelassen habe, geh fort von hier!'
40. ,Und komm nicht wieder!'
41. ,Wenn du wiederkommst,
werde ich dich mit Feuer ver
brennen! 1
42. ,Jetzt geh!'
Text. 1 Das r in öSir ist, da Samuel oii als Hand angibt, eine Post
position -r (= ur § 116), die an, mit bedeuten muß; daß sie an psi und
nicht an tgnä angeknüpft wird; hat seine Parallele in 4,41. Var. (?) oSi-r-ko.
In ob steckt vielleicht ein Verbum [von dem obfu?) Weg abgeleitet sein
könnte], zu übersetzen wäre dann: als (§ 101 u. 125) er auf dem Wege ging
o. ä., und die Frauen ... 8 § 72 4 § 25. 5 = a-tog-nde.
Übersetzung. a Das sie ihren Männern aufs Feld bringen wollten.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
57
Text 4.
Aus der Heimat Samuels.
(Aufgenommen am 22. März 1913 von H. Junker.)
1. E nei-ni 1 kul-l ß-na Nuba-
rii-nin
2. o-kudu 2 ß-n-a or-gi Kolfän
ondi-kun 3
3. ai kulfä-ni-nde?
4. ß kolfä-ni-nde!
5. ai kulfän de-kö ) Kolfa-iiur i
wala 5 watondu?
6. e kudu ß-na Kolfa-nor-ndi 4
(icatundü-nin).
7. R-h-gudur or-gi d&oni-kon-d?
8. kudur d-na or-gi Nokoro
oni-kun 6
9. Nnkurtj dö-n toadu-e?
10. Nulcurn Danni toando-
nin
11. Danni dn-n toandu-e?
12. Danni Tudar-n toando-
n in
13. Nubä-ni ind-i belu-nin
13°. nä-ndiNuba-ni belduw-e?
14. Nuba-ni ind-i kursa-ni-
nin
1. Diese meine Berge liier
sind die Nubaner(berge).
2. Und mein eigener Berg
heißt Kolfan-Berg.
3. Bist du (also) ein Kolfän-
mann?
4. Ja, ich bin ein Kolfän-
mann.
5. Von welchem Kolfan (hist
du), von dem großen oder dem
kleinen Kolfan?
6. Mein Berg liegt in dem
großen Kolfän (ist das kleine).“
7. Wie heißt euer Fürst? b
8. Unser Fürst heißt Kukuru.
r
9. Wessen Sohn ist Nukuru?
10. Kukuru ist der Sohn des
Danni.
11. Wessen Sohn ist Danni?
12. Danni ist der Sohn des
Tudar.
13. Die Nubauerleute sind
schlecht.
13“. Warum sind dieNubaner-
leute schlecht?
14. Die Nubanerleute sind
Lügner.
Text. 1 Wohl nnei = vo-ei hier und ni Nisbe? Vgl. § 67. 2 Wohl
Q-n-kudu mein Berg, verstärkt,durch nna der meinige. 3 Var. uiii-kun.
4 Kol-fan-nur. 5 arab. 6 § 78.
Übersetzung. “ Nur als Spruchvari-ante gegeben. b Eigentlich:
Welchen Namen besitzt er?
58
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
15. Nuba-ni ind-i ebeto ye-
m-in
16. eri Nuba-ni ebeto leen-ko
yen 1
17. ai ünö-ice-b-on Nuba-ni
beläu-nin aii-oon
18. ai Nuba-ni-n-gul-i nele-
ab-a?
19. ö e nele-eb-e
20. e ti-n-gul-i swa-b-e
21. Nuba-ni-n-gul-i isinä se-a
22. Nuba-ni-n-gul-i finar-ndin
23. Jcul-i dode-nin
24. eri Nuba-ni-n-gul-i Semi
din
25. ai Nuba-h-gul-i-ndi swa-
b-on,
26. ai Nuba-ituri-ndi ihca-
b-d? (watundu-ndi) 2
27. Nuba-hur wala watundu-
rndi 8 swa-b-d? 2
28. eri, e Niiba watondu-rndi
swa-b-e.
29. ai Nuba-nur-gi nel-ädf
30. eri nel-ee, e sw-in-ee.
31. e Icul-l tun-en-gi 4 nele-
eb-e
32. Nuba-nor-gi sw-ln-e 1 '.
33. e ul ber-ai Nuba-ni-ndi
si-i,
15. Die Nubanerleute kennen
Gott nickt.
16. Nein, die Nubanerleute
kennen Gott gut.
17. Du sagtest, daß die Nu-
baneideute schlecht seien, so
sagtest du.
18. Hast du denn die Nubaner-
berge gesehen?
19. Ja, ich habe sie ge
sehen.
20. Ich war in ihren Bergen.
21. Wie sind die Nubaner-
berge?
22. Die Nubanerberge sind
groß.
23. Es sind lange Berge.
24. Nein, die Nubanerberge
sind klein.
25. Du warst in den Nubaner-
bergen,
26. warst du in Großnuba?
27. (In dem Großnuba oder
in Kleinnuba warst du?)
28. Nein, ich war in Klein
nuba.
29. Sahst du Großnuba nicht?
30. Nein, ich sah es nicht, ich
ging nicht (hin).
31. Ich habe (sonst) alle Berge
gesehen.
32. (Nur) zu dem großen Nuba
bin ich nicht gegangen.
33. Wenn ich eines Tages
zu den Nubanern(?) gehe,
Text. 1 § 79. - Variante, um die entsprechende Form von
watundu zu zeigen. 3 rndi.. 4 Ganz heißt tul, es muß also in tunen
eine Erweiterung vorliegen, etwa: allesamt.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
59
34. Nuba-novi 1 konan, ä t,
nel-sar-e Nuba-nur-gi.
35. e ti-nen-doä su-sar-e (su-
ser-e.)
36. ä-n-gul-i 1 sar tuun San
37. ü-n-gul-i 1 bodu se-a?
38. Q-feii 2 büdü;
39. &gdw u-n-gul-i-naä or-gi 3
(ordu) näa oni-kon-ä (-kon-erä)
40. bodu u-n-guli-naä or-dan-
du dg oni-kon-era?
41. a-n-gul-i-m büdü or-dando-
gi endiri 1 kon-un.
42. o icen-in or-dandü, büdi't
u-n-gul-i-naa, ber-ber-an wen-in
43. e ä-wen-di-ser-e an-gul-l
böl or-gi:
44. bol-te, bol-siri, böl-kuä,
kidirin, Icomul.
34. werde ich auch nach Groß-
nuba gehen und werde Groß-
nuba sehen.
35. Wenn ich nicht sterben
werde, werde ich hingehen.
36. In unseren Bergen gibt
es alle Dinge.
37. Ist in euern Bergen Wild?
38. Ja, es ist Wild da.
39. Wie heißt das Wild euerer
Berge?
40. (Das Wild eurer Berge,
welche Namen hat es?) a
41. Das Wild unserer Berge
hat viele Namen.
42. Sag mir die Namen, die
Tiere eurer Berge nenne sie mir
einzeln’’
43. Ich sage dir den Namen
des Wildes unserer Berge: 0
44. Tiger, Hyäne, Löwe, Riesen-
j schlänge, Schlange.
Text 5.
Einzelne Sätze.
1. no kudü ß-na-nin
2. no kudu ä-na-nin
3. no id än-gul-l-naü-nin
4. no id än-gul-l-ni-ndin
5. ninäi ind-i än-gul-l-ni-ndin
6. iiincti ind-i äii-gul-i-ni-nin
1. Dieser Berg ist meiner.
2. Dieser Berg ist unserer.
3. Dieser Mann ist von unseren
Bergen.
4. Dieser Mann ist von meinem
(sic) Land (= unseren Bergen).
5. dto. plur.
6 - „ „
Text. 1 Man erwartet eine Präposition in wie ndi in Z. 33. Ob sie
etwa »' lautete, das in 36 und 37 mit dem i der Pluralendung verschmolzen
ist?? ! Aus ö Sen, vgl. '§ 9. 3 Vgl. § 55. 1 Eigentlich erwartet
man die Akkusativbezeichnung nach end'iri; siehe aber auch 3, 28.
Übersetzung. a Variante. b Oder: eines nach dem anderen?
oder einige? c Eigentlich: den Namen des Tieres unserer Berge.
60
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
7. al y-a- tö(er-e
7“ ai endel ü-tog-i
8. ai al ü-tog-i
9. ai sar yer-d?
10. 3 e sar-g yer-e
11. nände yer-d?
12. tül sar yer-e
13. no id ti-ol-un
14. e su-ol-i kai-ta-re
15. de-ndur-ndi swa-b-d?
16. ai or-gi de oni-kon-a?
17. e or-gi Samuel oni-kon-de
18. to or-gi de oni-kon-a?
19. ti or-du de oni-kon-era?
20. ti or-dandu de oni-kon-era?
21. e sirto nur Imalde
22. ai sirto nur kualcton
23. io sirto nur kuahtun
24. no or de-nä-ye?
25. no or o-na-niii
26. or ö-na-gi e iiu-tsi tog-e
de hi-m-a?
26“ e-nel-e
27. ti-n-intan don?
27“. än-intan de su-m-d?
28. to o-we-m-un
29. e wen-di-eb-e
30. to icen-di-uii
31. ya-mu-ndum 1 tl-nin
32. ä-mu-ndon ti-nin
33. ya-mu-nde ä-ndun
34. ä-mg-ndon yä-nde
7. Ich lasse dich später los“-
7“ Du läßt mich jetzt los b .
8. Du läßt mich später los b .
9. Weißt du etwas?
10. Ja, ich weiß etwas.
11. Was weißt du?
12. Ich weiß alle Dinge.
13. Dieser Mann ist gestorben.
14. Ich ging und kam wieder.
15. Wann bist du gegangen?
16. Wie heißt du?
17. Ich heiße Samuel.
18. Wie heißt er?
19. Wie ist ihr Name?
20. Wie sind ihre Namen?
21. Ich habe viel Geld.
22. Du hast viel Geld.
23. Er hat viel Geld.
24. Wem gehört dieses Holz?
25. Dieses Holz gekört mir.
26. Ich habe mein Holz hier ge
lassen, wohin ist es gekommen?
26“ Ich habe es nicht gesehen.
27. Wo ist ihr Bruder?
27“. Wohin ist dein Bruder ge
gangen ?
28. Er sagte mir.
29. Ich sagte ihm.
30. Er sagte ihm.
31. Nicht ihr, sondern sie
(sind es).
32. Nicht wir, sondern sie
(sind es).
33. Nicht ich, sondern du.
34. Nichtdu,sondernich(bines).
Text. 1 Var. n-dun.
Übersetzung. * Die Sätze sagte Samuel zur Erläuterung von 3, 39;
7 variiert er al ä-löt'er-e (= ä-tog-Ser-e) ya = e -J- a. b 7“ und 8 sind
Imperative: ,laß mich jetzt los 1 .
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
61
111. Teil.
Wörterverzeichnis.
1. Kordufännubisch- Deutsch.
A. 1
ä wir 8 34.
ä- a- dir, dich; cas. obliquus der
2. Pers. sing. 1, ii. u; 3,39;
4,43; siehe ai-, uns, c. obl.
der 1. Pers. plur.
agah Vater 1,35. sc. Vgl. §41.
agahdoah Vetter aus agaii-\-
tön[du] s. töndü. cas. obl.
agandoäiigi 1,4.8; agandoan
1,5. io; agandoando 1,29. si;
agahdoäanaun sie waren
Vettern 1, i.
di du, 2. Pers. sing. 1, 9. 12. n.
20. 27 (zweimal); 3, 7; 4, 3. 5. \
17. 18. 25. 26. 29; 5, 7 a . 8. 9. 16. 22J
ai, äi wir, 1. Pers. plur.
* äi nehmen in äiko 3,13; siehe
*är.
*äku sitzen, sich setzen; äkuuii
(er) setzte sich, 3,18.21; äkö-
mün dasselbe. äkonde,äkunde,
wie er da saß, 3,23.27.
äl hinten; (eig. Schwanz?) äl-
kondi nach hinten, 2,7; später,
5, 8.
all guten Tag!
ämundoh nicht wir sind es,
5, 32; s. ai wir.
an-, an dein, s. ai; anar das
Deine 1, 20; — an + sar. —
unser, 1. Pers. plur. = § 36
4, 36. 41; 5, 3. 4.5. c; s. ai, vgl.
§ 41.
üna dein; 2. Pers. sg. possess.
Nisbe; § 42; c. obl. anagi
1, 12. 15. 17. 19. 22; unser, 4,8.
änaniii ist unser, 5, 2.
ändi du, wir empb. § 39.
ündd wir, wir sind es; s. ai.
änduh du, du bist es, n, 33;
s. ai; vgl. § 41 u. 108.
1 Daß dieselben Worte manchesmal in verschiedenen Formen auftreten, ist
darin begründet, daß wir stets die jeweilige Aussprache Samuels zu
fixieren suchten, die eine andere war, wenn er Worte oder Sätze etwa
absichtlich dehnte, um sich uns deutlich zu machen, eine andere, wenn er
schnell und fließend sprach. Auch die Stellung im Satz oder innerhalb einer
Tongruppe war für die Aussprache von wesentlicher Bedeutung. Die sich
hieraus ergebenden Inkonsequenzen glaubten wir nicht durch Schema
tisierung korrigieren zu dürfen, außer wenn ein bestimmter Grund vorlag-
62
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
*an(an?) sagen: anoon du
sagst, sagtest, 4,17; aniuii er
sagte, 1, 9; 3,7.9. ig.
*ani, anir nehmen: ahiri nimm,
1,17. vgl. in, enne K. M. ani-
kondi und er nahm, 3,28.
*är nelimen: äri nimm, 3,17.
ari weiß.
B.
*bal-su hinausgehen: bal&uuh
(er) ging hinaus, 3,24; bal-sii
nachdem er hinausgegangen
war, 3,20.
* beld, behl schlecht, Paradigma
s. § 107 b$lunin, beldunin sind
schlecht, 4,13.17; belduwe sind
sie schlecht? 4, 13 a.
her eins, ein; c. obl. kül berge
einen Stier, 2, 5; als Zeitbe
stimmung: sin ber-g$ eines
Jahres, 3, 2; sin ber-ai eines
Jahres, 3,1; ul berei eines
Tages, 3,35; 4,33; ber-n$un
einer war es(?), 1,2.3; 2,1;
berberan einer nach dem an
dern (?), 4, 42.
bil einst, einmal, 1,1.
birtü Kraft, 1,31.
*biSi wegwerfen: bi&ikö und
(sie) warfen weg, 3,32.
*bod schlagen: bodnüh (er)
schlug 1,28; 3,5; bonnun 1,30;
bonde nachdem (er) geschla
gen hatte, 1,29; a-bodaun
(sie) schlugen uns; s. Para
digma § 76.
* bodug = bod + dug schlagen
3, 30 s. dug.
bol, bül pl. bödii, bödii Tier,
Wild, 4, 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44.
s. kuä, §iri, te.
bosi westlich.
bilde Stock, 3,25.2G.
buradnä gekrümmt; buradnäum
war gekrümmt, gebogen, 2,
7.8. K. beri krumm vgl. her
Rippe? siehe § 110 Anm.
büre zehn; büreberen elf, büreo-
raii zwölf, büretöclun drei
zehn usw. s. Zahlwörter § 70.
D.
*di aufstehen, ai di wohl:
,stehe du aufh Imperativ.
io di, dige 3. Pers. sing. Im-
perat.? vergl. § 96 dimiuh
(er) stand nicht auf, 3,20.
dodi lang, Konjugation s. § 108.
dodenin sind lang, 4,23.
dotu pl. nöni Horn, dütu ber
ein Horn; 2,6.7.8.
* ducir$(i) laufen: duarsl (1
Hilfsvokal wegen folgenden
s?) 3,32. Ru. dorci.
D.
Ddnni nom. propr. 4,10.11.12.
de Fragewort; wie, was? 4,7.
40; 5,16.18.19.20; den wessen?
4.9. u; denäye wem gehört?
5,24; dendd wer bist du, 3,7,
var. zu dgndd, s. d. — dän-
durndi wann? — § 46 u. 120.
* dug schlagen: dugun, dümmun
er schlug, 3,30; dugero (wir)
schlugen sie, s. Paradigma
• § 84.
Konlofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
63
D'.
de Fragewort: wo, wohin? l,2o;
5,20.27"; dskd von welchem?
4, s; dendi wohin 2, n; dendd
wer bist du? 3,7; doh wo ist
er? 5, 27. § 46.
*der schlafen: der muh (er)
schlief, 3,19; dernde während
er schlief, 3,3.
E.
e ich, 1. Pers. sing., 1,11.13.15.
19.22. 25. 26 ; 2,1.2.5.13; 3, 37. 39;
41; 4,1.0 (als Verstärkung zum
Possessiv -ona); 19.20.28.30. si.
33. 35. 43 J 5, 10. 14. 17. 21. 26. 29.
ebeto Gott, 4,15. ig.
edu pl. eU Frau, 3,29.30, eli c -
nätür unter den Frauen; 31.33.
edu acht.
ede Norden, Meko nachN., 1,33.
ela bis, 3, 21; ar. ^,3.
eleali siehe fiel.
Uneh, einen Mutter.
endel, ändel _ nun, jetzt, also,
1, c. 7; 3,39.42; 5,7“.
endiri viele 4, 41.
erah Besitzer, s. sal.
eri nein, 3, 36; 4,16.24.28.30.
etatwe Sonnenuntergang.
eterßi (am) Mittag.
I.
id pl. indi Mann, pl. Leute
1, 22. 24; 3,28; 4, 13. 14. 15 j 5,3.
4.5. o. 13.
■ika Feuer, 3,11.12.13.17.18.20.41.
ilinäinde siehe silindinde.
il todun dreißig
il kinu vierzig
il büre tiseii hundert. Var. § 70.
il tarbu ora zweihundert.
il tarbu todun dreihundert.
inde ich, 3,11; s.yändi.
intah Bruder, 5, 27. 27 a ; intan
terdo Schwester. Vgl. §41.
iri Meer.
iri-n-doka Dampfschiff,
s. toka
isä geh, 3,42; siehe $u.
isinä(sea) wie (sind)? 4,21.
K.
kaber Stall, 2,13; leaberndi in
den Stall, 2,12 (ob lca + her
zu trennen = ein Stall?)
*kai-ta(r) zurück-, umkehren,
3,27; kai-tare (ich) kehrte
um, 2,13.10; 5,14; kai-tauh
(er) kehrte zurück, 3,14; lcai-
tainfere, kai■ taihere ich werde
nicht wiederkommen, liai-
tainsare, kai-tainfare das
selbe, 3,37; kai . . . ta-§era
wirst du wiederkommen? 3,35;
kai-taini komm nicht wie
der, 3,40; kai-tarondod wenn
du wiederkommst, 3, 41; kai-
tande nachdem (er) zurück
gekehrt war, 3,15.
kaäl, Icaaäl Türe, 3,5.17.24;
kolhäl aus kol-n-kaäl Haus
türe, 3,5, s. § 25,2.
käla pl. kälahil Kameel.
kai in kalko, nach rückwärts,
2,13.
käme Essen, Speise, 3,32.
64
III. Abhandlung;: Junker-Czcrmak.
kater (am?) Vormittag, jjsv*»
Icato Feld, 3,29; katonobur auf
dem Feldwege, ebend.
*keder teilen, kederaun (sie)
teilten sich, 1, 34.
*ken gut: kendiii es ist gut, 1, ir>;
keh-ko gut (Adverb), 4,10.
keixu vier.
kid Kälte, kalt, 3,2.
kidirin Riesenschlange, 4, 44.
kidan Schwein; c. ohl. lei dang’,
I, 2.5. g. 10.18.28.29.35; gen. ki
dan (vor folgendem u), 1.9.
II. 13; kidan- 1,15.17.
*]cill überspringen: killuii (er)
übersprang, 1,33.
* kin (?) übrigbleiben: a-kvriaun
(sie) blieben übrig, 1,7.
*ko haben: komüii (er) batte,
1,31; 2, g ; kun (er) hat, 4,2.8;
kond bat (er)? 4,7; 5,18;
kond hast (du) ? 5, ig ; konerd
haben (sie)? 4,39.40; 6,19.20;
konde (ich) habe, 5,17.
-ko Postposition: a) mit, 1,29.
30; 3, 20. 41; § 117; b) nach,
1,33; 2,13; 3,35; c) von, 3,39;
4,5; d) beim Verbum: 3,13.
32; § 100; e) Adverb. s.§ 117.
kod pl. kodi Pferd.
kül Stock, 1, 29. 30.
kol Zimmer, koliidl Zimmer
türe, 3, 5, s. kaal, .3, 17.24;
Icolür in das Zimmer, 3, ig;
tonolur in seinem Zimmer,
aus to-n-kol(d)-ur, 3,3.
Kolfän nom. pr. Kordufän, 4,
2.5; Kolfaiiorndi im großen
K., 4, g, s. nur-, Kulfäninde
(ich) bin ein K.-mann, 4, 4;
Kulfäninde bist (du) ein K.-
mann? 4,3 § 67 Anm.
komul pl. komdü Schlange, 4.14.
kondi s. -ko, Postpos. nach hin,
siehe äl, ur, 2, 7.8; beim
Verb, wie -ko, 3,28 § 100.
konaii auch, ebenfalls, 1,15.30;
4,34.
koro junger Mann, koro ora
zwei Männer, 1,1; s. kor- in
kortöndü, s. töndu.
kotanih gib mir! (das Wort ist
unklar), 1, ic, 25.
kudü pl. kuli Berg, 4,2. g ; 5,
1.2; pl. ahguli unsere Berge
uiiguli euere B., tmguli ihre
Berge, Nubanihguli die Nu-
banerberge; 2, 4; 4, 1. is. 20.
21. 22. 23. 24. 25. 2G. 31. 36. 37. 41. 43;
5, 3.4.5. g; Nisbe: (ün)gull-naä
zu den Bergen zugehörig,
4, 39. 40. 42; 5, 3—6.
*kud öffnen: kunuii (er) öffnete
3, n; kudi nachdem (er) ge
öffnet hatte, 3,24.
kudur Häuptling (Samuel: Prä
sident, zum Unterschied von
Sil König) 3,3.12.30.33; 4,s;
ungudur euer H. 4,7.
kül pl .kuli Stier, Ochse, 2, g;
c. obl. külgi, külg’, 1,3.4.5.8;
2,5; gen. 1,5.12.16.
kulldr südlich.
kund pl. Icue Fuß.
kure großer Fluß, Strom ; Heß:
kuru.
*lcwsan- lügnerisch:. kuriani-
* nih (sie) sind Lügner, 4,14.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
65
(bül-)kuä Löwe, 4, 44;
kuade Fleisch, im Genitiv-
verhältnis -fi-guade, 1, 4.15.16.
17. 19. 22. 24.
*kual haben, s. Paradigma
§114; 1,12.13.19. 2g; 5,21.22.23.
kualdd, kiialät sieben.
Jcualel bei Nacht. Hess kwdlu
Nacht.
kudrSu (kerSu) sechs.
N.
-na, -naä Nisbe, s. § 66.
-näa Fragefürwort § 48.
-nadnin (er) ist von ... 5, 3;
-naänaum (sie) waren von ...
2,4.
nande was? 1,27; 5,11.
nändi warum? 4,i3 a .
-nätür (?) unter, mitten unter;
in eli e nätür unter den Frauen,
3, 30.
-ndi, -rndi Postposition, § 115;
in, 2, 12; 4, 6. 25. 26. 27. 28.
-ni Nisbe, s. § 67.
-ni-ndih (er) ist von . . ., 5, 4.
-ni-ndih -
. > (sie) sind von .. .,0,5.6.
-m-nin J
Nuba nom. propr. Nubaland,
Nubahur-gi c. obl. Groß
nubien, 4,29; Nuba-ni die Nu-
baner, 1,35; 4,13.16.17; Nu-
bani indi Nubanerleute, 4,13.
14.15; Nulaninin (es) sind
die Nubaner ... 4,1.
N.
*nädu aus *näg-Su gehen: nä-
dure (ich) ging, 2,1; nädende
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd. 3. Abh.
wie (sie) gingen, 2,3; 3,29,
var. zu Sende s. Su.
fiei hier, 4,1, in iiei-ni hiesig(?)
*iiel sehen: fielee (ich) sah,
2, 5; negat. 4, 30; fiele ich
sah; und negat. 5, 26 a ; ne-
lebe (ich) sah, 2,2.3; 4, 19;
neleali nachdem . . . gesehen
hatte, 2,9; n nach g ausge
fallen : eleäli dasselbe, 3,18.20
(anderes Wort: eZ-?); nelün
(er) sah, 3,23; nach -ng’: ule-
miui (er) sah, 3, 27; fielet als
er sah, 3,33; fielmbd sahst
(du)? 4,18; fisläd sahst (du)?
4,29; nelä dasselbe; nelSare
(ich) werde sehen, 4,34; * Si
nei gehen, um zu sehen, Si-
fielee L 0, Si-nelö
U\ (^0" —
Paradigma, § 76 u. 84.
nü pl. üindi dieser, § 44, 2, b;
3,2.23; 5,1.2.3.4.13.24.25; fiüko
hierher, 3,35; von hier weg,
3,39; pl. 2,9.11.12; 3,31.33;
5,5. 6.
huEi hier, 5,26, siehe §118.
nur pl. nuar groß, l,si; 2,6;
5,21.22.23; 4,5.6, s. Kolfän;
Nubanurindi in Großnubien,
4,26.27.29.34; fiuarndifi sind
große, 4,22.
N.
(‘Jfiel links, Sdntu üel(ä) das
linke Horn, 2, s; oSi-nel linke
Hand, auch Sinei,
fielt östlich; [vergl. fiel links;
wie Ggs. L mn rechts,
5
66
III. Abhandlung: J ü n k er - C z e r m a k.
westlich, links und
Norden!]
Hindi pl. von nü s. dort.
N.
Nukuru, Nokoro n. pr., 4, s. 9. io.
O.
5- mir, mich, cas. obl. 1. Pers.
sing.; 1,9; 4,42; 5, 7“.s.29;
ü-n genitiv. vgl. § 41.
ü ja, 4, 4.19; 5,10 bewirkt nach
sich teil statt teil 4,38.
ob Weg; obur auf dem Wege,
2,1,3; 3,29 (zweimal) ob ge-
hen(?) 3,29.
oijnt pl. ogi Ziege.
okur (ok-ur, oku-r‘?) in der
Nähe; tin-okur neben ihnen,
1, 32.
old(?) Zimmer; (von SamuelF.
neben kol angegeben; toiiolä
Yar. toiiol sein Zimmer, muß
wohl aus to-ii-golci erklärt
werden und führt auf eine
Form kola, die zu kol Zim
mer [s. d.!] gehört.)
nn genit. 1. pers. pron. pers.
§ 36 u. 41; Qnar das Meine,
1,25; s.sar.
Ona mein, 1. Pers. sing, possess.
Nisbe, § 42; (c. obl. ünagi),
1,11.16. 24; 4, 1. 2.G; 5, 2g; üna-
niii ist mein, 5, 25; § 43.
ondi so, 1,34; wohl iio-ndi auf
diese (Weise).
onduäkdd Maulesel, siehe onnu,
kod.
ündulaii ein Afi.it, Dä
mon ; Zauberer (?); [vgl. onnu
,Eseh], 3, 20. 23. 27. 28. 30
(zweimal), 34.38.
onnu pl. Qninil Esel.
oiii- nur in Verbindung mit
ko ,haben', mit örgi ,den
Namen' als Objekt — Rei
ßen' 4, 7. 8. 39. 40. ordandu,
ordo pl. Namen 4, 39. 40; 5,
19. 20.
or, ur, pl. uri, uril, urandü
(orandQ) Kopf, 1,7.9.11.12.
13. 30.
or pl. ordü (ordoj, ordandu
Name, 4,2.7. 8. 40. 41. 42. 43.39;
5, 16.17.18. 19.20.
or pl. ort Baum, Holz, 5,24.
25. 26.
öra zwei, 1,1.
orti pl. ortil Hammel.
oli pl. osi Hand, 3,28. osi weh
rechte Hand, oli fiel linke
Hand.
Qtir von her; hin nach . . .
3,3, zu ihm, to-Qtir 1, 27, von
mir: ti-ütir von ihnen, ^
in, zu zeitlich in dem Aus
druck ti-ötir zu der Zeit, da,
1,28.
R.
-r Postposition, § 116; in, an;
Qli-r an der Hand, Var. (?),
Dsi-r-ko! 3,28; s. -ur!
S.
sal Haus, in tönarur in seinem
Haus, 3, 4.27 (aus to-n-lal(d)-
• ur, vgl. § 116 Ann>.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
6?
sal-erah Hausherr, 8,19.22; s. •
eran.
Samuel n. pr., 5,17.
sar Ding, Sache, 4,30; 5,9.10.
12; s. anar, Qnar.
*sarlc sich fürchten, § 78, 87,
93, 96; ai Sark-oroii du
fürchtest, sarkeräun (sie)
fürchteten sich, 3,31; sarkende
wie (sie) sich fürchteten, 3,33.
seged(a) Tamarinde, segeda-
naä Nisbe, zur T. gehörig,
3, 29.
*serd-, seril- klein; Konjug. s.
§ 107; Serildih sind klein, 4,24.
Sil König.
*sili Winter, Sili-ndi im Win
ter, Silindinde als (sie) im
Winter war, 3,2.
Sin Jahr, 3,1.2; min esinih von
den Jahren, ist arab.
3,i; (wahrscheinlich
war es die Erklärung Sa
muels für sin berai, 3,1).
si-nel siehe fiel und su.
Sinei linke Hand, siehe ne,l.
Siri schmutzig; so in bül-Siri
Hyäne, 4, 44.
sirin Morgen, 3,21; sirin-e am
Morgen, 3,22. § 118 Anm.
sirto Erz, Eisen; Geld,5,21.22.23.
*su sein, s. Paradigma § 81;
sicaun (er) war, 1,32; swa-
bön (du) warst, 4,25; swabe
(ich) war, 4, 20.28; swabd
warst (du) ? 4,26.27; ian. (sie)
sind, 4, 3g; seit (sie) sind,
4,38; Sea gibt’s? sind (sie)?
4,37; sivamin es gibt nicht.
*su gehen, s. § 84; sioeebe (ich)
ging, 2,i; sumuh (er) ging,
1,33; swuün (er) ging, 3,3;
&imh, 3, 4. 1a; seamun (sie)
gingen, 3, 32; swinee (ich)
ging nicht, 4, 30. 32; susare,
susere (ich) werde gehen,
4,35; Swabd gingst (du)? 5.15;
Sumd ist (es) gegangen, ge
kommen? 5, 20; Sea, Seama
gingen (sie)? 2,11; sii wenn
(ich) gehe, 4,33.34; suoli
(sioli) nachdem (er) gegan
gen war, 3, u.22 ; 0,14; sende
wie (sie) gingen, 3,29; Swi
geh! 3,39; Uä dasselbe, s. d.
T.
*ta (tar) kommen, 1, 17; täüii
(er) kam, 3, 25. 20; s. auch
Icai-ta.
*tak(e)-, takeräuü (sie) traten
ein, § 79, 2,12; takealde als
(sie) hineingezogen waren,
2,13.
tarbu zwanzig.
*-ten mir geben in ö-ten gib
mir, 1,9; s. *ti.
terdo pl. tirdi Tochter, s. auch
töndü.
ti pl. ti Kuh, Rind, 2,2.9.11.12.
*ti geben: tiun (er) gab, 1,4;
tiun dass. 3,12; tiebe ich gab,
1,22; ä-tlnfere (ich) werde
dir nicht geben, 1,11,14; tiabd
gabst (du)? 1,24; ü-tdra hast
(du) gegeben? 1,20; u-ti-mun-
6ii (du) hast mir nicht ge
geben, 1,24. Zu we(n)-ti je-
5*
68
III. Abhandlung: Junker-Czermak.
mandem sagen vergl. § 72
Anm.
ti-Qtir znr Zeit (?), to ti-ütir zu
dieser Zeit, in dem Augen
blick, 1, 28.
tisu (diSu) fünf.
*tö (tor) eintreten, hineingeben,
s. § 93; töuh (er) trat ein,
3, i8; turi tritt ein! 3,ig; turi
als (er) eingetreten war, 3,27.
tob Welt (auch ,Wetter' wie
ar. Li>), 3, 2 (zweimal).
tuduh drei.
*tog loslassen, ablassen, lassen;
s. § 86; toge (ich) ließ, 5,26;
ä-tutare (ich) werde dich
loslassen, 3,39; togi laß los,
5,7.8; tonde wenn (ich) los
lasse, 3,39.
töndü pl. tindi Knabe, Sohn;
kor-töndü Knabe, Sohn, tondü
terdo Mädchen; Qn-duandu
kortondü mein Sohn, on-
duandu terdo meine Tochter;
toandonih (t sic!) (er) ist
der Sohn, 4, 10. 12; toadue
ist (er) der Sohn? 4,9; toan-
due dasselbe, 4,11.
törga pl. torgahil, torgandü
(kleiner) Fluß, großer Gra
ben, 1, 32. 33.
Tudar n. pr., 4,12.
tümat- Hälfte, tümat-kül halber
Stier, 1,5; tümat-kidah das
halbe Schwein 1,6.
T.
te grün
bol-te Leopard.
*ti sterben, Paradigma s. § 92;
tioluh (er) ist gestorben, tot,
5,13; tinendod wenn (ich)
nicht sterbe, 4, 35.
tl sie, 3.Pers. pl. §34; 1, 1.2.34;
5,19.20.
tianiii sie sind es, jene sind’s;
§ 109.
tln- ihr, 3. Pers. pl. gen. =
possess.; 1,32; 4,20; 5,27.
tinih = tianiii, 5, 31.32.
to er, 3. Pers. sg.: 1,4.21.23.20.
30; 3, 6. 8. 13. 14. 15. 18. 19. 20. 27;
5, 23. 29.3i; c. obl. togi ihn,
1,29; der; Demonstrativ: 1,4.
5.6 (dreimal), 7.8. io. i8.28 (drei
mal), 29. 33. 35. 36 ; 3, 12. 17. 19. 20.
22. 24. 27. 28. 30. 33. 84. 38 J to ai
,oh du' 1,27, s. § 38; to-ütir
in seine Nähe, zu ihm, 3,3
vgl. § 118).
toka Schweinetrog (toka?J, s.
iri.
ton- sein; 3. Pers. sg. gen. =
pOSSeSS., 1,30.31; 3,3.4.27.
tona sein; 3. Pers. sg. Nisbe,
1 . C. 10. 29J 3, 5. 28.
tul alles (vorgestellt); tul sar
alles, 5,12; tuuii alles, 4,36;
tuheiigi cas. obl., von einer
erweiterten Form(?) 4,31.
T'.
teh nach Q für seü, 4, ss; s. *su
sein.
feebuh, feoboh, twaböh statt
seebuii, seoboii, Sivaböh von
£u sein, nach ivi, a, a; vgl.
' § 81 b und § 28.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
69
U.
ü ihr.
ui, wi dasselbe § 35.
ul Tag, 2, i; 3,35.
im- euer; 2. Pers. plur. gen. =
possess., 4, 7. 37. 39. 39. 40. 42.
■uv in, auf, an, Postpos. s.
§116; 2,1.3; 3,29 (zweimal).
uri schwarz, urind- schwarz
sein, ai urindoh du bist
schwarz.
ur s. or Kopf; vorne in ur-kondi
nach vorne, 2, 8.
*urm schlachten: urmufi (er)
schlachtete, 1,2.3; urmi einer,
der geschlachtet hat, c. obl.
urmigi, 1, 4. 5.6. 8.10.18.28.29.
33; urminih (er) ist der, der
geschlachtet hat, 1, 35; urmiii
dasselbe, 1,30, § 108.
W.
wala oder, 4, 27; arab. wallä
4)
*war wollen: wäre (ich) will,
1,25; 3, n; warnde (ich) will
nicht, 1,15; wara willst (du)?
1,27; 3,1«.
*wasu verbrennen: ivasusare
ich werde verbrennen, 3,41.
watondu klein, 4, 5.20.27.28; wa-
tundünin (er) ist klein, 4, g.
*we (wen) sagen, sprechen s.
Paradigma §§81 u. 84; we-
mun (er) sagte, 5, 28; on(o)we-
nuh (er) sagte, l,s; wendiuh
(er) sagte ihm, 5,30; nnwendiuii
dass., l,xo.i8.2i. 23. 26; 3,6; Q11-
wenguii, DwenSun Owe nuii
dass., 3,8, ii.15.34.3g.38; iven-
diebe (ich) sagte ihm, 5,30;
ä-wendisere (ich) werde dir
sagen, 4, 43; ünö-webon (du)
sagtest, 4,17; wenih sage, 4, 42
(zweimal). Uber das voran
gesetzte £7, ön siehe § 72
Anm.
wen rechts, osi-weii rechte Hand,
du tu wen(ä) rechtes Horn, 2,7.
u wid , u wit neun.
Y.
yände ich bin es, 1. Pers. sing.
Konjug., s. § 108; 3,9; 5,31;
s. e.
yamunde ich bin es nicht, s.
§ ui; 5, 33; s. ycmde.
yamundum ihr seid es nicht,
s. § 111; 5,31. s. ü.
yer, ye- wissen, kennen: yere
(ich) weiß, 5,10.12. yeh (sie)
wissen, 4, io; yemin (sie) wis
sen nicht, 4, 15; yerd weißt
(du); 5,9.ii.
70
III. Abhandlung: Junker-Czermalc.
2. Deutsch-Kordufännuba.
A.
acht edu.
Afrlt ündulan.
alles tul, tuuii, c. obl. tuiiehgi.
auch koiiari.
auf -ur, s. in; auf dem Wege
obur.
aufstehen *di.
B.
Baum or pl. ori.
Besitzer er an.
im Begriff sein, zu sehen si-iiel,
s. gehen, sehen.
Berg kudü pl. kuli.
bis (temporal) ela (ar.).
Bruder intaii.
D.
Dämon s. Afrlt.
Dampfschiff irindoka (eigentl.
,Meerestrog'); s. Trog,
dein an-; -anä.
das Deine aiiar, s. Ding,
der (die, das) tu, s. er.
dich ä-.
dieser nü pl. Hindi.
Ding &ar.
dir ä-, s. dich,
drei tüduii.
dreizehn büretoduii.
dreißig iltödun.
dreihundert il tärhu tüduii.
du ai; ändi.
du bist es änduii.
du bist es nicht ämundoii.
E.
eins, einer, ein her.
einer nach dem andern berber-
aii (?).
eines Jahres sin berai; sin
berg$.
eines Tages ul berai.
einer war berneuii.
einst, einmal bil.
eintreten *tö, *tak(e).
Eisen kirto.
elf bürebereh.
er (sie, es) tu; tondi.
Erz sirto, s. Eisen.
Esel önnu pl. üninil.
Essen (Speise) käme.
etwas Sar, s. Ding,
euer ün-.
F.
Feld kato.
Feldweg katg-n-ob.
Feuer ika.
Fleisch kuade, Schweinefleisch
kidaiiguade.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel. Dair.
71
Fluß (kleiner Fl.) torga pl.
torgahil, torgandii (großer
Fluß) Icurg.
Frau edu pl. eli.
fünf tisu (disu).
fürchten, sich *sarlt-.
Fuß kund pl. kue.
G.
gehen *ti.
gib her (mir) kotanih.
geben, mir *-ten.
geben (= vorhanden sein) *su,
s. sein.
gehen *su, *häcTu.
gehören s. mein, unser, euer.
Geld Sirto, s. Erz, Eisen.
Gott ebeto.
Graben torga, s. Fluß,
groß nur pl. nuar.
groß sein huarnd-.
Großkordufün Kulfähur.
Großnubien Nubahur.
gut ken.
gut sein kend-,
gut (adverb) kenko.
H.
haben *kual, *kö.
Hälfte tümat-,
Häuptling kudktr.
Hammel orti pl. ortil.
Hand osi pl. osi.
Haus sal.
Hausherr Salerdn, s. Besitzer,
heißen *oni-ko mit orgi ,den
Namen', s. haben,
hier nugi, hei (?).
hierher hülcö, s. nach,
von hier hükö, s. von.
hinausgehen *bal4u, s. gehen,
hineingehen s. eintreten.
hinten, nach äl-kondi, s. nach.
Holz or, s. Baum.
Horn dütü pl. noni.
Hyäne bol-siri.
I.
ich e; inde.
ich bin es yände.
ich bin es nicht yamunde.
ihr, 2. Pers. pl. ü, wi; undi.
ihr seid es nicht yamundum.
ihr, 3. Pers. pl. poss. (in-.
in -ur; -ndi.
J.
ja ü.
Jahr sin.
jetzt iindel.
K.
kalt (Kälte) kid.
Karneel Jcäla pl. kälahil.
Kanal torga, s. Fluß,
kennen *yer, ye-, s. wissen,
klein serd-, &eril-; watundu.
klein sein serdund-, serild-;
watundün(d)-.
Knabe tön du pl. Undi, s. Sohn;
Mädchen, Tochter, kortondü.
kommen *tä.
König Sil.
Kopf or, ur, pl. uri, uril,
urandü (grando).
Kraft birtä.
krumm, gekrümmt, buradnä-.
72
III. Abhandlung: Junker-Czermalt.
Kuh ti pl. ti, s. Rind.
Kordufän Kulfan, Kolfän- aus
K. sein Kulfänind-.
L.
lang dodi.
lang sein doden-,
lassen *tog.
laufen *duars(i).
Leopard bol-te.
Leute indi, s. Mann,
links c ii^l, üel.
linke Hand osifiel, sinijl.
loslassen s. lassen.
Löwe bol-kuä.
Lügner sein *kursanin-,
M.
Mädchen töndü terdo, s. Toch
ter.
Mann id pl. indi-, junger Mann
koro, s. Knabe.
Maulesel ondüäkdd, s. Esel,
Pferd.
Meer iri, s. Dampfschiff.
mein un-, önä.
das Meine oiiar, s. Ding.
es ist mein, gehört mir onanih.
mich, mir Q-.
mit (instrumental) -ko.
Mittag eterei.
Morgen Urin.
Mutter meh, äneii.
N.
nach (in der Richtung nach)
-ko, -lcondi.
bei Nacht kudlel.
in der Nähe ütir - s. ferner
,neben'.
Name or pl. ordu (ordo), or-
dandii, s. heißen,
neben -okur (,in der Nähe',
mit dem genet. der Pronom.)
nein eri.
nehmen *är, *äi-, *ani(r).
neun u wid, u wit.
Norden ede.
Nubien s. Nuba.
Nubier Nubani pl. Nubani
(Nisbe).
Nubier sein *Nubanin-,
0.
Ochse kül pl. kuli.
oder wdla (ar.).
öffnen *kud.
östlich n$U, s. links.
P.
Pferd kod pl. kodi.
R.
rechts iveii, rechte Hand osi-
iv Eil.
Riesenschlange kidirin.
rückwärts äl, keil, s. hinten,
nach rückwärts kallco.
S.
Sache Sar, s. Ding, etwas,
sagen *ive, *an.
schlachten *urm.
Schlange komul pl. komdu.
schlafen * dar.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair.
73
schlagen *dug; *bod; *bodüg.
schlecht sein *beldund-, belun-,
schmutzig siri.
schwarz uri.
schwarz sein *urind-.
Schwein kiddh.
Schweinskopf hidan-ur.
sechs kuariu (kersu).
sehen *nel-, s. auch ,im Begriff
sein zu s.‘
sein (ihr), 3. Pers.sg. poss. tun-;
tunä.
sein (esse) *su.
setzen, sich *äku, *äko.
sie, 3. Pers. pl. tl; tindi, tini.
sie sind es tianifi; tinin.
sieben kiialdd, kualdt.
sitzen = sich setzen, s. d.
so ondi.
Sohn töndil pl. tindi, s. Knabe,
mein Sohn Qnduandu, ondu-
andu kortöndü.
