Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 118. Band, (Jahrgang 1889)

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IX. Abhandlung: Zindler. 
bewiesen zu werden brauchen und auch nicht bewiesen werden 
können, wie wir, uns vorläufig dem üblichen Begriff des 
Axioms anschliessend, sagen können, heissen Axiome. 
Es ist ferner klar, dass die Mathematik, sowie sie nicht 
ins Unendliche fortbeweisen kann, auch nicht ins Unendliche 
fortdefiniren kann, sondern sich schliesslich auf undefinirte 
Begriffe stützen muss, die dem Hörer entweder sofort aus dem 
gewöhnlichen Sprachgebrauch schon klar sind, oder durch Um 
schreibungen, Beispiele, Synonyma und Warnungen, was man 
sich darunter nicht vorzustellen habe, aber jedenfalls ohne 
regelrechte Definition klar gemacht werden. Derartige Funda 
mentalbegriffe, z. B.: ganze Zahl, Abstand, Richtung, Flächen 
inhalt (cf. §. 4), Deckung, Gleichheit von Strecken (§. 5), sind 
für ein fortschreitendes System von Definitionen dasselbe, was 
die früheren Axiome für ein fortschreitendes System von Rela 
tionen sind. Man kann daher diese ,axiomatischen Begriffe' 
auch ,Axipme der Definition' nennen zum Unterschied von den 
früheren ,axiomatischen Relationsurtheilen' oder ,Axiomen der 
Relation'. 
Wenn wir den Begriff des Axioms jetzt so erweitern, 
dass überhaupt in jeder Classe mathematischer Aussagen alle 
letzten Grundlagen darunter verstanden werden, so sind damit 
die Arten von Axiomen noch nicht erschöpft. Es kommen 
elementare Operationen hinzu, die eo ipso als immer ausführ 
bar betrachtet werden, z. B. die Addition ganzer Zahlen, die 
Verlängerung einer Geraden. Kurz, wenn man das ,Berechnen' 
in den arithmetischen Disciplinen und das ihm analoge ,Con- 
struiren' in der Geometrie in seine letzten irreductiblen Schritte 
zerlegt, so stösst man auf derartige Fundamentaloperationen, 
die deshalb als ,Axiome der Operation' oder speciell in der 
Geometrie als ,Axiome der Construction“ oder ,axiomatische 
Constructionen' bezeichnet werden mögen. Es ist leicht zu 
sehen, dass die Forderungen (am$|xoija) Euklid’s zu ihnen ge 
hören, während die meisten Grundsätze Euklid’s Axiome der 
Relation sind. Nicht decken sich jedoch seine ,Erklärungen', 
die ebenfalls dem Beginne der Entwicklungen vorangestellt 
werden, mit den Axiomen der Definition. Denn jene Er 
klärungen sind eben Definitionen oder sollen meist vielmehr 
blos solche sein, während die Grundlagen der Definitionen bei
	        
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