Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 172. Band, (Jahrgang 1913)

160 
VI. Abhandlung-: Gamillscheg. 
Sowohl diese wie die gegen die Regeln der Grammatik 
verstoßende Verwendung des Plusquamperfekts als Prät. Präsens 
hat aber wohl ihren Grund in der Doppelbedeutung der Per 
fektformen als historicum und präsentisches Perfekt. Letztere 
Funktion ist im Präteritum zwar implicite enthalten, aber nicht 
besonders ausgedrückt, während die erwähnten volkstümlichen 
Formeln die historische Funktion ausschließen, d. h. eindeutig 
werden. Ein Satz wie der erwähnte Capt. 304 (fortuna) me, 
qui Uber fueram, servom fecit, e summo infumum enthält in der 
Form fueram die Angabe des Zuständliclien, Abgeschlossenen, 
die man bei der Verwendung des Praet. fui erst aus dem Zu 
sammenhang entnehmen müßte. 
150. Diese Verwendung des Indikativs des Plusqu. als 
einer Verbalform der absoluten, relationslosen Vergangenheit ist 
im Grunde genommen dieselbe wie die der -ss-Formcn; vgl. 
§ 17. Indikativ und Konj. des Plusquamperfekts sind nicht mehr 
begrifflich, sondern nur mehr funktionell geschieden. Der In 
dikativ steht im Hauptsatz sowie einer Gruppe von innerlich 
unabhängigen Nebensätzen, so dem berichtenden Kausalsatz, 
Relativ- und Modalsatz; in einer anderen Gruppe von Sätzen 
konkurrieren beide Formengruppen, so im indirekten Fragesatz 
sowie den von Verben der innerlichen Wahrnehmung abhängigen 
Objekt- und Subjektsätzen. Endlich steht der -ss-Konjunktiv 
ganz unberechtigt im Temporal- und Konsekutivsatz, ferner in 
dem mit dem Konditionalsatz verwandten Konzessivsatz, wo in 
historischer Zeit begrifflich eine konjunktivische Form ebenso 
wenig berechtigt war wie in den übrigen innerlich unabhängigen 
Nebensätzen. 
In der vorklassischen und klassischen Periode konstatieren 
wir nun ein Ausbreiten der -s.s-Formen auf Kosten des Indika 
tivs des Plusquamperfekts. Die Folge davon war das voll 
ständige Fehlen dieser Form im Rumänischen. Auch im Veglio- 
tischen, das doch sonst die lateinischen Tempora mit einer 
einzig dastehenden Genauigkeit bewahrt hat, ist das Plusquam 
perfekt nicht zu finden, vgl. § 64. In diesem Vordringen der 
-ss-Formen auf Kosten der Formen des Ind. des Plusqu. ist wohl 
die Folge des Zuströmens einer nichtrömischen Bevölkerung 
zu sehen, die in der heimischen Sprache im Temporalsatz und 
Konsekutivsatz ebensowenig eine konjunktivische Zeit zu setzen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.