Sohn sein *töa(n)don-, (sic.)
Sonnenuntergang, Westen etat-
we.
später äl, s. hinten.
Stall kaber (?).
sterben *ti.
Stock kul; bude.
Stier kül pl. kuli, s. Ochse.
Strom kurQ.
südlich kullor.
T.
Tag ul.
eines Tages ul berneun. .
guten Tag! all!
Tamarinde ieged(a), Nisbe: se-
gedanaä.
teilen, sich *keder.
Tier bol pl. bodü.
Tiger, bol-te, s. grün (wahr
scheinlich Leopard).
Tochter terdo pl. tirdi, s. Mäd
chen.
meine Tochter ondudndo terdo,
s. Sohn.
Trog tolca (toka ?), s. Dampf
schiff.
Türe Icäaäl, kaäl; Zimmertüre
kolngäl, kolnäl, s. Zimmer.
U.
überspringen *kill.
übrigbleiben *kin-,
umkehren kai-ta, s. kommen,
uns ä-.
unser än-, änä.
es ist unser änaniii.
unter, mitten in . . . -ätur.(?)
und (Verbalverknüpfung) -ko,
-kondi; s. mit.
V.
Vater agan.
verbrennen (transitiv) * icdsu.
Vetter agandoan, agemdoait.
Vettern sein *agandoddn-,
Vieh ti pl. ti, s. Kuh.
vier kenn.
vierzehn bürekinu.
vierzig il hiiiu.
viel endiri.
von (in der Richtung) -ko-, ütir
(bei ,wollen von jemanden')
von etwas herstammend, zu
74
III. Abhandlung: Junker-Czermalc.
etwas gehörig: Nisbeform
-nä, -ni.
Vormittag käter.
vorne urkondi, s. Kopf, nach.
W.
wann dendurndi, s. wie.
warum? nändl.
was? nände.
Weg ob.
auf dem Wege obur.
wegwerfen * bis(i).
weiß ari.
Welt tob.
wer de (allgemeines Frage
wort); wer sein * elend-,
westlich bo&i.
wie sein * Uinä-hi.
wiederkommen s. umkehren,
wo de, wo sein *dend-,
wohin de, den di.
wir a-, ai; ändi.
Druckfehler und
S. 8 § 3, 2 lies dotii, noni.
Z. 4 lies tonolur. S. 19 Z. 36
iw. S. 22 § 46 lies dtt. S. 22
lies dendurndi. S. 25 § 57 lie
statt i. S. 32 § 77 lies iiäd'u.
= nun. S. 43 Z. 17 lies beri
S. 46 § 118 lies beidemal siii.
wir sind es andö.
Avir sind es nicht ämundoii.
Wild bol pl. bodü, s. Tier.
Winter sili, im Winter sein
üiUndind-.
Avissen *yer, ye~- s. kennen.
Avollen *war.
Z.
zehn büre.
Zeit: zur Zeit, in dem Augen
blick tiütir.
Ziege ogut pl. ogi.
Zimmer kol, ola.
sein Zimmer toiiol, in seinem
Z. tofwrur.
zurück kal-ko, s. rückwärts,
zurückkebren = umkebren.
zAvanzig tarbu.
zAvei dra.
zAveihundert il tarbu dra (il
tarbörah).
zwölf bürebereii.
Berichtigungen.
S. 14 Z. 4 lies tüiiondur. S. 15
lies Süüüii. S. 21 § 44 lies nO,
§ 46 lies Nuku.ru. S. 22 § 46
s sir-to. S. 30 § 73 lies i (sic)
S. 33 § 83 lies b -f- nun statt b
'.puh, S. 44, § 114 lies kuane.
S. 47 Z. 5 lies berai.
Kordofän-Texte im Dialekt von Gebel Dair. 75
INHALTSÜBERSICHT.
Seite
Vorwort 3
I. Teil. Grammatische Skizze 7
A. Lautlehre 7
1. Konsonanten 7
a) Bestand und Beschreibung 7
b) Assimilation 14
2. Vokale .* 16
B. Formenlehre 18
1. Das Pronomen 18
a) Personale 18
b) Possessivum 20
c) Demonstrativum 21
d) Interrogativum 22
2. Das Nomen 23
a) Substantiv 23
1. Artikel 23
2. Genus 23
3. Numerus 23
4. Kasus 27
Genitiv 27
Dativ-Akkusativ 27
b) Adjektiv 27
1. Eigentliche Adjektiva 27
2. Abgeleitete Adjektiva 28
3. Adverbialbildung 28
c) Numerale 29
3. Verbum 30
a) Das gewöhnliche Verbum 30
1. Allgemeines 30
Zusammengesetzte Verba 30
Erweiterung des Verbalstammes 30
Die Tempusexponenten 31
76 III. Abh.: Junker-Cze rrnak. Kordofän-Texte im Dialekt etc.
Seite
2. Die Konjugation 31
I. Affirmativ 31
1. Ohne Tempusexponenten 31
2. Die ö-Form 33
3. Die ier-Form 34
II. Die Negation 35
III. Der Konditionalis 36
IV. Der Imperativ 37
V. Das Partizip 38
VI. Die sogenannte Gerundivform ........ 38
1. Die Form auf i 38
2 ■„ „ „ nde 38
3. „ „ „ -ko 39
VII. Die Frageform 40
b) Das abgeleitete Verbum 41
I. Affirmativ 41
II. Negation 43
III. Frageform 44
IV. Das Gerundiv 44
V. Das Verbum kual 44
C. Postpositionen 44
D. Adverbia 46
E. Syntaktische Bemerkungen 47
II. Teil. Texte und Übersetzung 49
1. Text 1. Wie sich die Berberiner von den Nuba trennten . 49
2. Text 2. Heimweh Samuels 53
3. Text 3. Der Häuptling und der Afrit 54
4. Text 4. Aus der Heimat Samuels 57
5. Text 5. Einzelne Sätze 59
III. Teil. Wörterverzeichnis • •
1. Kordofän-Deutsch 61
2. Deutsch-Kordofän 70
Sitzungsberichte
der
Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien.
Philosophisch-Historische Klasse.
174. Band, 4. Abhandlung.
Studien
zur
Laut- und Formenlehre
der
Mehri-Sprache in Südarabien.
IV. Zu den Partikeln.
(Mit Nachträgen und Indices.)
Von
Dr. Maximilian Bittner,
korr. Mitgliede der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien.
Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juli 1913.
Wien, 1914.
In Kommission hei Alfred Holder
k. u k. Hof- und Universitäts - Buchhändler,
Buchhändler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
Druck Ton Adolf Holzhuusen,
lc. and k. Hof- and Universität-Buchdrucker in Wien.
Vorbemerkungen.
Der vorliegende vierte und letzte Teil meiner ,Studien
zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache in Südarabien'
bringt wohl weniger und andererseits auch mehr, als ich meinen
verehrten Fachgenossen, die den ersten drei Teilen dieses Ver
suches ihr Interesse zu schenken so freundlich waren, hier zum
Schlüsse noch vorlegen wollte. Denn was die Partikeln betrifft,
von denen ich hier sprechen will, so fügen sie sich doch oft
nicht recht in jenen Rahmen, der dem Nomen im engeren Sinn,
dem Verbum, dem Pronomen und dem Numerale gegeben werden
konnte. Formell sind sie oft nicht leicht zu erklären und auch
lautlich bieten sie meistens kein besonders neues Interesse, so
daß sie nur zum Teil geeignet sind, in das Dunkel des Mehri
noch mehr Licht zu bringen, als die Untersuchung der bereits
behandelten Redeteile es vermocht haben dürfte. Genau genommen
sind es nur die Präpositionen, die zu meinem Thema passen —
bei den übrigen Partikeln, den Adverbien, den Konjunktionen
und den Interjektionen, nimmt die Wichtigkeit, ich möchte
sagen, naturgemäß gradatim ab. So habe ich denn auch nur
die Vorwörter in extenso behandelt, während ich von den übrigen
Partikeln nur die mir erwähnenswert erscheinenden verzeichnet
und untersucht habe. Die Mängel, die das hier Vorgelegte bietet,
das den Abschluß meiner ,Studien' bilden soll, habe ich durch
einige Zugaben auszugleichen versucht. Vor allem habe ich einen
Index zu den im dritten und im vorliegenden vierten Teile be
sprochenen Pronomina, Numeralia und Partikeln beigegeben.
Ferner habe ich anhangsweise auch Berichtigungen und Nach
träge zu den früheren Teilen zusammengetragen, wie sich mir
solche beim wiederholten Studium” der diversen Mehri-Texte
von D. H. Müller, Hein und Jahn ab und zu wie von selber
1*
4
IV. Abhandlung: Bit tue r.
noch aufgedrängt haben. Auch glaubte ich das gesamte in
allen vier Teilen meiner ,Studien“ verarbeitete reine Mehri-
Materiale, ebenso wie das fremdsprachige systematisch in Glos
saren zusammenstellen zu sollen. Bei Anfertigung dieser ver
schiedenen Listen haben mich meine lieben Schüler, die Herren
Dr. Viktor Christian, Dr. Adolf Grohmann und Dr. Harry Tor-
czyner fleißigst untei-stützt und sei ihnen auch hier für ihre Mühe
mein herzlichster Dank ausgesprochen!
Im übrigen bitte ich meine Leser angesichts der offen
baren Unvollkommenheiten des vorliegenden Schlußteiles um
ihre gütige Nachsicht!
I. Präpositionen.
.4. Einfache.
1. Unter den Präpositionen der Mehri-Sprache kommt
am häufigsten die Präposition be- vor, die, sowohl was ihren
engen Anschluß an das von ihr abhängige Nomen betrifft, als
auch ihrem Gebrauche nach, sich so ziemlich mit dem ara
bischen bi- i und dem äthiopischen ha- fl: deckt. Dieses be
kommt im Mehri natürlich auch als ba-, ha-, bi-, b-, einmal so
gar als bö- vor. Im allgemeinen zeigt es die von Brockelmann
im ,Grundriß 1 präzisierten Bedeutungen seines arabischen Äqui
valentes. Zunächst wird es in lokalem Sinne gebraucht und
unterscheidet sich dann in diesem Falle von einer anderen
Präposition, nämlich birek, s. § 6, ebenso wie arabisch bi- -•> von
arabisch fi ^. Man vergleiche z. B. ba-beyt zu Hause J. 87. 19
(== be-bet H. 64. 9) — gegenüber birek beyt, das soviel als
,dans la maison‘ bedeutet, während ba-beyt mehr mit ,ä la
maison 1 (auf die Frage wo?) sich deckt — b-höurem auf dem
Wege J. 11. 22 (= ba-hdurem J. 62. 2, bi-hdrim H. 40. 23, 65.
27, 100. 16, bi-hörem H. 132. 8 — eigentlich eher ,unterwegs 1 ),
ba-röurem im Meere J. 2. 9 (= be-gdurim M. 107. 13, eher ,zur
See 1 ), ba-msejid in der Moschee J. 102.15 (= be-miejid M. 116.19,
132. 28), be-mekön dome an diesem Orte M. 88. 11/12, bi-bestön
im Garten J. 23. 14, be-hdyq am Ufer M. 108. 4 (zu äth. fhßty:
eig. wohl Bucht [sinws], cf. hebr. p’n), be-hola im Schatten
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
5
M. 111. 4, ba-hayum in der Sonne M. 111. 4, ba-nhalit auf der
Palme J. 60. 3, b-hasabe-s an ihrem Finger J. 11. 3, be-Meser
in Ägypten M. 5. 12, be-Dütän in Dotan M. 3. 7, ba-Sutvahil
J. 130. 29. — Ferner auf die Zeit übertragen z. B. be-wdqet
dorne zu dieser Zeit M. 6. 25/26, be-lilit dikeme in jener Nacht
M. 105. 11, be-nelibr Geltet am dritten Tage M. 19. 4 u. dgl. so
wie z. B. auch ba-qdzam ü-rahmät in Kälte und Regen J. 2.
10/11. — Wie arabisch bi wird auch Mehri be- bei Angabe des
Mittels, Werkzeuges, Preises, Maßes usw. verwendet, z. B.
ba-qanät mit der Lanze J. 18. 12, bx-warqdt mit einem Papier
J. 17. 17, bi-humö mit Wasser H. 65. 30, ba-qdrs um einen
Taler J. 39. 9, bi-nehör für den Tag H. 52. 4 (= ba-nhör m pro
Tag J. 152. 32) u. dgl. — Ähnlich halley ba-halley Nacht für
Nacht J. 57. 21, nhbr bi-nhör täglich M. 6. 21, tayt ba-tdyt eig.
eine um die andere J. 62. 18 u. dgl. — Natürlich werden ge
wisse Zeitwörter auch im Mehri mit be- konstruiert, z. B. nükä
be- kommen mit etwas = etwas bringen, z. B. M. 4. 17/18,
J. 3. 15 u. ö. 1 — herüj be von etwas erzählen M. 2. 12 — widä
be- um etwas wissen J. 21. 8/9, 72. 11, H. 39. 20 u. ö. — himä
be- von etwas hören H. 38. 23 u. ö. —, härus be- eine heiraten,
sich verheiraten mit (einer) H. 46. 6, 75. 22/23 u. ö. — dyjeb
be- Gefallen finden an e., lieben J. 62. 1 u. ö. 2
Anm. Mit Pronominalsuffixen verbindet sieh be- bald vermittelst eines
kurzen, bald vermittelst eines langen Bindevokals, wobei die Art der An
fügung an die bei der 3. P. S. g. m. des Perfektums, s. Studien III, § 23
erinnert: wir finden bell H. 6. 16 u. ö., seltener bih M. 2. 12, 17. 19, sogar
einmal buh H. 104. 23; bis M. 21, 22 u. ö., auch bis H. 13. 17; bülc H. 11.
27 u. ö. und daneben buk M. 78. 9, bok M. 106. 13; bis H. 2. 8 u. ö.; bi
M. 7. 1 u. ö., auch bey H. 121. 10; behem M. 39. 6 u. ö.; bisen M. 4. 5 u. ö.;
bisen M. 4. 5 u. ö.; bikem M. 66. 18, 85. 11/12, H. 21. 3/4; biken H. 3. 8; ben
M. 38. 36, H. 121. 1/8/9, auch bin H. 120. 20.
2. An zweiter Stelle verzeichne ich die Präposition he-
(aucli als ha-, ha-, hi-, h- erscheinend). Dieses he- muß ursprüng
lich die Bedeutung von ,hin zu . . haben und entspricht dem
Gebrauche nach einerseits dem arabischen , ilä, andrerseits
dem arabischen J U-. Etymologisch scheint es mir mit dem
1 Also wie arab. — j .1^..
2 Dies ist bei Beurteilung einiger Textstellen zu beachten, so ist z. B. M.
1. 13 zu lesen äyjib bell ,er liebte ihn' nicht ätgibeh, cf. Studien III, § 30.
6
IY. Abhandlung: Bittner.
5 {- von ’ilä zu identifizieren zu sein, 1 dessen-zweite Silbe -lä
wir in der gleich im folgenden Paragraphen behandelten Prä
position le- wiederfinden werden. 2 Im Sinne von ,hin zu . .
nach' (= ar. Jl) steht he-, z. B. M. 6. 32, 7. 16 ha-bdrr {Jie-
bdrr) hinaus = jrj'-ä. ^ J. 3. 24/26, ha-röurem zum Meere,
J. 17. 12 ha-msejxd in die Moschee, J. 23. 6 ha-bestbn in den
Garten, M. 7. 33 he-hdyd de Yüsef — jj Jl, M. 99. 9
he-mekon dome zu dieser Stelle, J. 9. 6 ha-süq auf den Markt,
M. 62. 7 he-beth nach Hause (eig. hin zu seinem Hause), M. 149,4
ha-Aden nach Aden, M. 4. 18 he-Meser nach Ägypten —
M. 149. 11 he-Jibüti nach Dschibuti u. dgl. — Ungemein
interessant ist es, daß das Mehri dieses he — und zwar nur
dieses he — zur Umschreibung des Dativs gebraucht, also genau
so wie das Arabische hiezu sein li- verwendet, z. B. H. 31. 16
hi-bigret der Kuh (Dativ), M. 4. 9/10 ha-Ismailin den Ismae-
liten u. ö., besonders nach amor ,sagen' z. B. nmor ha-döulet
er sagte dem (zum) Sultan J. 7. 10, amor hehabreh er sagte
zu seinem Sohne J. 10. 12, amor li-ajüz er sagte zu der alten
Frau J. 119. 32 u. ö.
Anm. 1. Wenn das im Dativ stellende Substantivum mit h, 7t, li an
lautet, kann 7i- auch abfallen, vgl. von den zahlreichen Fällen z. B. H. 10, 1
amor hitdyl er sagte dem (zum) Fuchse, H. 78. 9 amfir hodem er sagte dem
(zum) Arbeiter u. ö., besonders handf-h für sich z. B. H. 106. 4 u. ö., natür
lich auch hiandf-k usw. (statt h-liitäyl, h-hodem, h-fyandf-). — Selten steht
für he- wohl auch le, doch nur in bestimmten Fällen, vgl. § 3, Anm. 1.
Anm. 2. In der ersten Bedeutung kann he- auch noch durch vorge
setztes te- ,bis‘, s. § 5, verstärkt werden, z. B. H. 93. 32/33 te he-hU bis nach
Hause, H. 105. 24 te he-bet-h bis zu seinem Hause.
NB. he- mit Pronominalsuffixen umschreibt den Dativ der Personal
pronomina; wir finden heh ,ihm‘ M. 1. 11 u. ö., his ,ihr‘ M. 60. 12 u. ö., hülc
,dir‘ (m.) H. 85. 6 u. ö., M. 2. 17 u. S. (auch 'hole J. 5. 10, H. 140. 28), Ms
,dir‘ (f.) M. 86. 14 (auch hiS M. 81. 26, hirn ,mir‘ und zwar mit dem Tone
auf der ersten Silbe = lii-ni (zum Unterschiede von hin-i ,bei mir 1 , s. § 15)
M. 2. 29 u. 8. (auch Juni, so H. 1. 23 und noch cinigemale), h&hem ,ihnen“
(m.) M. 1. 19 u. ö. (auch hihem H. 108. 32 und noch einigeinale), hisen ,ihnen“
(f.) M. 61. 14, H. 37.24, 110.2/5, helcem ,euch“ (m.) M. 23. 10, 24. 15/16, 3
Mken ,eueh“ (f.) M. 46. 24, hin ,uns“ M. 6. 38 u. 8. (auch hin II. 63. 22).
1 Also h- statt Hamza!
2 NB. le = (JQ) un| i auch = aber nicht s cf. W. Z. K. M.
1913, S. 49, Note 2.
3 H. 13. 14/15 Mkum.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Spraehe. IV.
7
3. Streng zn unterscheiden von dem eben genannten
he- ist le-, das auch als la-, la-, li- und l- vorkommt und dem
Gebrauche nach nicht dem arabischen J, sondern — und zwar,
wie ich denke, auch etymologisch — zunächst dem arabischen
‘alü entspricht. Es scheint mir den zweiten Teil dieses, das
-lä, zu reflektieren, nachdem 'a- abgefallen war; einigemale, aber
nur in bestimmten Fällen, speziell mit gewissen Partikeln ver
bunden, deckt es sich wohl auch mit dem arabischen ’ilä,
cf. § 2, also ’i-lä im Mehri als he = l-(lä) und als le = (ijlä!
Meistens steht le- dort, wo wir im Arabischen setzen
müßten z. B. la-hdyd heinil M. 89. 28 zur rechten Hand, la-
hdyd semil M. 89. 29 zur linken Hand, la-hamil J. 152. 18 zur
Rechten, le-himel J. 152. 18 zur Linken, la-tdul-ek J. 104. 27
nach deiner Länge (ebenso 104. 30/31 la-töul-eh), la-tül da
bsär-i J. 2. 20/21 auf Sehweite, la-mätod-eh J. 83. 6 nach
seiner Gewohnheit, la-hasen warum J. 103. 4 (le-hdsen weshalb
J. 34. 12) la-möjib (= ^.=^4 ^c) da-koltet dime J. 13. 18 laut
dieser Erzählung — seltener im Sinne von ,auf, über' (lokal)
z. B. la-qober J. 4 auf dem Grabe, le-öber de noher M. 12. 25
am Ufer des Flusses (neben tar ober de noher M. 11. 6, cf. § 9),
dann ,an (nahe bei)' le-böb de bet an der Thür des Hauses
M. 23. 38, auch übertragen le-bet-h = M. 25. 30/31 ;
man vergleiche z. B. H. 80. 6 iva-zdkkem la-hinji-hern eig. und
sie schlossen die Türe hinter sich zu, sowie das Vorkommen
von le- in Verbindung mit gewissen Zeitwörtern (im Arabischen
,_As) z. B, (}ahdk le- lachen Uber und J. 110. 5 (ar. cLsr“),
ebenso nogäm le- Zorn haben über J. 1. 8 und besonders ha-
zöub le- um einen schicken, einen holen lassen J. 51. 19. 1
Mehri le- ist aber nicht nur = ar. ( l a)lä, sondern auch
= ar. ( ] i)lä, aber letzteres eigentlich doch nur in Verbindung
mit den Präpositionen hei (el), resp. hene-, cf. § 14, wo es deut
lich den Sinn von ,hinzu' hat und vor gewissen lokalen
1 Hingegen .schicken zu jemandem 1 hazouh la-hdl (resp. le-henfej- t cf. § 14),
welcher Unterschied hei der Übersetzung zu beachten ist, daher z. B.
J. 81. 10 haznub leh nicht = ,er sandte zu ihm* was hazouh le-heneh
wäre, sondern ,er sandte um ihn*, J. 59. 12 hazouh la-bennoy nicht =
,er sandte zu dem Baumeister*, sondern ,er sandte um den Baumeister*
u. ö., aber richtig J. 85. 29 hazouh doulet la-hdl wuzir ,der Sultan sandte
zum Wezir* u. dgl.
8
IV. Abhandlung: Bittner.
Adverbien, wie z. B. in l-bii hierher, la-halok dorthin, la-hön
,wohin?' zu hü ,hier‘, halok ,dort‘, hon ,wo?‘ NB. In Ver
bindung mit Pronominalsuffixen ist le niemals = ar. ^h!
Anm. 1. Manchmal entspricht es einem arabischen J, doch sind dies
nur gewisse Fälle, wo das Mellri-Äquivalent des arabischen li-, d. i. h-, auch ab-
fallen kann. Ich habe den Grund W.Z.K.M., 1913, S. 51, Note 3 angegeben.
Anm. 2. Statt la-(le-) findet sich auch (und zwar bei Hein) einige
wenige Male, mit Metathesis, al- (d-). Die gleiche Umstellung erleiden bei
Hein mitunter auch das Eelativum für den Plural la- (le-), s. Studien III,
§ 53 und die Konjunktion l- (ar. J) und zwar die letztere in der Weise,
daß man z. B. für l-a(dn-h daß er ihn mit der Lanze stoße, wohl auch aUdnh
hört, vgl. auch § 49.
Anm. 3. Mit Pronominalsuffixen — dann immer = ar. — haben
wir leh = M. 4. 11, H. 102. 6 u. ö., Rs = M. 58. 27, II. 95, 13
u. ö , lük — liCJie H. 12. 2, M. 25. 6 und meistens so, auch lulc M. 104. 11,
lok H. 35. 2 (auffällig lak M. 104. 8 neben lulc M. 104. 11 und lelc H. 11. 26),
kiS resp. US = M. 93. 20, li = M. 2. 11, 9. 2, II. 102. 4 u. B.;
lehem = M. 3. 9/10, H. 14. 12 u. ü., seltener lihem H. 122. 9, 127. 10,
sogar Idyhem M. 129. 25, lesen = M. 18. 26, H. 113. 13, likem =
fJ^A.t M. 18. 26, II. 113. 13, ebenso wohl auch liken ttn = LLJis M.
2. 2 u. ö„ auch lin H. 127. 7.
4. An vierter Stelle wollen wir zwei Präpositionen be
trachten, die beide eigentlich ,mit' (lat. cum) bedeuten, näm
lich ke- und se- und von denen die erstere immer nur mit
Substantiven, nie mit Pronominalsuffixen, die letztere hingegen
umgekehrt immer nur mit Pronominalsuffixen, aber nie mit Sub
stantiven sich verbindet.
Die Präposition ke- (auch als ka-, ka-, lti-, k- erschei
nend) entspricht ihrem Gebrauche nach dem arabischen »-* maa
und erinnert, was den Unterschied der Bedeutung gegenüber
dem arabischen cJ" ka- ,wie' betrifft, an äth. ! mesla ,mit‘
gegenüber ar. jAo ,wie‘. Es drückt zunächst die Begleitung
aus z. B. ke-gdyj mit dem Manne M. 47. 5, ke-harmet mit der
Frau M. 33. 1 (Jc-harmat J. 103. 5), ka-gajen mit dem Knaben
J. 47. 23, k-asker mit den Soldaten J. 11. 19, 87. 29 und der
gleichen, aber auch ka-dakeme daher M. 40. 9 (cf. ar. A-)S
,trotzdem' und türk. aEjj —aEjA ,so' aus bu — Su ,dieses, jenes'
und Ab\ ,mit') — dasselbe ke- kommt nun auch ähnlich dem
hebräischen ? bei Zeitbestimmungen vor z. B. k-sobeli am Morgen,
des Morgens M. 8. 27, H. 7. 8 u. ö., ke-fejer mit Tagesanbruch
M. 128. 20/21, J. 17. 13, 95. 20, Ice-zöher zu Mittag M. 23. 24,
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
9
24. 26 (ka-zöhr, Ice-zöhr J. 103. 33, 150. 18, k-alasr (ar. 7 ^a1\)
am Spätnachmittage M. 128. 20/21 (J. 32. 1/2 ka-l’asr), ke-mgaräb
gegen Abend (eig. um den Untergang der Sonne herum) M. 96.
19/20 (ka-mägräb J. 40. 3, k-magräb H. 111. 27), ke-särq bei
Sonnenaufgang J. 111. 24, wohl auch kaldyni eig. nicht ,Abend',
sondern ,am Abend, abends', jedenfalls die Präposition ke- ent
haltend 1 (also = k-aldyni oder ha-ldyni) — dazu vergleiche
man auch M. 35. 35 lce-firo de leMbet M. 44. 28
ke-mmt-h bei seinem Tode = AJyc , M. 51. 12 ke-ivdqet
d-'mtue zur Essenszeit.
Anm. In den Ausdrücken Ic-sobeh am Morgen, morgens usw. wird das
Je- von der Sprache nicht immer als Präposition gefühlt, sondern sie nimmt
Jc-sobeJi wohl auch einfach für sobeJi (ohne Je-). So finden wir nicht nur z. B.
te Jc-sobeJi bis zum Morgen M. 54. 7/8, 9/L0, 81. 4, 125. 4, 2 oder men Jee-sobeJi
vom Morgen an . . . M. 50. 4 u, dgl., sondern in auffälliger Weise auch in Ge
netivverbindung M. 40. 23/24 hei dau de Jc-sobeJi = *>«**£> M. 88. 5/6
Süqifem te fird nejm Jce-soJ)eJi wtl. ,sie schliefen, bis aufging der Morgenstern'.
Vor Pronominalsufiixen wird, wie bereits erwähnt, nicht
ke-, sondern se- gebraucht = ,mit, in Gesellschaft von . . .' Die
dabei sich ergebenden Formen sind folgende: ,mit ihm' seh
oder sih M. 5. 25, H. 99. 15, ,mit ihr' sts oder ses M. 6. 24,
H. 95. 32, M. 48. 23, ,mit dir (m.)‘ sük oder suk J. 11. 14,
H. 63. 3, M. 85. 5, H. 126. 6, ,mit dir (f.)‘ sti H. 99. 33, ,mit
mir' si M. 22. 19, auch sey H. 107. 27, 108. 4, ,mit ihnen (m.)‘
sehevi M. 6. 36, auch Sihevi H. 52. 31, resp. sihem H. 106. 16,
,mit ihnen (f.)' sisen H. 40. 2, auch sesen M. 120. 30, ,mit
euch (m.)' sikem M. 18. 36, 21. 19 (auch sikim M. 140. 36),
,mit euch (f.)' siken H. 104. 19/20, ,mit uns' sen oder sin M, 22. 2,
H. 140. 20, H. 99. 20 (auch sien M. 140. 19).
NB. Mittelst dieses $e- und den Pronominalsuffixen umschreibt das
Meliri unser ,haben', cf. Studien III, § 42, Anm. 1.
5. Bloß aus einem Konsonanten und darauffolgendem
Vokal besteht auch die Präposition te (eigentlich te) ,bis, bis
zu', bei Jahn auch ta geschrieben. Als Grundform haben wir
1 Ist mir etymologisch bis jetzt noch dunkel. Jahn dachte an griech.
yabjpj] Windesstille, Meeresstille, doch folgt auf das l von Jcaläyni eigent
lich ein £, wie das Öjjauri uns beweist.
2 Wenn nicht auch die folgenden Fälle vorkämen, könnte man te Jc-snbeh
in den angeführten Textstellen auch nach § 45 erklären.
10
IV. Abhandlung: Bittner.
jedenfalls tä anzusetzen, das an diverse Äquivalente in anderen
semitischen Sprachen anklingt, auch als Konjunktion vorkommt
und merkwürdigerweise in seinen zweifachen Funktionen auch
genau dem neupersischen Ansdrucke für ,bis, bis zu; sobald
als', nämlich tä entspricht. Etymologisch wohl aus (a)tä, resp.
( 3 a)<ä = ( __ 5 Xs = und so ähnlich entstanden wie z. B.
fern ,ihr' oder ten ,ihr' f. aus (a)tem und (a)ten für attem und
atten aus (intern und anten, s. Studien III, § 4, S. 9. Für
sich allein finden wir das Wörtchen selten vor einem Nomen
als Präposition, wie z. B. te rikbet-h bis zu seiner Stadt H. 97.31,
te beyt gdyj-is bis zum Hause ihres Mannes H. 76, 14, te yom
miyut-h bis zum Tage seines Todes M. 32. 17, te Soqdtra bis
nach Soqotra M. 148. 23 u. dgl., häufiger steht es vor Adver
bien oder adverbiellen Ausdrücken, wie z. B. te imö bis heute
M. 40. 11, te büme bis hieher M. 40. 19 usw. — siehe unter
Adverbien — sowie in Verbindung mit anderen Präpositionen,
wie z. B. ta-la-bob bis ans Tor J. 1. 3, te he-bet bis zum Haus
H. 93. 32/33, te tarjibel bis auf den Berg H. 19. 22, te hal sij-
rit bis zum Baume H. 31.29, te al-gdt-h bis zu seiner Schwester
H. 103. 1 u. dgl., wovon noch bei den betreffenden Propositionen
die Rede sein wird.
NB. Dieses te (te), das ,bis‘ bedeutet, nimmt nie Pronominalsuffixe
an und ist nicht zu verwechseln mit jenem te, das, mit Pronominalsuffixen
versehen, den Akkusativ der Pronomina personalia separata vertritt, s. Stu
dien III, § 41.
6. Dem arabischen fi und äthiopischen ID'tl’l' •
(westa) entspricht im Mehri das Wörtchen birek (berek) ,in‘
und zwar auf die Frage ,wo ?' und auf die Frage ,wohin ?',
eigentlich ,drinnen in, mitten unter, hinein in‘. Jahn teilt berek
in be und rek ab, bringt es im Wörterbuche unter be und be
merkt ausdrücklich, daß dieses berek, das in Gäydat mit Pro
nominalsuffixen auch als berk- vorkomme, eine Zusammensetzung
von be und rek sei, ohne dieses letztere etymologisch zu er
klären. In Wirklichkeit gehört aber das be zur Wurzel und ist
berek (berk) ursprünglich wohl nichts anderes als ein Nomen
und mit dem assyrischen qirib ,in‘ (qirib = hebr. ,In
neres') identisch. Wie dieses berek in seinem Gebrauche sich
von be- in lokalem Sinn unterscheidet, ist bereits oben, § 1
angedeutet worden; man vergleiche z. B. birek beyt (bet) im
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
11
Hause H. 85. 4, 98. 20, 130. 14/15, berek rahbet im Lande
J. 46. 21, 62. 14, birek rihbet in der Stadt H. 17. 15, 53. 2,
59. 22, 88. 25, 92. 31, 124. 7, birek bir in einem Brunnen
M. 3. 34 (j-tJl (ji), birek dulckdn im Laden H. 135. 2, berek
süq auf dem Markte J. 69. 28, berek jibäl auf dem Berge
J. 78. 33, ebenso in birek beyt (bet) in das Haus H. 22. 23/24/25,
136. 30, birek mejles (mijiles) in den Sitzraum, in das Sitz
zimmer H. 6. 15, 136. 31, birek liäzen in das Schloß H. 44. 27,
birek äaurim ins Meer M. 10. 7, 11/12, birek siwöt ins Feuer
H. 120. 17, birek nahlit auf eine Palme H. 62. 10 u. dgl., auch
birek begur unter Kühen (nämlich mitten unter) H. 3. 18
(ar. ;£?), birek ajzon unter den Frauen H. 57. 7 usw. — Daß
berek ursprünglich ein Nomen sein muß, ersieht man daraus,
daß man min berek eig. ,aus dem Innern heraus' sagen kann,
z. B. min birek liimü (liumü) aus dem Wasser H. 31. 12, 40.
12/13, 117. 5/6, min birek hdfl-eh aus seinem Bauche H. 93.
14/15; auch finde ich einmal le-birek jdbyet in die Badewanne
H. 40. 8 (wo also le- = ist).
Wenn diesem birek Suffixe angehängt werden, scheint die Betonung
zu schwanken. Jahn gibt in seiner Grammatik S. 123 unten (fälschlich
unter be-) an: berki, berlcelc, berlces, berkeh (brkeh), berlcis (brkis) usw.‘ Man
beachte besonders die 2. P. S. g. m. berk-ek (also birk ursprünglich qitl-
Form) und vgl. auch M. 14. 34, 44. 27 birk-eh. Von Pluralsuffixen finde ich
die der 3. P. m. u. f. an birek- wie folgt angefügt: birlc-e-hem M. 63. 10,
birk-i-sen H. 70. 33, birk-e-sen H. 123. 15.
7. Zum Mehri-Aquivalente von arabisch cjt und äthio
pisch • nämlich men (min) ,aus' ist nichts besonderes zu
bemerken, höchstens, daß es in seinem Gebrauche, wie ich
denke, auch dem arabischen ^ entsprechen kann. Es kommt
sehr häufig vor. Interessant ist, daß das n einem folgenden,
wortanlautenden r assimiliert werden kann, z. B. mer-rahbet
aus der Stadt J. 1.2, 39. 3, 64. 8, 149, 12. Sonst ist zu be
merken, daß es auch distributiven Sinn hat, z. B. min dlam
dlam je ein Merkmal H. 35. 20, anders in jimdt man jimat
allwöchentlich, resp. von Freitag zu Freitag J. 8. 2.
Anm. 1. men (min) findet sich auch vor anderen Präpositionen, z. B.
vor birek, cf. § 6 und anderen.
Anm. 2. Werden Pronominalsuffixe angehängt, so finden wir den Ton
bald auf min (men), bald auf dem Suffix, nämlich min-6h (men-ili) M. 30. 4,
127; 14, 26. 4 aber auch min-h H. 105. 6 und m(n-eli M. 24. 36, 60. 11,
12
IV. Abhandlung: Bittner.
64. 8, J. 11. 7 (min-ah ohne ihn H. 51. 13/14) neben men-h H. 8. 14; mens
M. 37. 34, 81. 3, resp. mins H. 1. 13, 40. 5, 57, 6; men-k M. 10. 9, 12. 17,
15. 8; men-s M. 47. 24, 80. 17; mtn-ni M. 6. 17, 55. 3, men-ni M. 108. 8, min-i
M. 29. 29 (aber men-t J. 44. 15); mln-hem M. 18. 8, 111. 2 und men-hem M.
37. 15 gegen min-hem M. 19. 31, 141.25 und men-hem M. 18. 1 (min-hem H.
41. 18, 107. 20, min-hem H. 101. 18, 116. 3); men-se7i M. 138. 35 gegen men
gen H. 40. 2, minsen H. 15. 27, 75. 23/24, 110. 7); min-kem M. 18. 33, 141,
34/35 gegen min-kem H. 41. 18, 107 20, M. 20. 81 (men-keni M. 18. 1); aber
min-en M. 22. 12, H. 94. 11 und min-in II. 39. 21, 58. 12, 94, 9.
Aura. 3. min steht natürlich auch nach dem Komparativ für unser als
z. B. azem min-ni M. 6. 16/17 = 1
8. ,Zwischen' und auch ,unter (inmitten von)' heißt beyn
(bayn, ben, bin), ar. z. B. beyn hitem ü-röurem zwischen
dem Himmel und dem Meere J. 91. 8, bayn hajirü-he unter
seinen Dienern M. 10. 17 (»,x~£ erst), ben Home de nükam
unter denen, die hinkamen ('ji'l crz?)- Vor Pronominal
sufiixen lese ich einerseits beyn — also talequale — z. B. bin-l
wa-ben-is zwischen mir und dir (f.) M. 48. 4 (c/A-o^ an-
dererseits beneive- und bene- z. B. benuivehem zwischen ihnen
J. 96. 6 (vielleicht im Anklang an feneice- cf. § 11) oder bene-
wen hälfet zwischen uns ist ein Eidschwur M. 110. 4/5, aber
auch bineliem M. 64. 25, J. 108. 5 (binehem M. 19. 29/30 =
benahem J. 1. 11, resp. benen (blnen) helfit (haifit) zwischen
uns ist ein Eidschwur M. 96. 1 (107. 3). 2
9. Unserem ,iiber, oberhalb von, auf' entspricht im
Mehri eine Präposition, die eigentlich tir (tayr, teyr) lautet und
etymologisch ganz entschieden mit arabisch yfö ,der Rücken'
zusammenhängt. Dieser Identifizierung steht absolut nichts ent
gegen. 3 Dem arabischen t. entspricht auch in einigen anderen
Fällen im Mehri ein t, cf. z. B. tohr Mittag H. 36. 2 = ar.
atäym bedeutend, großmütig = ar. und was das vermißte
1 Im Sbanri steht in diesem Falle 'an (ar.
2 Bei Jahn (Texte) ist S. 147, 5 zu lesen hu he-namat da-bäli wörtl. ,ich
bin in der Gnade Gottes 4 , nicht hu ben amat da-bdlt und ist dieses amdt
aus dem Wörterbuche, s. S. 164 amat ,Hilfe 4 , zu streichen, indem be-
namat soviel als ar. ist. Bei Hein, S. 121, 23 ist statt bauicihem
natürlich bamvihem zu lesen (ebenso auch in Bd. VII, S. 32. 17) d. i.
banw-i-hem (= bemc-e-hem).
3 Insbesondere spricht das Soqotri (tharj für diese Etymologie. Identisch
mit obigem tir ist assyr. sir ,auf, gegen 4 , zu dem man auch noch sbanri
zer vergleichen möge.
!
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
13
h betrifft, so kann es zu y geworden sein — dann wäre also
tayr = tahr oder es könnte tir ------ ter mit Imale für tar -----
tar = tahr stehen. Meinem Dafürhalten nach ist vielleicht
der zweite Erklärungsgrund besser, weil diese Präposition vor
Substantiven enttont als tar vorkommt, während sie vor Pro
nominalsuffixen als tir und tayr (teyr) erscheint. Man ver
gleiche z. ß. tar hob über die Türe J. 1. 19, tar sdtah auf dem
Dache J. 2. 5, auf das Dach J. 2. 10, ye dlqen-ek tar jenzefüt
er wird dich an (auf) den Galgen hängen M. 10, 10 ( L u£jü-*j
tar ober de noher auf dem Ufer des Flusses M. 11.6
(j-f-'-fi ubUo ( _ s iü), rikeb tar firliin er ritt auf einer Stute H, 22.
29/30, 44. 17/18, 75. 16 (Imperfektum yeriköb tar firhm H. 28.
16), tar beyt über dem Haus H. 55. 6 jjy), tar hendul
auf der Liegebank H. 90. 21, tar bir am Brunnen (eig. oben
am Brunnen) J. 3. 20, H. 63. 11 (J. 102. 16 zum Brunnen,
H. 31. 19 an den Brunnen), auch übertragen tar rihbet-i über
meine Stadt H. 36. 16/17 (mit ,herrschen'); auch kommt tar vor
in Verbindung mit hadom eig. ,Arbeit leisten über etwas, wohl
einer Sache dienen' cf. J. 69. 1, 87. 15, auch 90. 27/28.
Daß tar ein ursprüngliches Nomen sein muß, ersieht man wie bei
bir6k daraus, daß ihm andere Präpositionen vortreten können, wie z. B. he in
he-tär bb'-eh bis über seinen Brunnen H. 103. 19 oder min in man tar häyr
vom Esel (vom Esel oben herab) J. 8. 16, men tar hendul vom Bette J. 54. 1
— dieses min tar hat oft den Sinn eines temporalen ,nach‘, z. B. min tar
diyeft nach dem Gastmahl H. 76. 5, min tar(i) iSe nach dem Abendessen H.
30, 27, min tar ars nach der Hochzeit H. 95. 5, min tar fSa (= fSa, f6e,
richtig ,nach dem Essen 4 , nicht ,vom Essen 4 (= min bad el gada) H. 14. 7,
daher auch J. 49. 19/20 men tar zalöt gaseroioen nach dem Gebete am Abend;
ähnlich min tar derehim wegen Geldsachen M. 149. 5/6.
Bei Hein kommt statt tar auch der (mit d statt t, cf. Studien III,
§70, S. 82, Note 4) vor, 83. 14/15 und 106. 35 lia-der humii zu einem Wasser
(vgl. auch 4, 12/13 der = tar).
Mit Pronominalsuffixen: täyr-eh J. 10. 9, M. 3. 32 teyr-eh
J. 74. 29 tir-eh H. 111. 14 (ter-eh H. 38. 29); tdyr-es M. 55. 17,
tdyr-is H. 103. 31, fir-s H. 102. 22/25; tayrek, auch tir-ek
H. 101.28; tdyr-es J. 104. 7, tayr is M. 55. 15, tir-iS H. 85. 25;
tdyr-l H. 10. 15 — also mit Singularsuffixen durchwegs tdyr-
(mit dem Ton) — aber, nach Jahn, mit den Suffixen der 3. P.
PI. g. (m. und f.): tayr-e-hem und tayr-e-sen, während M. 114.
27 für das letztere tdr-sen ,auf ihnen' hat — dann wieder tdyr-
e-kem, tdyr-e-ken, tdyr-en.
14
IV. Abhandlung: Bittner.
10. Den Gegensatz zu tar (tayr-) bildet nhali ,unter,
unterhalb von*, das etymologisch sehr interessant ist. Ich stelle
das Wörtchen zu hebräisch bnj ,Tal* Und verweise hinsichtlich
des Bedeutungsüberganges auf Mehri hoter, das sowohl ,Tal*,
als auch ,unten* bedeutet. Auffallend ist das auslautende i und
ferner der Umstand, daß es sich die Pronominal-Suffixe des
Singulars in der Form von -he. -se, -he, -se und -ye anhängt,
also als Plural gilt, cf. Studien III, § 7, wobei die Sprache
das -i gleich als Bindevokal gelten läßt. Neben nhali finden
wir wenige Male auch anders geschrieben, nhdlli, inhdli,
enhdli, einmal bloß häli (z. B. M. 123. 32, H. 38. 22, M.
51. 4/5, M. 69. 8 und das letzte H. 21. 33). Zur Bedeutung
,unter, unterhalb von* (auf die Frage ,wo?), resp. auf ,unter*
(auf die Frage ,wohin?) vergleiche z. B. nhali sijerit unter
einem Baume J v 31. 5/6, nhali nähel unter die Palmen J.
