Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 118. Band, (Jahrgang 1889)

Beiträge zur Theorie der mathematischen Erkenntnis.?. 
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gehen, d. li. mindestens noch einen zweiten Schnittpunkt bilden 
(cf. Frischauf, Elem. d. Geom., Art. 66). Werden in einem 
beliebigen Strahlenbüschel irgend vier Strahlen a, b, c, d an 
genommen, so sind unter diesen zwei Paar getrennte Strahlen 
(Reye, Geom. d. Lage, p. 12). Zum Beweis, dass entgegen 
gesetzt liegende projectivische Punktreihen immer reelle Dop 
pelpunkte haben, verwendet Hankel (Projectivische Geom., 
3. Abschn., §. 5) folgendes Axiom: Zwei Punkte, von denen 
der eine von einem gegebenen Punkte A aus auf einer Geraden 
nach einer Seite ins Unendliche fortrückt, und der andere 
gleichzeitig aus der Unendlichkeit von derselben Seite her auf 
derselben Geraden bis zu einem gegebenen Punkte B sich be 
wegt, müssen sich einmal begegnen. Eine Reihe ganzer posi 
tiver Zahlen, welche mit n beginnt, und von denen jede folgende 
kleiner als die vorhergehende ist, kann höchstens n Zahlen 
enthalten. Das wichtige, selten hervorgehobene Axiom des 
Archimedes (Stolz, Allg. Arithm. I, p. 70), nämlich: ,Ist 
A> B, so gibt es ein Vielfaches von B, das grösser ist als A. 
Ja, wenn man mit der Forderung Locke’s, jeder Schritt 
des Beweises müsse evident sein, Ernst macht, so muss man, 
da man nur bei einem Urtheil von Evidenz reden kann, bei 
jedem Syllogismus ein Relationsurtheil über nothwendige Ver 
knüpfung oder über Unverträglichkeit einschieben (cf §. 10), 
welches, wenn der Syllogismus wirklich einfach ist, axiomatisch 
evident sein muss, da es sonst selbst wieder bewiesen werden 
müsste. Wenn man daher dieses Relationsurtheil für den 
Schlussact nothwendig hält, und wenn man die Anzahl der in 
der Mathematik beweisbaren Sätze für unbegrenzt hält, so 
würde daraus nothwendig folgen, dass für den Aufbau der 
Mathematik als Ganzes, d. h. zum Beweise der Gesammtheit 
aller je entdeckbaren Sätze auch unendlich viele Axiome noth 
wendig sind. 
§. 14. Die Wahrheit irgend eines mathematischen Rela- 
tionsurtheils hängt, wenn es nicht unmittelbar evident ist, im 
Allgemeinen von der Wahrheit anderer Relationsurtheile ab, 
diese wieder von der Wahrheit anderer. Es kann dies aber 
nicht so ins Unendliche fortgehen, sondern es müssen schliess 
lich Fundamentalurtheile verwendet werden, deren Wahrheit 
unmittelbar evident ist. Solche Fundamentalrelationen, die nicht
	        
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