Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 134. Band, (Jahrgang 1896)

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48 HI- Abhandlung: Kuhnert. 
Dort hört’ ich wohl preisen der Pflaumen gar zeitige Blüthen, 
Wozu soll’n ihm nützen (die Boten) vom Frühlenz des Erdstrichs? 1 
Auf die Strasse zu Loyang von Tschu Koang-hi. 
Dem Haar’ gleich erstreckt sich gerade die königlich breite der Strassen, 
Dort gibt es am Frühlingstage balsamische Düfte die Menge, 
Fünf Gräbern zunächst sich tummeln die edelsten Söhne der Fürsten, 
Vom edelsteinschillernden Zaumzeug hallt doppelt ein Schellengeklingel. 2 
Die durchgeführte kritische Discussion hat nun klargestellt, 
was man unter Rhythmus .im Allgemeinen auf Grund des Sprach 
gebrauches zu verstehen hat und welches die charakteristischen 
und daher unerlässlichen Eigenschaften desselben sind. Sie hat 
ferner gezeigt, dass die Chinesen in ihrer Sprache genau das 
anwenden, was wir als Begriff mit dem Worte Rhythmus be 
zeichnen und dass für den Chinesen Stil und Rhythmus in dem 
selben, ja in noch weiterem Umfange als für unsere Sprachen 
sich decken. 
Beim Rhythmus im Chinesischen hat man nach dem Vor 
geführten drei Haupterscheinungsformen desselben zu unter 
scheiden. Die erste derselben ist der freiere Rhythmus in der 
Prosa, der durch die logischen Accente bedingt, infolge des 
hierauf begründeten schnelleren Hinwegeilens über einzelne Satz- 
tlieile und Perioden, der gewichtigeren Hervorhebung des ge 
danklich Wichtigen, der innigeren lautlichen Aneinanderreihung 
zweier oder mehrerer Worte zum Ausdruck eines Begriffes 
hervorgerufen wird und analog dem Numerus oratorius unserer 
Sprachen mehr von dem Sprechenden auf Grund seines Sprach 
gefühles herausgefunden werden muss als sich demselben auf 
drängt. 
Die zweite Erscheinungsform ist jene des strengen Rhyth 
mus in der Prosa, bei dem die rhythmischen Gebilde Rhythmus 
im engeren und weiteren Sinne zeigen, derselbe steht im innigen 
Zusammenhang mit der Satzconstruction, weil er durch diese 
1 Wörtlich: Zu Loyang' traf ich ein schriftstellerisches Talent, zu Kjang- 
ling war es ein Verbannter, icli höre sprechen von der Frühzeit der 
Pflaumenblütlien, zu was nützt dieses Erdstrichs Frühling? 
2 Wörtlich: Die königliche (Keichs-)Strasse ist wie ein Haar gerade, am 
Frühlingstage sind der heilsamen Lüfte viele, bei den fünf Grabhügeln 
sind die edlen Fiirstensölme, doppelt und doppelt klingt das edelstein 
geschmückte Zaumzeug.
	        
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