104. 1/2, nhali hereh unter seinem Kopf M. 82. 11 inhdli qa-
tafef-eh unter seinen Fittigen M. 54. 4/5 (^a-U^. cusdfi in
hdli hlmit unter einem Zelte H. 38. 22, inhalli heres unter
ihrem Kopf M. 123. 32, enhdlli arhiyyet unter die Araberin
M. 69. 8 — mit etwas modifizierter Bedeutung men nahdli
§hüd vor Zeugen J. 6. 19.
Mit Pronominalsuffixen z. B. nhdli-he, so M. 147. 23 in
men nhdli-he au seiner Stelle, nlidl-se unter ihr H. 110. 29/30/31,
nahdl-ke J. 37. 4, hem hadim e nhdllce sie sind Diener unter
dir M. 144. 6/7 (so zu lesen statt hem hadim men nhälke), min-
hdlliye H. 10. 16 eig. von unter mir (= min nhdl-i-ye).
11. Den Sinn von ,vor* — lokal und temporal — haben
fenuwen (auch finuwen), fenowen (auch fenowen) und fenuw-
{Jenow-, finuw-, finow-), sowie fene (fini), welche Formen alle
wohl zu einer Wurzel fnw gehören und so mit äth. ; und
hebr. in Zusammenhang zu bringen sind. Ich finde fenuwen,
fenowen und fene vor Substantiven und zwar z. B. fenuwen
Firdun vor Pharao M. 15. 32/33 (o?G* fUi), finuwen gdyj vor
dem Manne M. 23. 9 finuwen ayent-i-hem vor ihren
Augen M. 19. 34/35 ?G>1), fenuwen jizö de hayüm vor
dem Untergänge der Sonne M. 37. 8/9 f e ~
nuwen hdzan vor dem Schlosse J. 78. 4 (fenuwen lidzan-eh
J. 105. 16) — fenowen hob vor dem Tore J. 59. 17, fenowen
qallien vor den Knaben J. 62. 25, fenowen mrahbät vor der
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 15
Schule J. 63. 1, fenöwen fejer vor der Morgenröte J. 101.
35/36/37 (aber 101. 20/22 fenuwen fejer), fenöwen zohr vor
Mittag J. 63. 11, auch fenöwen kam yöm vor wieviel Tagen?
J. 1. 14. — fene bet da-qdcli gegenüber dem Gerichtshause,
mit Vorgesetztem te in te fini rihbet bis vor die Stadt H. 45.
20. Vor Pronominalsuffixen zeigt sich nur die Form fenuw-
(fenow-, finuw-, finow-) und zwar finuw-eh (fenuw-eh) vor ihm M.
15. 18/19 (25. 21), mit min in men fenow-eh — ^ M. 25.
25/26, dann fenük vor dir M. 22. 25 (= J. 155. 22
(temporal) — wohl aus fenuwek kontrahiert, ferner fenü-l vor
mir = M. 9. 6, 9. 9, aber finow-l M. 124. 9 und endlich
finuw-e-kem vor euch M. 30. 13/14 (= ,Aüü.>.s), sowie finow-e-
hem vor ihnen M. 43. 38 (= und fenow-e-hem J. 63.
13/14. Allem Anscheine nach steht das vor Suffixen gebrauchte
fenuw- für fenew- aus fendw- — äth. : (für fend-w), das,
enttont, sein ä verkürzen mußte. NB. fenü-l wäre = fenöw-l,
cf. finow-i. Was fenuwen und fenöwen betrifft, so ist vielleicht
letzteres und zwar als fenöw-en das ursprünglichere, d. i. fendw
mit Nunation und fenuwen nur unregelmäßig auf der Endung
betont, wenn wir fenuwen nicht etwa als äußeren maskulinen
Plural von fendw, cf. Studien I, § 45, zu fassen haben = fe-
nöw-in (also für fenew-in, fenuw-in über fenäw-in). Das seltene
fene (fini) scheint mir für fend ohne -w zu stehen, also ganz
identisch mit äth. : fend zu sein.
12. Den im vorstehenden angeführten Präpositionen
vom Stamme fnw — ,vor' (lokal und temporal) steht in lokalem
Sinne ser (sir) ,hinter', in temporalem bdd ,nach‘ (= ar. ^*-j)
gegenüber.
Von diesen beiden Vorwörtern, die beide auch mit Pro
nominalsuffixen versehen werden können, bedarf nur das erste
einer etymologischen Erklärung. Der Ausdruck ser (sir) scheint
mir für (e)ser zu stehen und mit arabisch ,Spur' identisch zu
sein, das ja auch im syrischen (aus ba- und atar), wie neu
persisch pey Spur im Sinne eines lokalen post, im Sinne eines
temporalen post verwendet wird. Wir finden z. B. ser (sir) rah-
bet hinter der Ortschaft (hinter dem Orte) J. 74. 27/87. 18),
ser yau-he hinter seinen Brüdern M. 3. 6 (^>^-1 4j>) — einige-
male bei M. auch ser z. B. 16. 11 ser gayüj Jhjyb 80. 2
ser deqal hinter den Mast u. dgl. mehr.
16
IV. Abhandlung: Bittner.
Mit Pronominalsuffixen sir-eh M. 65, 14/15/21, ser-is
M. 119. 21 (sir-is H. 47. 14), ser-ük H. 26. 1/2 (sir-ük H. 100.
24), ser-i M. 93. 21 und sir-i (= sir-i) H. 26. 3, sir-ehem
J. 30. 24 (sir-ihem H. 101. 2, 107. 16/17), ser-isen M. 11. 3
(sir-isen M. 11. 18, H. 62. 15).
Anm. 1. Bei Hein kommt statt ser (sir) — wohl über ein ser e (sir
e, 5er i, sir i) — auch sere, sire, seri, siri vor Substantiven vor, z. >B. seri
(siri) rihbet hinter der Stadt H. 44. 16 (93. 26), sire beyt hinter dem Hause
H. 124. 2/3, seri gdyjis hinter ihrem Mann H. 121. 11 — sogar sire, siri,
z. B. 127. 2 sire hardunse hinter ihren Ziegen, 141. 9 sii’i bet hinter dem Haus.
Anm. 2. Den ursprünglich nominalen Charakter von ser beweist die
Verbindung mit der Präposition le- (= ar J\) zu la-ser, vgl. J. 93. 6 la-
ser-eh, J. 93. 3, 94. 5 la-srulc (= la-ser-üJc).
13. Zum Gebrauche des temporalen bäd (arab. o-jo)
vergleiche man z. B. M. 6. 7 bäd emür lidme s j.*
M. 31. 19 bäd dekeme 1 J. 2. 24 bäd hayyöm nach
einigen Tagen und dgl. mehr. Dem bäd, das J. 78. 1 auch als
bad bringt, kann auch ein men (arab. cjf) vorgesetzt werden
und dann erhalten wir nicht bloß min bäd z. B. M. 76. 26/27
min bäd salät nach dem Gebete, sondern auch mbäd z. B.
J. 156. 7/8 mbäd ivdrh-i trü nach zwei Monaten, M. 73. 8 im-
bäd imö eig. ,von heute an' (statt ,von diesem Tage', im Arab.
min el-yaum) cf. H. 17. 5 bäd imb.
Mit Pronominalsuffixen lese ich bei Jahn vibäd-eli ebenso
H. 11. 10 bäd-eh, aber bäd-is M. 51. 18, H. 124. 29 (baad-is H. 53. 16), dann
sowohl bäd-üJc nach dir H. 11. 6/8, als auch einmal bäd-dlc M. 57. 2, ferner
bäd-i J. 29, 15, aber bäd-i II. 11. 6, endlich bäd-e-hem J. 19. 23, 78. 17, bad-e
hem H. 100. 34, bäd-i-sen M. 13. 36/37, (bäd-i-sen H. 9. 10), bäd-i-ken H. 17. 2.
14. Äußerst interessant sind die Ausdrücke, die das
Mehri im Sinne von arabisch ? bei' und ,zu, hinzu' ver
wendet. Dem .x-tc entsprechen vor Substantiven hei (hal, auch
el, al), vor Pronominalsuffixen hene-, dem vor Substantiven
le-liel (la-hdl, auch lei, lal), vor Pronominalsuffixen nicht nur
le-hene-, sondern auch ein als tewol- anzusetzender Ausdruck.
Was zunächst hei (hal) betrifft, so scheint es mir mit dem
relativen Adverbium des Ortes hei (hal) ,wo' (aus Mehri hall
,Ort') identisch zu sein. 1 Neben hei (hal) finden wir bei Hein
1 Zu hal (hei) ,bei, zu‘ und ,dort, wo 1 vgl. was die beiden Bedeutungen
betrifft, äth. "Irrt :•
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 17
auch el (al). 1 Daß hei (lial) ursprünglich ,Ort' bedeuten muß,
ersieht man auch daraus, daß dieses Wörtchen, besonders in
Verbindungen mit Ausdrücken für Örtlichkeiten nicht immer
bloß das Verweilen ,bei' (also ,neben'), sondern auch ,an, in,
auf solchen bezeichnet. Zunächst steht es so für sich allein
auf die Frage ,wo?‘ z. B. hol hib-is bei ihrem Vater H. 135. 11,
hal hdm-es bei ihrer Mutter H. 44. 3, hal rih(h)od dekme bei
jenem Wäscher H. 48. 33, hal hdbü bei den Leuten H. 1. 23,
al ddulet tdd bei einem Sultan H. 143. 1, al ajüz bei der
Alten H. 63. 1/2, aber auch mit Ortsbestimmungen hei Sakim
in Sichern (<o-^L£o j-U) M. 2. 21/22, hal amel auf einem Saat
feld H. 132. 18 (wtl. am Orte — hall — eines Saatfeldes), al almet
in der Schule H. 99. 29, al bir tit an, bei einem Brunnen
H. 104. 22 (hier nicht = la-bir al jibel bei dem
Berge H. 127. 9. — Auf die Frage ,wohin?', auf die, wie
gleich im folgenden gezeigt werden wird, meistens le-hdl (la-
hdl, l-el, l-al) gesetzt wird, kommt hei (hal, el, al), so ohne
le-, la-, l- seltener vor, z. B. hal ddulet zum Sultan H. 8. 1,
47. 17 80/81 (== la-hal ddulet H. 84. 5), al bdl-eh zu seinem
Herren H. 38. 20, hal ajüz zu einer Alten H. 59. 2, meistens
steht le-hel (la-hal, l-el, l-al) z. B. la-hdl harmet-h zu seiner
Frau H. 138. 1, la-hdl fil zum Elefanten II. 114. 32, la-hdl
molem zum Lehrer J. 112: 28, l-hel tennür zum Ofen M. 72. 5
l-hel häyb-ehem zu ihrem Vater M. 1. 6 (^.oi ^j), Z-aZ (lal)
ddidet zum Sultan H. 57. 9, l-el (lei) fil zum Elefanten H. 56. 6,
aber auch la-hdl beyt zum Hause H. 75. 21/22 l-hel hetem zum
Himmel M. 35. 6, l-al bir zum Brunnen H. 105. 16, l-al almet
zur Schule H. 92. 6. Auf die Frage ,woher?' steht min (men)
hal (hei, al, el) z. B. min hal hib-eli von seinem Vater her
H. 108. 18/19, men hal ddulet von dem Sultan her J. 85. 23,
M. 62. 3/4 (men hei ddulet), min el liim-ah von seinem Schwager
her H. 55. 1, men hei molirn vom Meister her M. 72. 18 min
al almet aus der Schule H. 91. 26.
Mit Pronominalsuffixen verbindet sich hei (hal, al, el) nie. ^Yenn
wir bei H. 123. 21 lial-hem ,bei ihnen 4 finden, so ist diese Stelle aber eigent
lich als ,dort, wo sie (hal hem) sind 4 zu fassen.
1 Nicht zu verwechseln mit aus le- (la-) umgestellten el- (al-), das einer
seits Präposition (== ar. andererseits der Plural des Relativpro
nomens (= äth. hAo sein kann, s. § 3, Anm. 2 und Studien III, § 53.
Sitzungsber. d. pliil.-hist. Kl. 174. Bd. 4. Abli. 2
18
IV. Abhandlung: Bittner.
Anm. Jahn schreibt in seinen Texten z. B. 52. 15 har rahbet ,in eine
Ortschaft' (59. 14/15 har-rahbet in das Land), als ob har = hol wäre, mit
Assimilation des l an das folgende ?*, ebenso 53. 6 har-ribdh ,zu seinem
Gefährten', und erklärt 78. 33 das dort wieder vorkommende har-ralibet in
Note 1 als ,fiir hal-rahbU 1 stehend, wogegen er auf der folgenden S. 79. 33
wieder ha-rhabet hat. Es läßt sich wohl nicht genau entscheiden, ob es
eig. hol. rahbet oder ha-rahböt ist, doch scheint mir das letztere speziell bei
rafybet besser (ha- = Jp, bei ribä(h) hingegen wieder hal.
15. Vor Pronominalsuffixen wird an Stelle des eben
besprochenen hei, resp. le-hel mit denselben Bedeutungen, näm
lich ,bei‘, resp. ,liin zu' nur hen(e)- resp. le-hen(e)- gebraucht
(statt hen- liest man auch hin-, hn-). Etymologisch ist hene,
ursprünglich wohl hene, soviel als arab. L-*>, hebr. näH, wie
auch Jahn meint — insbesondere beachte man uS'Ua dort (wtl.
wohl ,an deiner Stelle'). Regelrecht bleibt die erste Silbe von
hene- bei Anfügung von Pronominalsuffixen unbetont: so finden
wir heneh M. 6. 3, 29. 28 (hineh H. 13. 1), henis M. 41. 21 (hinis
H. 38. 5), henük M. 9. 25 (hinük H. 11. 26, 75. 30/31, auch
henük M. 62. 21/22, henök M. 66. 11/12, henök M. 128. 25, mit
Vokalharmonie hunük H. 27. 4), henis (hinis, aber nicht hin-
ni§) H. 13. 9, 13. 13, heni M. 109. 15 (aber heul =
M. 20. 31, 64. 7, liini M. 69. 14, ebenso M. 132. 14/15, wiewohl
sonst him == ,mir' ist, cf. § 2, Anm. 2), auch hiney H. 121. 31,
henehem M. 8. 17 (hinihem H. 41. 10, 113. 6, auch hinehem
H. 14. 6), henisen und hinisen H. 93. 1, dann henekem, hen-
eken, henen M. 62. 16. 1
Ebenso wie dem hei werden auch dem hen(e) die Präpositionen le-
und men vorgesetzt, z. B. la-hineh H. 87. 30, la-hneh zu ihm hin H. 56. 15,
le-hnis zu ihr H. 102. 15 (103. 2. 7) u. dgl., ebenso men hen-ih (sj^£
J. 15. 3, min hin-w (Iaj^s ^o) H. 110. 15.
16. Neben le-hen(e) mit Pronominalsuffixen kommt, und
zwar gleichfalls nur mit Pronominalsuffixen, in derselben Be
deutung auch ein im Status absolutus als teiväl- anzusetzendes
Element vor, das entsprechend den Mehri-Lautgesetzen von
1 Vor Substantiven steht, wie bereits aus § 14 zu ersehen, hei, nicht heni.
Bei M. 1. 3/4 heißt es zwar we-he galdm heni (so ist zu lesen statt hene)
bit e Bilha u-bit e Zilfa als Übersetzung von 3*3
LaJj > doch hat der Übersetzer das Arabische eben nicht auf
gefaßt; er dachte: ,und er, der Knabe, bei ihm (hene — heneh) [waren]
die Bdnü Bilha und die Bänü Zilfa‘ (er nahm und JjL)Ij
als Stammnamen).
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 19
Pronominalsuffixen — und zwar wird es als Plural behandelt,
cf. Studien III, § 16 — als tewäl-, tuwel-, tuwül-, tül- erscheint.
Was die Herkunft von tewäl betrifft, erinnert es mich an syrisch
l’wäth und scheint mir mit diesem identisch zu sein, da
gegen die Metathesis tewäl — lewät vom Standpunkte des Mehri
aus nichts einzuwenden ist. Wir finden z. B. tuwül-i-he zu ihm
hin M. 105. 4 (aus tewel-i-he), daneben tuwül-e-he M. 24. 30,
tuwül-he M. 3. 26, 133. 20, tül-i-he M. 127. 25 (zusammenge
zogen aus tuwül-i-he = tewel-i-he), tül-e-he M. 142. 16 (einmal
tuwül-eh M. 27. 31); tuwül-i-se M. 40. 17; tuwül-e-ke M. 29. 16
und tuwül-lce M. 2. 16/17, 21. 17, 26. 26; dann tuwülie M. 7. 11,
19. 13, 24. 19 (= tuivül-i-ye) neben tuwül-e-ye M. 7. 1 und tülie
M. 30. 33 (cf. tid-i-he, tül e-he); tuioül-i-hem M. 2. 25, 8. 26/27,
19. 32, 24. 20; tuwülien M. 7. 13. NB. Die ursprünglichen
Formen zeigen sich bei Hein, und zwar neben den bei Müller
und Jahn zu findenden z. B. tuwel-hem H. 6. 16/17, tawäl-i-hum
H. 83. 16.
Anm. Einige wenige Male kommt auch — aber nur bei Hein — das
ganz entschieden nur mit äthiopisch (D m ltlÄ s längs, entlang, aipharisch
,versus 4 zusammenzustellende wad-(wed-), und zwar vor Pronominal
suffixen als Synonym von hen(e) — resp. mit Vorgesetztem le- (= ^\) als
Synonym von le-henfe) bezw. tewäl — vor. Ich notierte mir wad-is l
H. 6. 22, wed-is (wed-is) zu ihr H. 51. 29 (120. 25), wad-e-hem zu ihnen H.
53. 4, sowie lüd-eh zu ihm, lüd-i zu mir H. 141. 18/19/20 (wohl aus l-wed-
mit beachtenswerter Betonung — wobei iced doch so viel als ar. sein
dürfte — auch äth. nicht bloß manus, sondern auch pars, latus; vgl.
auch hebr. *IJ und syr. j-* in ähnlichen Bedeutungen).
B. Zusammengesetzte.
17. Neben den bis jetzt erwähnten Vorwörtern kommen
auch einige als Präpositionen gebrauchte Verbindungen der
Präpositionen le- und he- mit sofort als Substantiven erkenn
baren Elementen vor. Solche sind
a) li-jire ,wegen, umwillen' aus le- = ar. und jire
einem Nomen von *jry, ähnlich dem hebräischen -iöj>3 gebildet,
mit Pronominalsuffixen oder mittelst de angeschlossenen Gene
tiven. Z. B. li-jire-kem euretwegen M. 47. 10/11, li-jire-hem
ihretwegen M. 47. 9/9, li-jire-k deinetwegen M. 74. 24, li-jire-s
deinetwegen (f.) M. 87. 12, li-jere-h seinetwegen; deswegen (^JJ)
M. 19. 20, li-jire de hähez eig. wegen der Brote M. 16. 34, li-
2*
i
20
IV. Abhandlung: Bittner.
jire de halüm-he wegen seiner Träume M. 2. 4, li-jire de garüy-
eh wegen seiner Rede M. 2. 5, daneben min jire M. 13. 30: min
jire de derehim wegen des Geldes.
b) be-sebeb (ar. <—*~/-4o) z. B. be-sebeb-sen ihrerwegen (f.)
M. 48. 11, bi-sbeb d-Yüsef um Josefs willen M. 5. 33/34.
c) be-taref (ar. an der Seite, neben z. B. ba-taref-h
neben ihm J. 4. 15, 42. 24, ba-taref-s neben ihr J. 100. 8, ba-
taraf-hem neben ihnen J. 45. 7/8, ba-taref da-gdyj neben dem
Manne J. 42. 18/19, ba-trdf da-amäl neben dem Saatfelde
J. 126. 16.
d) bi-jimbet cf. ar. — im Mehri mit Femininendung
— an der Seite, neben z. B. bi-jimbet-i neben mir M. 7. 6, be-
jimbet-s neben ihr M. 7. 9 (6. 24), bi-jimbet da-haymit neben
einem Zelte J. 155.25, be-jimbet de jiz{z)üzet neben den Schnittern
M. 51. 16, be-jimbet de beqär neben die Kühe M. 11. 5.
e) be-gdyr und be-gdr {= ar. ^-oE) z. B. bi-gayr hast ohne
Frühstück H. 1.8, bi-gayr eden-ek ohne deine Erlaubnis M. 15.
22/23, ba-gayr sebeb ohne Grund J. 108. 4 u. dgl.; auch gayr
alleiu M. 80. 27 gayr ball außer Gott.
f) ba-amq (be-dmeq) inmitten von, in (eig. ,in der Mitte
von', indem amq = ar. I j r j r i Tiefe) z. B. ba-dmq da-rdurem im
Meere J. 85. 21/22.
g) ba-hsub (ba-hsdb), auch ohne ba, also bloß lisdb und
ba-hsibetj im Sinne des arab. also formell einem bi-hisdb
gleichkommend cf. M. 7. 19/20, 8. 22, 11. 38, 12. 5, 22. 15, 25.
22/23, 26. 34/35.
18. Zu erwähnen sind auch noch Ausdrucksweisen, wie
awed de hayr für Gutes M. 26.14 (ar. awed men-s
anstatt ihrer M. 37. 35, bedel min gajen für den Jüngling
M. 29. 19 (ar. ^ Lioc), min toll di diydft nach dem
Mahle H. 119. 9 {toll ad tly cf. äth. -j,folgen').
Anm. maqade in maqade hdsen? ,weswegen* bei J. 90. 22 oder maqadd
hourem ,wegen des Weges“ J. 152. 13/14 ist vielleicht so viel als ein men
qade, cf. ar. «Liiä vulg. ,Benutzung, Gebrauch, Dienst“, also wtl. ,wegen
(men) des Gebrauches von . . .“. Die Liste der Präpositionen wird sich na
türlich noch erweitern lassen; so scheint mir z. B. auch in qabdylie H. 135.
22 eine Präposition qabäyl — zu stecken (für qabil), etwa = ,für, anstatt“,
in der Stelle wuziim direhem gabdylis, also nicht ,er gab das Geld, er nahm
sie“, sondern ,er gab (das) Geld für sie (Sg. f.)‘.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 21
II. Adverbien.
19. Wie in anderen Sprachen, sind auch im Mehri die
als Umstandswörter gebräuchlichen Ausdrücke von sehr ver
schiedener Herkunft. Nur der Minderzahl nach lassen sie sich
als ursprüngliche Partikeln deuten, zumeist sind sie eigentlich
Nomina, die entweder für sich allein gebraucht im Akkusativ
stehen oder mit einer Präposition zusammen förmlich zu ein
fachen Worten verwachsen sind, oder auch von Haus aus Zu
sammensetzungen diverser Elemente. Wir können sie am besten
in drei Gruppen betrachten, je nach ihrer Beziehung zu Ort,
Zeit oder Art und Weise u. dgl.
A. Adverbien des Ortes.
20. Zu den lokalen Adverbien gehört vor allem das
unserem fragenden ,wo?‘ entsprechende hon, das bei Müller
meistens so auf n auslautet, bei Jahn ohne dieses n als ho oder
hä und bei Hein mit nasaliertem Vokal als ho, aber auch als
liü vorkommt. Zu den verschiedenen Schreibungen vergleiche
man beispielsweise M. 4. 24, 52. 9 hon, 89. 6 ho n , J, 2. 27 ho
(sonst meistens hä), H. 41. 17 ho, 6. 7 hü. Dieses hon setzt
sich auch die Präpositionen men und le vor und es bedeutet
dann men hon soviel als ,woher?' und le-hon (l-hdri) ,wohin?'.
Etymologisch ist ho(ii) wohl nicht ganz klar. Keinesfalls ist es
mit Jahn den hebräischen Fragepartikeln n (n, n) und dem ara
bischen \ resp. J-*> gleichzustellen. Eher erinnert es an das
arabische lü hnna, ist aber vielleicht eines Ursprungs mit
hebr. ns Jcd im Sinne von ,hier' und syr. ^ kä ,hier', wenn
wir den Übergang von k in h hier ebenso zugeben, wie in hu
,ich' aus hu (= [a)ia]-/cü), cf. Studien III, § 4, S. 9 unten.
Unserem relativen ,wo' entspricht hei (hal), das wir schon
als Präposition, s. § 14, kennen gelernt haben. Dieses hei führt
Jahn im Wörterbuche bloß als Vorwort an, doch trifft man es
im Sinne von ,(dort), wo' auch in seinen Texten z. B. 39. 21,
nicht bloß bei M. z. B. 47. 24/25 de hu hei sieris (= sierS)
-esir iva-hel hatemis (== hätems) l-ehätem wtl. ,denn ich dort,
wo du (f.) gehst, will gehen und wo du nächtigst, nächtigen',
48. 1 liel mets amüt ,wo du (f.) stirbst, sterbe ich', sondern
22
IV. Abhandlung: Bittner.
auch bei J. 132. 8 ha-hdl yaliöm ,wohin er will'. Bei Hein
kommt statt hei (hal) auch — ohne h — el (al) ,wo ( vor. Unserem
,dorthin, wo ..., wohin' entspricht he-hel (ha-hal) — analog le-
-hön, aber mit he statt le, welche beide = (Jl sind cf. § 3 —
und unserem ,dorther wo . . ., woher' men hei —- analog men
hon. — Statt hei finden wir auch ba-mekön ddkeme da beh an
dem Platze, an welchem' z. B. J. 4. 18.
Das Äquivalent unseres indefiniten ,irgendwo' dürfte wohl
in dem überaus häufigen mkon (arab. stecken, das ge
braucht wird, um z. B. zu sagen, daß einer ,irgendwo' — mekön
— sich befand. Man vergleiche hiezu auch mekön gdher ,anders
wo' (eig. ,an anderer Stelle').
21. ,Hier' ist bü, das so, wie Jahn meint, wohl zu hebr.
na da. sa) gehört und sehr häufig, erweitert, als büm(e) vor
kommt, und zwar auch mit 6 statt ü z. B. M. 85. 10/11 bö,
H. 84. 12 böme, auch büma H. 39. 9. Natürlich ist min bü(me)
— ,von liier' und le-bii (le-büme) =,liieher'; auch te büme ,bis
hieher'. — Für ,dort' finden wir bei J. lialöuk und halök (mit
Diphtliongisierung des 6 wegen des 7t), bei M. auch halduk und
helduk und bei H. mit einer meinem Dafürhalten nach in viel
ursprünglicherer Schreibung lmllök und hallauk (mit zwei l). Mit
Vorgesetztem min als min hal(l)ök = ,von dort, dorther', mit
le- als le-hal(l)ök — ,dorthin'. Auch te helduk ,bis dorthin',
M. 5. 20. Zu den verschiedenen Schreibungen vergleiche man
z. B. J. 152. 1/2 halök, H. 100. 21/22 lmllök, J. 73. 13 lialöuk,
M. 20. 2/3 halduk, 21. 1 (H. 4. 7, 1. 7) hallauk, M. 17. 15, 65. 1
lielläuk- an einigen dieser Stellen und auch sonst ohne le- so
viel als ,dorthin 1 . Etymologisch ist lial(l)ök ganz entschieden
gegen Jahn nicht dasselbe wie arab. oS'Ujs, auf das dieser im
Wörterbuch, S. 192, Kol. 1 hinweist, sondern es steckt wohl
als erster Bestandteil jenes im Mehri vorkommende hall da
rinnen, das sowohl ,Ort‘ als ,Zeit' bedeutet, und an dieses hall
wurde das Pronominalsuffix der 2. P. S. g. m. (für das Ent
ferntere) angehängt, allerdings in derselben Art, wie an einer
3. P. S. g. m. des Perfektums, cf. Studien III, § 23. — Eben
so wie wir nun beim Pronomen demonstrativum neben däk
.jener', s. Studien III, § 51 auch ddkem(e) .jener' haben, s.
ebendort § 52, steht dem eben genannten liallök auch ein hal-
läkem(e) zur Seite, mit Verkürzung des ö zu d (in drittletzter
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
23
Silbel, vgl. z. B. bei J. 47. 5 haldkeme, bei M. 27. 13, 147. 28
halakem, bei H. 78. 1 u. ö. lialdkme, 62. 29 hildkme, 52. 3 hal-
lekme, 52. 2 hallekem. 1
22. Um die verschiedenen Richtungen — ,vorne, hinten,
oben, unten* — zu bezeichnen, besitzt das Mehri zum Teile
ganz sonderbare Bezeichnungen. Das Äquivalent für ,vorne*
haben wir bereits unter den Präpositionen § 11 kennen gelernt.
Leider ist es mir aus den Texten noch nicht klar geworden,
welche von den insgesamt zur Wurzel fnw gehörigen Formen
nur präpositioneil, resp. nur adverbiell und welche promiscue,
also als Vorwörter oder Umstandswörter gebraucht werden
können. Im Wörterbuch gibt Jahn außer den hier § 11 be
sprochenen, von der genannten Radix herstammenden Elemen
ten, von denen fendwen am ehestens auch adverbiell gebraucht
werden dürfte, noch feinmen, fenöne und föne an, die jedoch
in ihrer Bedeutung noch nicht präzisiert worden sind; sie haben
zum Teil auch temporalen Sinn. — ,Hinten, rückwärts* ist
gdyren, cf. Studien, III § 67, 2 auch mit la- als la-gayren ,nach
hinten, zurück*. — Für ,oben* kommen ebenso wie für ,unten*
je zwei Ausdrücke vor, die Jahn mit,städtisch* und ,beduinisch*
bezeichnet. ,Oben* heißt entweder hdqala oder bagauf — ,nach
oben, hinauf* la-hdqala und ha-gauf. Was hdqala etymologisch
sein soll, ist wohl schwer zu sagen; das h gehört wie man aus
la-hdqala ersieht, zum Wort. Möglicherweise bietet einen
Fingerzeig für die Erklärung der Umstand, daß Jahn 152. 15
Ihdkale = hinauf mit h (nicht A; außerdem wohl auch k statt q)
schreibt 3 — vielleicht hängt das Wort mit hdqala ,Norden* zu
sammen, J. Wörterbuch, ebendort S. 191, Kol.2, fünftes Wort von
unten, oder gehört es — etwa mit diesem zusammen — zu syr. 11a-
(arab. ,Feld*, zunächst etwa die Gegend bezeichnend, wo
Felder gelegen sind? — Ebenso ist der andere, ,beduinische*
1 Bei H. 53. 22/33 kann min hme nicht = ,von hier 1 sein, sondern muß
nachdem das Arabische min 'tndanä hat, wohl doch für min hinen
stehen, s. § 15.
- Aber nicht — und zwar gegen Jahn, Grammatik S. 120, Mitte = ser
(sir), das ja doch Präposition ist. NB. Ich habe gdyren nirgends als
Vorwort gebraucht gefunden.
3 NB. s. v. hakale verweist J. im Wörterbuch auf halouk, mit welchem
hakale aber nichts zu tun hat, cf. § 21.
24
IV. Abhandlung: Bittner.
Ausdruck für ,oben' ba-gduf wenig klar; ist es mit arab.
faule zusammenzustellen? — Für ,unten' finden wir mza (st.)
und ba-hoter (b.). Während mir die ursprüngliche Bedeutung
des ersteren, das sich auch mit la- verbindet und als la-mza
,hinunter, hinab' bedeutet, unklar ist, läßt sich ba-hoter wenig
stens vom Standpunkt des Mehri erklären; hoter heißt nämlich
,Tal', also ba-hoter eig. ,im Tal' — ohne ba — ist hoter als
Adverbium soviel als ,herab, hinab, hernieder, hinunter (also
eig. ,talwärts'), cf. zur Präposition nhali § 10. Natürlich men
hoter (msä) ,von unten', M. 74. 18/19, ebenso wie men gduf
,von oben', M. 74.18 — kinyeh ,zurück (heimwärts)' bei H. 43.14
und vorher unregelmäßig betont kimyah 42. 18/19 gehört zur
Wurzel knh; zur Bildung s. Studien II, § 22, c und vgl. auch
kenhe ,auch‘, Studien III, § 67.
23. Während für ,nahe' auch in adverbieller Anwendung
das gemeinsemitische qarib erscheint, gebraucht das Mehri
für ,ferne, weit entfernt' — als Umstandswort — raheq (reliaq),
zu dem außer liebr. pm wohl zunächst äth. Crli'4 3 '• heranzu
ziehen ist. ,Daneben' wird mittelst bi-jimbet umschrieben cf.
§ 17, d. Für ,außen, außerhalb' finden wir ba-barr, für ,hin
aus' ha-bdrr, für ,von außen' min barr cf. syr. ]f£>, ar. IJJh; für
,drinnen, innerhalb' kommt ba-amq zur Anwendung, cf. § 17, f;
interessant ist min liiqeb ,von innen' J. 104. 28,31, das zu einer
sekundären Wurzel hqb gehört, die aus dem Kausativum von
ivqb ,eintrelen‘ entstanden ist (als ob yihiiqöb, wofür auch yihü-
qob und wohl auch yihqob gesprochen wird, Impf. Ind.-Subj.
von einem intransitivem hiqeb wäre, cf. Studien II, § 76, S. 84
oben und W. Z. K. M., 1910, S. 91 und 92).
Anm. Iiielier gehört auch das ebenso interessante he-qebe jhinein 1 M.
1. 39. 23, das mir = he-qcb en zu sein scheint, und zwar erkläre ich mir geh
— qayb — gib als ursprünglichen Infinitiv zu weqöb ,hinein gehen 1 , cf.
Studien II, § 74, z. B. jeyb (= jib = jib) zu to/A; oder ist etwa geh —
(geh) qeb, cf. ebendort, § 74?
Zu dar maddr ,ringsum, rings herum' — Adverbium und
nicht Präposition — vgl. man das im Dfari gebräuchliche nach
Rhodokanakis auf U zurückgehende Äquivalent. 1
24. Zu erwähnen sind hier auch noch die von mir bezüg
lich ihrer Etymologie schon Studien I, § 3, behandelten Aus-
1 Nach Jahn = L« f), was auch "im Vulg.-Arab. vorkommt.
1
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 25
drücke für ,rechts' und .links' liimel und kimel (letzteres fehlt bei
Jahniramehritisch-deutschen Teile,ist aber im deutsch-mehritischen
angeführt). 1 Die daneben vorkommenden Formen hamil und semil
scheinen mir nicht adverbiell gebraucht zu werden, cf. M. 44. 21,
83. 9/10, 28/29 J. 147. 20 —• wohl liimileh ,seine Rechte', kimileh
,seine Linke', aber be-hemil ,mit der Rechten', be-semil ,mit der
Linken' und dyn-l da himel eig. doch,mein rechtes Auge'(wtl. mein
Auge, welches rechts ist).
- |
B. Adverbien der Zeit.
25. Nach der Zeit fragt man im Mehri mit mite ,wann',
auch auf -en auslautend als miten bei M. 26. 12, 29. 9, 2 bei
J. 151. 25 — mit Vorgesetztem te als te mite(n) ,bis wann?'
M. 76. 26, 90. 6. Etymologisch mit arab. hebr. ’na zu
sammenzustellen, vielleicht ursprünglich metl, dann mite-mite
und miten, mit Nunation, cf. Studien, III, § 67.
26. Beachtenswert sind die Bezeichnungen für ,heute',
,gestern 1 und ,morgen', nämlich imo (imö) — so bei M. z. B.
8. 33, 32. 33, 40. 1 u. ö., während J. yimö hat 3 —- imst —
so bei M., während J. yimH hat und jehme — bei M. auch
jeheme, bei J. jehma, bei H. auch jihme z. B. 103. 15. Der
erste dieser drei Ausdrücke enthält jedenfalls die Wurzel ym
(yem) und hängt also mit ydm (yaum) Tag arab. zusammen,
vgl. äth. ,heute'; der zweite ist entschieden mit arab.
hebr. ataw, ass. am k atu eines Ursprungs und zeigt in der
von J. überlieferten Form im Anlaut y nur im Anklange an
yimö; 3 der dritte ist mit dem äthiopischen (gesama)
identisch und zeigt h für s, genau so wie dem mehri jikem
,gehen' im Arabischen jsm (V. ^AA?) entspricht. Nach dem
Mehri gehört das m zur Wurzel, denn jehme steht für jehmen,
mit Nunation, cf. Studien, III § 67 und W. Z. K. M. 1910, S. 88;
das Äthiopische kennt allerdings eine Radix T,fy: gesa ,mane
surrexit vel venit vel egit vel profectus est‘, die wohl sekundär
1 Außerdem gibt Jahn in der Grammatik, S. 120 Mitte ,hamU l rechts,
aber 6imel ,links' an.
a Beide auch fiir ar. das dort aber als temporale Konjunktion steht.
3 H. auch imoh 17. 5, yimuh 108. 30, auch in Verbindungen, wie nhor d-
imo der heutige Tag M. 73. 6/7, imbäd imo von heute ab 73. 8; H. bäd
imoh 17. 5.
26
IV. Abhandlung: Bittuer.
und zwar durch Verkennung des m entstanden ist. Setzt man
fene, s. § 11, vor imsi, so erhält man fenimU = ,vorgestern'.
,Übermorgen“ heißt iad 8 jehme.
Hier lassen sich auch die Ausdrücke yillile ,heute nachts',
yillü (yillö) ,gestern nachts' und fne-yillü ,vorgestern nachts'
vornehmen, weil sie neben yi.mö, yimsi und fenimst Vorkommen,
wenn nur die Nachtzeit gemeint ist. In allen dreien steckt die
semitische Wurzel für den Begriff ,Nacht' — deutlich in yxllile
angedeutet in yillü. Ob zwei l zu schreiben sind, ist wohl
nicht sicher zu entscheiden, da das dem lile (sonst ,Nacht' im
Mehri Ulet, lelet) resp. lü vorangehende yil nicht ganz klar
ist. Könnte dieses etwa für yim (yem) stehen, also ,zur Zeit
der Nacht?'. Zu -lü vgl. man Mehri halliu 1 Nacht (mit Prono
minalsuffixen), das mir aus hall ,Zeit' und Im (mit zu iv ge
wordenen l statt lil) zusammengesetzt zu sein scheint; vielleicht
sollte es statt yillü resp. wie wir auch geschrieben finden yillü
ursprünglich yil-liü (yil-liw) heißen und ist yillü dem yiviü
,heute' (so finden wir auch statt yimö) angeglichen worden ? —-
fixe yillü setzt sich natürlich aus der Präposition fene und die
sem yillü zusammen. 2
NB. Müller trennt yil-lile, z. B. 53. 15, 55. 4, 80. 4. Mit yillUe (bei
Hein auch ydleldh 78. 22, yalleylah 55. 19, ydleylah 151. 5/6, yellUeh 107. 27)
wird anf die unmittelbar folgende Nacht hingewiesen, mit yillü auf die
unmittelbar vergangene Nacht (Hein schreibt auch yaüüh 102. 10 einfach
mit ,gestern“ wiedergegeben, ebenso eloh 104, 17, ydloh 91. 3 also nicht ,diese
Nacht“, sondern die verflossene Nacht).
27. Unserem ,jetzt' entspricht lazarom(e), das, wie Jahn
meint, s. Wörterbuch, S. 209, Kolk 2, unten wohl = Z + azar +
dom{e) (Demonstrativum) zu zerlegen sein und also eigentlich
,zu dieser Zeit' bedeuten wird, wobei wir l- als die dem arab.
1 M. schreibt hei liu 54. 10; zum substantivischen Gebrauche = ,Nacht
zeit 4 cf. 81. 15 tfü de hei liu wtl. ,die Länge der Nacht 4 , parallel t{d de
hayüm wtl. ,die Länge des Tages 4 , ebendort 81. 14/15; dann auch hellin
Jcdlleh 40. 21 im selben Sinne, wie das erste Beispiel und fdqah deliellm
Mitternacht 40. 26/26 (faqa de hei liu 88. 3/4), (faqh de hei liu 61. 26/27).
2 ba-haltfy ,in der Nacht', eig. wohl ,nachts 4 = NjJÜ besteht aus ha ,in 4 ,
hall ,Zeit 4 und ley = lU mit verschliffenem l cf. Bittner, Vorstudien zur
Grammatik und zum Wörterbuche der Soqotri-Sprache, S. 30, Note 1.
Über ha-halley liest man auch hi-hilli ,bei Nacht 4 91. 1, bhilli 7. 7, 7. 13,
7. 15, bhälli 16. 25, bi-helli 30, 24, einmal b-hilliyu 34. 34.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
27
LjJ-t entsprechende Präposition le- (la-, li-, V-) zn fassen haben.
Genau so gebildet ist la-ljdll e dom ,damals', eig. ,zu dieser Zeit*
und ba-hdll 8 ddkem ,dereinst', eig. zu jener Zeit.
Anzumerken ist, daß bei Hein statt läzerome, so z. B. 41.
20, 51. 25, 100. 13, 105. 2, auch ohne l(a) auch zeröme, zröme
vorkommt. M. hat gewöhnlich lazarome z. B. 3.15, 14.11,50.4
u. ü., aber auch zardme 22. 28 u. ö., te zarome 42. 6. ,Dann £
(= ,später') ist mgdren, zu zerlegen in m- -(= em, emn, men,
cf. äth. — £/ö?- cf. Studien I. § 40 und -en
(Nunation, hier = -in) te mgdren ,bis später' M. 90. 7. Da
neben bäd dekeme ,nachher' M. 31. 19, 40. 34 (wtl. ,nacli jenem').
,Vorhin, soeben' ist fissa (auch fisscT) aus dem hadr.-arab. fissa,
eig. fl-s-sä^a, auch fendwen sät, eig. ,vor einer Weile (Stunde) 1 .
28. Für ,zuerst, früher' zeigt sich teils hauwel, cf. Stu
dien I, teils fendne (fanoni, fendune, fenoni), auch ohne aus
lautenden Vokal fenon (fnon) und fone — vgl. besonders H.
127. 23/25/26, 120. 14/15, 104. 3, 83. 27. dann — zu fenon —
M. 131. 1, 131. 28, 143. 19 und — zu fone — H. 27. 32, 78.
17, 109. 12, 124. 6. ,Darauf, darnach, dann' — auch im Gegen
sätze zum ebengenannten fendne — ist entweder das im vorher
gehenden Paragraphen genannte mgdren oder toll (seltener tüll
H. 44. 7, auch teil H. 65. 30 — alle drei qatl-Form der Radix
tly ,folgen', cf. äth. ’l'flO):) neben mtelll, so H. 102. 11/15 (Part,
d. Steig.-St. derselben Wurzel).
In diesem Sinne kommt auch makon — eig. Ort = ar.
mit Pron.-Suffixen vor, also z. B. makon-eh ,früher', cf. Jahn,
Wörterbuch s. v.; doch s. auch Rhodokanakis, Dofar, Glossar
S. 52, II, der ein vulg.-ar. makäneh als ,wiederum' (nach Jahn)
und als ,noch' zitiert (nach Landberg, Hadr., s. v.).
29. Das ar. cuä» ivaqt kommt als wdqat ,eine Zeit lang',
also als adverbieller Akkusativ vor; daneben wird, um eine
kürzere Zeit zu bezeichnen, auch wuqaten gebraucht (für wa-
qat-en d. i. Deminutivum von wdqat, cf. Studien I, § 27) d. i.
kurze Zeit, eine kleine Weile'. Ähnlich gebraucht steht auch sät
(ar. kcLo), und zwar entweder so oder mit Nunation säten und
wird neben diesem auch das Deminutivum des (femininen) sät
d. i. suwanot angewendet, cf. Studien I, § 27; waqt (wdqat, wa
get) kdll-eh bedeutet so viel als ,immer', eig. ,die ganze Zeit' —
synonym dogim oder mit Nunation ddyeman (ar. UJb), während
28
IV. Abhandlung: Bittner.
lad öqdyt ,manchmal, mitunter' bedeutet (= ar.
cf. Studien I, § 58).
30. Für das Mehri charakteristisch sind die zwei tempo
ralen Adverbien ler ,schon' und cid ,noch‘, die sich auch mit
Pronominalsuffixen verbinden. Das erstere hat, einem Perfek
tum vorgesetzt, dieselbe Funktion, wie ar. vor einem Per
fektum. Mit Suffixen versehen, behält es den Ton, also ber-eh,
ber-es usw. und läßt sich wörtlich übersetzen durch ,er (war)
schon, sie (war) schon' usw. Etymologisch scheint mir dieses
Element der Rest eines Verbums zu sein, etwa aus einem *'aber
(3. P. S. gen. masc. des Perf.) das einem anderen Verbum voran
gestellt, als Hilfszeitwort auf die Vergangenheit hin wies, also
z. B. 'aber mot ,es war geschehen (vergangen, daß) er gestorben
ist', wobei 'aber unpersönlich zu fassen wäre. Aus diesem 'aber
entstand dann her ebenso wie la aus ( c a)Zä (i_A&), ta aus (‘a)tä
((.5^* == l_5-' -Ä 0‘ 1
Anm. Neben her lesen wir bei J. auch bar, bei H. auch bar, z. B.
59. 35 hären ,wir schon 1 UDd bir 111. 13, z. B. birs ,sie schon 4 ; auch in
Vokalharmonie bor z. B. bor tumrn J. 50. 18. Das andere Wörtchen ad, eig.
äd (für *äd) ,noch 4 gehört natürlich zur Radix c wod, cf. hebr. TiJ? und bietet
auch in seinen Verbindungen mit Pronominalsuffixen weiter nichts, das erst
erklärt werden müßte. Es behält vor Pron.-Suffixen den Ton, also äde/i
ädes usw. (,er noch, sie noch 4 usw.). — Statt ädeh kommt wohl auch äde
(-h abgefallen) vor, z. B. M. 24. 36/38 und noch einigemale, sowie ddhe
z. B. J. 24. 3/4. Für ädi ,ich noch 4 findet man bei H. auch ädye (ddye)
113. 9, 84. 2, wo ich mir ye statt des l aus i + e-Gleitvokal erkläre, d. h. ye
aus l 4- e über iy + e.
C. Adverbien der Art und Weise und anderer Kategorien.
31. ,Wie?' heißt im Mehri hibö (hibü, hibö, hibü, auch
iho, ibö ohne h und zwar auch bei M. z. B. 29. 22, 50. 19, nicht
bloß bei H.). Dieses hibö, wofür J. 96. 22 auch hibö mit langem
i schreibt, scheint mir mit hebr. “b’K wie (Ri. 8.18) identisch zu
sein (also hibö = hey-bö indem hey = ar. ^\) und natürlich
auch mit arab. S>-^ keyfa = k-ey-fa zusammenzuhängen. Vgl.
die Frage hibü het? wie geht es dir? J. 147. 3.
1 Zur Konstruktion cf. z. B. ar. ,er schrieb wiederum' wtl. ,er
kehrte zurück, er schrieb' und zur eventuellen Erstarrung der 3. P. Sg.
gen. m. z. B. ^15 auch vor anderen Personen, als der 3. Sg. g. m.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IY.
29
Jahn führt liibo in seiner Grammatik unter ,lokalen Adverbien* auf,
was natürlich nicht am Platze ist.
Vergleichendes ,wie' ist im Mehri Ms, dasselbe Ms, das
ähnlich wie nnser deutsches ,wie f oder griecli. üg (vgl. auch
np. 05^) auch als temporale Konjunktion, s. § 45, gebraucht
wird. Zum adverbiellen Gebrauche vergleiche man z. B. M. 41.
15 Ms täd min habü wie einer von den Leuten, M. 13, 2 Ms
hauwel wie zuvor, J. 37. 11 hanob Ms Mdzer groß wie Ägypten,
M. 10. 23 Ms foser hehem Yüsef wie ihnen Josef erklärt hatte
(im Arabischen S, U*). — Dem Ms setzt sich manchmal
auch noch die Präposition le- (= ar. vor. Dieses le-Ms hat
den Sinn von ,in der Art wie 1 , cf. J. 11/12 le-Ms da burwät-h
hämeh sowie ihn seine Mutter geboren hatte, J. 111. 18 fata
le-Ms ball da halq-ay-h nackt, wie Gott ihn erschaffen (zu da
cf. Studien III," § 57).
His hängt sich auch Pronominalsuffixe an, aber nur ver
mittelst des Akkusativ-Elementes te-, cf. Studien III, § 41 z. B.
Ms-tey wie ich M. 27. 18, his-tek wie du M. 15. 4, Ms-tesen wie
sie (f.) M. 12. 34.
Etymologisch scheint mir Ms mit ar. culA. zusammen
zuhängen — doch gebe ich diese Zusammenstellung noch mit
aller Reserve. Im Mehri dialektisch für Ms auch has, as.
Neben Ms findet sich — aber nur selten — ha oder ydha
— cf. J. 36. 9 täd ha sirif rehdym ,einer schön, wie ein Adeliger 1
(im Arabischen dort kamä). Jahn identifiziert ha mit ar. S -—
wenn dem so wäre, hätten wir hier h für k als Mittelstufe von
h für k in z. B. hu ich = (ana)ku, cf. Studien III, § 4,
S. 9 und 18.
Dieses yahä hat eigentlich den Sinn von ,gleichwie, gleich
als ob, wie wenn 1 cf. M. 10. 30/31, 41. 23/24, 42. 4 (yehä hait
,wie ein Faden 1 NB. M. 1. 21 wohl auch = ,gleich als ob 1 ,
nicht ,suche! 1 ).
32. .So 1 heißt im Mehri wuto (utö), auch wutüh, z. B.
H. 103. 24, daneben auch wutome (utbme), so erweitert wie
dome ,dieser 1 gegenüber da ,dieser 1 s. Studien III, § 50. Die
Etymologie ist mir noch, nicht klar.
33. Für ,wieviel? 1 finden wir das arabische kam in
vulgärer Aussprache als kam wieder; vgl. J. 1. 13—14 het
nukäk hen-i fenöwen kam yom, was aber nicht ,Bist du vor
30
IV". Abhandlung: Bittner.
einigen Tagen zu mir gekommen? - ' bedeutet, sondern ,Vor wie
viel Tagen bist du zu mir gekommen?' beißt. Darnach ist auch
im Wörterbuche S. 201, Kol. 2 oben ,einige' in ,wieviel?' zu
verbessern.
,Warum?' kann auch durch la-hd-sen men sabeb um
schrieben werden, wörtlich ,aus was für einem Grunde?'. Sonst
hat ivuko neben ,wieso?' oft auch den Sinn von ,warum?';
vgl. M. 70. 29, 73. 23, 76. 9/10 (ukö, uku).
34. Für ,sehr' haben wir im Meliri wiyye, nach Jahn
Abkürzung von qaioiyyet (ar. ä.Jys), meiner Ansicht nach für
c awiyye(ii) = qawiyyen (also einen arabischen Cj* entsprechend),
z. B. M. 16. 9, 39. 38, 48. 16; auch viäken — zu ar. im
Sinne von ,voller Eier sein' (von der Heuschrecke, der Henne),
eig. ,viel', dann ,sehr', cf. M. 12. 32, 14. 6, 47. 11 u. ö. (=,viel'
z. B. M. 16. 8, vgl. neupers. ,viel' und ,sehr').
Für ,melir' gebraucht man kt er, das = (a)ktdr sein kann
und nicht = ar. sein muß, mit folgenden men, z. B. M. 1.
9, 1. 13/14.
,Gut, wohl' ist jiden, so viel als ar. mit Nunation,
cf. Studien III, § 67, z. B. M. 9. 34, J. 155, 11. Handelt es
sich um das Befinden, so steht bahdyr = ar. als = ,gut,
wohl' — den Gegensatz hiezu bildet baSdrr ■ #
35. ,Vielleicht, etwa' wird durch wuqöne, eig. Mehri-Partizip
von iciqa, umschrieben, wörtl. ,es wird der Fall sein, geschehen,
sein'; vgl. J. 58. 10 häbü wuqöne sir-en, das aber so viel be
deutet als ,Vielleicht sind Leute hinter uns her', nicht ,Leute
werden hinter uns her sein', J. 61. 23 ü se wuqöne matöt
richtig: ,und sie starb vielleicht' (d. i. dachte ich mir), J. 101. 29
u ad e seh wuqöne öser sef richtig: ,Und noch hatte er vielleicht,
etwa 10 Haare'. Ähnlichen Sinn hat yelcün, Impf. Ind. von kan,
eig. ,es ist - ', nach Jahn = .wahrscheinlich'.
Hier können noch mehrere adverbiell gebrauchte Adjek-
tiva, sowie etliche Entlehnungen aus dem Arabischen Platz
finden, beispielsweise hayden /von neuem', bgayr fedet ,unnütz'
(= üjolä biläs ,umsonst' (= 2j), lä-büdd — ar.
(im Mehri auch büdde Id), fdqat — ar. bis u . dgl. mehr.
36. ,Mit Mühe, kaum' ist nach Jahn be-kerre und so viel
als ar. ,zu wiederholten Malen'; ich denke, es sollte he
itere geschrieben werden, und halte be-ltere für identisch mit
i
s
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Spraclie. IV. 31
einem ursprünglichen be-kereh (cf. ar. Abscheu, Widerwillen;
syr. pjoos aegntudo <naegritudine offectus est, lat. aegre
doch auch = ,mit Mühe, kaum'; auch vgl. talm. irro by, mit
Gewalt, mit Not 1 .
Für ,zusammen' haben wir zwei Ausdrücke: fahre und
jdma. Ersteres, mehr im Sinne von ,auf einmal', auch fdhere
gehört zu assyr. phr, wie ich schon W. Z. K. M., 1910, S. 88
gezeigt habe, z. B. H. 17, 28, 31. 8 u. ö., auch fahare J. 26.17.
Letzteres, mehr = ,insgesamt 1 , steht für jarn und ist formell
nicht identisch mit ar. wie Jahn meint, s. W. s. v. Es
kommt auch als jema vor, s. Studien I, § 3—5.
37. Als Negation finden wir Id, und zwar steht dieses immer
am Ende des Satzes, auch in dem Falle, wenn es — ähnlich wde
ar. ^ mit Jussiv — sich mit einem Konjunktiv verbindet, um ein
Verbot auszudrücken, z.B. nicht bloß nhä negoder Id wir können
nicht M. 28. 25/26 oder hu maridet Id ich bin nicht krank
M. 70. 18/19, sondern auch tiskebim düre Id vergießet kein
Blut M. 3. 24. — Dann aber auch ein al, besonders in ical —
,und nicht, noch 1 (aus wa + al) z. B. wa tijird hdmer Id wal
d-ihishör M. 31. 30 trinke keinen Wein und nicht (noch) Be
rauschendes (d. i. = d-yeheskor, vom kaus. heskür =
,Nicht mehr' ist lad ■—■ Id bei H. und J., lat — Id bei
M., manchmal scheint es nur ein kräftigeres ,nicht' zu sein.
Mitunter steht lad (wohl = Id + äd) auch allein, ohne das
folgende lä z. B. M. 35. 9. Als Stellvertreter von -Id trifft man
in diesem Falle auch abadan (= ar. z. B. M. 7. 37.
III. Konjunktionen.
38. Die Konjunktionen des Mehri sind, wie es in der
Natur einer nicht geschriebenen Sprache liegt, nicht besonders
zahlreich. Wir finden aber abgesehen von so manchen Entleh
nungen doch einige Wörtchen, die sich als spezifisch mehritisch
erweisen und die dann wohl auch im Sljauri und Soqotri
wiederkehren.
A. Koordinierende.
39. Unter den beiordnenden Bindewörtern muß vor
allem das Äquivalent unseres ,und' erwähnt werden. Es ist
identisch mit arab. j und äth. fl): und erscheint nicht bloß als
32
IV. Abhandlung: Bittner.
wa und we, sondern auch als io vor Vokalen, sowie als ü oder
u, ohne daß sich gerade ganz bestimmte Gesetze finden ließen,
denen zufolge die eine oder andere dieser Formen gebraucht
wird. Jede Seite unseres Mehrimateriales lieferte Beispiele hie-
für in Hülle und Fülle.
40. Für ,oder' finden wir einige Male das ar. J und zwar
nicht bloß als au z. B. M. 2. 2, 4. 33, 26. 29, sondern — aber
selten — auch als ö (u) wieder z. B. 27. 38. Viel häufiger wird
ein auf arab. zurückzuführendes Element gebraucht, das
wir in der verschiedensten Art notiert sehen; es kommt vor
als w-illd z. B. H. 55. 14, xoa-lld resp. ivalä z. B. H. 59. 34,
aber auch, und zwar eigentlich noch häufiger als ivale und
wele, daneben auch als wa-lü und wule cf. 111. 12, 113. 10,
113. 15 wulü (ullu), im letzten Falle mit dem auf Ißj zurück
gehenden wa-lü (ivu-lü) ,selbst wenn' zusammenfallend.
41. Unserem ,aber' entspricht das arabische Lehnwort
oder das als wa-laken, wa-leken, walkin, resp. läken,
laken, lakin erscheint, vgl. z. B. M. 7. 28, 2. 19, 10. 25, H. 83.
10/11, J. 13.15, M. 17. 20, H. 82. 8 und auch Pronominalsuffixe
annimmt, z. B. läken-eh J. 96, 22, liken-en ÜUSÜ M. 31. 14 u. dgl.
Einmal finde ich für ,aber‘ me, M. 1. 8, wo die arabische Vorlage
Lo\j hat, so daß ich mir me aus me = (ajme (aus avnnä mit Imale) zu er
klären geneigt bin, ähnlich wie te aus <s = ('a)te. aus ’attd = cf.
oben § 5. Einige wenige Male finden wir dieses selbe arabische Lüj, und
zwar M. 5. 11, 5. 15 und 10. 22 durch wa-hen wiedergegeben. Ich glaube
nicht, daß der Gewährsmann das arabische Cü etwa mit q\ (oder dj) ver
wechselt hat, sondern meine, daß er es wohlbedachter Weise so übersetzt
hat. Es bedeutet wa-hen zwar auch ,und wenn 1 , doch kann es ganz analog
dem türkischen -— eigentlich ,wenn‘ und dann auch ,aber‘ den
Sinn dieses letzteren haben. Oder steckt hier in diesem lien ein ken, cf. amh.
", mit h aus k°l
42. Für ,denn' kommt häufig de vor, dasselbe de, das
eigentlich Relativpronomen ist und auch für ,daß' gebraucht
wird. Das Mehri steht hier ganz auf der Stufe des Syrischen,
vgl. z. B. M. 1. 10, 6. 19 u. ö. Unserem ,daher' entspricht ein
mal auch ein ka-dakeme wörtl. ,mit diesem', resp. Jenem', was
umso interessanter ist, als dort im Arabischen M. 41. 9 ein
cDJJ steht und der Mehri-Mann trotzdem ka- (,mit') wählte.
Ähnlich auch im Türkischen eig. ,mit jenem', dann ,so‘
und ,daher'.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
33
43. Unserem ,auch', ar. U= r '.' ; entspricht im Mehri kenhe
(Icenehe), z. B. M. 1. 18, 2. 6, 2. 8 u. ö. Etymologisch gehört
das Wörtchen zur Wurzel knh, die den Sinn von ,wieder
kehren, zurückkommen' hat und namentlich im Soqotri in einer
Reflexivbildung häufig vorkommt. Vgl. hiezu W. Z. K. M., 1910,
S. 88. Manchmal hat dieses kenhe die Bedeutung von ,noch',
besonders vor Komparativen. 5
Jahn (Texte), S. 149. 35 hat kdrihe, was auffällt, sonst kenlie, einmal
kinhe gleichfalls 4 97. 18. NB. Mit ar. wie Jahn meint, hat es natür
lich nichts zu tun.
B. Subordinierende.
44. Die unterordnenden Bindewörter hat zum großen Teile
schon Jahn in dem von der Syntax des Mehri handelnden
Abschnitte seiner Grammatik behandelt. Im folgenden will ich
auch hier nur einiges streifen, das mir besonders charakteristisch
zu sein und dabei noch einer Erklärung zu bedürfen scheint.
45. Die häufigste temporale Konjunktion, die unserem
,als' entspricht, ist Ms, dasselbe Wörtchen, das ,wie‘ bedeutet,
cf. § 31. Man vergleiche z. B. M. 1. 12 wa-his galbqom <jaü-he
und als seine Brüder sahen, 3. 30 wa-his nükä Ytisef l-hel gaü-
he und als Josef zu seinen Brüdern kam, 7. 4 wa-his Mmä
und als er hörte. — Neben Ms finden wir auch Ms geschrie
ben — der qasäner Dialekt hat auch has und as für Ms (Ms).
— Ms mit folgendem d- und Imperfektum bedeutet ,während 1
z. B. J. 10. 19 Ms d-ihöufer während er grub. — min Ms hat
den Sinn von ,seitdem 1 z. B. M. 5. 31 wa-min-Ms wukil-eh be-
bet-h wtl. und seitdem er ihn betraut hatte mit seinem Hause.
Neben Ms kommt manchmal in derselben Bedeutung auch
tä (ta, te) vor, doch hat dieses als Konjunktion meistens den
Sinn von ,sobald als 1 , besonders in jenen prägnanten Temporal
sätzen ohne Verbum, auf die Jahn, Grammatik S. 141 hin
weist unter ,Eine merkwürdige Konstruktion, Verbindung von
Temporalkonjunktion und Präposition liegt in folgenden Bei
spielen vor. 1 In diesen Beispielen, wie te bi-hilli (in der Nacht),
te kesbbeh (am Morgen) u. dgl. — ebenso häufig mit Ms z. B.
Ms k-sbbeh, Ms bad ise (nach dem Abendessen) — ist meinem
1 Vgl. türk,
Silzungsber. d. phil.-liist. Kl. 174. Bd., 4. Abh
3
34
IV. Abhandlung: Bittner.
Dafürhalten nach zu übersetzen: ,Sobald als es in der Nacht,
sobald als es am Morgen, resp. wie (als) es am Morgen, wie
(als) es nach dem Abendessen (war)'. Ähnlich auch z. B. te leylet
tayt wtl. ,sobald als es eines Nachts (war)' = ,eines Nachts',
te nehor tayt ebenso = eines Tages oder auch te mekön wtl.
,als (er, sie usw.) irgendwo (war, waren). Hat es aber den
Sinn von ,bis (daß)', so folgt dem tä das Perfektum, z. B.
J. 102. 14 ü-he jihem ta-nüka ba-rliabet wtl. und er ging weiter,
bis er in eine Stadt kam, aber 102. 17 siyor ser-i-sen, ta nüka
hen-t-sen, ksii harmet-i trit ü gajinot er zog hinter ihnen ein
her; sobald als er zu ihnen kam, fand er zwei Frauen und
ein Mädchen. Statt td (ta, ta, te) finden wir vor w auch tu
(to) z. B. J. 23. 2 tu-iviqa b-hayr bis er gesund wurde, J. 50.
18/19 to-wuqalc bä-hdyr bis ich gesund wurde.
46. Besonders erwähnenswert ist das unserem ,bevor' ent
sprechende fenowen men (auch fenowen men) mit folgendem
Subjunktiv, 1 cf. äth. «J* Vy/n • und ’h i ) n *\?$'O n: mit Subj. =
priusquam, antequam. Z. B. M. 3. 9/10 fenowen men l-eqerob
le-hem bevor er sich ihnen näherte, M. 16. 12/13 fenowen men
tinkd senet de jo’ bevor das Jahr des Hungers kam, M. 55.
10/11 fenowen men täd l-agareb ribd-h wtl. ehe einer seinen
Freund erkannte (ich teile l-eqeröb statt leqeröb und l-ayareb
statt la-gareb).
NB. Das Subjekt des mit ,bevor 4 eingeleiteten Satzes wird auch anti
zipiert, von fenoioen, resp. einem Stellvertreter dieses letzteren abhängig ge
macht und so zwischen die beiden Elemente gestellt, z. B. J. 153. 31 fene
hayüm men thdferä wörtl. bevor die Sonne aufgeht, J. 154. 5/6 fern hayüm
men tijezd wörtl. bevor die Sonne untergeht, J. 64. 13/14 ü se, fenow-e-liem
men l-ankdm firot berek Hjerit wörtl. und sie, bevor sie kamen, stieg sie auf
einen Baum.
47. ,So oft als, jedesmal, wann' heißt men hei (man hol)
und zwar setzt sich dieses meines Erachtens aus dem distribu
tiven men und dem Relativuni hei zusammen. Es entspricht
dem arab. U-tS z. B. J. 72. 2/3 lieyb-l man hal l-’häres ba-liarmet
ye’ömer hdlts wtl. mein Vater, so oft als (jedesmal wann) ich
eine Frau heirate, sagt er: ,Entlasse sie! 1 , J. 72. 14 men hal
gayj l-ahrej, he yitouqab richtig wtl. jedesmal wann der Mann
hinausgeht, geht er hinein.
1 Dieses men ist wohl dasselbe, das wir noch in § 50 kennen lernen werden.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
35
Denselben Sinn hat öfter auch das hypothetische han,
besonders in jenen schon erwähnten prägnanten Temporal
sätzen, cf. § 51.
48. Unser aussagendes ,daß' wird im Mehri durch de- (d’-)
vertreten. Es ist wohl dasselbe de-, das wir als ,denn' kennen
gelernt haben und eigentlich mit dem Relativum (für den
Singular) identisch. Das Mehri erinnert mit seinem de- an das
Syrische, doch möge man beachten, daß jenes sein de- als Re
lativum — einige Fälle ausgenommen — sich nur auf Singulare
beziehen läßt. Beispiele für den Gebrauch von de- im Sinne eines
aussagenden ,daß' finden sich in den Texten überall, beachtens
wert ist nur, daß das Subjekt eines daß-Satzes, wenn es nicht
selber ein persönliches Fürwort ist, durch ein solches antizipiert
wird und unmittelbar auf de- folgt. Z. B. ,Er sagte, daß der
Mann im Hause sei' amor de-he gayj birek beyt, hingegen
,Er sagte, daß die Frauen im Hause seien' amor de-sen harim
birek beyt u. dgl.
Anm. Dieses -de leitet auch oft die direkte Rede ein und steht
vor indirekten Fragesätzen. Hiezu vergleiche man auch grieeh. Sn und
neupers. dS.
49. ,Daß' — ,auf daß, damit' hingegen ist jenes te, das
auch ,bis' und ,sobald als' bedeutet, und zwar folgt ihm, wenn
es finalen Sinn hat, der Subjunktiv (also erste Person Singu-
laris und dritte Person gen. masc. Sing, und Plur. mit 1-), z. B.
,daß (damit) wir sagen' te nämer, aber ,daß er sage' te l-ämer,
,daß sie (m.) sagen' te l-ämerem.
Seltener fehlt das te- und steht so nur der bloße Sub
junktiv. Nach diesem le-, la-, resp. I- (arab. J) wird das Prä
fix der 3. P. Sg. u. PI. gen. masc. des Impf. Subj. zu i- (e-, a-J;
wir erhalten so z. B. l-agleq ,daß er sehe' (== l -f- yaglecj), was
aber auch = ,daß ich sehe' sein kann. Daß immer so abzu
teilen ist, nicht la-gleq, da ja das Präfix nur in dem auf das
l folgenden Vokal stecken kann, habe ich W.Z.K.M., 1910,
S. 85/86 gezeigt-. 1
Auch li-jire da mit Subj. ist = damit, cf. J. 150. 35. Zu li-jirS cf.
§ 17 a, also wörtl. = ,wegen- dessen, daß —manchmal auch = ,weil‘, aber
dann li-jirt da-sateb his . . .
1 Das gleiche gilt vom Sjiauri und vom Soqotri.
3*
36
IV. Abhandlung: Bittner.
50. Interessant ist, daß das Mehri, ähnlich wie das Äthio
pische, die Präposition men auch als Konjunktion gebraucht,
cf. Jahn, Gramm., S. 142 oben, und zwar genau genommen mit
der Bedeutung von ,daß nicht' und dann weiter dieses men,
ganz einem lateinischen ne adäquat, nach Verben des Fürchtens,
des Sichhütens, auch des Nichtwollens, Nichtkönnens u. dgl.,
aber auch dort setzt, wo wir einfach ,daß nicht' sagen. Auf men
folgt der Subjunktiv. Z. B. ,Er fürchtet, daß es regnen wird'
yifoaä men (= lat. ne) tenJcd rahmet; ,Hüte dich, es zu sagen'
hedali men tämer• ,Er wollte nicht kommen' hazü men l-enkä,
M. 28. 10/11 qoder lä gajen min l-eterek hdyb-eh es konnte der
Jüngling nicht verlassen seinen Vater u. dgl.
Im Sinne von ,daß nicht' z. B. men tesamedeli si adiyyet damit ihn
nicht irgendein Ungemach treffe M. 17. 22/23 u. ö. oder hu thotdclk d-agouleq
men häd l-ankd-en ich saß da, schauend, daß niemand (= daß nicht irgend
einer) zu uns komme J. 61. 17/18, manchmal auch, und zwar mit folgendem
Subjunktiv soviel wie bei uns ein verneinter Imperativ.
51. Bedingungssätze finden wir, wenn sie real sind, mit
hen (lian) eingeleitet, wenn sie irreal sind, mit lü. Ersteres ist
entschieden arab. — man beachte h für 1 —, letzteres =
arab. >1. Z. B. ,Wenn du hinaus gehst' hen harejk; ,wenn wir
nicht gewartet hätten' lü silben lä u. dgl. — Neben hen (han)
dialektisch auch an und am, letzteres auch vor Nicht-Labialen,
z. B. 76. 31, 77. 5 u. ö.
Anm. 1. Mitunter bedeutet hen (han) auch ,wann, jedesmal wann, so
oft als', vgl. umgekehrt neupers. här-gäh eig. »jederzeit wann 4 , dann
auch oft = ,wenn\
Anm. 2. Ein ,wenn nicht* steckt manchmal auch in dem konjunktioneil
gebrauchten gayr (gar), z. B. gayr gdkem fikem ,wenn nicht euer Bruder
mit euch ist*, cf. M. 21. 36.
IV. Interjektionen.
52. Noch mehr summarisch als die Konjunktionen darf
ich hier wohl die Interjektionen behandeln. Ganz abgesehen
davon, daß sie es sind, die für die Beurteilung der Laut- und
Formenlehre nur in geringer Zahl in Betracht kommen, bieten
sie mitunter geradezu etymologische Rätsel, dazu kommen die
am schwierigsten zu erklärenden in den Texten auch am selten-
i
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 37
sten vor und so wird es wohl am besten sein, mit ihrer Er
klärung, sowohl was den Sinn, als auch ihre Herkunft betrifft,
noch zurückzuhalten, so lange, bis einmal vielleicht doch mehr
Beispiele vorliegen werden. Ich will mich also vorderhand auf
eine Auswahl beschränken und nur auf etliches aufmerksam
machen, das mir beim Studium des Mehri besonders aufgefallen
ist. Dabei nehme ich den Begriff ,Interjektion' im weitesten
Sinne des Wortes, werde also auch gewisse Ausrufsätze heran
ziehen, ohne dabei — was ich zu entschuldigen bitte — syste
matisch Vorgehen zu können.
53. Einige eigentliche Interjektionen hat Jahn, Gramm.,
S. 125 aufgezählt, 1 doch läßt sich die Liste aus dem Wörter
buch und den Texten noch ein klein wenig erweitern. Neben
d, d (kurz und stark betont) = o! (in der Anrede) wie z. B.
a ball o Gott, 3. 34. 1 finden wir auch yd — o! (cf. ar. L),
resp. ya, ye, z. B. J. 2. 8, M. 24. 1, 56. 9, aber auch e, z. B.
M. 56. 1 und e M. 32. 19 e ball o Gott. Außer yit (Ruf der
Angst), cf. J. 53. 22, dha (Ruf der Zustimmung) J. 62. 8 —
o ja!, ahh (Ruf des Abscheus), haha (Wort zum Antreiben
des Kamels oder des Esels) und is mit Fron.-Suff, sieh! (Jahn
verweist auf 157. 24 is-hem = eccoli) könnte man noch hieher
setzen: dywa (ewa) ja, z. B. J. 1. 15/16, 38. 5, 148. 1, M. 120. 4
— vgl. das vulg. ar. atwa —, Id nein (ar. ^), dann a hell!
J. 72. 24 (vgl. d — o!) und ey sieh! z. B. M. 27. 23, auch de
sieh!, besonders bei M., z. B. 10. 32, 11. 13 u. ö.
Anm. 1. Bei H. kommt nicht selten ein Element mdeni (auch mdeni,
mdeni, madeni geschrieben-, einmal auch mdoni) als ,sieh! sieh da 4 vor, z. B.
80.26, 108.1, 134,10, 138.28, 143.23, 30.19 — augenscheinlich mit Suf
fixen: mdeni-hem siehe sie H. 35. 22. Das Wörtchen ist mir etymologisch
nicht klar — ich dachte mir anfänglich, es könnte mit ar. ,Meinung 4
Zusammenhängen, indem mir der neupersische Gebrauch von als =
,ich glaube; gleich als ob 4 vorschwebte. — Ebenso schwer zu erklären ist
wohl auch sef’ resp. seff, Sa ff mit Pronominalsuffixen, das seinem Gebrauche
nach an ar. erinnert. Vgl. H. 8. 18 Sefk liäywd ,sieh den Tölpel 4 , eig.
,sieh, du bist ein Tölpel 4 ; was Müller Note 5 durch: ,Dein Aussehen ist . . .‘
erklärt. Auch mir scheint dieses seff, bei Jahn, W., S. 240, Kol. I, s. v. als =
,es ist kein Zweifel, wahrscheinlich 4 verzeichnet — ohne Etymologie — mit
1 Man beachte, was Jahn dort über zwei unartikulierte Laute berichtet,
von denen der eine Unmut ausdrückt, der andere als Gruß gebraucht
wird. Dazu vgl. auch H. 11. 36 mb mb mb!.
38
IV. Abhandlung: Bittner.
Syf (ar. *$uf) ,nach etwas ausblickeu, ausschauen‘ zusammenzuhängen, und
zwar möchte ich außer an Mehri Siyif = ar. auch noch an ar.
,durchsichtig* erinnern, wiewohl die Grundbedeutung von *$ff nicht als ,sehen*
angegeben wird. — Zum Gebrauche dieses ieff-, Saff mit Pronominalsuffixen
vgl. z. B. auch H. 45. 29/30 nhä Säff-en Sükofen wir, siehe, wir schliefen*, s.
auch H. 58. 27, 99. 29, 121. 27, 125. 19, 138. 15. — Unhaltbar ist wohl jeden
falls die Erklärung, die Jahn, Texte 61. 11 zu Seff-k (resp. wie er schreibt,
sefk) heymi ,Du bist mein Schwager* gibt, nämlich Notel: „Wörtlich: ,dein
Haar*, also so Synekdoche wie r.htiii»“
Anra. 2. Jahn stellt W., S. 236, Kol. II vmss ,schweig, halt’s Maul“
mit ,aeg.-ar.‘ $tis zusammen — ich halte diese Ableitung von wuss nicht für
möglich und bemerke, daß sfis selber Lelimvort aus dem Türkischen ist,
nämlich osmanisch (^^o) Adj. ,qni so tait, silencieux' und Interj.
,Silence! chut!‘, eig. J,! ^,.0 sß.J ol ,sei schweigend 1 von
su$ ulmag ,schweigen’.
54. Eine Menge von anderen Interjektionen im weiteren
Sinne, die ihrem Ursprünge nach zum Teil als nominale oder
verbale Gebilde erklärt werden können, darf hier wohl entweder
nur ganz kurz erwähnt oder vollständig übergangen werden. Unter
ihnen finden sich auch manche Entlehnungen aus dem arabischen
Wortschatz. Hieher gehören z. B. hass (cf. ar. und damit
genug) gut so!, vgl. J. 66. 3, 87. 27, H. 87. 27; cizzeteyn potz
tausend! (nach Jahn — ar. zw ei Seltenheiten), cf. J. 18, 13;
sekeyn (seikein) willkommen!, sei gegrüßt, H. 101.27, 126. 2
— vielleicht == Mehri sekeyn schön, v. Jahn, W., s. v.; dbada(n)
J. 2. 20, M. 7. 38 - - ar. \jo\; leywa o daß doch! (cf. syr.
o si, utinam); reyt, ya reyt mit Pron.-Suff. o daß doch!, vgl.
auch M. 51. 6, H. 29. 17 und s. Brockelmann, Grundriß I,
S. 137 und II, S. 30; sadeq (besddeq) in Wahrheit (cf. ar.
süwe ja, ja! es ist schon gut! (wie im hadr.-ar., cf. ar. ^5«-^
dasgleiche, dasselbe); ferner das häufige (ye)hdyye buk (bikem)
sei (seid) willkommen!, bei M. yelidyye buk (bok, buk; bikem)
z. B. M. 87. 26/27, 104. 4/5 u. ö., auch ohne ye M. 85. 11/12,
106. 13 u. ü., H. 21. 3/4, 83. 10/11 u. ö. — gehört zu *hyy, cf.
1 Jahn denkt an Mehri kef Haar, s. Studien I, 3. — NB. Im Äthiopischen
kommt der Nominativ in diesem Sinne nicht vor, sondern nur
der Akk. chrtti und dann natürlich auch mit Präpositionen der Genetiv
chh h 5 wie A Chhll • u. dgl. — Zur Synekdoche, an die Jahn dachte,
vgl. man den adäquaten Gebrauch von dsjj und dt: ,Knochen*, von oco(co)
= ,Leib* im Koptischen, ähnlich buru m ,Haupt* im Baskischen, thawi ,Haupt*
im Georgischen, ail ,Herz* im Nubischen u. dgl.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 39
Rhodokanakis, Dofar, II, Glossar, S. 15; damit wohl identisch
lieiya auf! M. 67. 28 (oder identisch mit arab. hieher!
kommt her!); hdlay (und haldy) wohlan! bei M. 135. 22, 136.
21, 138. 14 (auch pluralisch heleyem als Übersetzung von arab.
(oX® M. 3. 15), bei II. vorwärts! — 104. 3; ase vielleicht! —
— mit Pron.-Suffixen (neben hdse — arab. •— in ähn
licher Bedeutung auch ar (für gar = cf. M. 18. 30; hase
fern sei! (wohl = arab. GoU», rsp. ^Ala.); liardna (soviel ich sehe,
nur bei Hein) nun, wohlan! cf. 13. 34, 88. 9, 88. 29, 90. 20,
107. 31/32 und noch einige Male; yalloh (auch yallah, vulg.-
arab.) he! (vorwärts!) u. dgl.
55. Manche Ausdrücke scheinen dritte Personen Sg. g. m.
des Imperfektums zu sein, z. B. astöu (istöu) es mag sein!
gut!, cf. Studien II, S. 151; deutlich yimkon möglich (nicht =
ar. sondern Impf, zu einem miken), dann wohl auch be
sonders yilidul jawohl!, cf. Studien II, § 83, Anm., Note 1 und
yisedüd es genügt! genug! (cf. arab. -Ao ,er füllte deine
Stelle aus, ersetzte dich', auch = wohl geordnet, gerade,
gerecht, aufrichtig, loyal sein) — in anderen Fällen haben wir
Imperative vor uns, cf. Studien II, S. 151 und 152, z. B. yäb
laß! (pl. gäbeni), ndü gib her! (pl. ndtiliem f. nduheri), so meiner
Ansicht nach auch hat her damit! (= arab. AA®), eig. Imp.
d. Kaus. von
Anm. 1. Zu micln bei H. 141. 25 ,ich weiß nicht“ aus ar. ^j>\ Lo
vgl. Landberg, IJadr., dortselbst qui sait? (auch medri).
Anm. 2. Das Fluchwort kateioor ,zerbrich!' — intransitiv zu fassen!
— habe ich W. Z. K. M., 1910, S. 80 ausführlich behandelt.
Anm. 3. gddau ,vorwärts!' gehört vielleicht zu derselben Wurzel, wie
Shauri tjaä ,er ging', wovon demnächst mehr.
56. Wie Interjektionen klingen oft kurze Ausrufsätze, in
denen ball ,Gott‘ als Subjekt steht oder auch samt dem Präfix-
des im Subjunktiv folgenden Verbums ausgelassen werden
kann. Zu den von mir schon 1910, W. Z. K. M., S. 89 oben
behandelten Fällen — vgl. auch Jahn, W. s. v. allet ,Krankheit'
— zähle ich auch borak bük (ball) ,es segne dich (Gott)'
M. 83, 26., wo mir borak — ibörak (Subj.) zu sein scheint
(also nicht Perf., wie in arab. ddü AA;).
Anm. Zur Auslassung von bäh in solchen Sätzen vgl. besonders zemk
ä qatäyb ,(Gott) gebe dir (für yizem-k) die Blattern'.
40
IV. Abhandlung’: Bittner.
♦
57. Natürlich kommen in der Sprache der Mahra-Leute
auch gewisse arabische Formeln vor, die sich so wie einfache
Lehnwörter eingeschlichen haben, wie z. B. lehdmdu lilläh
,Gott sei Dank!' — mit Metathesis, für el-hamdu lilläh <*3.1
J. 147. 5, auch hdvid e lluh gesprochen J. 63. 18/19; in sä
alläh ,wenn Gott will, hoffentlich' ganz arabisch <0J1 AJs
M. 69. 10, 84. 21 — bei J., Wörterbuch, S. 164. 1 aber in-
sdlläh, daraus ganz mehrisiert insoleh J. 148. 8, neben der
Mehri-Ubersetzung äm hall liom J. 154. 5 (= an bäl(i)hum für
yfliom), kam ball yeliom J. 151. 23/24, heu hält yelwm M. 73. 10,
76. 9/10, 76. 27, 80. 7/8, 89. 19/20 (teile hen häll yeliom statt hen
bällye hörn)-, dem Arabischen nachgebildet ist asayfur ha ball =
<*JJ\ ^1, wo nur das Im auffallend ist — soll es das Dativ
zeichen sein oder etwa eine Vokativpartikel? — Auch leetter
häyrek — ßs für ,danke' gehört hielier u. dgl.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Spraclie. IV.
41
Inhaltsübersicht. 1
I. Präpositionen.
A) Einfache: be- (1), he- (2), le- (3), ke- und xe- (4), te- (5), bi-
rek (6), men (7), ben (8), tayr (9), nhdli (10), fenuwen (fenowen,
fenow-, fene- 11), sei• (12), bäd (13), hei (14), hene- (15), tuirdl-
und ived- (16).
B) Zusammengesetzte (17): li-jire (a), be-sebeb (5), be-taref (c).
bi-jimbet (d), be-gdyr (e), ba-dmq (/), ba-hsüb und ba-hsibet (g),
andere (18).
II. Adverbien (19).
A) Adverbien des Ortes: hon, hal, mkon (20), bü, ha(l)louk, lial(l)d-
Iceme (21), fenbicen (fern men, fendne, ferne), gdyren, lidqala, ba-
gduf, mzd, ba-hotcr, kinyeli (22), qarib, reliaq, barr, lnqeb, dar-
madär (23), lnniel (hamU), sbnel (semil) (24).
B) Adverbien der Zeit: nuten (25), imo, imsx, jelieme, yiMUe, yillu,
fneyillu (26), lazardme, la-hdll(e) dorne, ba-hdü(e) ddkem, mgoren,
bäd deJceme, fissa (27),. hauwel, fenon(e), toll, mtelll, ma-
kdn-eh (28), wdqat, louqaten, sät(en), suwanot, icdq(a)t kdlleh,
ddyim, ddyeman, bäd öqdyt (29), 5er, aeZ (30).
C) Adverbien der Art und Weise und anderer Kategorien:
hibd (31), his, (ya)hä (31), wut6(me) (32), kam, la-hdsen men
sabeb (33), wigye, mäken, kter, jiden, ba-hdyv, ba-sdrr (34), tou-
qone, yekün, hayden, b-gdyr fedet, bilaS, la-budd, fdqat (35), he
itere, fahre, jemä (36), Id, wal, läd — Id (37).
III. Konjunktionen (38).
A) Koordinierende: wa- (39), au, walld (40), wa-laken, me (41),
de (42), lcenlie (43).
B) Subordinierende (44): his und td (45), fenoiven men (46), men
hdl (47), de- (48), te und li-jire de- (49), men (50), hen und lü
sowie gayr (51).
IV. Interjektionen (52).
a, yd, e, yit, dhä, alih u. dgl. (53), bess, azzeteyn, selcpyn, leywa, reyt u.
dgl. (54), astou (’liistou), yimlcdn u. dgl. (55), Ausruf mit zu er
gänzendem hält (56), arabische Formeln (57).
1 Zum vorliegenden vierten Teile.
42
IV. Abhandlung: Bittner.
Index.
Meliri. 1
d, d (e, e) o! IV 53.
dbaclan niemals IV 37, cf. IV 54.
ibö (ibö) wie? s. hibö IV 31.
dhä Interj. IV 53.
ahh Interj. IV 53.
ey sieh! IV 53.
-i, -ye (-ni) mein, mich — Pron.-
Suff 1. P. Sg. g. c., III 5, 7
(S. 12); vgl. III 21.
aynt (eynt) ein wenig III 66,
Anm.
dyiva (eica) ja IV 53.
ukö wieso, warum? s. ivuJcö
IV 33.
el (al), s. hei (hal) IV 14.
al Negation in iv-al und nicht,
s. IV 37.
alf tausend III 85.
ullü sonst, oder, s. icalld.
ulü wenn auch nur, s. iculü.
äm ball hom wenn Gott will.
hoffentlich IV 57.
imsi gestern IV 26, s. auch
yimsi.
im6 (imö) heute IV 26.
-en: -n unser, uns — Pron.-Suff.
1. P. PI. g. c. III 7 (S. 12);
-en (-in) als Nunation III 67.
insoleh wenn Gott will, hoffent
lich IV 57.
ar = gar (gayr) IV 54.
drbä f. rbot vier III 73.
as wie, als, s. Ms.
ase vielleicht IV 54.
astöu (istdii) es mag sein! recht!
IV 55.
iS Interj. IV 53 = sieh da!
(mit Pron.-Suff.).
asrin zwanzig III 83.
itit sechs (fein.) III 75.
utö(me) so IV 32.
u (ü) und IV 39, s. wa (tue),
au (6, u) oder IV 40.
äd (ad) noch IV 30.
awed, men anstatt IV 18.
azzeteyn potztausend IV 54.
dser f. asrit zehn III 79.
oser f. äsret der zehnte III 86.
oser miye eintausend III 85.
dyser zehn (nur in Verbindung
mit ybm Tag) III 81.
b
ba- (ha-, be-, bi-, b-) in, an,
auf, durch, um IV 1 — auch
in zusammengesetzten Prä
positionen, s. im folgenden.
bäd nach IV 13; bäd dekeme
nachher IV 27 ; ba d (e) jeh-
me übermorgen IV 26.
bäd (mit men) einige (von) III
62; bäd öqdyt manchmal,
mitunter IV 29.
bäl Herr, Besitzer von (ohne
folgenden Genetiv-Exponen
ten) III 55 (S. 64/65).
ba-dm(e)q inmitten von IV 17 f.
1 Zum vorliegenden vierten und auch zum dritten Teile.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Meliri-Sprache. IV. 43
ba-bdrr draußen, außerhalb IV
23.
bedel men für, anstatt IV, 18.
bi-jimbet neben IV 17 d, da
neben IV 23.
b-gayr feiet unnütz, vergeblich,
umsonst IV 35.
ba-lidll (e) ddlcem dereinst IV
27.
ba-lisüb (ba-hsibet) gemäß IV
17 g.
ba-hdyr wohl, gut (Adv.) IV 34.
beyn (bayn, ben, bin) zwischen
(vor Pron.-Suff. auch benwe-
und bene-) IV 8.
be-kere kaum, mit Mühe IV 36.
biläS umsonst IV 35.
ber schon (auch mit Pron.-Suff.)
IV 30.
birek (berek) in IV 6.
bess gut so! IV 54.
be-taref neben, an der Seite
von IV 17 c.
bu, büm(e) hier IV 21.
ba-sdrr unwohl, schlecht (Adv.)
IV 34.
d >
d- s. das Folgende.
da- (de-, di-) welcher, welche,
welches III 53; als Genetiv-
Exponent (für Sing.) III 43 u.
55 (im freien Genetiv III 56).
de- denn IV 42, daß IV 48.
da (de, da, de) dieser III 49.
di diese (fern. Sg.) III 49.
dak (dek) jener III 51.
dik jene (fern. Sg.) III 51.
ddkem(e) jener III 52.
dik(e)m(e) jene (fern. Sg.) III
52.
dom(e) dieser III 50.
dim(e) diese (fern. Sg.) III 50.
ddyeman immer IV 29.
döyim immer IV 29.
der = tar (tayr) IV 9 (S. 13).
dar madar ringsherum IV 23.
d >
döuben am späten Morgen III
67.
/ ^
fahre zusammen III 67.
fdkah (faqdh) Hälfte, 1 / 2 III 87.
faqat nur IV 35.
falän der N. N., der Soundso
III 62.
fene- vor IV 11.
fneyillü vorgestern nachts IV
27.
fern men vor IV 22 (s. S. 53).
fenimsi vorgestern IV 26.
fenon(e) zuerst, früher IV 28.
fenöwen vor IV 11; cf. auch
IV 22; vorne, vorher III 67.
fenowen men bevor IV 46.
fenüw- vor IV 11.
fenuwen vor IV 11.
fissa vorhin, soeben IV 27.
fone zuerst, früher IV 28.
j E
jeh(e)me (jihme) morgen IV 26.
jiden gut IV 34.
jemä insgesamt IV 36.
44
IV. Abhandlung: Bittner.
9 t
gab laß! IV 55.
gddau vorwärts IV 55, Anm. 3.
ijäher der andere, ein anderer III
64, der zweite III 86 (S. 96).
gayr außer IV 17 e ■ begdyr
(be-gdr, b-gayr) olme IV 17 e;
wenn nicht IV 51.
gdyren hinten IV 22.
(jarlrit fern, von gaher, s. dieses.
gasereycn zur Zeit nach dem
l Asr III 67.
gasrowen zur Zeit vor dein
'Agr III 67.
ba-gduj oben IV 22.
h »
-h sein, ihn — Pron.-Suff. 3. P.
Sg. g. m. III 5, 7 (S. 12),
vgl. III 21.
-he sein — Pron.-Suff. 3. P. Sg.
g. in. (nur an Pluralen) III 7.
he (he, hi, hi) er III 3, 4 (S. 8).
he- (ha-, ha-, hi-, h-) zu, hin zu,
in (wohin?) IV 2, mit Pron.-
Suff. III 42, Anm. 2.
he (he) was? III 60.
hibo (hibü, hibd) wie? IV 31.
hu (ho, hü, ho) ich III 3, 4
(S. 9/10).
ho (hä) wo? IV 20.
haha Interj. IV 53.
hayden von neuem IV 35.
heitern euch (m.), liehen euch
(f.) Dativ, III 42, Anm. 2;
IV 2, NB.
he-qebe hinein IV 23.
min hiqeb von innen IV 23.
hdqala oben IV 22.
hoba f. hibdyt (hibeyt) sieben
III 76.
had (hdd) irgendeiner, jemand
III 62. ,
han (lien) wenn IV 51, so oft als
IV 47.
has s. Ms.
Ms (Ms) wie IV 31, als (temp.)
IV 45; min Ms seitdem, ebd.
Ms teh wie er usw. IV 31, s. te.
histdu s. astöu.
hei (hal) bei IV 14.
hei (hal) wo IV 20.
hal (hal, hei) welcher, -e, -es;
was immer III 58.
hdlay (haldy) wohlan! vor
wärts! IV 54.
■hem ihr (PI. m.), sie (Akkusativ
PI. m.) — Pron.-Suff. 3. P.
PI. g. m. III 5, 7 (S. 12), F.
III 21.
hem (hem) sie (PI. m.) III 3, 4
(S. 8).
hamelyom derartiges III 58.
hen(e) bei (nicht mit Substan
tiven, sondern nur mit Pron.-
Suffixen) III 42, IV 15.
hen ball hbm wenn Gott will,
hoffentlich! IV 57.
hon wo? IV 20.
hat her damit! IV 55.
het (Mt, het) du (g. c.) III 3, 4
(S. 9).
hitt, f. itit sechs III 75.
hauwel zuerst, früher IV 28.
hauliy, f. hauliyot, PI. hauloy,
f. hauleyten der erste III 86.
he&en (hdsen) was III 61.
hesen men was für ein ? III 61.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
45
k C
hdyye be- (mit Pron.-Suff.) will
kommen! IV 54.
Iidqala s. hdqala.
1'ial(l)dkeme dort IV 21.
hal(l)6uk dort IV 21.
himel rechts IV 24 (auch ha-
mil).
lianöf Seele, mit Pron.-Sufiixen
= selbst und Reil. III 47.
halt Teil III 87.
Iiastl fern sei! IV 54.
b c
ha wie IV 31.
hdyme f. homö fünf III 74.
höines f. harnst der fünfte III 86.
liamsen (-in) fünfzig III 83.
haräna nun, wohlan IV 54.
ba-hoter unten IV 22.
y ^
yd (ya, ye) o! IV 53.
-ye mein — Pron.-Suff. 1. P.
Sg. g. c. (nur an Pluralen)
III 7.
ydha gleich wie IV 31.
yallbh (ydllali) he! vorwärts!
IV 54.
yekün wahrscheinlich IV 35.
yihdul jawohl IV 55.
yillile heute nachts IV 26.
yillü (yillö) gestern nachts IV
27.
yimkon möglich! IV 55.
yimii gestern IV 26.
yisedüd genug! IV 55.
yit Interj. IV 53.
k cV
-k dein, dich (m.) — Pron.-
Suff. 2. P. Sg. g. m. III 5,
7 (S. 12), vgl. III 21.
-ke dein (m.) — Pron.-Suff. 2. P.
Sg. g. m. (nur an Pluralen)
III 7.
ke- (ka-) mit (nicht mit Pron.-
Suffixen) IV 4.
kdd (Iced) jeder, der III 65.
ha-ddheme daher IV 42.
Icafelet Hälfte III 87 (S. 98).
hall (keil) jeder, all III 65.
hall de- (keil de-) jeder der,
alles was III 58.
kam (kem, kam) wieviel? III
61, Amu. 2; IV 33.
-kem euer, euch (m.) — Pron.-
Suff. 2. P. PI. g. m. III 5,
7 (S. 12), vgl. III 21.
-hen euer, euch (f.) — Pron.-
Suff. 2. P. PL g. f. III 5, 7
(S. 12), vgl. III 21.
kinyeh zurück, retour IV 22.
kenhe auch III 67, IV 43.
kdrihe auch IV 43 Anm.
katewdr (Fluchwort) IV 55,
Anm. 2.
kter mehr IV 34.
hetter hdyrek danke! IV 57.
1 3
qabdyl für IV 8 Anm.
qarib nahe IV 23.
qöser weniger, minus III 87
(S. 98).
46
IV. Abhandlung: Bit tu er.
i J
l- s. das Folgende.
le- Genetiv-Exponent (für PI.)
III 43.
la- (la, le-, U-) welche (PI. g.
c.) III 53; als Genetiv-Ex
ponent III 55 (in freien Ge
netiven III 56).
le- (la-, le-, li-, l-J auf, über,
hin zu (= ar. und
IV 3.
la nicht IV 37, nein IV 53.
lä-büdd gewiß, wohl IV 35.
leid —- Id nicht mehr IV 37.
Ifuldnt der und der III 62.
lieh jene (PI. g. c.) III 51.
lidkem(e) jene (PI. g. c.) III 52.
li-jire wegen, um — willen IV
17 a; — da damit IV 49.
la-gdyren nach hinten III 67.
libm(e) diese (PI. g. c.) III 50.
la-hdl (le-liel) hin zu IV 14;
s. hal (hei) bei.
le-hen(e)- hin zu IV 15; s.
hen(e)-.
le-his wie IV 31.
la-hall(e) dome damals IV 27.
la-häsen men sabeb aus was für
einem Grunde, warum? IV 33.
lie (liye) diese (PI. g. c.) III
49.
Idywa o daß doch! IV 54.
Iahen aber IV 41.
lasr in he-lasr am Spätnach
mittage III 67.
letneyn in nhor da-letneyn Mon
tag III 67.
lu wenn (irreal) IV 51.
lud hin zu, neben, an die Seite
von IV 16, Anm.
lazarbme jetzt IV 27.
m f
me aber IV 41.
mbäd nachher, später.
mdeni (mdenl, madeni) und
mdonl sieh! sieh da! IV 53,
Anm. 1.
midrl ich weiß nicht IV 55,
Anm. 1.
mgoren hernach III 67, IV 27.
miye hundert (so nur in drei
hundert, vierhundert usw.)
III 84.
miyet einhundert III 84.
mlteyn zweihundert III 84.
mähen sehr, viel IV 34.
mlcbn irgendwo IV 20.
mhon gäher anderswo IV 20.
mahon-eh früher IV 28.
maqade wegen, um willen IV
18, Anm.
mon wer? III 59.
men (min) aus, von IV 7, daß
nicht (lat. ne) IV 50; men
hal so oft als IV 47.
mite(n) wann III 67, IV 25.
mtelli dann IV 28.
mzd 5 unten IV 22.
n 0
-n unser, uns — Pron.-Suff. 1.
P. PI. g. c. III 5, 7 (S. 12)
vgl. III 21.
ndü gib her! IV 55.
-ni mich—Pron.-Suff. l.P.Sg.g.
c. (amV erbum neben -i) III21.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 47
nlia (haha, nah) wir III 3, 4
(S. 10).
nnhuren am hellen Tage III
67.
nhdli unter IV 10.
r J
roba f. rdbät der vierte III 86.
ribä vier (nur in Verbindung
mit yom Tag) III 81.
rebeyt vier (f.) III 86 (S. 97).
rbot vier (f.) III 73.
rabdyn vierzig III 83.
rdheq (rehaq) fern, weit ent
fernt IV 23.
reyt (ya reyt) o daß doch IV
54.
s
-s ihr, sie — Pron.-Suff. 3. P.
Sg. g. f. III 5, 7 (S. 12),
vgl. III 21.
-se ihr — Pron.-Suff. 3. P. Sg.
g. f. (nur an Pluralen) III 7.
si (se, si, se) sie (Sg. f.) III 3,
4 (S. 8).
sa" f. seyt neun III 78.
söbä f. sdbat der siebente III
86.
sebdyn siebzig III 83.
be-sebeb d- wegen IV 17 b.
sodes f. sedst der sechste III 86.
sekeyn willkommen, sei ge
grüßt! schön! IV 54.
-sen ihr, sie — Pron.-Suff. 3. P.
PI. g. f. III 5, 7 (S. 12) vgl.
III 21.
sen (sen) sie (PI. f.) III 3, 4
(S. 8).
ser (sir) hinter, nach IV 12.
sittin sechzig III 60.
sät (säten, sd’ten) eine Weile
IV 29, III 67.
sutvandt eine kleine Weile IV 29.
s
sddeq (be-sadeq) in Wahrheit IV
54.
s LJ*
-s dein, dich — Pron.-Suff. 2. P.
Sg. g. f. III 5, 7 (S. 12), vgl.
III 21.
-se dein — Pron.-Suff. 2. P.
Sg. g. f. (nur an Pluralen)
III 7.
s(e)- mit (nur in Verbindung
mit Pron.-Suffixen) III 42,
IV 4.
sibä sieben (nur in Verbindung
mit yom Tag) III 81.
sidet sechs (nur in Verbindung
mit yom Tag) III 81.
t Cj
tä (taj, te (te), auch tu (to)
bis, bis zu IV 5, sobald als
IV 45; daß, auf daß IV 49.
t(e)- mit Pron.-Suffixen, zur
Umschreibung des Akkusa
tivs der Pronomina personalia
separata III 41.
telatin (tletin) dreißig III 83.
toll (tüll, teil) dann IV 28, min
toll di — nach IV 18.
temanin achtzig III 80.
tisä neun (nur in Verbindung
mit yom Tag) III 81.
tösa’ f. te.se’t der neunte III 86.
tisdyn neunzig III 90.
48
IV- Abhandlung-: Bittner.
tem (tem) ihr (m.) III 3,4 (S. 9).
ten (ten) ihr (f.) III 3, 4 (S. 9).
tuwiil -(i)- hin zu (nur mit
Pron.-Suffixen) III42, IV 16.
t ö
talatit drei (f.) III 72.
timen acht (nur in Verbindung
mit yöm Tag) III 81.
tömen i.tdmenet der achte III86.
temöne f. temenit acht III 77.
toni f. tdniyet der zweite III 86.
trü f. trit zwei III 71.
t t
täd f. tayt ('teyt } fit) einer, eine
III 62, III 70.
tädide-, f. titide- (mit Pron.-
Suffixen) einander III 48.
iayr (teyr, tir, tar) auf, über,
hinter, nach IV 9.
be-taref an der Seite von, neben
IV 17 c.
W j)
iva (we, ü, u) und IV 39.
loed hin zu IV 16. Anm.
wlyye sehr IV 34.
luald- (mit Pron.-Suffixen) allein
III 66.
louku wieso? warum? IV 33.
ivuqdne vielleicht, etwa IV 35.
waqat eine Zeitlang IV 19.
wdq(a)t kdlleh immer IV 29.
wuqaten kurze Zeit, eine kleine
Weile IV 29.
ic-al und nicht IV 37.
waläken (walkin) aber IV 41.
wallä (walle, wullü, allü) oder,
sonst IV 40.
wulü wenn auch nur, selbst
wenn IV 40.
ivuss schweig, halt ’s Maul!
IV 53, Anm. 2.
ivutd so IV 32.
wutöme so IV 22.
weswb& (wu&wos, wesiwesi) was
ist los? III 61, Anm. 1.
2 J
zaröme jetzt IV 27.
s
si (si, se) irgend, etwas III 63.
seff- sieh (mit Pron.-Suff.) IV53,
Anm. 1.
shelet f. saijatit drei (Qasän)
III 72 (S. 88).
selit f. safeyt drei III 72.
silet drei (nur in Verbindung
mit ybm Tag) III 81.
solet f. seifet der dritte III 86.
simel links IV 24, auch semil.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 49
Nachträge. 1
A) Zum dritten Teile:
Zu § 4, S. 9, Z. 7 v. o.: kos ist soviel als ar. bei Jahn
als oos mit q angegeben und ohne Etymologie, vgl. W.
Z. K. M. ; 1910, S. 78, Mitte.
Zu § 8, S. 14 sub /?), Z. 6 v. o.: fesel ,Geschäft, Beschäftigung'
gehört zu ar. s. Dozy s. v.: dans la langue vulgaire,
n. d act. se fatiguer, se lasser, etre las; II. lasser,
fatiguer — desgleichen Landberg, ITarlr. s. v. J~*Ls erein-
ter par le travail, s’ereinter au travail, mais aussi
etre poltron et fanfaron. NB. fesel verhält sich also zu
ar. (J-äö wie ar. zu hebr. bas und syr. äbi- — eben-
dort drei Zeilen tiefer: zu kädef vgl. ar. er***? Schoß,
Busen, hebr. jxn, äth. Ö'i s -
Zu § 9, Anm. 4, S. 16: bei kam Mutter liegen wohl zweierlei
Stat.-pron. vor: ein kam- und ein käme-, vielleicht -per ana
logiam nach ar. abl, aki, kamt gebildet; cf. im Türkischen
amü von ar. ^ in amü-ja Onkel, wohl nach ar. liamv zu
ar. lA, im Neupersischen Oheim, Neffe, ebenso
jbä. Oheim.
Zu § 10, S. 18, Z. 5 v. o.: es muß sembüq-ek heißen; im Ara
bischen mit Jj.
Zu § 11, S. 19, Z. 9 v. o.: kaybit Kamelin scheint mir denn
doch mit ar. J-d zusammenzuhängen, cf. ar. frucht
bare Kamelin, und zwar steht kaybit wohl für hibit aus
ibit für iblit, indem l verschliffen wurde, vgl. im Shauri
iyet — ibet (ibit), wo auch noch b zu y geworden ist (in
der dem Shauri charakteristischen Weise), während das l
im Plurale iyel = ar. J-d wieder deutlich hervortritt.
N. B. das k in kaybit ist natürlich in echt mehritischer
Art vorgeschlagen und ay aus i durch Diphthongisierung
entstanden.
Zu § 11, Anm. 2, S. 20, Z. 3 v. o.: Man beachte, daß die Ver
kürzung eines aus d hervorgegangenen 6 zu 6 und nicht
1 Zum dritten und vierten Teile.
8itzungsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd., 4. Abh.
4
50
IV. Abhandlung: Bittner.
zu d (e) dem Öhauri eigentümlich ist, s. Bittner M.,
Charakteristik der Öljauri-Sprache. Anzeiger der phil.-hist.
Kl. d. Kais. Alt. d. W. Wien, 23. April 1913, Nr. IX.
Dies gilt auch: zu § 12, S. 21, Z. 4ff.; zu § 14, S. 23,
oben u. Anm. 2; zu § 16, S. 26, Anm. 3 oben ; zu § 18,
Anm. 1, S. 27 ; zu § 31, S. 38, zweiter Absatz; zu § 32,
Note 1, S. 40; zu § 34, S. 44, NB.
Zu § 15, S. 25, Anm. 1: gayitj ist qitdl-Form und steht für
giyüj = giyöj (mit ü für 6 zwischen y und j; für das
zu diphthongisierende i trat a ein, weil ay aus i enttont
zu a wird, cf. gajen Knabe aus gayj-en u. dgl.
Zu §31, S.39, Mitte: Die richtige Mehri-Form scheint mir ksilt-h,
während die andere Form leset-h (nach dem Muster der
Verba firma) dem im Öhauri gebräuchlichen leset-ö entspricht.
Zu § 32*, S.41, Z.3 v. u.: hazoubis ist wohl in hazöub Ms zu ver
bessern und hazaybint steht wohl für regelrechtes hazab-im.
Zu § 34, Note 2, S. 44: Der Plural hibydrt ist doch belegt bei
Hein, cf. I Nachträge S. 128 zu § 71.
Zu §49, S. 59: In der Pluralform Id (le) liegt wohl das Ur
sprüngliche vor; in Home und lieh § 50 u. 51, sowie in
liäkeme § 52 erscheint das l mouilliert, so daß wir vielleicht
besser lyöme, Lyek, lydlceme schreiben sollten.
Zu § 56, S. 66 oben: Als Nomina, Substantiva oder Adjektiva,
gebrauchte Relativsätze besitzt auch das Öhauri ebenso
wie das Soqotri. Vgl. z. B. im Öhauri: d-ibitören Fischer
(wtl.: welcher fischt) M. 34, 1 mit Glosse in der ersten
Aufnahme: d-ibitören tro zwei Fischer, tatet d-ibitören
drei Fischer, d-ihöz Bäcker (ad hbz) oder sUj et, d-isig
sieben Goldschmiede M. 86, 9 und im Soqotri: äitatibur,
Seherin, Wahrsagerin (im ÖJjauri-Bande 53. 6, wtl. welche
ausschaut, cf. ar. ^ einen Traum auslegen, mh. Säbür
aus dem Fenster sehen).
Zu § 58, S. 69 u. 70: Das relative lial scheint mir doch mit
ar. (j' identisch.
Zu § 61, Anm. 1, S. 72, Z. lOff. v. o.: in iceswöS sehe ich jetzt
ein redupliziertes icai für wes und wes — es, d. i. ar. ^
mit unorganischem w-Anlaut, wie z. B. in vulg.-ar. wen wo
Studien zur Laut- und Formenlehre der Meliri-Sprache. IV. 51
Zu § 73, S. 88: Zu m. drba vier liegen zweierlei Feminina
vor: ein rbot und auch ein ribeyt, cf. § 86, S. 97, welch
letzteres ribeyt auf ein arbait zurückgehen dürfte; wir
haben also von drei bis zehn mit Ausnahme von hdyme—
homö fünf die Feminina alle auf -it gebildet vor uns:
safeyt, ribeyt, itit, hibeyt, temenit, seyt, a&rit.
Zu § 87 wäre darauf zu verweisen, daß auch Ägypter und
Araber mit Brüchen so zu rechnen pflegten; ebendort
S. 97/98: fdkali Hälfte, so mit k bei Jahn, aber bei Müller
mit q als fäqali und auch als fdqa (fdqa).
B) Zum vierten Teile:
Zu § 1, S. 5, Note 1 : Nach dem Ziele des Kommens, also nach
dem Orte, wohin einer kommt, fragt man im Mehri, wenn
nükä gebraucht wird, mit ,wo man sagt also z. B.:
nükä be-beyt er kam ins Haus, nükä be-rahbet er kam in
die Stadt u. dgl.
Zu § 2, S. 6, Note 1 : Im 'Oman-Arabischen wird statt J ein
lia- oder ha- gebraucht, das Reinhardt mit ar. JL=- oder
LjJk»- zusammenstellt. — Herr Dr. Torczyner hält es nicht
für ausgeschlossen, daß das he- des Mehri zu äth. |)f:
gehört.
Zu § 2, S. 6, Anm. 1: Im Öh auri steht die Sache anders, indem
he- (ha-) eig. nur mit Pronominalsuffixen verbunden vor
kommt, sonst regelrecht durch la- (le-) vertreten wird
(seltener durch e- wie regelmäßig im Socjotri).
Zu § 4, S. 9, Note 1: In, wie ich denke, durchaus zutreffender
Weise vergleicht Herr Dr. Torczyner zu dem layni
(— tdxyni) in ka-ldyni das neuhebr. nb'l>3 in dem Aus
drucke nb'jJ? Abendgebet (am Versöhnungstage).
Dieses nilä wird allerdings als ,Schließen' gedeutet
(Fby: schließen), doch ist die sichere Bedeutung des Wortes
nicht bekannt, s. Levy s. v. Wenn mehri Vayni aus Vini
mit dem neuhebr. nilä identisch sein sollte, dann wäre
der umgekehrte Wechsel bei > näl anzunehmen
(= nl). Schwierigkeiten bereitet das schließende i. Trat
die Metathesis vielleicht erst ein, nachdem l in dem anzu
setzenden nayl rsp. nayl mouilliert worden (also nayly,
nayli und dann layni)?
52
IV. Abhandlung: Bittner.
Zu §6, S. 10: Herr Dr. Christian möchte birek mit assyr. birJcu
(burku) ,Knie‘, aber auch ,Schoß 1 verbinden und erinnert
an Holma, Körperteile, S. 132 ff.
Zu § 9, S. 13, Kleingedrucktes: mitunter kommt dem tayr (tar)
noch deutlich der Sinn von ,hinter dem Rücken, im Rücken
von 1 zu, wozu man den ähnlichen Gebrauch von
,Rücken 1 im Neupersisclien und den von ,Rücken 1 im
Türkischen vergleichen möge.
Zu § 10, S. 14: Das i von nhali ist vielleicht aus einer Mouillie
rung des l zu erklären.
Zu § 18, S. 20 unten: Hieher gehört auch le-tdiv- mit Suffixen
= ,nach Belieben', bei Jahn im W. fälschlich sub twy
S. 233, Kol. II, richtig nur mit ar. Vzu identifizieren,
cf. ar. Gji 3 Ujh • bei Jahn in den Texten, S. 12, 17 in der
Stelle u si säret latöu-s, wo zunächst jedenfalls das ara
bische (sic!) säret durch slröt zu ersetzen und la-tou-s zu
teilen ist; letzteres in der deutschen Übersetzung nicht
übertragen (es heißt dort einfach ,Und jene reiste', im
Arabischen aber u ln säret ' ala kef-liä, also ,und sie reiste
nach ihrem Belieben 1 . — Ebendort zur Anm.: maqade
(maqadä) ,in betreff, wegen' könnte auch für m-qade,
resp. m-qadar stehen (arab. also wtl. ,gemäß, nach
Maßgabe', zum Abfall des r vgl. außer W. Z. K. M., 1910,
S. 78 besonders vulg.-ar. qades wieviel = jJi'.
Zu § 20, S. 21: Besser noch stimmt zu hon wo ? das hebr. JK
(rm‘) wo, wohin?, woran mich Herr Dr. Torczyner erinnert
hat. Wir hätten also hon — hän = an.
Zu § 30, S. 28: Herr Dr. Torczyner vergleicht mit her auch
hebr. "03 schon (also "n + 3).
Zu § 32, S. 29: Vielleicht ist ivutd, wie Herr Dr. Torczyner
meint, mit wäty fertig zusammenzustellen, cf. Stumme,
Märchen a. Tripolis, S. 316 (7 r wt‘).
Zu § 34, S. 30: ,wenig' haur hängt mit ar. zu wenig sein,
ausgehen S. (^=^1), j>=>- Abnahme, Vernichtung und mit
ar. jtä- (und jjA) schwach sein, nacldassen (Hitze) zu
sammen.
Zu § 35, S. 30, unten: Bei hayden von neuem denkt Herr
Dr. Torczyner an K3TKH jetzt', auch neusyrisch.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 53
Druckfehlerverzeichnis.
A) Zum dritten Teile:
S. 9, Z. 18 v. o. lies Anlaut statt Auslaut.
„ 15, Z. 12 v. o. lies saut statt saut.
„ 20, Z. 15 v. u. lies statt C~AU.
„ 39, Z. 14 v. o. lies hemlü statt hem-lü.
„ 45, Note 4, 1. Z. lies U44*^ t* statt
„ 47, Note 2, Z. 6 lies to wish statt to wich.
„ 56, Note 2, v. 1. Z. lies hdtr-l statt lidtr-l.
„ 60, Z. 1 v. o. lies Gewährsleute statt Gewährslaute.
„ 66, Z. 12 v. o. lies shof statt shof.
„ 68, Z. 5 v. o. lies meine Brüder statt meinen Bruder.
„ 68, Z. 8 v. u. lies Saliern statt sattem.
„ 87, Anm. 3 lies Studien II statt Studien I.
„ 93, Z. 16 y. u. lies temant'äsar statt temantt-dsar.
B) Zum vierten Teile:
S. 4, Z. 4 u. 5 lies ,Beim Lesen der Korrekturbogen' statt ,Bei
Anfertigung dieser verschiedenen Listen' und füge nach
dem ersten Absätze noch hinzu: die von Herrn Dr. Chri
stian und Herrn Dr. Torczjner mir überlassenen Notizen
zu diversen Etymologien habe ich in die Nachträge auf
genommen und dortselbst durch Nennung ihrer Namen
kenntlich gemacht.
NB. Die schon von Jahn so als fenimen verzeichnete Prä
position, die ich in § 22 wieder als fenimen aufgeführt habe,
ist wohl zu teilen in fein ,vor, weiter vorne (als), früher (als) 1
und men (= ar. a*), also nicht fenimen, sondern fern men zu
schreiben — im Shauri auch ohne men, also feni allein = ,vor';
cf. neupers. f
54
IV. Abhandlung: Bittner.
ANHÄNGE.
Weitere Nachträge.
A) Zum ersten Teile:
Zu § 3, S. 13, Z. 4 v. u.: zu warb, ,Monat' vgl. insbesondere
auch assyr. arhu ,Monat'.
Zu § 5, S. 15, Z. 17 y. u.: noher ,Fluß' = ar. Ab aber nöher
,ein Vogel, der sprechen kann' wohl mit ar. zu
sammenzustellen, um so mehr als wir im Meliri für ,Adler,
Geier' zdqer haben = ar. yß' 0 Habicht und aqabit (zu
ar. im Meliri ,Vogel (überhaupt)' bedeutet.
Zu § 7, S. 19, Z. 11 v. u.: bei aför ,Wolke' kann man mit
Herrn Dr. Christian auch an liebr. ist’ ,Staub' denken,
wiewohl die Ausdrücke formell nicht übereinstimmen.
Zu § 12, S. 22, Z. 9 v. u.: haujör ,Sklave' stelle ich nunmehr
zur Wurzel wjr = und denke, daß das h im Anlaute
vorgeschlagen ist, wie in haubin ,Stein' (also li + icbn =
’bn). Bedeutung also urspr. ,Mietsklave'. Dazu stimmt
auch sbauri gor ,Sklave' genau (= gor = [wjgor).
Zu § 13, S. 23, Z. 4 v. u.: vielleicht sollte es doch leabsis mit
s sein. S. 24, Z. 3 v. o.: Mit Rücksicht auf die Etymo
logie sollten wir vielleicht wohl eher leensid schreiben.
Zu § 16, S. 27, Z. 7 v. o.: bei kursin ,Wade' erinnert Herr
Dr. Christian an assyr. qursinnu ,Bein (eines vierfüßigen
Tieres), Knöchel' u. ä., v. Holma, Namen der Körperteile,
S. 148.
Zu § 22, S. 32, Z. 9 v. o.: Vielleicht sollte mesivöf ,Visier' mit
s geschrieben werden, cf. siyif ausblicken nach etwas
(mediae y, II. Form, ar. [m]).
Zu § 28, Nr. 7 u. 8, S. 37: resp. auch ,Schwager' und Schwä
gerin*.
Zu §31, S. 41, Z. 17: msbgot ,Schmelzofen' gehört natürlich
zu ar. £U>.
Zu § 33, Note 2, S. 43: Umgekehrt nannte der Gewährsmann,
den Herr Prof. Rhodokanakis für sein Dofärl. hatte, jeden
Hund einfach dib (= ar. Wolf). NB. äth. Uh'fl s
bekanntlich = Hyäne.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 55
Zu § 37, S. 48, Z. 6 v. o.: Etymologisch scheint mir, wie Herrn
Dr. Christian, mehri qanün klein mit jenem ar. zu
sammenzuhängen, das ,Sklave' bedeutet.
Zu § 54, S. 52, Z. 17: bei bizeret,Stück' erinnert Herr Dr. Chri
stian an ar. zerschneiden, cf. ICihä und ghü.
Zu § 55, S. 53, Z. 20 v. u.: In höurem ist h wohl doch vor
geschlagen (wie das Sjiauri und Soqotri beweisen), cf. ar.
?j\ ,großer Stein in der Wüste, um den Weg zu bezeichnen.'
Zu § 58, S. 55, Z. 9 u. 10 v. o.: mehri sour Stein zu ^ Berg
wie shauri fedün Stein zu soqotri fedelion Berg.
Zu § 59, S. 55, Z. 4 v. u.: Das als Singular zu aysüs (aus isäs)
anzunehmende asis steht hei D. H. v. Müller im Manu
skripte seiner ersten Aufnahmen hei der betreffenden Stelle
am Rande notiert.
Zu § 61, S. 57, Z. 19 v. o.: Zu sarq ,Stück Holz' vergleicht
Herr Dr. Christian ar. ,spalten' und zu liasis ,kl. Stück
Holz' ar. ,verdorren'.
Zu § 61, S. 57, Z. 8 v. u.: Vielleicht ist qasxr mit s zu schreiben.
Zu § 62, S. 58, Note 2: Vgl. jetzt M. Bittner, Vorstudien zur
Grammatik und zum Wörterbuche der Soqotri-Sprache,
S. 5, Note.
Zu § 73, S. 65, Z. 4 v. o.: Nun setze ich röurem— rdwram —
rdmram.
Zu § 74, S. 65, Z. 6 v. u.: ,Schiff' ist im Mehri sfenet (ar.
Zu § 75, S. 66, Z. 17 v. o.: Bei säber ,sauer' denkt Herr Dr. Chri
stian an ar. ,Saft bitterer Pflanzen, Myrrhe'.
Zu § 89, S. 76, Z. 10 u. 11 v. o.: Der Plural von gayj, d. i. gayüj,
ist bestimmt qitäl-Form, worüber demnächst mehr.
Zu § 98, S. 79, 1. Z.: Zu tariy vgl. natürlich ar. ,frisch
u. zart'.
Zu § 100, S. 81, 1. Z.: bei mesmir ,berühmt' denkt Herr Dr. Chri
stian an syr. jü fluere fecit, misit, dimisit, pronuntiavit.
Zu § 104, S. 84, Z. 8, 9, 12, 13 u. 14: Herr Dr. Christian stellt
zaneu taub zu ar, Bj beengt sein (cf. zu engen Gehör
gang haben, taub sein); hfem mager zu ar. zerbrechen,
dünn; qatä mager (oder, wie ich glaube, eher ab
geschlagen, müde) zu ar. ghs • hamem stinkend zu ar.
56
IV. Abhandlung: Bittner.
verdorben sein und stinken; jibdh stumpf zu ar. G-A ab
gestumpft sein (also h für '); takele glatt zu ar. reiben.
Zu § 8 in den Nachträgen S. 116: gajen ; Jüngling, Knabe ! ist
so mit einem j zu schreiben, denn es steht für gayj-en,
indem ay enttont zu a wurde; dasselbe gilt von gajtt, das
Femininum von gayj ist, auf 4t, v also eigentlich ,Männin,
Weib', cf. dazu auch ebendort zu § 33, S. 121.
Zu § 21 in den Nachträgen S. 118, Mitte: Jetzt fasse ich maij-
cjän als Part. pass. = magdän (magdin), also = er
barmungswürdig'.
Zu § 31 in den Nachträgen S. 120 u. 121: NB. Sitauri eret Mond
und Soqotri ere Mond können auf Mehri harit und werit
zurückgeben, cf. M. Bittner, Vorstudien zur Grammatik
und zum Wörterbuche der Soqotri-Sprache, S. 10, oben.
Zu § 44 in den Nachträgen, S. 122: In qalliyen Knaben, Kinder
scheint mir das y aus einer Mouillierung des ll hervor
gegangen zu sein, wir können also qallän (V qll + -an)
ansetzen — daraus qallyän, qa.llyen. Diese Mouillierung
des l zeigt sich auch sonst einigemale, z. B. in hammaliyin
für hammälin Lastträger, in lie (dann lie) diese, aus lyd
für Id (und den Ableitungen liome und lidkeme), in nhdli
,unterhalb' für nahdly und nahäl.
Zu § 110 in den Nachträgen S. 133: Vielleicht ist doch qatäl
anzusetzen und nicht qattäl.
Zu § 45 in den Nachträgen S. 122: Die Etymologie von gvy
in garuy Sprache — NB. die Wurzel ist allen drei Mahra-
Sprachen gemeinsam: mehri gdiri sprechen, garuy Rede,
Sprache; shauri gar6 Rede; soqotri ärho Stimme (cf. ar. JA
und hebr. b'p) — scheint mir Herr Dr. Torczyner ge
funden zu haben, cf. M. Bittner, Vorstudien zur Grammatik
und zum Wörterbuche der Soqotri-Sprache, S. 6, Anm.
B) Zum zweiten Teile:
Zu § 5, S. 8, Z. 3 v. o.: zu hazour Umstürzen vgl. ar.
abschneiden, umhauen. 1
Zu § 12, S. 16, Z. 9 v. o.: Zu bedör zerreißen (trans.) vgl. auch
assyr. basdru, sowie aram. Sya, syr. ^ Trauben lesen.
1 Die hier nachgetrageneu Etymologien verdanke ich, wo nicht anders
bemerkt, Herrn Dr. Christian.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 57
Zu § 12, S. 17, Z. 15 v. u.: Zu lcafod herabsteigen vgl. assyr.
kapädu sinnen, planen (eig. auf etwas losgehen, zielen —
mit ana und auch transitiv konstruiert).
Zu § 19, S. 24, 1. Z.: Zu letög töten vgl. auch ar. mit der
Faust schlagen — und S. 25, Z. 1: Zu viashäl schmutzig
vgl. J-iUh klären, reinigen (den Wein), sahälu sieben, also
„das zu Reinigende“.
Zu § 21, S. 26, Z. 18: Zu galöq sehen vgl. ar. und
hangen, 2. hängen (eig. die Augen an etwas hängen, heften).
Zu § 35, S. 49, Anm. 6: Zu samer zu Ende sein vgl. ar.
stocken, J-LA Rand des Bechers.
Zu § 43, S. 55, Z. 3 v. u.: Zu full fliehen vgl. ar. fliehen,
davonlaufen — und S. 56, Z. 5 v. o.: Zu riss kriechen
vgl. ar. schwach fließen (Blut etc.).
Zu § 44, S. 57, Z. 10 v. o.: Zu küss ,das Kleid aufheben* —
wohl eig. ,in Falten legen 1 , vgl. ar. die Stirne runzeln
(in Falten legen), Falte, eingeschlagener Saum. —
Ebenda, Z. 17 v. o.: Zu zoqq schreien vgl. ar. Jjyäj zwitschern,
atzen fjjj atzen) und schreien, krächzen, sowie assyr.
zäqu (p't) stürmen, wehen, und zäqiqu Sturm, Wind (eig.
der Schreiende, Tosende). — Ebenda Z. 21 v. o.: Zu Söll
(sali) holen, davontragen auch ar. J-& forttreiben, assyr.
salälu wegnehmen, fortführen, plündern (außer ar. JL&).
Zu § 45, S. 58, Z. 16 v. o.: Zu gass betrügen, täuschen vgl.
ar. o-Ss betrügen, täuschen.
Zu § 47, S. 59, Z. 13 v. o.: Zu Serir durchlöchern vgl. ar.
durchlöchertes Brett zum Trocknen der Milch, und ebenda
Z. 14 v. o. zu habib zittern vgl. ar. wogen, stark
bewegt sein.
Zu § 50, S. 61, Z. 11 v. u.: Zu hedelel hilflos sein vgl. assyr.
dalälu unterwürfig sein, gehorchen, verehren.
Zu § 51, S. 62, Anm. 2: Zu ftirür gähnen vgl. ar. \ beim
Lachen die Zähne entblößen.
Zu § 60, S. 69, Z. 5 v. o.: Zu dok reiben vgl. außer ar. eXo
doch auch ar. cXzerreiben, assyr. däku zerschlagen.
Zu § 67, S. 74, Z. 12 v. u.: Zu düqa hervorbrechen vgl. äth.
perforare.
58
IV. Abhandlung: Bittner.
Zu § 68, S. 76, Z. 8 v. u.: Zu firä steigen, aufgehen vgl. auch
ar. ,einen Berg besteigen, übertreffen'.
Zu § 72, S. 82, Z. 1 v. o.: Zu wulied sich beruhigen vgl. ar.
^*3 ,Bodensenkung, tiefes Tab, also ,sich senken, sich
setzen'.
Zu § 80, S. 87, Z. 5 v. o.: Zu touq sich zugesellen vgl. ar. JG (u)
sich nach etwas sehnen (eig.: sich krümmen, zuneigen zu
etwas, 4. den Bogen stark spannen, d. i. krümmen),
Krümmung, also eig. ,sich hinneigen'.
Zu § 83, S. 89, Anm.: Zu hdywel verrückt sein und bowel ver
stehen vgl. von ar. V J>=-. die 10. Form: ,dumm, unver
nünftig sein' und die 8. Form: ,schlau sein'.
Zu § 90, S. 95, Z. 18 v. u.: Zu siyöl ,eine Schuld einfordern'
vgl. auch die ar. Nebenform JGo (swl) ,fragen'.
Zu § 91, S. 96, Z. 8 v. o.: Zu bayib schreien (vom Fuchse) vgl.
assyr. liubu habubu schreien, heulen.
Zu § 95, Z. 18 v. o.: Zu ksu finden vgl. assyr. kasü packen
(Jensen, K. B. VI. 1. 514) — dieses geht aber gegen Jensen
auf eine Grundbedeutung ,bedecken' zurück, also ver
wandt nps L**s.
Zu § 99, S. 105, Z. 6 v. o.: Zu jehdu kommen vgl. ar. tsS“
schreiten, weitergehen — ebenda Z. 10 v. o.: Zu hajü
einschließen vgl. ar. bs?“ bleiben, verweilen, bewahren (ein
Geheimnis) d. i. einschließen — ebenda Z. 13 v. u.: Zu
hazü (hasü) wegnehmen vgl. ar. abhalten, hindern.
Zu § 103, S. 110, 1. Z.: Zu wosi reizen vgl. ar. (auch
10. Form) das Pferd spornen.
Zu § 105, S. 114, Z. 2 v. o.: Zu lidteml abblassen (Farbe) vgl.
ar. (12. Form) schwarz sein, also eig. ,schwarz werden'
— ebenda Z. 13 v. o.: Zu hdtlcl abhangen vgl. äth. WilP !
energielos sein und assyr. a \ e }zu schwach — ebenda Z. 15
v. o.: Zu kdtebl erstarrt sein vgl. ar. verwelken.
Zu § 108, S. 119, Z. 3 v. o.: Zu harbeS kratzen vgl. ar.
kratzen.
Zu § 109, S. 119, Z. 19 v. u.: Zu qalqal pfeifen vgl. ar. J-Sü.9
tönen.
Zu § 112, S. 120, Z. 5 v. u.: Zu kdrbel kriechen vgl. ar.
durch Kot gehen, durchs Wasser waten.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
Weitere Korrigenda.
A) Zum ersten Teile:
S. 14, Z. 3 v. o. lies statt
„ 16, Note 1, vorl. Z. lies statt
„ 19, Z. 9 v. o. lies statt £<*>.
„ 20, Z. 5 v. o. lies hine statt liine.
„ 22, Z. 5 v. u. lies statt
„ 23, Z. 7 v. o. lies fließen statt gehen.
Z. 14 v. o. lies tayüm statt ta'yün.
Z. 6 v. u. lies jarjäyr statt jarjayr.
„ 29, Z. 2 y. u. lies j-kitLo statt
„ 32, Z. 6 v. o. lies [bed.] statt [led.].
„ 36, Note 1, Z. 3 lies band statt banuu.
„ 43, lies l-f 1 -*' statt 1-fi*-.
„ 46, Z. 19 y. o. lies hötor statt hötor.
„ 50, Z. 18 v. o. lies V-fl statt V^>1.
c *
,, 54, Z. 11 v. o. lies statt
„ 58, Z. 2 v. u. lies so/;er statt Hoher.
„ 61, Z. 16 v. u. lies cfo'ten statt Inten und dafür Z. 14 v.
liayddqten statt dayddqten.
„ 63, Z. 17 v. u. lies hakiyüd statt Icalciyüd.
„ 66, Z. 15 v. u. lies hetou und hatw statt hetou und hatw.
„ 67, Z. 3 y. u. lies msoyog statt msöyoy.
B) Zum zweiten Teile:
S. 103, Z. 13 v. u. lies hasü statt hasü.
„ 117, Z. 2 y. u. lies sidehyone statt sidehyone.
60
IV. Abhandlung 1 : Bittner.
Index (Mehri) zu sämtlichen Nachträgen.
5 ' (£)
ekler Entschuldigung I S. 115
zu § 5.
afyet auch Gesundheit I S. 121
‘ zu § 34.
aför Wolke, hier oben, S. 54,
zu I § 7.
mtelij krank II S. 149 zu § 58.
atelüq sich hängen II S. 149
zu § 58.
amq Mitte I S. 115 zu § 3.
hämöl, Pass, zu dymel machen
II S. 149 zu § 57.
ardib Nacken I S. 129 zu § 82.
hären Stat.-pron. v. härdun
Schafe I S. 128 zu § 70.
awäris Bräute I S. 130 zu § 88.
arzez zäh I S. 133 zu § 112.
asis Spion, hier oben, S. 55, zu
I § 59.
maatöd frühere Beschäftigung,
Gewohnheit I S. 118 zu § 21.
b ^
hibydrt Kamele (PI. zu beyr)
I S. 128 zu § 71 u. hier oben,
S. 50, zu III § 34.
bedyet Wüste (Land) I S. 121
zu § 34.
bidweyten Landweiber I S. 132
zu § 99.
bedör zerreißen, hier oben, S.56,
zu II § 12.
beljel reif I S. 132 zu § 108.
bahs Schmerz I S. 124 zu
§57.
beyt Haus (PL biyöt = abydt)
I S. 124 zu § 57.
ber schon zu IV § 30.
birek in, hier oben, S. 52, zu
IV §6.
biruk Knie (PI.) I S. 125 zu
§60.
bsayn Krähe I S. 129 zu § 82.
biter fischen II S. 147 zu § 6.
bizeret Stück, hier oben, S. 55,
zu I § 54.
d >
dök reiben, hier oben, S. 57,
zu II § 60.
dikk Hahn I S. 128 zu § 70.
düqä heiworbrechen, hier oben,
S. 57, zu II § 67.
hedelei hilflos sein, hier oben,
S. 57, zu II § 50.
dömit Dompalme (Nom. unit.)
I S. 119 zu § 24.
d Jf
äayuq enge I S. 131 zu § 98.
f ci>
fdkali. (daneben fdqafh]) Hälfte,
hier oben, S. 51, zu III § 87.
fiqre Arme, arme Leute (PI. zu
fuqdxyr) I S 128 zu § 68.
full fliehen, hier oben, S. 57,
zu II § 43.
firä (auf)steigen, hier oben,
S. 57, zu II § 68.
' farr fliegen II S. 149 zu §44.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
61
ftirür gähnen, hier oben, S. 57,
zu II § 51, Anm.
ferteil fertig I S. 114.
fesel Geschäft, Beschäftigung,
hier oben, S. 49, zu § 8.
3 £
jibäli stumpf, hier oben, S. 56,
zu I § 104.
jeliäu kommen, hier oben, S. 58,
zu II § 99.
jummdlet Kameltreiber (PI.) I
S. 130 zu § 86.
jireb schäbig I S. 132 zu § 104
bis 107.
jöb Schild I S. 128 zu § 71.
juwer Nachbar I S. 127 zu
§07.
jizom schwüren II S. 147 zu §5.
9 i
gdyil Brüder I S. 131 zu § 89.
gzt — gayt Schwester I S. 116
zu § 10; PI. gduten, Stat.-
pron. gat- 1 S. 123 zu § 49.
magdän erbarmungswürdig II
S. 147 zu § 19 und hier oben,
S. 56, zu I § 21.
gaybb abwesend sein II S. 150
zu § 91.
gayj (geyj, gaj, gdj) Mann I
S. 116 zu § 8; PI. gayüj, hier
oben, S. 50, zu III § 15 und
S. 55 zu I § 89.
gajen Knabe, hier oben, S. 56,
zu I § 8.
gajit Weib I S. 121 zu § 33.
gciluq sehen, hier oben, S. 57,
zu II § 21.
gdurib Fremder I S. 116 zu § 10.
garüy Rede, ydtirl reden, hier
oben, S. 56, zu I § 45.
magateys mit Silber beschlagene
Flinte I S. 129 zu § 83.
gass betrügen, beschmutzen,
hier oben, S. 57, zu II § 45.
h a
ha (he-), Präposition (Dativ
zeichen), hier oben, S. 41, zu
IV §2.
haybzt Kamelin, hier oben,
S. 49, zu III § 11.
haMn Daumen I S. 128/129 zu
§ 77.
hol, Relativum, hier oben, S. 50,
zu III § 58.
hayden von neuem zu IV § 35.
hayden Ohr I S. 116 zu § 6 —
PI. Stat.-pron. hiddnt — I
S. 126 zu § 67.
hdtlci abhangen, hier oben, S. 58,
zu II § 105.
hass ehren II S. 148 zu § 28.
häm Mutter, Stat.-pron. hdm-
und hävie-, hier oben, S. 49,
zu III § 9.
hon wo ? zu IV § 20.
harzt (iverzt) Mond, hier oben,
S. 56, zu I § 31.
showü wünschen II S. 149 zu
§52.
liuzz fühlen II S. 147 zu § 5.
ll £
Mb = hayb Vater I S. 119 zu
§ 28, PI. houb = Eltern I
S. 130 zu § 85.
62
IV. Abhandlung: Bittner.
liabün Söhne I S. 130 zu § 89.
lieyd Hand, PI. hidüten, Stat.-
pron. lüdet- I S. 123 zu § 50.
liiddnt = hiddnt-, Stat.-pron.
des PI. von hayden Ohr I
S. 126 zu § 67.
hadür einen Reitertanz auf
führen II S. 148 zu § 28.
mibdöm Stricke I S. 132 zu
§100.
Tiador grün (so mit h) I S. 132
zu § 108.
haju einschließen, hier oben,
S. 58, zu II 99.
lidtemi ablassen, hier oben, S.58,
zu II 105.
mahmelet Korb I S. 132 zu § 100.
liaym Schwiegervater etc., hier
oben, S. 54, zu I § 28.
hanöb groß I S. 133 zu §110.
lianof Seele I S. 122/123 zu
§47.
liine (hayne) Gefäß, Gepäck,
Geschirr I S. 125 zu § 67.
liourem Weg I S. 123 zu § 55
und hier oben, S. 55, zu I § 55.
haujör Diener, Sklave, hier
oben, S. 54, zu I § 12.
haujirit Dienerin, Sklavin, PI.
hijerten I S. 127 zu § 67.
hasü (hazii) wegnehmen, hier
oben, S. 58, zu II § 99.
hdywel verrückt sein, bowel
verstehen, hier oben, S. 58, zu
ii § 83.
b c
habib zittern, hier oben, S. 57,
zu II § 47.
mahdddet Nadel I S. 129 zu §78.
haderdt Gemüse, PI. hadöri I
S. 132 zu § 108.
hayib schreien, hier oben, S.58,
zu II § 91.
mahalis beendigt II S. 147 zu
§ 19“
hamem stinkend, hier oben,
S. 55, zu I § 104.
harbes kratzen, hier oben, S.58,
zu II § 108.
hdraf blühen lassen II S. 148
zu § 30.
htern mager, hier oben, S. 55,
zu I § 104.
hnzdur Umstürzen, hier oben,
“ S. 56, zu II § 5.
y
yebhuh Chamäleon I S. 117 zu
§ 17.
yayrdyb Rabe IS. 117 zu §17.
k cT
Jcdtebl erstarrt sein, hier oben,
S. 58, zu II § 105.
kabsis (mit s) Schmetterlingsart,
hier oben, S. 54, zu I § 13.
kafod herabsteigen, hier oben,
S. 57, zu II § 12.
kalüb Hunde I S. 125 zu § 60
und 67.
kdrbel kriechen, hier oben, S. 58,
zu II § 112.
kur Sin Wade, hier oben, S. 54,
zu I § 16.
koub Wolf, hier oben, S. 54,
zu I § 33.
kos Bauch IS. 127 zu § 67, auch
hier oben, S. 49 zu III §4.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. VI. 63
ksü finden, liier oben, S. 58,
zu II § 95 ff.
Icuss (das Kleid) aufheben, den
Schleier wegnehmen, hier
oben, S. 57, zu II § 44 ff
haq feiet Türschlösser I S. 128
zu § 71.
qdlqal pfeifen (vom Fuchse),
hier oben, S. 58, zu II § 109.
qalliyen Knaben, Kinder IS. 122
zu § 44 und hier oben, S. 56,
zu I § 44.
qcinün klein I S. 133 zu § 110
und hier oben, S. 55, zu I § 37.
qatd' mager, hier oben, S. 55,
zu I § 104.
qt.anot ein bißchen I S. 119 zu
' § 27.
qa&ir Rinde, hier oben, S. 55,
zu I § 61.
I J
Id, Home, lieh, lidlceme, hier
oben, S. 50, zu III § 49.
layni u. ka-ldynl am Abend,
hier oben, S. 51, zu IV § 4.
leliey meckern II S. 147 zu § 17.
halsüq aufdrücken II S. 147 zu
§5.
letbg töten, hier oben, S. 57, zu
II § 19.
halwdlit Bretter I S. 128 zu § 71.
m ?
mut Geisteskraft IS. 124 zu §58.
mehriyüt eineMehrifrau IS. 131
zu § 99.
mlelc König I S. 118 zu § 21.
mindüq Flinte I S. 129 zu § 79.
miwit (meywit, meywet, miwit)
Tod I S. 115 zu § 5.
n 0
nämus Ehrgefühl I S. 116 zu
§ 11.
naher sprechender Vogel, hier
oben, S. 54, zu I § 5.
nhdli, Präposition, hier oben,
S. 52, zu IV § 10.
nilkä kommen (Konstruktion),
hier oben, S. 51, zu IV § 1.
nuwir leuchtend I S. 131 zu
§98.
riheyt vier (f.), hier oben, S. 51,
zu III § 73.
raliliödat Wäscher (PI.) I S. 130
zu § 86.
rilcob Kamele (PL, Stat.-pron.
rikeb-) I S. 124 zu § 59.
mdrkez Ladestock I S. 118 zu
§ 22.
riqöd stampfen (mit den Füßen)
II S. 147 zu § 5.
rorem Meer I S.128 zu § 73 und
hier oben, S. 55, zu I § 73.
riss kriechen, hier oben, S. 57,
zu II § 43.
S
säf Reisebegleiter, I S. 124 zu
§58.
siydl eine Schuld einfordern,
hier oben, S. 58, zu II § 90.
sembüq Brot, hier oben, S. 49,
zu III § 10.
64
IV. Abhandlung: Bittner.
6* t_r°
meSwdj s. vieswof unter s.
§ cP
säber sauer, hier oben, S. 55,
zu I § 75.
msbgot Schmelzofen, hier oben,
S. 54, zu I § 31.
sala kahl I S. 132 zu § 104
bis 107.
sanier zu Ende gehen, hier oben,
S. 57, zu II § 35.
sour (Fels) Stein, hier oben,
S. 55, zu I § 58.
t O
teber zerbrechlich, krüppelig
I S. 132 zu § 104—107.
tahek glatt, hier oben, S. 56,
zu I § 104.
thoulül sitzen II S. 151 zu
~ § Hl-
tiq trinken II S. 150 zu § 91.
temä belauschen II S. 150 zu
§ 91.
touq sich jem. zugesellen, hier
oben, S. 58, zu II § 80.
t ö
talhdym Milz I S. 117 zu § 13.
t b
tayr, Präposition, hier oben,
S. 52, zu IV § 9.
tit eine I S. 119 zu § 28.
tariy frisch, hier oben, S. 55,
zu I § 98.
tau- (tou-) in la-tdu-, Präposi
tion, hier oben, zu IV § 18.
iv <)
ivuhed sich beruhigen, hier oben,
S. 58, zu II § 72.
waJisiy wild I S. 131 zu § 99.
warb Monat (Plurale) I S. 123
zu § 54 u. hier oben, S. 54,
zu I § 3.
iverit Mond (neben harit) IS. 120
zu § 31 u. hier oben, S. 56,
zu I § 31.
wutd so zu IV § 32.
wb&l reizen, hier oben, S. 58,
zu II § 103.
iveswös, Interrogativum, hier
oben, S. 50, zu III § 61.
z J
zoqq rufen, hier oben, S. 57, zu
II § 44.
zaneu taub, hier oben, S. 55,
zu I § 104.
mashdl schmutzig, hier oben,
S. 57, zu II § 19.
soll wegnehmen, hier oben,
S. 57, zu II § 44.
mesmir berühmt, hier oben,
S. 55, zu I § 100.
srayn Unterschenkel I S. 126
zu § 67.
sargdyf Zweig I S. 117 zu § 13.
sarq Stück Holz, hier oben,
S. 55, zu I § 61.
serir durchlöchern, hier oben,
S. 57, zu II § 47.
mesicöf Visier, hier oben, S. 54,
zu I § 22.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 65
Charakteristisches aus dem reinen Mehri-
Wortschatze. 1
1. Snbstantiva.
Gott ball, Engel mölek, Götze saneb-, Himmel hitem, Sonne
hayüm, Mond härit, Stern keblctb, Feuer siivbt, Wasser hamü,
Meer rörem, Ufer ober, Strand hayq, Wind riyäh, Regen rah
met, Wolke aför, Schatten liblä] Mitte amq-, Monat warb;
Mann gayj, Frau härmet, Knabe gajen, Mädchen gajinöt, Greis
hoher; Vater hayb, Mutter häm, Eltern houb, Sohn habre, Tochter
habrit, Bruder gä, Schwester gayt, Oheim hadid (hei), Tante
haddit (halöt), Schwiegervater haym, Schwiegermutter hamit;
Kopf bare, Schädel saldyt, Rumpf disset, Haar sef, Ohr hay-
den, Nase nahrir, Nasenloch fanharüt, Mund ho, Zahn madräh,
Zunge lisin, Hals gbdl, Lippe karfif, Kehle hart, Wange saji-
mit, Schulter kensid, Achselhöhle gabt, Oberarm adadit, Hand
heyd, Finger liasebä, Daumen häbm, kleiner Finger sagaräyr,
Nagel tayfer, Brust dUsor, Zitze ivotob, Bauch hofel, Rücken
asannt, Magen kos (qabit), Fuß fäm, Knie bark, Wade kursin,
Unterschenkel §rayn, Knochen addyd, Fleisch tiwl, Fett mahl),
Darm mawin, Hode ajrez, Lunge hanfes, Leber sebedit, Niere
kelit, Milz talhdym, Blut döre, Schlaf sinät, Schmerz bahs,
Husten dabet, Geschwür homaq, Seele hanof, Wort behlit, Rede
(Sprache) garüy, Name hamm, Geisteskraft mät, Beschäftigung
fesel, Arbeit mahanet, Buch buk (hatemet), Bleistift biilsen;
Fischer hawwöt, Zimmermann wustöd, Kapitän nühade, Arzt
medöwi, Sultan döulet, Schar (Troß) ziyye, Reitknecht siyyös,
Herr bäl, Herrin bälit, Freund ribd, Europäer berdeqdys, Land
(Stadt) falibet, Saatfeld amal, Tal hötor, Sand habrir, Stein
haubin (sour), Gold deheb, Fenster rüsön, Tisch miz, Messer
ays, Gefäß hine, Wasserschlauch henid, Milch shöf, Salz malhöt,
Reis hayrez, Bohnen dejir, Futter galif, Stroh gaser, Blatt
sgaföt, Tabak tumbökü, Rauch nidöh, Hobel rdndet, Waffe
seleb, Schwert Ski, Flinte benduq, Lanze qandt, Kleid haleq,
1 Zweck dieser Proben aus dem Mehri-Vokabular ist zu zeigen, daß das
Mehri nicht ein arabischer Dialekt ist, auch nicht ein südarabischer
Dialekt, sondern eine selbständige semitische Sprache.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 174 Bd., 4. Abh. 5
66
IV. Abhandlung: Bittner.
Schuh kiis, Schmuck sdyget, Haarnadel viahaddet, Bock tey,
Esel heyr, Fuchs hitäyl, Hase harneb, Hund mhabdyl (Schwanz
denob), Hyäne tibrin, Kamel beyr (weibl. haybit, junges ilij;
Euter nait), Katze sinnoret, Maus jiret, Pferd (Stute) firhin,
Schafe häraun, Stier godab, Wolf koub, Wölfin duduwot, Tiger
qdydar, Ziege hös, Vogel aqabit (Flügel kdtaf), Adler zbqer,
Hahn dikk, Krähe bsayn, Rahe hagrdyb, Storch noqqdr, Chamä
leon hibehäh, Eidechse döb, Fisch liüt (sayd), Frosch dafadöt,
Krebs sinkabet, Schlange rlsit, Riesenschildkröte liamsit, Muschel
jalMn, Einsiedlerkrebs liukin, Floh derdir, Grille jarjayr, Heu
schrecke harbiet, Motte hasimit, Skorpion qabin, Ameise noumil,
Biene nüböt, Wespe haydebbir, Spinne Sebekit, Wurm jidrit (sust).
2. Adjektiva.
Groß soh (fern, hanob), klein qanün, gut hayor (tayob), böse
hayob, schön reheym, blöd haywel, dumm hamej, alt hdher, tot
moyit; sauer säber, süß mdtaq, weich liydn, zäh arzez, stinkend
hamem; rot ofer, weiß labon, blau zahmveü, grün hadör; blind
awer, buckelig hadeb, taub zaneu, krank mtelij; rechts hamil,
links semil.
3. Verba.
Sehen galdq, hören himä, sprechen gdtiri, sagen amor,
befehlen hümor, fragen shabor, antworten sijedub, lesen sahrdj,
gehen siybr, Vorbeigehen jirü, hinuntergehen kafod, hinaufgehen
fird, Weggehen jihem, reisen atelülc, kommen nükä (kaheb),
schicken hazöub, begegnen gcibör, sich hinstellen (stehen) sär,
sich setzen (sitzen) thoulül, schlafen Süqbf, aufwachen wdtqatj
aufstehen ass, springen delof\ fliegen farr } fallen jär (haqöut),
hungrig sein jüyä, essen towü, durstig sein tayme, trinken tiq,
tränken haqöu, zerbrechen tebor, zerreißen badduq (’bedbr)j
werfen rdü, reiben dok, schlagen leböd, töten letdg, nehmen
däybat, fortnehmen soll, packen liqef, tragen gdydel, stehlen
hirdq, lügen bedü, erzählen kelot, finden ksü, geben wezom,
kaufen sitem, verkaufen sem, tanzen zefön, singen zaijdf,
schwören jizom, heiraten härüs (vom Weibe sfük), schwanger
sein dirii, gebären birü, kennen garob, wissen icidä, lieben dyjeb,
sich erbarmen gdydan, warten "stieb, werden (sein) wiqä.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 67
4. Pronomina.
Ich hu, du hat (hit), er he, sie se, wir nhä, ihr tem (fern, ten),
sie hem (fern, sen), ihr (Sg. f.) -s, dein (f.) -s, dieser dome
f. dtme — PI. Home, jener däk f. dik — PI. lidJceme, welcher de-
(Pl. le-), was hei (de-), wer? mön, was? heSen, was für ein?
hesen men, irgend 6i, jemand hdd, allein walis- (mit Pron.-Suff.),
selbst hanof (im Stat.-pron. mit Pron.-Suffixen liandf-).
5. Zahlwörter.
1 tdd — teyt, 2 trü — trit, 3 selit — safeyt, 4 drhä —
rhot (rbeyt), 5 hdyme — homö, 6 hitt — itit, 1 hdbä — hibeyt,
8 temöne — temenit, 9 sa — seyt, 10 oser — asrit, 100 miyet,
1000 oser miye (neben alf), 1 / 2 fdqah.
6. Präpositionen.
Dativzeichen he-, mit (lat. cum) ke- (vor Pron.-Suff, se-),
in birek, auf tayr, unter nhdli, vor fene, hinter ser, bei hei
(vor Pron.-Suff, hene-), hin zu le-hel (resp. le-hene- und tuicül-)
und lud (aus l-wed), wegen li-jire, inmitten von ba amq.
1. Adverbien.
Wo hon ? wo hei, hier bü, dort hal(l)duk (hal[l]dkeme),
hinten gdyren, oben ba-gauf, unten ba-höter, fern räheq, wann
nüte(n)? heute imo, gestern imsi, morgen jeheme, nachts ba-
haley, jetzt lazarome, vorher fenone (fone), schon ber, noch dd,
wie? hxbo, wie his, so ivutb(me), sehr wiyye (mdken), von neuem
hayden, kaum be-lcere, zusammen fahre.
8. Konjunktionen.
Auch kenlie, als Ms, sobald als, bis td, bevor fenowen men,
daß nicht (lat. ne) men.
9. Interjektionen.
Jawohl! yihdul, genug! yisedüd u. dgl.
5*
68
IV. Abhandlung: Bittner.
Index zu den in den Mehri-Studien vorgeführten
Elementen aus anderen Sprachen.
1. Arabisch. 1
vJ I 28, 1.
I 3, I 48, III 14.
ÄJoi IV S. 49 zu m 11.
o'*' III 18.
y\ III 58.
IV S. 54 zu I 12.
III 62, III 70.
>•' II 41, II 72, II 77.
I 6, I 67, II 75.
oH HI 8.
y IV S. 55 zu I 55.
Joj' I 17.
II 76.
J III 58.
dft III 85.
U' II 53, II 56, II 76.
f O £ - /O* _ TC J
crül) III 4.
Jj' I 99, III 86.
J\ III 60.
•&> J' HI 61.
g I 17, I 87.
I 28.
II 112.
(ÜuiJ) I S. 129 zu 82.
I 5, I 49, II 5.
II 5.
I 8, I S. 128 zu 71.
jAl I 3, I 60, I 83, III 9.
& II 12.
kL II 5.
JjiiJ I 79.
I 28.
I 89.
ÄL I 9, I 86, III 71.
Ol>U I 73.
I 77, I S. 128 zu 77.
II 83, II 90.
0^1 (OUol) I 57, I 60.
j-o I 5, II 6.
^ III 69, III 78, III 81.
^ 1 16, II 77.
Jtf I 93.
5 I 28, I 70, III 74.
^ I 5, I 67, III 16.
jüä I 17, I 82.
III 69.
1 Dieser Index enthält bloß eine Auswahl des Wichtigsten.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 69
oUi' III 77.
m 7i.
44- iv S. 56 zu I 104.
SIL I 55.
}}L I 6.
t'A- I 5, II 67.
o'4 I S. 122 zu 45.
^'44 *ty*-c* I 7-
I 5, I 15, II 5, II 20.
4-4' I 15, II 7, II 14, II 29,
III 67.
JdL\ II 105.
44- I 5, III 67.
44 I 37, I 98.
£4 II 67.
4^1 II 55.
I 104.
34 I 94.
44 I 31.
4^- I 98, I S. 131 zu 98.
4^ II 35.
4 I 28.
3-4 I 104.
HI 75.
o4 I 3.
4 II 81, n 107.
J^\ II 70.
>44 1141.
4 II 16.
I 20, II 41, III 31.
IV S. 56 zu II 5.
411 (44 I 108, III 72, I
S. 132 zu 108.
'jLL I 45, II 26, II 42.
>0L II 24, II 26, II 42.
I 6.
44 I 28, III 69.
I 20, I 25.
(3-^- I 107.
illi. I 67.
I 109.
II 35.
Lu. (i) II S. 150 zu 81, II 91,
98.
*SlS I 3, I 55.
oU-S I 45.
I 33.
43 I 12, II 60.
;s i3.
isflj IV S. 57 zu II 60.
*JjS I 31, I 55.
3 \j^< I 50.
hi I 3, I 70.
4J3 I S. 121 zu 32.
I S. 121 zu 32.
III 70.
I 7, I 45.
4iS I 6,
70
IV. Abhandlung: Bittlief.
^*> I 12, II 7, II 14, II 22.
E»i (»J II 91.
Jc\j I 28, III 74.
'*i;? I 88, III 11.
gSji III 73.
I 27, I 31.
dLU-j I 31.
jj I 112 N.
£4s' I 3.
4^5j\ II 26.
I 48.
^ I 1, I 45.
& 14, 15, 71.
0 Uj I 7, I 45.
I 17.
üjly I 34, II 82.
^ II 5, II 24.
I 5, III 76.
I o7.
III 75.
III 87.
15, 162, II 6, II12, II 21,
III 55, III 81.
I 99.
uü-f I S. 124 zu 58.
I S. 121 zu 32.
J1? I 5, III 65.
kii I 5, II 5, II 20.
vfa I 10, I 86, II 91, II 99,
II S. 150 (unten) zu 91,
III 12.
<jUo I 10.
uXi4o HI 70.
^ I 22, I 78, II 67, II S. 150
zu 91, III 81.
tUli I 22.
I 33.
<^S I 3, III 81.
II 105.
Jj-4-o IV S. 49 zu III 10.
S4o II 44.
__ , f
pl. I 46.
Ji~ I 34.
19, ii 9i.
II S. 151.
>» I 83, II 83, II 90.
I 3, I 28, I 70.
II 35.
I 67 S. 61.
L-sOyii I S. 117 zu 13.
II 19.
Ä.£.tixli.*b I 13.
II S. 149 zu 52, II 106.
ülji, I 7, III 87.
J>lib I 22, I 78, II 91.
III 63
•Xh I 87.
• ^ I 5.
Stadien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Spraclie. IV.
71
I 77.
I 31.
^ I 5.
jSOySO I 13.
<J>yo II 34.
I 26.
yLA I S. 115 zu 5, I 57.
II 6.
I 67.
giA\ I S. 132 zu 104.
I 45.
.>.4.0 I 3.
L4i I 12, II 6, II 20, II 22.
^yf I 21.
\j..ö I 55, II 70.
I 49, I 67.
s li I 5, I 75.
^ III 29.
( _ s 4l> I 60 Anm.
I S. 117 zu 13.
c> II 24.
£> IV S. 52 zu IV 18.
II 99, II 104.
ySL I 109.
jlk I 6.
(^, JXi) 15, II70, III57.
I 3, I 5, III 87.
£ 15.
y II 31.
1A1 I 3.
Jil (jia, jüa) 126, II6, II29.
II 58, III 31.
II 56.
I 88, II 57.
J*y\ II 57.
J>> II 5, II 12, II 29.
>\ II S. 148 ztf 28, II 49.
I 59.
I 5, III 79.
I 7, II 103, II 105, III49.
HI 67, III 62.
I 67.
I 5, I 8, I 95, III 87.
I 34, II 106.
^IkxAl II 106.
.1A& I 55.
I 57.
^_äü I 6.
J£ III 32*, III 42, III 43,
III 47, III 57, IV 3.
j4U 13, 15,14, 125, IS. 115
zu _3, IV.
JA 16, I 45, II 52, II 55,
III 10.
I 67.
y& I 70.
>UA4 I 8, I 21, I S. 118 zu 21,
II 86.
72
IV. Abhandlung: Bittner.
I 28, I 104," II 84, III 70.
I 12, I 77.
I S. 121 zu 33 S. 43 u. 55.
oUSU I 78.
jUi I 7, 45.
^ I 3.
I 17, I 82.
jiS II 10, II 24, II 35.
^ I 73.
jUo II 44.
^ I 5, I 40, III 64, III 67.
JS II 44, III 72.
I 16, I 82.
II 65.
J-äi IV S. 49 zu III 8.
I 34, I 74.
^ I 16, II 22, II 35, III 30.
II 85.
Ji IV S. 57 zu II 43.
J-i» 115, II5,1112,1119,1121,
II 31, II 35, III 65.
*Js II 48.
o>' I 60, I S. 127 zu 67, III 45.
I 5, II S. 147 zu 5, II 20.
I 13.
II 67.
I 9, I 34, I 86.
5J»S II 19.
J»lä I 65, I 86, I 94.
US II 103.
*ÜS I 88.
I 67.
Jß I S. 127, 67 IV zu III 4.
tß I S. 126, 67.
4-U* I 33, I 67.
I 13, I 73, I 82.
J III 42, 43.
LJ II 6, II 12.
tß IV S. 57 zu II 19.
0^44 I 7, I 15, I 66, I S. 116
zu 7.
i-J I 12, II 60.
du.) II 6, II 16.
JuJ I 28, I 68. .
ÄÜJ* I 31, I 55, II 34.
yU I 6.
LJ*-? (lj*-- 4 ) I 16.
I 36, I 67.
Au I 6, I 21, I 57, I S. 118
zu 21, III 74.
ASi I S. 118 zu 21, I 78.
ßßß (SXi) 18,137,193,198.
Sau III 84.
Z, I 28.
iß (kßß) I 6, I 60.
■M II 6, II 16, II 34.
ßh I 13, I 82.
IV S. 54 zu I 5.
!S
5
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. T3
I 15, II 98.
0 UAU I 15, II 98.
I 21, II 6, II 35, III 8,
III 47.
>\j3 I 86.
II 72, II 76.
160.
*4-% I 13, II 72, II 76.
112.
^ IS. 131 zu 98.
-Ul I 67.
gtA?) I 33.
Sr***» I 104.
Jxk HI 70.
I 104.
JU I 57.
Uü> III 42.
% I 103, II 53, II 55.
& II 65, II 67.
Ji'3 II 72, II 78.
jJj I 28.
jU I 28, 12, I S. 125 zu 67.
jol I 28, 12.
tUU I 16, II 22, II 77.
I 111.
L^s-f-d I 25.
III 66, Note 1 (S. 77).
j>i II 75.
S I 3.
£. I 28, I 70.
I 70.
(&J1 III 2, III 57, IV).
2. Äthiopisch. 1
U-ttU-n: I 13, Note.
Uhf i IV, S. 58 zu II 105.
OPA ! I 17, Anm. 1.
AU#: II 7.
AU'fl s I 66.
ArhA ! II I und 21.
A-flA ■* II 6.
A-fl • pl hAfl'fl * I 70.
Aftil s (<w>AK3fl 0 I 21 Anm. 2.
AUA 5 II, S. 149 zu 52.
A.A/1'-- pl. A,PA£.s I 28, 15
und 68.
rhA** 1 ’: II 13 und 22.
AA9° * pl- fiMf • I 57.
■■ I 104.
rfiipC* i o.
1 Für das Äthiopische kommen außer einigen Lautgesetzen und der Fle
xion sowie Stammbildung des Verbums besonders in Betracht I 43, resp.
I 86, Note 1 ##A'l* 5 pl. von #^‘A. !, I 72 die Pluralformen ##
#A * und #^*fl»*A !, I 81 (89), (UI 74) m. ##A : und f. #,#A:,
I 5, Note 1 «p’fcA :.
74
IV. Abhandlung: Bittner.
rfui-rt«: pl (h£(r1' : I 86, Note.
t h;b: I 46.
rfi?£X > II, S. 148 zu 28.
ihC.‘- I 55.
,h£$ - HI 87, Note 2; IV 1.
rhlA: I 12.
rh^H’ft • Uh"Ul. .) I 9.
fobl • IV, S. 49 zu III 8.
h: II 70.
0» f |: I 7, Anm.
0DCih* 155.
y”flA ! I 5, Note 1; IV 4.
emffflI 7, Aura. (S. 20).
9 a tlC s I; S. 115 zu 5.
< /D jf- ! ft9”h : HI 59.
aD0-T-: I, S. 124 zu 58.
. I 16.
r£C.- 16.
9 t ’(lb‘fr ! I 13.
•WC - - pl- hf^VCH’ • I 31 und
I, S. 121 zu 31.
: I 50.
»•H ß : .) I 22.
' I 13, Anm.
C&+ : 117,11 14,1129; Cih-
& : IV 23.
CAIl*' 127, 131.
chft: I 28, 11; III 74, Note 3.
hft'I*Ch(lsl,S.117 zu 18; II26.
odct-ii s n 01, s. ns
zu 22.
^70:178, II15, II, S. 147 zu 5.
: I 100.
flilun-- (tltlhm>) II7.
(l9° : I 3 pl. hfi a y : : I 69.
9°tl at lö ■■ I 22.
1 I 33, Anm.
(l££ II 44, II, S. 149 zu 44
und III 72, S. 87, Note 3.
fi-flA: I 57.
(ins.: II 6, Anm.
fin*c * 1104.
A-nh: I, s. 120 zu 28.
tfnft'YVl- s I 22.
A”>n.A= 157.
A7I1-K- I 13.
iilns: II 6.
JlAfl'U 0 III 87, S. 98,
Note 3.
‘J’AA* I 44 und I 110, Note 3.
t'-At = I 44.
•PCth: II 24.
h^‘%9 n : I 71, Note 1.
: I 20.
4»*^^A ’• I 76, Note 1.
«&K : II 70.
4 , m.’} s 1 i°8.
n> iv i.
-AUA: 131.
flÜA* 131.
JlA0 ! 15, Anm.; 1167.
nein * i s pi- h ns ln und I,
S. 123 zu 60.
nrtA : (hil(l(l: -flrt-A») 1104.
nt’-A: (fl'feA: (lt’-A o I 75.
fl'H): I, S. 115 zu 5 u. II 5.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Spraehe. IV. 75
•fl?*» 128, 3.
flÖA' I 3.
OÖÄ* «■ HI 67.
11,* s pl. h-dP’V s I 57 und 60;
III 16.
s I 20, Anm. 1; IV 18
und 28.
■vre • 15.
'f’tf’As 117.
s 121. Anm. 1.
'1AP 5 I 34, Note 1.
! I 34, Note 1.
'YA<i * II 6.
-Yn I II 5, III 58 und IV 14,
Note 1.
A'l'öf : I 31.
YAll I 78, II 16.
Y*J*A ! I 86, II 31 und 136 a.
Y11.J&» pl- HUI’ ■■ I 50.
Yfl/ll- ! I 33, Note 1.
'J'P#,: I 67, Note 1.
?*rf * ■ (?£,* o I 33, Note 1
>7^I, S. 122 zu 45.
YäA» II 29.
M-A» 17.
fTD '}d.tl ! I 21, Anm. I.
YA& : II, S. 148 zu 28.
hA= HI 53 und 70, S. 83,
Note 1, IV 14, S. 17, Note.
ftAA- '• I 4, Note 3.
h,h± - I 28, 6 und III 70,
S. 84.
hir : 13, Note 1, I 28, 2 u. 50.
J\9”: (hJP’Y ! ) I 40. Note 1,
III 67, IV 7 und 27.
M*« 136.
hn= 128, 1.
?»'£!'> * pl- hflY! I 6 und 12.
M®’: I 89.
in-Y' III 53.
ÄH.'fl: I 17.
hn/'J * pl hM: I 6 und 67.
» HI 60.
h.?:: I 28, 12 u. IV 16, Anm.
hin t pl. filJV*! I 50.
Vf*A* ! III 65.
hA'fl pl MlA*n ■■ I 33, Note 2,
I, S. 125 zu 67, III 16.
fl Ah: 171
W*A/V I 67.
i)(h& ’ II 7 und 22.
I I, S. 126 zu 67.
YlA£' : I 6, Note 1, I 13.
h’flÄ* : i 3i.
pl-il°.P'f®* ! 188, Note 1.
tl?AC I 13.
Ylh'fl: I 13.
hAA: (h'PAO I 31, III 87.
Yl'PA* s 131.
öl: IV 39.
(Dun ■’ I 13, Note.
Ö>A£ = (fflAfr •) I 28, 3.
öjA'V s I 28, 3.
hlD-S^h: I 13, Note.
fflC*Y pl- fcffl-A'Y: I 3, I 31,
I 54, I 60.
76
IV. Abhandlung: Bittner.
* I 13, Note.
Oh tri': IV 6.
(amh.) flJ'J.R-Jp: pl. fl)'IV." 7 ?
®7^: I 80, Note 2.
fl>*hA s (amli. fl)£:) IV 16,
Anm.
-PIÄ-: (M-:) I 60, 16,
Note 1.
! I, S. 115 ZU 3.
Ou’C’U'' 9°h'l*s I 4, Note 3;
III 85.
Ollfll s HI 10, S. 82, Note 4.
öm.C * I 28, 6,1104 u. III 70,
S. 84, Note 2.
MfiJ*: I 67.
s 18, Note 2 (S. 21).
fJVfl»* ! pl. s I 46.
H: III 53, cf. III 56 u. 70, S. 83,
Note 1.
HA?rt s (TiA^rt. * lIM tl «)
III 70, S. 83, Note 1.
HChf * HI 70, S. 83, Note 2.
H^fl) s I 5 und 71.
121, Anm. 1.
s I 61, II 5 und 20.
^9° s IV 26.
fcje.Ä-0 II 67.
£4»rh.- IV, S. 57 zu 1167.
£"*C: 1 'f-Ä-'U o III10,
S. 83, Note 2.
: 128, 9.
?<w>A pl Ä^A" 162, Note 2.
l'Ct s I 5, Anm.
l-flh: I 34.
l-m-fl: I, S. 117 zu 13.
(Arnli.) °n s IV 41.
°löH! II 67.
I, S. 122 zu 40, III 67,
IV 26.
rthJ n 7.
TCtl ' I 21, Anm. 1.
flin+: III 70, S. 82, Note 4.
fllflfl) I 60, Anm.
•fd : I 60, Anm.
Hl<Ps III 72, S. 87, Note 4.
Rrt®"!'' II 103.
Z9°h- II 10.
?x'9°h: I 5.
hÄ*nd'l-s I 17-
JO0 s II 56 u. S. 149 zu 56.
(X.M") H70, Note 1.
Ä-'PC * pl Kd.C. s I 6.
ÖCtl s I 21, Anm. 1.
: 1 13, Note.
0A^ 5 (ö^^'Tl's) I 67.
d<hö s (0<Pö 0 I 5.
AA°Z: I 6.
<Wfl» I 16.
HI 87.
«P?: IV 11.
ArtUi » I 58.
mmmmm
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 77
3. 8hauri.
id (ed eyd) Hand I 28, 12,
S. 38, Note.
iyet Kamelin, pl. iyel IY, S. 49
zu III 11.
em Mutter I 4, S. 14, Note 1.
oür er sagte II 53, Anm.
erdöd-i mein Vetter I 28, 10.
eret Mond IV, S. 56 zu I 31.
be‘er in der Nacht gehen I 12,
Anm.
dibitören Fischer, dihdz Bäcker,
disig Goldschmied IV, S. 50
zu III 56.
did Oheim I 28, 10.
deliriz Rüstkammer I, S. 6,
Note 2.
fedün Stein IV, S. 55 zu I 58.
föqh-as seine Hälfte III 87,
Note 2.
gd'er fallen I 12, Anm.
gor Sklave IV, S. 54 zu I 12.
gayg Mann I, S. 20, Note 1.
garö Rede IV, S. 56 zu I 45.
hayts Küste III 87, Note 2.
yum Sonne I 28, 14, Note 2.
hob Hund, Wolf I 33, S. 43,
Note.
qellan klein I 110, Note 3.
tsiret Stadt III 87, Note 2.
nid Schlauch, pl. nud I 84.
remrem Meer I 71, Note.
söfel Bauch I 5, S. 16, Note 2.
teayl Fuchs I 17.
zer auf, über IV.
4. Soqotn.
''ayg Mann 1, S. 20, Note 1.
''emor er sagte II 53, Anm.
ere Mond IV, S. 56 zu
I 31.
l drho Stimme IV, S. 56 zu
I 45.
di tatibur Wahrsagerin IV,
S. 50 zu III 56.
fedehon Berg IV, S. 55 zu
I 58.
girbak (girbog) Katze I, S. 6,
Note 2.
kalb Wolf I 33, S. 43, Note.
thar über, auf IV 9, S. 12,
Note 3.
tarbin Fernrohr I, S. 6, Note 2.
P« I 12.
s,4 II 55.
nriK I 28, 6 Anm.; III70, S.84,
nb'N IV 31.
üH 14, S. 14, Note 1.
las II 53, 55.
5. Hebräisch.
HI 4.
*1» II 55.
na-iN I 24.
I 49.
-p* HI 58.
nx III 41.
78
IV. Abhandlung: Bittner.
nxa II, S. 147 zu 6.
in: I 5 und 107 Anm., Note
II 104.
jnä I 77.
pba I 5, Anm.
pna II 5.
bb: II 48.
nn:na I 59, Anm. 2.
[in: I, S. 122 zu 45.
nntap I 17.
pan II 5, III 70, S. 82 Note 4.
-an II 49.
nin I 28, 9.
bn III 58.
pbn II 58.
2N! I 32.
ntsn III 75, Note 5.
p'n III 87, Note 2; IV 1.
©bpi III 74,
npn I 88, Note,
psn II 35.
jsh IV, S. 49 zu III 8.
©nn II 68, S..77, Note 1.
epn I, S. 148 zu 30, II, 68,
S. 77, Note 1.
T IV 16, Anm.
rrr II 103.
ym II 67.
d'öj I 28, 14.
r»; T I 111.
nr II 104.
np' I 103, II 53 Anm., 55.
nn; I 31.
3 IV 8.
ns IV 20.
ps I 10.
nba I 71.
hds IV, S. 58 zu II 95.
inns by IV 36.
D?yna I 67.
[■ab’l 108, III 72, S. 87, Note 2.
pottf 'ä III 59.
xba II 70.
pin» I 13, Anm. 3.
ntf/l 84.
?p:n II 85, Anm. 3.
bn: II, S. 151 zu 111, IV 10.
nn: II, S. 151 zu 111.
nb'y; (nbsh) IV, S. 51 zu IV 4.
©b: II 6.
np: III 70, S. 84, Note 4.
yto I 78, II 16.
s]©: II 15.
bao II 83, S. 89, Note 2.
ca I 9, II 91.
nsyno I 13.
nay II16.
n»ya I 7 NB., IV 17 a.
nay I 5.
nnsy I 31.
a:y II 55.
nny: II 55.
my III 67.
njy I 104, III 70, S. 84, Note 2.
n?y I, S. 121 zu 33.
©apy I 67.
bn» IV, S. 49 zu III 8.
nsy IV, S. 54 zu I 7.
nh IV 21.
'.:b IV 11.
oys I 4, I 60.
' nps III 87, S. 98, Note 1.
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV. 79
»-1S I 16.
np* (nija) II 70, S. 79, Note 1.
nw I 58.
xa* II 70.
p'yin II 92.
jtop I 108.
K'p II 70.
bbp I HO, Note 3.
Tp II 48.
-pp. IV 6.
nu>p I 59, Anm. 1.
am II 108, S. 119, Note 1.
nm II 108, S. 119, Note 1.
pm II 7, II 14, II 29, IV 23.
npa II 15.
irpn II 68.
b'pton II 83, S. 89, Note 2.
bittet I 111.
antr II 7, II 16.
bjp® I, S. 121 zu 32.
dw III 71.
nnri II, S. 151 zu 111.
p-aL.L I 21, Anru. 2.
II 53 Anm., II 55.
pV) I 70.
bl] III 58.
I 107 Note, II 104.
fl* IV S. 56 zu II 12.
■* I 28, 3.
II 23.
■(.iiai I 4.
bK* IV 15.
? (freie Genetive) III 70, S. 83,
Note 1.
II 5.
]5ozi5 I 17.
]?? I 28, 9.
M (^1) I 13, Anm. 2.
^11 II 92.
^ III 70.
picu» I 109.
liifl I S. 129 zu 78.
Syrisch.
-Pa- II 35.
I 58.
r : (IH) IV 16 Anm.; I 28, 12.
poi»| I 28, 14.
]L±1 I 111.
ja* II 53 Anm., 55.
^ II 108, S. 119, Note 1.
£ IV 20.
poitoä (oi^aZ.]) IV 36.
iiiLL I 28, 15.
th II S. 151 zu 111.
I 31.
1^-T I 111.
Ja* II 16.
iimL IV S. 49 zu III 8.
m 87, S. 98 Note 1.
^>bob II 108, S. 119 Note 1.
I 8.
Ä. II 67.
f** IV S. 55 zu I 100.
80
IV. Abhandlung: Bittner.
k3oä III 67.
zqJa II S. 151 zu 111.
I S. 121 zu 32,
ßi*. III 71.
7. Assyrisch.
edu III 70.
a(e)kü IV, S. 58 zu II 105.
anaku III 4.
a(e)ribu I 24.
asru III 58.
basaru IV, S. 56 zu II 12.
däku IV, S. 57 zu II 60.
dalälu IV, S. 57 zu II 50.
hdbu (habäbu) IV, S. 58 zu
II 91.
kakkabu I 82.
kapadu IV, S. 57 zu II 12.
kirib IV 6.
kasü IV, S. 58 zu II 95.
kisddu I 13.
qursinnu IV, S. 54 zu I 16.
qatanu I 108.
sahälu IV, S. 57 zu II 19.
si III 4.
zdqu (zäqiqu) IV, S. 57 zu
II 44.
dir IV 12, Note 3.
8. Sonstige Sprachen.
a) Kuschitische.
Bilin: anqdy Mitte, Loch, Höhle, Inneres I, S. 115 zu 3.
Bedauye: ehga, enge, ehgi Mitte I, S. 115 zu 3.
Somali: baraf Eis, Hagel I, S. 6, Note 2.
Nubisch: ogij (id) Mann I, S. 21, Note.
b) Neupersisch.
Meister I 79.
Schnee I, S. 6, Note 2.
ä-x-o Sklave, Diener I 12.
tJZsä gekocht, .reif I 104.
Rücken IV, S. 52 zu 9.
*JU. Oheim IV, S. 49 zu III 9.
flä. roh I 104.
Fernrohr I, S. 6, Note 2.
Vorhalle I, S. 6, Note 2.
sLij Hobel I 48, Note 2.
Fenster I 79.
Wespe I 17.
Kälte I 111, Note 1.
y* Oheim IV, S. 49 zu III 9.
Schuh I 70.
^>ß Katze I, S. 6, Note 2.
^ß Wärme I lll, Note 1.
y^> Tisch I 70.
'.xAJi Kapitän I 29, S. 39,
Note 1.
s
Studien zur Laut- und Formenlehre der Mehri-Sprache. IV.
81
c) Türkisch.
Oheim IV, S. 49 zu
III 9.
Rücken IV, S. 52 zu
IV 9.
Eisenbahnkondukteur I,
S. 115, Note.
05* Tag Sonne I 28, 14,
S. 38, Note 3.
d) Armenisch.
H-iupi.hr,u L wiederum III 67.
^ulJ' roh I 104.
, l°z!' l t Schuh I 70.
e) Englisch.
Look I, S. 6, Note 3, I 70, 71.
money I, S. 7, Note, I 77.
patatoes I, S. 7, Note.
penc.il I, S. 7, Note.
f) Portugiesisch.
portuguez I, S. 7, Note.
g) Griechisch.
zexvov, nWw I 24, 3. | di/zög I 104.
h) Magyarisch.
nap Tag, Sonne I 28, 14, S. 38, Note 3.
Sitznngsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd., 4. Abh.
Sitzungsberichte
der
Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien.
Philosophisch-Historische Klasse.
174. Band, 5. Abhandlung.
Sahidische Papyrusfragmente
der
paulinischen Briefe.
Von
D K Carl Wessely,
korresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juli 1913.
Wien, 1914.
In Kommission bei Alfred Holder,
k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhfmdler.
Buchhändler der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
Die nachstehenden sahidischen Papyrusfragmente der
Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer, die mit Erlaubnis der
Direktion der k. k. Hofbibliothek, des Hofrats J. Ritter von Ka-
rabäcek zur Publikation gelangen, stellen gegenwärtig die älteste
koptische Überlieferung dar, in welcher die Übersetzung der
paulinischen Briefe erhalten ist. Diese Fragmente sind nicht
nur wegen ihres Alters wertvoll — sie gehören etwa dem
V.—VI. Jahrhundert n. Chr. an — sondern sie enthalten auch
Partien des Textes, die bisher überhaupt noch in keiner Hand
schrift Vorlagen. Denn auch für die paulinischen Briefe muß
der Text der sahidischen Übersetzung erst mühsam aus Frag
menten zusammengesetzt werden, da keine vollständige Hand
schrift bisher bekannt geworden ist. Bisher nämlich sind wir
auf die Pergamentbruchstücke angewiesen, welche hauptsächlich
in den Publikationen der Sammlungen von London, des Vati
kans und Wien, Papyrus Erzherzog Rainer, vorliegen. Da im
folgenden Fragmente des Römerbriefs, des ersten Korinther
briefs, des Briefs an die Philipper, Kolosser, Epheser und des
Briefs an Titus vorgelegt werden, schicken wir eine Übersicht
des Standes der Überlieferung bei diesen Briefen voraus.
Vom Römerbrief liegt I1-25 vor im koptischen Pergament
K 9108, 9109 der Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer, publi
ziert als N. 159 in den Studien zur Paläographie und Papyrus
kunde XII, 1912. Bei C. G. Woide, Appendix ad editionem Novi
Testamenti graeci in qua continentur fragmenta Novi Testa-
menti thebaica vel sahidica, cum dissertatione de versione bi-
bliorum aegyptiaca, Oxford 1799 fol. S. 168 steht das Zitat las;
in ähnlicher Weise finden sich versprengte kleinwinzige Partien
als Zitate auch sonst vor. Dagegen enthält den längeren fort
laufenden Text von 225—7io das Manuskript Papyrus Erzher-
1*
4
V. Abhandlung: Wessely.
zog Rainer K 9158—9163, publiziert in den genannten Studien
als N. 156. G. Maspero, Fragments des Actes des Apotres et
des Epitres de S. Paul et de S. Pierre aux Romains en dialecte
thebain im Recueil de travaux VI, 1885, p. 35—37 bietet Rö
mer 6i—g. Balestri, Sacrorum Bibliorum fragmenta copto-sahi-
dica Musei Borgiani III. Novum Testamen tum Romae 1904 hat
den fortlaufenden Text 65 — 838; er bietet ferner 97—24, 1131—129.
Bei Woide stehen die Fragmente 612—19, 721—25, 81—15, 1011—21,
111—11, 13 7—8-und 137-14, 141-4, 1417—23. Die Sammlung Pa
pyrus Erzherzog Rainer besitzt ferner noch 617—7 g in dem
Pergament K 9039 Studien etc. N. 160; 815—is in K 9713 Stu
dien N. 179; 720-823 in K 9108, 9109 Studien etc. N. 159 und
1011—1117 in K 9158—9163 in Studien etc. N. 156. E. Ame-
lineau, Fragments thebains inedits du Nouveau Testament, Zeit
schrift für ägyptische Sprache 25, 1887, p. 47 publizierte 620—23,
7 1—21, 8 15—37, 9 7—23, 11 3i—46, 121—9. Nunmehr kommen folgende
Papyrusfragmente des sahidischen Römerbriefs zur Veröffent
lichung: I. Fragment mit I30—31, 2 4; II. Fragment mit 3 23—25,
329—41; TII. Fragment 49—5 s, daran anschließend das IV. Frag
ment mit 5g—64; das V. Fragment mit ln—711, 715—is, 721—24,
83—5; das VI. Fragment mit 810—11, 827—29; das VII. Fragment
mit 1115—17, 1122.
Vom ersten Korintherbrief liegen die Fragmente vor bei
Woide, 1. c., nämlich: lsi, 21—9, 310—21, 9i—129, 1212, 13is,
141—4, 8—27, 27—28; bei Balestri: I2—19, I23—4i, 99—1421, 153—33;
bei Amelineau: 13—31, 129—31, 144—21, 153—33; in der Sammlung
Papyrus Erzherzog Rainer 319—22 (in K 9164, 9166, 9119, 9744
Studien etc. N. 157), 44—6, 8—12, 14—17 (N. 157), 610—714 (N. 157),
733—34 (in K 9694 Studien etc. N. 174), 736—812 (in K 9141
Studien etc. N. 161), 9s—10 (in K 9709, 9711, 9677 Studien etc.
N. 169), 9o—IO5 (N. 157); in den koptischen Urkunden des
Berliner Museums 44—21 aus P 8781 Recto, Nr. 177, p. 159.
Nunmehr bietet das VIII. Papyrusfragment die Stellen 74—9,
10—14, 15—21, 22—29.
Was den Brief an die Philipper betrifft, steht li—423 bei
Balestri, 229—43 in K 9164 etc. Studien etc. N. 157 (Sammlung
Papyrus Erzherzog Rainer). Die nachstehenden Papyrusfrag
mente enthalten: lio—125 (erstes Fragment), 128—30, 22—4, 7—10,
12—15 (zweites Fragment), 422 (drittes Fragment).
Saliidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe
5
Die Fragmente des Briefs an die Kolosser sind 3 s—15 bei
Woide, li—2 7, 2i3—15, 3s—4 0 bei Balestri, 3i—4i in K9164ff.
Studien etc. N. 157 und 310—22 in K 9675, 9676 Studien etc.
N. 175 (Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer). Das neue Pa
pyrusbruchstück enthält 1 s (drittes Fragment).
Der Brief an die Epheser ist in den Fragmenten lis,
49—10, 417—22, 51—5 bei Woide, li—623 bei Balestri, 2s—3s in
K 9079—9081 Studien etc. N. 155 und 4is in K 9714 Studien
etc. N. 170 vertreten. Die neuen Papyrusfragmente sind: 310—15,
16-19, 620—42, 3-7 (viertes Fragment), 4 24—5 s (fünftes Frag
ment).
Titus 11—6 ist aus K 9079—9081 A. N. 106 publiziert in
den Studien etc. N. 155. Sonst liegt aus diesem Briefe nichts
vor. Die neuen Bruchstücke auf Papyrus enthalten: 111, 12, is,
2i, 5, 6—10 (sechstes Fragment). — Vgl. H. Hyvernat, Etüde sur
les versions coptes de la Bible in Revue biblique 1896—1897,
wo auf S. 31 f. noch einige kleine Fragmente nachgewiesen sind.
Wir gehen über zu der Beschreibung der ersten Hand
schrift (Römer- und erster Korintherbrief). Ihr Format ist
wenigstens noch aus den von Professor J. Krall nach der Ähn
lichkeit der Schrift zusammengetragenen Trümmern, die von
mir zu Blättern zusammengestellt worden sind, zu erkennen.
In drei Fällen ergab sich die Höhe von 25'2, 28 und 29 cm;
dazu fehlte noch der untere Rand, schätzungsweise also min
destens noch 4 cm; zusammen über 33 cm Höhe der Papyrus
blätter. Ihre Breite betrug (22, 24 und) 25‘5 cm, je nach dem
Grade der Erhaltung. Der freigelassene obere Rand betrug (2,
2'5,) 4 cm; der Rand an der Innenseite (1'5—)3 cm, an der
Außenseite ebenfalls (1'4—)3 cm. Die Blätter waren in der Mitte
gefaltet; auf beiden Seiten in je zwei Kolumnen beschrieben,
hatten sie 2—2 - 5 cm Interkolumnium. Jede einzelne Seite war
oben paginiert. Die Seite 9 der Handschrift beginnt mit Rom. 4 9,
Seite 10 mit Rom. 417.
Es ist aus diesem Umstande leicht zu erkennen, daß die
Handschrift mit dem Römerbrief begann, also wohl eine Hand
schrift der katholischen Briefe war. Ihr Schriftcharakter ist im
allgemeinen ähnlich jenem der Wiener Psalmenfragmente, die
ich in meiner Ausgabe in den Sitzungsberichten, 155. Band,
1. Abhandlung, S. 65 (dazu Tafel II), beschrieben habe. Auch
6
V. Abhandlung: Wessely.
hier sind die steifen, eckigen Formen des C und 6 charakte
ristisch, deren oberer Teil wie eine Haube dem abgetrennten
Unterteil aufgesetzt wird. B besteht aus einem rechten Winkel,
in den eine Art 3er Linie eingesetzt wird. I, r, T, N, Fl, H
haben unten an den Vertikalen fußartige Ansätze. A hat eine
Schleife. A. und X. stehen auf einer größeren Horizontallinie.
CD und CI} sind gleich groß und unterscheiden sich nur durch
den bei letzterem Buchstaben nach unten geführten Haarstrich,
p und ']' greifen unter die Zeile, die Schleife des p erreicht
die Weite eines halben o in normaler Buchstabengröße. M ist
in Größe und Gestalt verwandt mit CD. 6 hat zum unteren Be
standteil, der die überragende Schlinge trägt, ein eingedrücktes
o in normaler Buchstabengröße, das eine bimförmige Gestalt
angenommen hat. X und 2 ragen unter die Zeile. Im allge
meinen zeigt die Sclnift nicht jenen Grad von Sorgfalt und
Feinheit, die wir von Pergamenthandschriften jener Zeit ge
wohnt sind; dies hängt mit der Qualität des mittelfeinen Pa-
pyrusstoffes zusammen.
Dagegen ragt die Handschrift durch den häutigen Gebrauch
von Lesezeichen hervor. Auf mannigfaltige Art werden Vokale
durch übergesetzte Zeichen hervorgehoben, nicht allein am An
fang der Wörter, obwohl an dieser Stelle freilich der reichlichste
Gebrauch davon gemacht wird. Letzteres dient, wie die noch
später zu erwähnenden Zeichen dem Zweck der Worttrennung,
einem Bedürfnis, das sich aus der scriptio continua ergibt, die
namentlich im Koptischen dem Verständnis bei dem Lesen große
Schwierigkeiten setzt.
A wird bezeichnet am Anfang des Wortes in: AAAM E 5m;
CeeneÄHOK K7is; ne]Ä26 E3s9; 6T]NA26pATN R 5a; in
Fremdwörtern: 2ANAC6B[HC R 5e; T6üArAn[H R 5s; MO-
B6Änex[e R 5 s.
A am Ende des Wortes: OyA R 5e, 5is, 7s; oyÄ R 5is,
K 7i7;_nOYAnoyX K7n; rioyÄnoyA K7t; noyÄK7i9;
AT]NA . R 131; 2CDC GAytlA NAf K 725; riMA A6 R 4«;
in Fremdwörtern: Cyil2lC]TA Mn[NOMOC R 4i; e2ANA]TÄ
R 711; APA R 5 is; AAAA]’ R 511; CnepMÄ R 4ic, 4xs.
A im Wortinnern NTANX1 R 5ä.
Die Bezeichnung erfolgt auf mannigfache Art: durch einen
übergesetzten Horizontalstrich, einen Punkt, ein zirkumflexartiges
Saliidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
7
Zeichen, ein Häkelten am Ende. Dieselben Beobachtungen
können wir bei 6 machen.
6 am Anfang: KCD] GBOA R 3 25; oyXAl GBOA R 5o;
AAAA] GBOA R 4u; SOM GBOA GITTHpq R 4is; KBHA GBOA
K 7 27 — OY GBOA R 4 ig5 XOGIC 6BO[A R 4 21 — <?6 6BO[A
R 51; n] A2T6 - I BOA R 515; CgOOH GBOA R 4u_— CCDMA
exqKA R 419; xyco 6AMTCDT R 4 21; MM OM 6AAM R 4a;
NAl GANMy R 62; NIM GAN B [ANTI] ZG Jt 63; . TGyG
GüGNTAq[TOyNCC R 424; 6TMOy[T6] GNGTGNCGtgoon
R 417; A26 6T62[1H R4i2; GnAFAGO[N R 82s; Aq[mCT6y6]
6Öy26Amc R 4«; nay eneqctüMA R 4«; TO]oTq ejoprH
R 5s; on epooy R 4ii; ag epoq R 410; Ayonc epoq
R 422; GlGTOyflNGTN Cpuy K 7s; H2CDN 620yN R 521;
GipHNH 620yN 6nN[Oy]Te R 5t; rApGTpGj:77; cnepMA-
§T[pGq R 413; GTpeyöric R 4n; cbb[g] G[Tp6q]cgcpn6
R 411; XG GT6TNA CfqG GnGüJAHA K 7 s; GCOyCDO) Gö'CD
K 712; GlMHTGl 606 K 717; XG 6ü)ü>n6 K 712; C2IMG •
GQJCDnG K 7 27; C2[1M6]| GOyNTC K 7is; CON GOyNTAq
K 712; 6ü)X6 GpG R 4u; TMAGio GOyG R 5us; HGNTAq
GpHT R 4 2t; nCDJpX 6n6C2Al K 710; 6T6_R 4ie; 6ANTMA6IO
R 5i; TM [Al Ö] 6ANTMA6IO R 51; Ü)A 6M62 R 5 21; 'f’GOOy
R 42t; XC GTl R 5s; XG GTl R 5s.
6 am Ende der Wörter: HCBBG j R 410; tSBBG 2N R 4is;
2BHyG NT61M1N[6 K 715; 'j’MjGGyG K 726; N6 • 20M01CDC
K 7»2; AG NT6126 K 77; 06 K 717; 06 | GTGpG R 4ts;
NTA26 K 7s; NTA26 K 7t; ATNA2T6 • K 7s; Cl)OOnG XN
R 49; N[KO]oyG[OtJ] R 412; pOMOG MN R4i9; GIG R 414.
6 in der Mitte: CGGüG K 712.
H zu Anfang des Wortes: H R 413; H[6][T6TNO R 63.
H zu Ende, namentlich griechischer Lehnwörter: Cn]XUl-
XH R 324; TNCOMH K 76, 72s; MH K 7ig; A<|>0]pMH R 711;
ArAtlH R 515; ANAFKH K 7 26 ; 2y[nOMO]NH' R 5 3 ; Al-
KAlOCyNH R 621; Al[KAl]OCYNH NTm[TlC R 4u; Al-
K.AI] OCytlH R 810.
H in der Mitte: 6KK.AHCIA K 717; 2HT R Iso.
O zu Anfang des Wortes: P12AT Ö | [AN] K 7^vergleiche
6NÖ NXAX6 R 5io;_GNÖ NtSCDB R 5a; 6q]0 K 17is;
T6TNÖ R 6s; GTpGyoric R 411; ÖN2?6XN R 7s.
15
8 V. Abhandlung: Wessely.
O in der Mitte: OyÖeiCl) R 5e, 7ö; TOOTH RÖ2; Al-
KAlÖcy[N]H R das; AI]KAlOCyNH R 49, 4n; A1K]A1Ö |
CyNH R 325.
O zu Ende des Wortes: TM AGIO R 5i, 5 9; TMAGio
R 5i8;_T<SAT[Ö R 518; TOyxÖ K 715, 1«; 6TTAN2Ö R 417;
Naoyö R 510; lljesoyo R 5 w; p20yÖ R 5 20.
oy zu Anfang des Wortes: oy K 715; Oy K 716; oy-
«SGIIG R 61; am Ende des Wortes: MOy 2ApOI\l R 5s; MOy
2A • R 5?; nnoy NTOOT6 R 419.
CD zu Anfang: CDM2’ R 7 9; MOB6 CDN2 R 7o; oyCDN2
R 325; CDN2 R 5 iS.
CD ZU-Ende: AyCD R 425; 6“CD K 712; KCD K 711; KCD
R 3 25 ; XCD K 7g; oytDCM R 415.
ei: OyeipHtlM R 5i; xoelc R 5i.
Zur Worttrennung wird verwendet der Punkt in der Höhe,
entweder seitlich von dem letzten Buchstaben des Wortes oder
über ibm: HN6 • FICATANAC K 7s; DG ■ 620y(N) R 5is;
nM6]eye • NTe R 827 — N6TMOOYT 6TMOy[TG R 4n;
R 417; 2]l\l R 410; e20yiiep0N R 5s; MANOyCMnpCDMG
K 7 26. Zu 2M n6NTAYTA2MGq K 7 21 und 6TB6 n6NTM[A10
R5i vergleiche riNOBG R 4s. Einmal steht der Punkt in der
mittleren Höhe AnSpHT-C'G R 4 20. Ebenso selten ist ein
kleiner wagrechter Strich MMOC K 712, TAp’ K 715 und bei der
Silbentrennung AT | [C]BBG R 411, die Schräge von links oben
über den letzten Buchstaben herab IIICTIC OynTAIl R 5i.
Die Hypodiastole fehlt ganz; häufiger ist ein Häkchen über der
Zeile sowohl zum Abheben von ganzen Wörtern als auch für
Silben: ACg ] H26 • R 410; TCDCg K 717; ANON pGMpNOBG
R 5s; 2pAl] N2HT’6 R 7s; MOOyT’ R 7s; CgCDNq’ npOC
K7j; NANOyC’N[Ay K 7s; 2]A2’ N2G0MOC R 4is; 6NG2’
2ITM R 521; TA2’ M[G]M K 717; Oy62’ CA2’ NG K 77, 72s;
MNT]’ AN[6X6 R 24; TMNT’| [ R 519. Man könnte also bei
Doppelkonsonanz am Ende der Wörter selbst schwankend werden,
ob nicht das Zeichen zum Abheben in Anwendung komme oder
jenes für den Murmelvokal vorliege: CDN2’ R 810; 6yCDN2’ CI)A
R 521; 6XM’ nCBBG R 49; jebyi7TC J 2AT K hs- o]nc’AG
R 410; 2HTq R 415; MnqpZHT R 420; Mnq’ (yBB^ R 4is;
2[I]TM’ [flBAriTICMA R 64; ÖM2' 6XN R 7 9.
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
9
In diesen Fällen konnten wir, ohne besondern Unterschied,
die mannigfaltigsten Zeichen in Verwendung sehen. Mannig
faltig sind auch die Bezeichnungen des Murmelvokals, also
außer dem wagrechten Strich, der bei der Silbe MNT besondere
Länge zeigt (TMNT [A]TCB[B6] 4io), der schräge Strich N2HTH
R 5ä, das zirkumflexartige Zeichen MnpTpCHf K 712 und der
Punkt in der Höhe N6i K 715; CBB6 R 412; 6XN R 49.
Zweimal fanden wir einen kleinen wagrechten Strich zu
Ende der Zeile bei Silbenabhebung im Bruch des Wortes:
N]A2T’ 6-jBOA R 515 und 6yTMA-|[6lO R 5is.
Der Gebrauch der Diärese ist ‘weder auf Diphthonge noch
auf den Wortanfang beschränkt. Ihre Form ist auch der ein
fache Punkt, sowie bei dem Zusammenfließen der zwei Punkte
eine kleine Wagrechte: NX! K 720; TAI R 4is, 5is, K 717;
NAI R 4n, 418, 416, 52, 5«, 715, 724; 2A1 K 7io, 714, 715; C2A1
K 74; OyXAY R 5s; AIKCD R 4ii; 61 R 620; T61M1N[6 K 715;
e'lXCD K 7 o; MNTAf K 7 25; oy]AAB6f R llie; NT6]p6C6Y
R 7a; TMA61Ö R 5is; TMAl'[6 R 3so; 61MHT61 K 7s; 61-
MHT6I K 717; 6T1 R 5s — NIM R 5is, K 77; GBOA2lj [TN
R 325; m'CTlC R 4is; 26AriYC R 5i; TlilCTlC R 4ie.
Für die Verwendung der Interpunktion können wir die
selben Regeln verwendet sehen, die wir im Anschluß an grie
chische Vorarbeiten bei der Herausgabe der Wiener Handschrift
der sahidischen Acta Apostolorum aufstellen konnten. Sie steht
vor dem Beginn neuer Sätze: 2MOT • 6p6 N6pHT ClJCDnG
R 4 ie; 06- 'f'TCDCiy K 717; NT6126 • KMHp [N] CABCDA - KBHA
K 7 26; MApoy]Xl NANOyC XI K 79; N2M2AA FAp NTAy-
TA2MGM 2M NXOG1C • n[A]nGA6ye6pOC Mri6XO[GlC] nG •
20M0ICDC npM2[6] NTA[yT]A2M6M • N2M2AA MnGXC NG -
a [y]ü)6nTHytn 2A oyA[coy] nnpcgconc n2m[2a]a
NAAAy • noyA_- • • K 722; in Aufzählungen: [2AOyA](DOy .
[NATNA]2T6 • NATNA • R 130; zum Abheben von Satzteilen:
TH[p]M • MNGBOA AN R 4ie; von Nebensätzen: N6NA]|KAlOC ■
MTAR 520; CnepMA • 6T[p6M]CgCDnGR4i3; Al]KAlOCyNH •
NTAy[0] nc R 410.
Vor dem Demonstrativpronomen neuer Sätze: ATNA2T6 •
riAf AG K 75; NGTMOOyT • NA[l R 425; NApABAClC • 6TBG
riAi R 415.
10
Y. Abhandlung-: Wessely.
Vor folgendem xyCD: NOB6 • XytD R 425; UJOyGlT •
xyco X nepHT OytDC«! ■ R 4u; 2XT ■ XytD K 7n; AlKXlÖ-
cyNH • _\y(D R 412.
Vor XXXX: NTX2G • XXXX K 7t; MXyXXH . X[X]XX
R 4ig.
Vor 6-6: 2XpON • NXCljtDC 56 R 5i; XN M61MXKX-
[pi]CMOC 56 R 4).
Vor A6: NTX26[2]CI) • 6[CL)CDn6 A]6 K 7s; N2G •
N6M2M nCBBG AG R 4io: nXOCIC 'l'^ AG K 725; Opm •
MMX AG R 415; niCTOC • [ |'M]66y6 AG K 720; NTGI26 •
;fxCD AG K 7t; C21H6 • 'f'XCD AG K 711; 2Y[nOMO]NH-
eynoMON[H] ag gyaokihh • ta[o]kimh ag R j>s.
Vor rxp: GipHMH Oy TXp K 715; X MGpilT OyCDCM •
cpc nMOMOc rxp R 4«.
Vor H: NT6126 • H K 7 11.
Vor OyAG: 2HTM • oyAG R 415.
Vor OM: GyT<yxT]Ö « TXl OM R 5is.
Vor XG, X6KXC, 6ü)X6: nG X6KXC R 4 io; CH2 •
[XG R 4ig; OpPH ■ [GCQXG R 5 9.
In allen diesen Fällen steht der einfache Punkt; bei der
besonders starken Interpunktion zu Ende eines Kapitels linden
wir GTOy]XXB: ~ T[NCOOyN AG R 827.
An sakralen Abkürzungen finden wir IC R 4 24, MMX R 811
und XpCTOC R 2 4, fälschlich in MMTXpCTOC für MNT
XpHCTOC.
Gegen Ende der Zeilen finden wir raumsparende Be
sonderheiten wie das Uberschreiben von Buchstaben, wobei der
Z o ,
Ubergeschriebene zuerst zu lesen ist: M ist 2M R 3 24, nNyj[T]6
ist MMOyTG K 724, My ist MOy R 62. Bei MMCDTM sind
die Buchstaben um das größer geschriebene T zusammenge
drängt K 7 s. Die Buchstaben, die Zahlwerte darstellen, sind
durch Linien hervorgehoben: 0 ist 9 bei der Seitenüberschrift.
Aus den Größenverhältnissen der Kolumnen und der Be
zeichnung der Seitenzahlen 9 und 10 können wir folgende An
gaben über die Anlage der ganzen Handschrift rekonstruieren.
Sie bestand aus Lagen zu je zwei ineinander gefalteten Pa
pyrusblättern, also von 8 Seiten. Die erste Lage begann also
mit Seite 1, die Schrift und Fasern parallel, mit Rom. li bis
zirka I13. Seite 2, Schrift gegen die Fasern, mit approximativ
Saliidischc Papyrusfragmente der paulmischen Briefe.
11
Rom. 113—1 ist—125. Zweites Doppelblatt mit Seite 3, Schrift
und Fasern parallel, 1. Kolumne mit Röm. 125—Iso, 2. Kolumne
mit Röm. 1 30— 24. Seite 4, Schrift gegen die Fasern, 1. Ko
lumne 24—2io, 2. Kolumne 2io—217; von hier stammt das
1. Fragment: Vorderseite aus Seite 3, Kolumne 2, Rückseite
aus Seite 4, Kolumne 1. Die 5. Seite hatte die Schrift gegen
die Fasern mit Röm. 217—222—227; die 6. Seite, Schrift und
Fasern parallel, mit Röm. 2 27— 2 32 — 37; die 7. Seite, Schrift
gegen die Fasern, 1. Kolumne mit 3 s—310, 2. Kolumne mit
3io—325; die 8. Seite, Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne
3 25 —33i, 2. Kolumne 331—4s; unser 2. Fragment ist heraus
gerissen aus pag. 7, Kolumne 2, resp. pag. 8, Kolumne 1.
Mit Seite 9 beginnt die zweite Lage, und zwar wieder
zwei Doppelblätter; Seite 9, die Schrift gegen die Fasern, ist
erhalten, 1. Kolumne mit Röm. 49—413, 2. Kolumne mit Röm.
414—417. Seite 10, Schrift und Fasern parallel, ist ebenfalls
erhalten, 1. Kolumne Röm. 417—424, 2. Kolumne Röm. 424— 5s.
Dagegen ist vom eingelegten Doppelblatt keine Spur, nämlich
von Seite 11, Schrift gegen die Fasern, mit Röm. 5e—5ii—51.3.
Seite 12, Schrift und Fasern parallel, mit Röm. 5io—521—64.
Seite 13, Schrift und Fasern parallel, mit Röm. 64—611 — 617.
Seite 14, Schrift gegen die Fasern, mit Röm. 617—623—7 s.
Seite 15, Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne mit Röm.
75—711, 2. Kolumne mit Röm. 7 11—7i7. Seite 16, Schrift gegen
die Fasern, 1. Kolumne mit Röm. 7is — 721, 2. Kolumne mit
Röm. 7 24—85; von diesem Blatt stammt unser 5. Fragment.
Mit der nächsten 17. Seite begann die dritte Lage der Hand
schrift, die eine analoge Gestaltung hatte wie die erste; sie be
gann mit einem Blatt, dessen erste Seite die Schrift und die
Fasern parallel hatte, die 1. Kolumne mit Röm. 85—811, 2. Ko
lumne mit Röm. 811—8is. Die Rückseite, Seite 18 der Hand
schrift, hatte die Schrift gegen die Fasern, 1. Kolumne mit
Röm. 818—824, 2. Kolumne mit Röm. 824—829. Aus Seite 17,
1. Kolumne, und Seite 18, 2. Kolumne, stammt unser 6. Frag
ment.
Die gegenwärtige Inventarsbezeichnung ist K 7661 bis 7667.
12
V. Abhandlung: Wessely.
Erstes Fragment.
Höhe 5'7 cm, Breite 5’5 cm.
A. Schrift und Fasern parallel.
Eöm. Iso [. . . N]pe[q]'b[0)0X1)
[NXAC]12HT [■ ey
[2\oyx]tDOY • iqpe[q
[6 , iNeNMne]0[ooy
[NATO] CD [TM N]CANN[ey
1 3i [10]T6 • NA0H[T • NAT
[NA]2T6 ’ NOy[A212HT
[NAT]NÄ • N[6TCOOyN
Cf. versio boheirica . . . npeq'f UJCOUJ nSXciöHT npeqompo
npeq2£_iMi imracTOwoT hAtcootexv ncjs. hottio^
B. Die Schrift läuft gegen die Fasern.
Rom. 2 4 [. . H6] KK.ATA<J) [pON61
[NTM]NTpMMA[ON
[T6q] MN [T]XPCTOC
[mTitg] q [m nt] 5 an [exe
[MNTeqM] NT2APCQ2 [HT
[. . . . 6K] ATCOOy[N xe
Cf. versio boheirica . . . Ujeai RepiV^TövCppottl n^MeTp*.-
jaxo nTe TeqMeT^pc ne.w. TeqMCTpeqepdaie^cecee H€.m.
TeqMeTpeqcooTT hoht . tmeMi" d>.n 2s_e . . .
Sahidische Papyrusfragmente der paulinisclien Briefe.
13
Zweites Fragment.
Höhe 12 cm, Breite 4’6 cm, Rand an der Seite 2 cm.
A. Schrift gegen die Fasern.
Rom. 323 niCTey]e •
MNnopxrxpjcijoon
xypNOBejTHpoYj
xycDcecgxxT] Mneooy
3 24 MHNoyTe • e]yTMx
To mmooy enjxiNXH
2lTNT6qXX]piC 2
6BO\21TMn] CU)T6M
325 nexcic • nx]T ntx
nNoyTexMKXx]qxiNN
cgopnNK(D]eBO\2i'
TMTHICTI] C2M
neMCNoqe] noycBtn?
6BO\NT6qAlK]XlÖ
cywn en]KtD
3 24 M correxit in OM V. — Cf. K 91B8 ed. W(essely) N. 156 d:
325 hicti]c om V, hictic mW — ejitenrcrm^ V, eirton^ W.
B. Schrift und Fasern parallel.
Rom. 3 29 nN[oYTenxmoyAxi
Mxy[xxyne mhxn
K.62 [60NOCTOO yXNne
X26n [XNK6260NOC
ne. [eTBeoyxeoyxne
3 so nNoy[Tenxi"eTNX
TMXt[6MnCBB66BOA
2ITN [TniCTlCGN
14
V. Abhandlung: Wessely.
3 31 NAK.A [TApreiM
nNOM[OCMnNOYTe2lTNTniC
TtCN[NeccgcDne
4i AAAA [6NNA.CYN21C
TA 3 Mn[NOMOCOY<5 , e
n [6TNN AXOOMX6
A[BpA2AM
Cf. K 9158 ed. W(essely) Nr. 156 d. — Bao post HICTIC omisit V
ckke ekoAon TmcTic, habet W. — post ncMe
fuit OVl correctum in OÜiöApn T(TIICTIC) W. — 831 male HdvTlXp-
uei W.
Drittes Fragment.
Höhe 29 - 6 cm, Breite 25‘5 cm, Rand oben 4 cm, an der
Außenseite 3, an der Innenseite 3 cm; Interkolumnium 2'5 cm.
A. Schrift gegen die Fasern. Seite 9 der Handschrift,
1. Kolumne.
Anfang des Blattes.
[nxo]eiCNAen’NOBe
Rom. 4 9 [epOjMAN • neiMAKA
[pi] CMocö'eeqajoon
[e] xMncB’Bexetieq
ti)oone- xntk6mmt
[A]TCBB6 ■ TN’xebrAp
[m] MocxeAYenTnicT ic
[M] ABPA2AH6POM6Y
410 [AI]KA10’CYMH • MTAY
[o]nc , A.ee , poHM , ACD
N26’. NeqgM’riCB’Be
A6nexiNeq2NTMT
ATCB’BG • N6M2M
ncB’[B]eANne ■ [a]aaa
N [6M2] NTNÜTt [A] TC’B
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
15
411 [B6 • A] ytDAHXlNOy
[MAeiMN]CB 5 BeNC<j>pA.
[riCN] AtKAlOCyNII
[NTm] CTIC6T2N
[TMMT]ATCBB[6]e
[TpenjcgcDneNeicDT
[n N6T ]n ict ey 6TH
[poy2] ITNTMNTAT
[c]bbg • eTpeyöiic
acDoyoNepooyeyAi
4 12 KAlÖCyMH • aycdn
eitDTMncBBe • ngboa
AN2Mn [C] BB6MAYAAY
AAAAN’[KO] Oye [O] N6TA
2eeTe2[iHNT]nicTic
6T2] NTMNTA]TCBB6
M[n6MlCDTA]BpA
4 iS [2AH • OY 6B]OA
[rAp2lTMn]NO
Ende des Blattes.
Cf. K 91B8 ed. W(essely) Nr. 156 e. — 4s <\7ren TmcTic V, iVTre
THICTIC falsch W. — 410 tVTÄ.T[0]nC V, HT6.Tone Ye W. —
post OAt ncMe addidit 2^e V. — 2S.I Y, 2s_e W. — neq cm ixcSfee
V, miecj cm [n]c&&6 W. — 412 nefeoTV. V, ne e&oTV. c.n W.
Seite 9 der Handschrift, zweite Kolumne,
die Fasern.
Schrift gegen
~ ö ~
mo [c]nenepHTNTAi
ty[a>]neNABpA2AM
H[ne]M[c]nepMA • e
t [peq] cgcDneNKAH
[pONO] MOCMtlKOCMOC
Röm. 4u [AAAA]6BOA2ITNTAl
16
V. Abhandlung 1 : Wessely.
[KAlOjCyNHMTniC
[Tic]ecQxeepeN6
KXHpOMOMOCrAp
ci)ooneBO\2ifM
nMOHOceieTnicT ic
(QoyeiT ■ AytDAne
4 io pHToycDCM • epermo
MocrxppscDBeyop
TH • fl M A A66T6M N
NOMOCN2HTM • OyA6
MNriApABACIC •
4 ic eTBenAtoyeBo\2N
TmcTicne xgkxc
KXTXOY2MOT • 6p6
nepHTopcDneeM
TxxpH[y]Mnecnep
MXTH[p]H • MneBOX
AN2MH [N] OMOCHXy
AAM • A [A] AAM H K.66
BOA2TiTniCTicFi
ABpA2AMe’TenAine
neNeicöTTHpN
4n KATAeeeTCH?- [xe ]
AYKCDM[MOK]N[ei ]
CDTN2 [A2N260NOC ]
Mn [MToeBOAMriNoy ]
[TeNTAKmcTeyeepoM]
B. Schrift und Fasern parallel. Seite 10 der Handschrift,
1. Kolumne.
— I ~ Anfang des Blattes.
Rom. 417 nAieTTAN2ÖNN6T
Mooyt eTMoy[Te]6Ne
Teücecgoon a [N2] cdc
Saliidische Papyrusfragmente der panlinischen Briefe.
17
418 eytgoonnxi[nxp]A
oysexnic Aq[mcTeye
eöy2e\n iceTp [eq
tg<D n e n e [i] cd [tn 2] a?
N260NOC • K[AT]Ane
TAyxooqxeTxiTeee
exepeneKcnepMÄ
NACgCDNeMMOC
AycDMnq , 6 - BBe2N
4 w Tmcric eqiiAyeneq
CCDMA6AqKA6'OH6
BoxeriTHp'qeqNAp
ACl)6NpOMn6MN
NMOYNTOOT6NCAP
4 2 0 PA • An6pHT-6‘6M
nNoyre • Miiqp2HT-
CNAY2NOYMNTA
rilCTOC • AAAAAqffM
421 6 , OM2NTN[l]CTlCAq
^eooytqn [n] oyTe
AyCD6AqTCDTN2in’
xeneNTAqepHTM
MoqoyNö'OMMMoq
422 eÄÄq - eTBenAiAyo
ncepoqeyAiKAiöcy
423 [N]H - N[T]AyCA[2]qA6
[GTBHI1] fq [M] AyÄAq
[xeAyoncepoqA] aaa
421 [6TBHHTN2CDCDNON]
[NAlGTOyNAOriC]
[epooyN6Tnic ]
Cf. K 91B8 ed. W(easely) N. 156 f. — 4i7 imeTACOOlTT V, UU6T-
acotft W. — tmeTeüceujooTi xn V, euerttuccujoou mi W. —
Sitzungsber. d. pbil.-hisfc. Kl. 174. lld. 5. Abb. 2
18
V. Abhandlung: Wessely.
4i8 ioToeTV-Tiic V, eirgeTViuc W. — R[6kT]es.n6Tx.ir2S-Ooq V,
r^tx. «e utxit2slooc W. — eTepe Y, epe W. — 4i^eqnx.TF V,
xqHxir W. — post (Tom addidit e&oTV. V. — eqtrxpxuje V, eq-
tixpuje W. - a\.r timot V, mhhc^iimot W. — 420 x nepRT
V, enepHT W. — cfe V, 2s. e W. — MwqpoHT omisso 2s_e V, Avneq-
ppHT 2s.e W.
Schrift und Fasern parallel. Seite 10 der Handschrift,
2. Kolumne.
Anfang des Blattes.
TeyeeneNTAM [toyngc
IcheNxoeiceBO [X2N
Röm. 4 25 NGTMOOyT• HX [IN
TAY [T] AAH6TB6N6 [N
NOB6 • xyCDAHTCD
51 oyngtbghgntm [xiö
gantmagiö6'6gbo [x
SNTmcTicoyFi
TANMMxyNoyei
pHNHeaoyNenM [oy
TeaiTMneNXoelcic
52 nexc • nxi'NTÄN
X16BOX21TOOTÖM
n2CDNe20 yN [m] nei
2MOT flXT[6T ] NX26
pXTNN^HTHXtytD
gncqo ycgoyM [mon
exFieexn [icHneooy
MnNoyTe [oyMO
5 3 NONA6XXXX6[Np
nKGcgoyc^otyMMON
2NN6N0Xl'^l[C6N
COO YNX6TG [exi^ic
6Cp2CDB6Y2y[nOMO
54 nh • eynoHON[H
Sahidisclie Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
19
AeeyAOKiMH • ta[o
KiMHAeeYsexnfc
eexrncAeMxcxi
5 5 cgme xeTArxnti
MriNOY[Ten]x2fe -
BOA[2NN6]N2HT
2it [MneriFIxe] to y
aab[- nxi'NTAY
TX[AMNAN • ecgxe]
Ende des Blattes.
Cf. K 91B8 ed. W(essely) Nr. 156 f. — 4 24 IC addidit HGM2S.OCIC V.
— 5i e^T&G oorrectum in eT&C W. — TM^CIO V, TMAio W. — 5 2
nAl om. W qui postea eorrexit in €TIl(x.O€pö^T) — 5 3 IICII-&7V.I-
vj/ic V, neeAityic W. — 54 MöwC2s.iujme V, Mec2s_Yuj'me W.
Viertes Fragment.
Höhe 25 - 2 cm, Breite 22 cm, Rand oben 2’5 cm, Inter-
kolumnium 25 cm.
A. Schrift gegen die Fasern. 1. Kolumne, Seite 11 der
Handschrift.
Anfang des Blattes.
Röm. 5 c neNCeTieNÖNtfCDB
KXTxneoYÖeiojXM
M0Y2ANACeB[HCM]0
ncrxpNTeoY^MOY
5 7 2X0YA1KX10C M6
ü)AKAer4TeoYA
TOXHX6MO Y2XO Y^r X
5 s eoc • nNOYTeAGCYN
21CTXNT69Xrxn[H
e20YN6poNxeeTfxMo
NpeqpNOBexnex[c
5 9 MOY2APON • NXtgCDC
2*
20
V. Abhandlung: Wessely.
SeNSOY [6A] NTMA61Ö
TeMoy2MneqcNoq •
[TNjNAOyXAieBOX
[2iTo]oTqeToprn
510 [eqjxejeNONXxxeAM
[scoTri] enNO YTG21
[TMIlMOY]Hn6MCgH
[peNA0^CD]CN2OYÖ
[6AN2CDTlT]TNNA
[oyxAT2MneqcDN]2
511 [OYMONOMA.6AAAA]’
[eNepnKec^oYcyoY]
[MOYMMON2]M
[nNOYT621T]M
[neNxoeicicnexc]
[riAlNTAMXI] T6
[NoyMne2CDT]ne
[BOA21TOOTH
Cf. K 9158 ed. W(essely) Nr. 156 f. — 5 o GTI Y, €Te'l W. — CTcofe
V, S'oq W. — neoiröeiuj V, neiXoirojeVuj W. — ai]ouic V, mo-
uic w. — 5 7 Aieujövii 2s.e V, .ueujeai c'd.p W. — toA.m.^ V,
T07V.OAWS. W. — 5s cti V, eTei' W. — Ä.«on V, enon male W.
Schrift gegen die Fasern, Seite 11 der Handschrift, 2. Ko
lumne.
Anfang des Blattes.
Rom. 512 B[enMoy • AycRTAiTeee
N [TAnMO Y6l6BOXe
X [NpCDMeNIMeAYP
N[OBe2ItD(DqTHpOY •
T[AlOMT60e21
T [NOYPtDMeNOYCÜT
Saliidische Papyrusfragmente der paulinischeu Briefe.
21
513 M[TXnCDN2616BO\
ci)[xnNOMOcrxpeNepen
NO[B62MnKOC
Moc[nee<iMooYTnNo
B6A [eNeya^nMMOM
X[N]ne[6MNNOMOC • X
xxxx [nMoypppoexiM
514 XAXM [ü)XMCDyCHC
ex fl [ N6TM
no[ypNOB6 • 2Mneme
NTnXpXBX[CICNXAXM
eTenxineti [Tynoc
MneTNxo)[cDne
5 io ~x[xxx]NeexMM[nnx
px [nTCDM] X [M] n [62MOT
[ eojxe]
2[p]x[Trxp2Mnnx
px[nTCDMXMneioyx
[NOYCDTX2X2MOY
[N20y0]6-[eMMXTe]
[TexxpiCMnNoy]
T6[H] NT[e«l ACDpeX2M]
TexxpicMn [eiptDMe
NoycDTN[icnexc
[xcxo)xTe2oyM
Cf. K 91B8f ed. W(essely) Nr. 156 g. - 5u €2£.nn«.€cnre[ W. —
GTeux'i V, €T€tAi W. — ÄlneT»;\ujtone V, nem. W. — 5is
[?V7Xe^] nee e^n M[nnA] pdw[nTtoM] x. [m] n [eo.uoT V, xAAx
.nmixpearrto.ux txi Te ee Ameo.uoT W.
22
V. Abhandlung: Wessely.
Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne, Seite 12 der
Handschrift.
Anfang des Blattes.
Rom. 5 io [oYAeyTtyxeio • nex]x
[piCMAA6NTOqeBO] X
[2N2A2NNO] B6
517 [neeyTHxeiö • ecgxe]
[2pAfrxp2MnNO]Be
[MneioYÄNoycDT]
[AnM0YPPP021T]M
517 [neio YÄFi2o yoff] ee
[MAT6N6TXIMn]e
[2oyoNTexxp] icmn
[TAlKAlOGyNH] 66NA
[PPP02MntD] N221TM
5 is [neioycüTnexciJc ■ xpÄ.
[6-6nnxpxnT]cDMA
[2MOCeBOX21TN]OYX
[ne62oy] n6pcd[m6]nTm
[eyröxT] ö ■ taTonTc
[©e MnejTMxeiöeoye
[6bo\2] iTNOYÄne62oy _ (l. -oyN)
[6ptD] M6M1M • 6YTMA _
5 is [6100]CDN2 [• NGjerxp
[6BOX21] T [NTMN] T AT
[CCDTMMneip]CDM6
[NOYCDT . . . .]2N
[ ]
[ ] 62 [. . . .]
[ ]MHTMNT J
[. . . n]620YONAÜ)CD
5 20 [neNAjIKAlOC • NTA
[n NOMOG] A66I620 [yN]
[xeKAGnnxpxnTCD ]
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
23
[MxpaoyoneNTX ]
[n6 t U\10B6A(l)Ain62M0TA6]
Cf. K 9158 f ed. W(essely) Nr. 156 g. — 519 AUl]eipcOA\.€-
«[ottcot] | ht[. . . n]peq[pnofee | ne[T^i on Te ee etc. | •
n&jujtone H2^ikcvioc | W.
Schrift und Fasern parallel, 2. Kolumne, Seite 12 der
Handschrift.
Anfang des Blattes.
p?.OYÖAa)[Aiti.\M
Rom. 5 21 X[6KA]CKATA06NTA
nM0B6[PPP]0[2Mn]M0Y
epeTexxpic [oNpppo]
[NT61] 2621T[M]TAIKA1
ocYNHGYüiMS’tB^e
N6221TNlCneX[C]
61 neuxoeic • OYöene
TNMAXOO[M]TAptl6'(D
[2M]nNOB[e]xeepeT6
[XA] pi [C] P20 YO [N] N6C
62 cgüine • naiganmy
MtJnti[o]BeNAcyN
2eeNACDN2XtNMnei
6 s tlAYN2[HTH ]H[e]T[e
TNÖN ATCOO [YNXeOY
ONNIMGANB[AriTl
zeenexcic[FlTAN
B]AnTiz[een6MMOY
64 AYTOM[CA6NMMAq
2 [I] TM [nBAriTlCM A
e[ne<iMOY xgkac
K[ATAeeNTAnexc
T[CDOYMeBOA2TjN6T
m [ooYT2iTHneooY
Fi[neio)TNTNMo
o[cge
24
V. Abhandlung: Wessely.
Cf. K 9158 f ed. W(essely) Nr. 156 h. — 5 20 pooTTO V, ppoire W.
— 521 ujx. eneo 5 V, nujis. etiö W. — 62 His.i eistiAto-y V, n*J evn
•uott IV. — Mn nn[o]fee V, aui | nofee W. — enestono' V, en-
nouonp W. — Auiemesir Y, eninis.Tr W.
Fünftes Fragment.
Höhe 1)5'5 cm y Breite 12 cm, Interkolumnium 2 cm.
A. Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne.
Rom. 7? NNeKemeYM]ei'•
7 s AnNOB6AGXl]NOYX
<}>OpMH6BOA2l]TN
T6N]TOX[H. Xq]p2[CDB]
2pAi'j N2HTeemeY
MIA]NIM • GXM[n]NO
MOC] rApnNOBGMOOYT’
7 a ANO] KA6NGION26XN
NOM] OCnGNO YÖGlty
NT6] pGCeiAGN6'lTGN
TOAH • A]NNOB6CDN2
710 anokagaYmoy]ny
266T6NTOAH6T] 0)0
OI16YCDN2- gymo]y
7 n NA1- 6ANNO]B6
rApXlN0YA(j)0]pMH
6BOA21TOOTCN] T6N
TOAHAIGSAflA] TA
Cf. B(alestri) (Cod. LXXX f. 2 r.) Rom. 6ö-8s8 A(melineau),
Ägyptische Zeitschrift 1887, p. 47, Rom. 71-21. — 7 s e2S_M [n]no-
[_Al«3C W, A2S_n miOAtOC B A. — AtOOTTT IVA, AV.007T B. — 79
€2s_n [noAt]oc W, &2s_n homoc B A. — nenoiroeiuj w, on
OTroeiuj B, noiroeiui A.
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
25
Schrift und Fasern parallel; 2. Kolumne.
Röm. 715 M[MOq- AAAA
ne-f [MOCT6HHOM
n aT [n G'|~ eipe m m o q
716 eti^xe[Mne'|’OYAajq
A.6AN [ne'feipeMMOH
'pXCD[MMOCenNO
717 MOCX[eNANOyq T6
noya. [eNANOKANeene
Tp2(D [BGpOq AAAA
nN[OB6ne6TOYH2
7 18 2pA [1N2IIT • -fCOOYN
TAP [XeMMOMAAAYNArAöOt J
oy[H2
Cf. Balestri, 1. e., p. 336; Amelineau, 1. o., p. 48; K 91B8 f ed.
Wessely Nr. 156 k. — 7io V B, (Te A, omisit W. — 7 n eTOlTHg
hoht A, e. gpes.i itOHT V B.
Schrift gegen die Fasern; 1. Kolumne.
Röm. 7 2 i nneeoo]Y
7 22 [KHNAieapAf 2H]
[AANSrApMriNOMOC]
[MnNOYTG KATA]nA
7 23 [pCDM66T2120]YN • •f
[NAYA.eNKGNOH] OC2N
[NAMeAoceq]'f'OY^
[GnNOMOCHtl] A2HT
[AYCoeqAiNM] aacdT i
[Z6MMOl2Mn] NOMOC
[m n n o bg] n aTgt
26
V. Abhandlung: Wessely.
[tyoonaNNA] mgxoc
7 24 [riTXxxincDpo] cxnok
[npCDM6NlM] n6T’
[MXNX2MeT6BO] X2M
Cf. Amelineau p. 48; Balestri p. 336; K 9108 ed. Wessely Nr. 159;
Woide Rom. 7 21—25.
Schrift gegen die Fasern; 2. Kolumne.
m [rmoMoceNeus'o]
Rom. 8 s OB[N2HTC2lTNTCA]
ps[- xnNoyTeTN]
n [o] oyFineMCQ [npe]
2NoyeiNeNC[xp2N]
* mob6 • xytDeT[Be]
IlMOB6XMT6'[Xie]
nNOBeüFrre^cxpg]
84 xeepeneTMxfioM]
n M [O] MO [C] X [CDK.6BOX]
11 [2HTMiixieTeMce]
M [OOCljeXNKXTXCX]
ps [xxxxKXTxrml]
85 Me[TcyoonrxpKX]
tx [cxpseyMeeyee]
N [XTCXpäNGTCQOOn]
A.[e
Cf. Balestri p. 338; Woide Rom. 8 1—15; K 9108 f ed. Wessely
Nr. 159 c.
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
27
Sechstes Fragment.
Höhe 8'5 cm, Breite 6 cm, linker Rand 1cm.
A. Schrift und Fasern parallel.
Rom. 810 [eO}X6]neXCÄ6N
2HTT] HYTN616
neetD] MXM6NMOO yT
6TBen]NOBe- neriN[x
A66M] CDN26TB6
TAlKX]iÖCyNH •
8 n ecijxe jnerfFTvAeM
neNT] XHToyNecic
6BOX2] NN6THO [oyT
OyH2N]2HTT[HyTN
n6NT]XMTO[yMeC
Cf. Balestri p. 337 sq.; Woide Rom. 81—15; K 9108f ed. Wessely
Nr. 159c; Amelineau, Ägyptische Zeitschrift 1887, 47 (Rom. 815—87). —
811 e&oAoft neTAtooiTT ttXTOiraec neTiiKeccoAt^ cuj^ttmoit
orm neqnneT eTOiFH£ cm ^rtthttth W.
ß. Die Schrift läuft gegen die Fasern.
Röm. 827 cooyNX6[oyn6nMe
eye' NTen [enFixxe
eqcMMeppxi'KXTx
n MO YT62 [XN6TOY
82s XXB : ~ T[NCOOYN
AexeNeT[M6MnNOY
Tecyxpen [NoyTe'j’
TOOTOy2N [2CDBN1M
enxrxeo[NNxTeT
28
V. Abhandlung: Wessely.
[AM] TA2MK [ATAIieMtQO
829 [pnNT]CDCl)X[e
Cf. Balestri p. 339; Amelineau, Ägyptische Zeitschrift 1887, p.48.
— 82s 6TTÖ..O.U. B A, — U&.T&. UTOOUJ B A.
Siebentes Fragment.
Hölie 6'3 cm, Breite 3 cm. A. Schrift und Fasern parallel.
Röm. 1115 nTCDO y] N6BO [\
1116 2NN6TMOOy]T • 6ü)X[6
neeABrApo y] a ABeie
nKeoycDtgM]oyAAB
aycdgujx] e [tmo ywe
O YAAB616] N [6] CKG [KAA
11 n aocg<i)x]62[o]6in6[ag
NN6KAAA] OCAytt) [OO
ToyilTO]KAe[Nfk
Cf. K 91B8-9163 ed. Wessely Nr. 156 m, p. 158; Eom. IO11-II7.
— 1116 necnAoToc W.
B. Die Schrift läuft gegen die Fasern.
Röm. 1122 ep]OK- [NAy
seeTM] NTNpH [CTOC
AycDT] MNTpeq [cgtD
cDTMn] NoyTe
OY] CL)ÜKDTM [6N
6XN N] 6NT Ay [26
OyMNTXp]CA6Mn[NOy
T66XCÜK6] KC1)AN [A26
]eci)[
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
29
Cf. versio boheirica: . .. epOH • XHivlT OTtl e^At.eTXP c H€Al
^MeTpequjcoT efeoTV. irre <p^- e2*.en hhav.€h efeviroei ottujcöt
efeoTV eopHi 2s_e 62slwh oirMeT^pc htc cp^ - • eujcon 2s.e
AIVUJ&HOpi äett ^MeT^pC • AV.AV.OH H«OH ptOK CeUdvK0p2£-K.
Achtes Fragment.
Höhe 28 cm, Breite 24 cm, Rand oben 2 cm, an der Außen
seite 1/4 cm, an der Innenseite 1'5 cm, Interkolumnium 2 cm.
A. Schrift gegen die Fasern, 1. Kolumne.
1 Corinth. 7 4
7 5
7g
7 7
Anfang des Blattes.
Mxpec^MneTepoc
Mnecax! • TecaiMe
ö]MnxoeicxNMnec
ccDMAAAxxnecsAine'
aoHOitDCONnaxfö
xN]MnxoeiCMneq
C] CDM AAAAATeMC2lMe
T6] Mnj r qe6'N6TM6
Phy- eiMHTeiatToY
ü)CDNHnpocoYöei(B
xeeTeTNxcpqeene
C1)AHA • AYCÜONM
TeTNeieroYNNeTN
epHY xeNMencxTx
MxcnipxzeMMCüTN
eTB6T6TN MNTAT
UX2T6 ■ nxiA.ee!
XCDMMOMKXTXOY
rMCDMÜKXTXOY
eacxanexn. 'I oycdcl)
rxpeTpepcDMeMiM
o)CDneNTX2e •
xxxxoYHTenoYÄ
30
V. Abhandlung: Wessely.
noyxoYxxpiCMx [e
BO\2lTMnNOYT[e
OYÄM6N21NAT K6
7 s A6NTei2ef ixtDA[e
HMOCNNGTeNN [6
C21MeMNN[eXHpX
xeNANoycN [xye^co
7 9 NTX2e[2]d3- e[ci)CDne
A]6N[C]eMXeN[KpX
T6Y]6MMOOYX[NMX
poylxi NX[NOYCXl
K 9164 ed. W(essely) Nr. 1B7. — 74 IipAl O [Ail] AV.H2S.oeiC V,
hoAi o AV.nas.oejc ev.« W. — 7 5 eTeTHevcpqe V, eTeTttecpqe W.
— eToim V, eTOTren w. — nip&^e V, mp\p w. — achto/t-
n*.OTe Y, AuiT^TdvA\.esOT€ W. — 7 6 lvo^Tes. ott yhioaih V, hocto.
ottcttohcoavh W. — Kocres. o'yeoc&.pne V, niidwTes oiroireo-
covone W. — 7i ne 2s.e V, neT ix.e W. — 79 en[Hpe>creir]e V,
eonpocreire W.
Schrift gegen die Fasern, 2. Kolumne.
1 Corinth. 7 io
7 n
7 12
Anfang des Blattes.
rXpN20YOep[CDK2]
N [e] NTXYXIAG'J' [n] X
pxrreixeNXYNXNOK
XNXxxxnxoeicefM
t [p] 6Tec2iMencDpxe
neczxT • ecgcDneAe
eccgxNncDpxMxpec
©(Dbrre^e • hnc2cd
Tneneczxi. xycDmo
[O] YTeTHTpeqKtDN
[C]CDqMTeMC21M6 . +
XCOA6MMOCHriKeC6
enexNOKXYtonxo
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
31
cicam • x66qjcDne[NOY]
CONeoyNTXMMM OY
MO YC21M6N AniC [TOC
eCOYüXQGö'CDM [M
MAqMnpTpe<i[\o
7 13 2ApOC[] AYCDOYC2[tM6
eOYNTC2ATMMA[Y
N [OY2A] lNAniCT[OC
e [q o y] <ncge6'CDN [m
[MAC]iqn[p]Tpec\[o
7 14 [2AM2AT] • Aq[TBBO
[rApN6-l]n2AlNA[niC
[TOC2M]TeC2lM [6AYC1>
Oct"bb]o N6rre[C2iMe
[NAmC]TOC2M[nCON
K 9164 ed. W(essely) Nr. 167. — 7a ttgOTO V, eooire W. —
^■[XOpeanpeiAe V, W. — 7i* &hok
It2SLO€IC Ä.H V, JS.HOR MIP2£_OeiC övtt W. — 60'5'HTes.q V, CTTtlT^q
W. — JS.TTtö ante ecOTTtOUJ addidit W. — 7^3 es-TTCO OTTCp[lMe]
eoTTRTco^s V, e^Trio eujcone cnrcoiAie eirtiT^c »ott-
Oj\V W.
B. Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne.
Anfang des Blattes.
[MxpejqntDpxNqo
1 Corinth. 715 A[e]M2M2AAN<SinCcT(]. COM)
HCOCDN6 2M26N
2BHYCNT6IMIN [6] M
TAnNOYTerApTA2MN
2NOYC1PHNH • OyrAp
neTepcooYNMMoq
T6C21M6 MHT6NACI)
32
V. Abhandlung: Wessely.
7 io ToyxdnoYaxY • aycd
oyneTKCooywMMOM
112Al • MUKIlAüjlOy
7 17 XÖT6KC21M6 • 6lMHT6l _
eeeNTAnxoeiCTecy
noyAnoyÄMHoc
[njoyAnoyAiieeNTA
[n] N O YT6TA2M [6]'H M A
[pe]qMooa)6MHoo
[o) ] eTAi reoe • -J’Todü)
[M] MOC2NeKKAHCIA
[N1]M • AYT62MOYÄ
[eq] cÄHYMnpTpeq
7 is [nocyjcq . AyTe2MoyÄ
[eq]ÖMATCBB[6Mnp
719 [Tpe]MCBB[e-]T[MNTCBB]e
[OyAAAy ]AyCD[TMNTAT
[CBB6 O] yAAAy [• AAAA
[TMNT2M]2AANN [6N
[TOAHM]nMOYT6[MA
7 20 [P6M6-CD noyA] noYA2M [n
[TA2M6T] AyTA2M [6H • Oy
7 2 i [2M2AAAy] T A2 [MGK
Schrift und Fasern parallel, 2. Kolumne.
Anfang des Blattes.
1 Gorinth. 7 22 ri2M2AArApNTAy
TA2HeM2Mnxoeic • n[A
neAeyeepocMnxo [eic
rie 20Moi(ocnpM2[e
NTA[YT]A2Meq n2M
7as 2AAMnexcne • A[y
cgenTHyTN2AOYA[coY
Saliidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
MnptI}CDneN2M[2A]\
7 24 naaay noyxnoYA
2Mn6NTAYTA2M6M
NACNHYMApe^e-CD
2AMnAINNA2pMnNY
7 25 [T]6 • CTBGMflAp
OG tJ O C Mit TA I O Y
G2CA2UGMM AYOTG
nXOGIC • 'f-'fACNOY
rNCDHri2CDC6AYNA
NAI2n MnXOGlCGf
7 20 niCTOC • ['f'M]6GYGA.G
XGXlIIOYnAl'GTBGTA
NArKHGTCLJOOnXG
[NjANOyC MhpCDMG
[G]6TDNT6I2G • KMHp
[G]C21MGMnpü)lN6
7 27 [Fi] CABCDA • KBI IACBOA
[N]C21MGMnpüJIN6
7 28 [Fi]CAC21MG • 6C1)CD
[njGOMGKÜJANXIM
[ri6KpM]OBG • AYCDGK
[cyAN]xm<5-iTriApeG
[MOCM] nGpNOBG •
[N6TO]GNT[6i']MIM[G
[. . . .]6nOADplC
[2TjTC]AP2 • ano[kag|
7 29 [•f’ACO]GptDTM -[riAi
Sitzungsber. d. phil.-liist. Kl. 174. Bd., 5. Abh.
3
34
V. Abhandlung: Wessely.
K 9581—9588.
Die unter diesen Inventarsnummern von Professor J. Krall
zusammengetragenen Fragmente gehören einer zweiten Hand
schrift der katholischen Briefe in sahidischer Übersetzung an,
die augenscheinlich in kalligraphischer Ausführung vorliegt.
Das Element aller Schriftformen bildet das Quadrat und der
Kreis, aber nur insoweit Raum genug vorhanden ist, sonst geht
der Kalligraph sofort zu jenen über, welche das stehende schmale
Rechteck und die stehende Ellipse zur Grundform haben. In
dieser Eigenart liegt die große paläographische Bedeutung der
Handschrift, welche beide Grundtypen in willkürlicher Verwen
dung zeigt. Wo senkrechte Schafte sind, tragen diese kleine
Anhängsel wie Stützpunkte oder Striche in der Form von Ver
dickungen. X hat eine rundliche Schleife, es ragt manchmal
über die Zeile. Bei B ist die obere Schlinge beträchtlich kleiner
als die untere. Bei p hat die Schlinge die Größe und Gestalt
eines halben O. 2 ist innerhalb der Zeile in normaler Buch
stabengrüße, es greift nicht unter sie hinab, wie dies der Fall
ist bei X, •j’, p, K, 1. Bei M finden wir die abgerundeten
Formen. hat die Größe des CD. Von Z ist die untere Hori
zontale ausgeschweift, i erinnert an eine 3 mit wagrechter
Basis. 6 hat den unteren Teil in der Größe eines O, aber
eingedrückt an der rechten Seite, y besteht aus zwei diver
gierenden geschweiften Ästen, die aus einer kleinen wagrechten
Stütze hervorkommen. Die überragende Form des T findet
sich am Ende der Zeile, wo die andern kleiner gewordenen
Buchstaben sich unter ihr zusammendrängen.
Lesezeichen sind nicht häufig, noch regelmäßig angewendet.
Wir finden also gelegentlich die Hervorhebung von Vokalen
durch übergesetzte kleine Horizontallinien und zirkumflexartige
Zeichen: CGXMX2T6 Phil. I23 0B]BlOHÄ9 j [<I)]CDnG Phil. 2s;
NIMXXN Phil. 214; X6 Phil. I29; eiN]X2TeeriXi Phil. 125;
Txcgeöei'tl) Phil. 1 is; e]B[Bl]Ö Eph. 42; xyjcb Phil. 2s;
noyCDCgC Eph. 3is. In manchen dieser Fälle wurde das
Trennen der Worte bei dem Lesen erleichtert.
Häufig ist der Gebrauch der puncta diaereseos: 11X1 Phil.
I22, I25, 128, 29, Eph. 3u, 315; NX1 Phil. I19, 122; oyNTXl
Phil. 123; CgfXI Eph. 3is; 2pxf Phil. 2s; OyXXl Phil. 213;
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
35
RHl Phil. 422; eie Phil. I22; TAÜ)6Ö6Tü) Phil. 118; neI(D[T
Koloss, ls; NT6I26 Tit. 2g; RApA]KAA6T Tit. 2g, Eph. 41;
6Ck|>TA Eph. 310; RAppHOlA Eph. 312; 620yeT[A Eph. 310;
0B]Bi'OH Phil. 2s; 0)TN6 Phil. 24; AOKIMAZ6 Phil. 110; Api-
2(DB Phil. 2h; RIGTIG Eph. 3i7, 4s; ÖM^TC Eph. 312; BAR-
T1CMA Eph. 4g; XAplZe Phil. 2g; AyXApi'Z6 Phil. 129; 21
Eph. 4g, Phil. 2u; 6BOA21TM Phil. 128; XI 620yN Phil. 110.
Die beiden Punkte fließen auch zu einer kleinen Horizontalen
zusammen NIM Eph. 42.
Das Häkchen zur Bezeichnung des Wortendes findet sich
nach 0y06]l(l) Titus In.
Die Bezeichnung des Murmelvokals ist bald ein kleiner
wagrechter Strich, bald ein zirkumflexförmiges Zeichen, selten
ein Punkt 60)112106 Phil. 129. Die Stellung ist bald über dem
Buchstaben NN6TP | NOBp6 Phil. 110, bald zwischen den Buch
staben 6T6TNTB ] BHy6 Phil. 110. Oft ist der Murmelvokal
unbezeichnet. Bei oyNOyT6 Eph. 43 für Oy NOyT6 liegt
ein Fehler vor.
Auch Interpunktionen sind nicht häufig. Wir finden sie
zu Beginn neuer Sätze: R6X]6 • 6[N](1)AHA Koloss. I3; R6-
N]l(DT• [TNÜ)R2]MOT Koloss, ls; R6NXO610- RAlVEph. 3i2;
THpoy • X6 Eph. 318; RAI OyKA[p]ROO NAI N2CDBR6 •
616 At1) R6^NA60TRH N'j’OOOyN AN - Phil. I22; NOy](DT-
OYNOYTeEph.45; oder Satzglieder: 6p6 RAT [Nl]M KCDAX-
N6T[2N MRIiye Phil. 210; R6TL> A6 ON NTOA[p]I • Oy-
ANArKAlON Phil. I24. Ferner vor A6, TAp, X6, AAAA, X6-
KAC: ^OOOyN AN ■ 06ÄMA2T6 A6 Phil. 123; R6y]TAKO •
NTGJTN A6 Phil. 128; R6T[N]oyXAl ■ RNOy[T6 TAp
Phil. 213; R6XÖ- MOOT[R] TAp Phih_l23; RNOyT6 R6-X6
Phil. 129; epOM • AAAA Phil. 129; XÖ X6[KA0 Eph. 319;
MO[K]M6K • X6[KA6 Phil. 2 h. Vor Beginn des neuen Ka
pitels Eph. 4i endet das 3. mit 2AMHN , während an
der Grenze von Kapitel 3 und 4 des Philipperbriefs nur ein
einfaches 6pO)]TN • steht.
Vereinzelt trifft man die Freilassung eines größeren Rau
mes bei einem Sinneseinschnitt vor: 2M R6200y MR6X0.
dann 6[T6]TNXHK 6BOA Phil. ln.
Sakrale Abkürzungen sind: RNA Phil. 129; 16 XO I11;
0T(Ay)p(O)C 2 s.
3*
36
Y. Abhandlung-: Wessely.
Bei der varietas lectionum kommen erstlich orthographische
Varianten in Betracht: IITG[iptllllI V, tl'l'PIIUI! B Eph. 4s. —
riGM[ncy]AV, nMncgx B Eph. 4i. — TG[niCTic V, tric-
T1C B Eph. 312. — NOBpe V, NOMpG B Phil. 1 io. — ANOK V,
AN AK B Eph. 4i. Die lautliche Alteration des K vor 6, l in
griechischen Wörtern, auf welche Rahlfs neuerdings die Auf
merksamkeit gelenkt hat, trifft auch hier zu hei 6NKA(?[6]l V,
sf/.a'/.eV B Eph. 312.
In Phil. 110 steht XG in V, X6KAC in B, — riGCD AG
ON NTCAP2 V steht gegen 2N TCAp2 B, d. i. x'o empivsiv sv
capy-t Phil. 124. — Voller ist die Präposition XI 620YN
GptDTN 2M V gegen XI GptDTN 2M B Phil. I10. — üp.etc und
vjp.sic werden im Griechischen oft verwechselt, dies spiegelt sich
ah in den Varianten riNOY[T6] TAp NGTGNGprCl N2HTN V
und N2HTTHYTM B 6 Gebt; 72p sgtiv 6 svsp-ywv sv üp.fv Phil. 213.
Vgl. GTpGTGTN [G1M] 6 V, GTpGTNGlMG B Phil. 112; GTpG-
TGNM[00]tge V, GTpGTGTNMOOCQG B Eph. 4i. — Der
Ausdruck Gup.'iu-/o‘ 6T6TNÖ NOY2IIT NOYtDT ist in V aus
gelassen Phil. 22. Mit dem boheirischen Text geht der V in
Eph. 3 18 6T6TN]6'M€> [OM 661M6, hoheirisch NTGTGNO)-
XGMXOM NTA20 ha xaTaXaßscOat gegen 6TGTN6-
GlMG B.
Erstes Fragment.
Höhe 18 cm, Breite 16’6 cm, Interkolumnium 2 cm.
A. Schrift gegen die Fasern, 1. Kolumne.
Ephes. III, 10 OYCDN]2T6[NOYGBOA
NNA] pXH [MN
N]6SOYCT[A2Tl
M] flH Y66B [OA21
T] NT6KK[AHCIAT
C] 0<])IAtI [AT6CMOT
N] T6n[NOYT6
11 KAT An [TCDC1)
[tili Al CD Ml'AIR]
T AMT AAC2MnGXC
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
37
12 lcneNxoeic • nxT
eTeyNTXNTnxp
PHCIXN2 [HTM]
MNnacD[Ne20YN]
2Mn[NX]2[T62l]
TNT6[niCTlC]
eTBenxfi-fxi]Tei
13 eTM6MKX6'[e]l2M
MX0Xl^lC2XpCD
[T]N6Tenxmene
[T]N600y • 6TB6
14 riXpj'KtDXX
[m] MxnxTMnei
cot • nxieqjxy
15 TXY]eMNTeiCDT
Ende des Blattes.
Cf. B (alestri) p. 3B4 seq. ex MS. LXXXV, fol. 2 v. 2 r. et LXXXVI.
— 312 Te[mcTic V, tthctic B. — 313 eTAcenR&.S'ei V,
Rei B. — 3 io eujö.Tr[TATr]e V, nujexiTTevire B.
A. Schrift gegen die Fasern, 2. Kolumne.
[NIM6BOXMMCH]
Ephes. m, i6 [2NMnHyexytD]
[2lXMnK.X2XeK.XC]
[eqe-fMHTNKX]
[TXTMNTPHMXO]
[HneMeooyenTx]
[XpeTHYTN2MOy]
[6-OM21TMneMMX •]
n [eTpenexcoyco2]
2M[npcoMeeT2i]
20y[N21TNTniC]
TfCe [BOX2NN6]
TN[2HT • 6TeTNXe]
38
V. Abhandlung: Wessely.
NOY[NeeBOA2T]
CNT[e2NOY^rAnii]
18 X[6]K[AC6TeTN]
©M^toMeefMe]
MNN6T[OYAAB]
thpoy • x[eoYne]
noY<i)cgc[MNne]
0)L\TMMriX[l]
ceMNnajiK[e ■]
io ecoYNnepoYo]
NTArAn [HMneooYMne]
xc • xe[KAceqe]
XCDKetBOANÖ - !]
nXCDK[THpq ]
Ende des Blattes.
Cf. B(alesfcri) p. 384 seq. ex MS. LXXXV, fol. 3y. et LXXXVI. «-
Ephes. III, 18 eTGTii] 'TM'5'fo.u.eei.u.e V, eTeTneeV.ue B, UTeren
UJ2S.eM2SLOMtlTdvOO Versio boheirica.
B. Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne.
[MriNOYTeneTe]
Ephes. 320 [YNsoMMMoqeeTpe]
[N20Y62CDBNIM6]
[20Y6M6T6MAI ]
[T61HMOOY ' HN6TN]
[moYmmooykx]
[TATö-oMeTeNep]
3 21 [reiNSHTN neooY]
[NX12NT6KKAH]
[ciA2Hne]xc ic
[eXCDMNljMCQA
[eNe2Ne]N62
[2AMHN] -*
Sahidisclie Papyrusfragmente der paulinischen Briete.
39
Ephes. 41 ['|'H VpXKXX] GÜSG
[MM(DTN]XNOK
[n6KMHp]2H
[nxoei]ceTpeT6M
[Moo]cge2Mn6M
[noj]XMnTco
[2M] NTXYT62M
2 THYTNMMOM2N
[0] B [Bl] ÖMIM21M N T
[PMPX]0)2NOY
[MNT2]XpCQ2HT
[gtgt] iTxtiexe
[NN6TN6]PHY2N
Ende des Blattes.
Cf. Balestri p. 385 ex MS. LXXXV fol. 3 r. et LXXXYI. —
Ephes. 4i WIOR V, ^höhi B. — €TpeTeu[AVOo]uje Y, eTpeTCT-
HMOOuje B. — ne.w.[nuj]x. V, nÄüuye^ B. — 42 AiMoq on eMno
V, noRTq on «Mto B. — eTPTHi\nex e v > eTe-m^neiX 6 B -
B. Schrift und Fasern parallel, 2. Kolumne.
Ephes. 4 a [TXrxriH • GTGTN ]
[6 , enH62xpe2eT ]
[hntoyxm]neriTFix ]
[2tdMMp]pGNTG[ipH ]
4 [N H •] 6T [6] TN [O MO Y]
[CCDMX] NOYtri [T- OYl
[nNX] NOYü)[TKXTX ]
[06] NTX YT G [2M ]
[TH] YTN2N [H6TCD2M]
2N [O YN] X2 [T6NO Y<4>T]
MH]6TNTCD2M
5 OYXOGICNOYtHT
oYnicTiCMOYtüT
40
V. Abhandlung: Wessely.
oybahtTcmä
6 NOYJürr ■ oyNoy
[TeNOYCDT]neicD[T]
[ NOYONjNlM
n[6T21XNOYOM]
NIMXYCt>eBO[\]
21TOOTOYTH [po Y]
€M2MnTHp[H]
7 AY^MOTAOfM]
noYAnoYAM
MONKATAnO)['l]
NTACDP6AM
nexc
Ende des Blattes.
Cf. Balestri p. 385 ex MS. LXXXV fol. 3 r. et LXXXVI. — Ephes. 4 s
Mp]pe V, MMppH B. — tiTe[ipHttH V, n^pHnH B. — on[ne-
TtOOM] ] £H [OTTU] ^[TeUOTTOJT] [MTl] eTHTCOOM V, Ott OTT-
HÄ.OT€ ttOTTWT MlteTilTtü^M B. — 4 G OTTtlOTTTe B.
Zweites Fragment.
Höhe 3 cm, Breite 7 cm.
A. Schrift gegen die Fasern.
Ephes. 424 [2NOY]AlKAlOCYNH
[MFj]OYOriNT6T[M6
25 [6TB]en[Ai
Cf. Balestri p. 387. — Ephes. 4 24 OTTCOH cod. LXXXV, fol. 3 v.
Balestrii, OTTOll eiusdem Codex LXXXVI et V.
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
41
B. Schrift und Fasern parallel.
Ephes. 5 5 [M] NTMKXHpON [O
[M]lAMMAy2N[T
[MN]TppOMne[XC
Cf. Balestri p. 387 .u] HTq V, AUIT07T B.
Drittes Fragment.
Höhe 20 cm, Breite 21 cm, oberer Rand 2 cm, Interko-
lumnium 2 cm.
A. Schrift gegen die Fasern, 1. Kolumne.
Anfang des Blattes.
xfenpoccjMxinriHCto [yc]
A1C0HCICN1M
Phil. I io 6TP6T6TNAOKI
MX26NN6TP
NOBpexeeT6TN
ojcDneeTeTNTB
BHyeMMNOBe
xiesoyNepcDTN
SMneaooyMne
11 XC 6 [T6] TMXHK
eBOXMHK[Xp]
no [C] N [T] A1KA1 [O]
[cy] NHne[BOA]2[lTN]
icnexc[eno]
oyMFi[nTX]e[io]
HnNoyTe
12 -f-oycixg[A]eeTpe
T6TN [61H] 6N XC
42 ' V. Abhandlung: Wessely.
[NH Y-X6N] 6'|'N
[2HTOYAYGJCD]
[H6N20Y06Y]
[npoKonHMneY]
13 [xrrexioN ■ 2cdc]
[xeNAMeppeNce]
[OYCHN26BOX2M]
[nexc2Mne ]
[npxiTCDpioN]
[THPHMNP1K6]
[ceeneTHpq ]
14 [XYCDn620YONN6C]
Cf. B(alestri) p. 892 ex MS. LXXXII, p. 207, col. II. - Philipp.
I io imeTpnoCipe V, Im€Tpnoqpe B(alestri) 2t.e V, B.
— eTeTHUjwiie V, eTeTtteujome B. — 2s.YeooTrn epwm oav Y,
2s.i epnmi p.w. B. — 12 eTpeT€Tn[eiAv]e V, CTpeTneiAte B.
A. Schrift gegen die Fasern, 2. Kolumne.
Anfang des Blattes.
Phil. 114 NH[Y]6T2Mn[XO]
61C6YTHKN2[HT]
2NNAMPP6N
C6T0\HX[N20Y0]
XXN20T[ee]X(D
Hnct)xx[eM
15 n[N0]YT[620YNe]
M6[NOY<l>ÖO]
NOCMNO [Y] + [TCDN]
26NKooYeAe[e ]
2NXYC6TXG) [eoeitg]
16 [h nexc • Softie]
[M6N6BOX2NOY]
[xrxnH6YCO]
Saliidische Papyrusfragmente der pauliniselien Briefe.
43
[OY] NX [661KH6]
[spAije [TAIIOAO]
[riA]M[neyArre]
17 [Al] ON [• 26MKOO ye]
[AegNOY'l'TCDN]
[6YTAü)eoeia)M]
[nexcsNoyfß]
[boan eyMeeye]
[eToyNecoyoAi]
iS [^iCNNAMppe • e]
[ojApeoyrApcgcD]
[nenAHNxeaN]
[CMOTNIM • 61T6]
[2NOyAOl'6'e ]
Cf. Balestri p. 393 ex MS. LXXXII, pag. 208, ool. II.
B. Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne.
Anfang des Blattes.
(Phil. 118) 61] T62NOYM6C6
TAajeöeTajMrie
x“c[Ay]cD'|pAü4e
2MnAlAy]CDON
iS [-fNApAtge^co]
[oyNAexenAi]
[n AG^aineN] ai
[eyoyxATeB]ox
[2lTHIl]e[T]NCOnC
[M] NT6XOpH [riA
HnenNÄNicnexc
20 KATAnA6'ÜXI)T
6BO]AMNTA[2e]A
[niCX6NN6IXl]
[GJin62NAAAy]
44
V. Abhandlung: Wessely.
[XXXX2NriXpp]H
[C1XM1M] N06N0Y
[061CL)N]IM • MNX
[XlXeiOMT]6NOY
[N6-mexc2Mnx]
[c(DMxeiTe2Mn]
[TPXCDN261T62M]
21 [nTpxHxy • ntDN2]
[rxpeTtgoonnxT]
[nenexcxycD]
[nTpxHoyoy]
22 [2Hyne • ecgxe]
[nTpXG)N2A62N]
Cf. Balestri p. 393 sq. es MS. LXXXII, p. 208, col. I. II.
B. Schrift und Fasern parallel, 2. Kolumne.
Anfang des Blattes.
(Phil. 122) Tcxps nxfoyKx[p
nOCNXlN2CDB
ne - eTcxtyno-|-
MXCOTnMN'f
23 cooynxn - cex
HX2T6AeMM[0]l
e o ytirxiM m x [ y]
MnoyoiajM
nec[N]xy. iibcdx
6BOx[e]a)(Dne
MÜnexc.mco
T[n]rxpM2oyo
24 nö'CDAeONNTCX
[p]2 • OyXNXrKXlON
[n] eeTB6THyTN
Saliidisclie Papyrusfragmente der paulinisclien Briefe.
45
25 AY<D[etN]A2Tee
nAp|[c]ooyNxe
'| 'M A [6’CD A] y CD' |'
[MAMOYN6BOA]
Cf. Balestri p. 394 ex MS. LXXXII, p. 208, col. 2. — Philipp. I 23
MAV.[o] I V, ÄiMMOl B. — G *UJCOHG Balestri MS. LXXX, fol. 22 v.,
ool. 2. — y. 24 HTC0v[p]T V, OH TCO.pT B.
Viertes Fragment.
Höhe 13 - 7 cm, Breite 18’5 cm, Interkolumnium 2 cm.
A. Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne.
Phil. 128 ]eTe[riAi
[-]
ncn] MA61MM
n6Y]TAKO- NTCDTN
A6[OYOYXAINH
T]Nne- aycdhaT
OY6BOA2ITM
129 rmoyTene- xe
AYXApfZ6NHTN
2Anexcenic
TeyeMMATeAM
epoB • AAAAecgn
21CeON6XCDM
Iso [eOYMT]HTNMMAY
[Mnei]ArcDNNOYH>T
Cf. Balestri p. 394 ex MS. LXXX, fol. 23 r., col. 1.
46
V. Abhandlung: Wessely.
A. Schrift und Fasern parallel, 2. Kolumne.
Phil. 2 2 [. . 6T6TNAM6]
eye[NeyMeeYeN
oytD [TeoyNTHTFi
mm [AytiTeiArA
nHNoycDT [oy
MeeyeNoy[cDT
3 NT6TNPA[AAyAN
KATAOY^T[CDM
O YA.6KAT [AOyMNT
tgoytgoy[AAAA
2Mn60B[BlO
NT6TNX [lCeFj
NeTMep[HyepcD
4 tn Mno[yAnoyA
CI)U16AM [Fl CA
Cf. Balestri p. 395 ex MS. LXXX, fol. 23 r. - Philipp. 2» 6TCTHO
HOTTOHT 11Ö15U0T • OTTAieeire etc. Bai. omisit V.
B. Schrift gegen die Fasern, 1. Kolumne.
Phil. (2?) necx]HMA
AY266pOM2]CDCpCD
Phil. 2 s MeAMeB]BioqXq
Cy]CDneNCTMHT
o)A]2pAienMoy
ey]MoyAeNCT(Ay)poc
9 eT]BenAi2tDCDq
AnN]0[y]T6XACTM _
N20 yo Ay] CDAMAApfze
Sahidische Papyrusfragmente dev paulmischen Briefe.
47
NAM]MnpAN6T
21X]NpANNIM •
10 Xe]KAC2MnP-\N
Nie] n [exjcepen at
Nl] MKCDAX • NCT
[2NMnHye . . .]
Cf. Balestri p. 895 ex MS. LXXX, f. 23 r. - Philipp. II. 8 «xqofi-
&ioq ees.qujcoTie B, evqiytone V.
B. Schrift gegen die Fasern, 2. Kolumne.
Phil. (212) [N'| ]2A[T6THYTN
AN2NOy2[OT6
MNOyCTCD[T
Api2CDBeneT[N
Phil. 2iS oyxAi • riNoy[Te
rApneTCNcprei
N2HTHMNOY
(jDGJMNnXtDK
eBOAMnoycDcy
214 AP12CDBN1MÄ
XNK.pHpH21MO [K
215 M6K • X6[KAC6T6
TNA(9[(DnenATMOB6
Cf. Balestri p. 395 ex MS. LXXX, fol. 23 v. — Philipp. II lo
HOHTttV, nOHTTHTTTH B. — AUIOTTCOUJ V, [ll] OTTMUiJ (prius) B.
48
V. Abhandlung 1 : Wessely.
Fünftes Fragment.
Höhe 6'5 cm, Breite 4 cm.
A. Schrift und Fasern parallel.
Phil. IY 22 6T]NMM[Al
cecgmejeptDTN
N6-meT]OYAABT[H
poYN2]oyÖA.e
NeBOA]2Mnni
23 MnppO]TGXAp[lC
Cf. Balestri p. 400 ex MS. LXXX, fol. 26 r.
B. Schrift gegen die Fasern.
Coloss. Is n6N]lCDT • [TN
tgha] motm [tm
nnoyT] GiieToy] t
tin]eNxo[eic
icnex]c et[i
0)AHA2]ApC0T[Ü
Noyoei]ci)[NiM
Cf. Balestri p. 401 ex MS. LXXX, fol. 26 r.
Sahidische Papyrusfragmente der paulinischen Briefe.
49
Sechstes Fragment.
Höhe 6 cm, Breite 4 - 2 cm, Interkolumnium 2 cm.
A. Schrift und Fasern parallel, 1. Kolumne.
Titus ln, 12 [610)0] ü)^ X[OyXA6
[MpO<|>]HTHCXOOC6BOX
[N2]HTOyXGM6
[KpHTHC] Npe [M
[xi^oxFioyoe] id)
[MIM
Cf. versionem bolieiricam . . . equjOUjq • 12 OTT^I efioA
HÄHTOTT es.q2S.OC OTTUpotipHTHC HTCOOTT 2£_€ HIUpHTHC 06vtt-
peq2£_e-ReettOTT2s_ hchott hi&cm.
A. Schrift und Fasern parallel, 2. Kolumne.
Titus l io [C6]2omo [xorei]
[xe]cecoo[yNM]
nNoyTe [xnxp]
NXA.6NX[
2MNey2[BHye]
6[ ]
[ ]
[ ]
OyT2M2[CDBNlM]
2i MT O K AG [XO O C]
[N]NeT[npenei]
Cf. versionem boheiricam ceoircotio eftöA 2SLC C6CWOTH
.u.uoq nopm äe« noirpftHoiri ce2s_coA M.uoq e&oA
eiropeft eiroi cttoi nesTujesir .vumto-f »oooft Hiften
eeues.neTT. — c. 2i neou 2s_e ces2£.i hhh eTcesitooir.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 174. Bd., 5. Abh.
4
\. Abhandlung: Wessely. Sahidisclie Papyrusfragmente etc.
B. Schrift gegen die Fasern, 1. Kolumne.
Titus 25 [MM]AlMey[ü)H
[pe] NCXBeeyo yxxb
[Np6]4T6CI)MXNX
[rxjeoceygyno
[TxcceNNey2]xi'
[xgkxc] Neyx [i] o y [x
[xn n] cgxx [e] m n wo [yT6
s [FjcgjHpeoNcgHH
[nxpx] kxxcTm
[Mooy] NTefaeep
[MN2] mt
Cf. yersionem boheiricam: MAldvIUJHpi • (B) HCÖ.&H CTTTOTT-
&hottt mpeqcepne ixotthi His.Od.eH eirfTho nss-tooir HHOTrpesi
Oihö. nicis2£_i uTe <p^ Hceatecrrd. epoq isn (6) ne.ipH^ on
m^eYujipi •ueaio.u.'f hwott eepoirepcö.fre (7).
B. Schrift gegen die Fasern, 2. Kolumne.
Titus 2io Nce2enx[xxy
XXXX6yoy[(DN2
gboxmmi [ctic
NlMGTNX[NOyC
X[6KXCnCXXG
Cf. versionem boheiricam: HCeoi HpeqS'lO'5‘1 es.« is'iVKd.
eiroiroHO e&oTV Mq>Hd.cr^ THpq eenisneir om& irre
tp^ nenccoTHp rtcece?V.cco7Vc äen owfc m&en.
*
+YW1538305