Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 9. Band, (Jahrgang 1852)

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Georg Zappert. 
Germanus entgegen kommt und ihn um einen auferbaulichen Vortrag 
bittet, stellt er den Haselstock den er in Händen hat zur Seite, und als 
der h. Mann den Stab nach beendeter Rede wieder an sich nehmen 
will, sieht man zu aller Überraschung, dass er bereits Zweige und 
Blätter zu treiben begonnen hatte. Dieser Haselstock ist nun (S. XI.) 
zur grossen Staude gediehen, geniesst allgemeines Ansehen, und 
keiner wagt in dessen Umkreis sich Ungebührliches zu Schuld kom 
men zu lassen. Der Ort wird noch jetzt zum Stab des h. Germanus 
genannt. — Nach ihrem Hinscheiden ihnen aufs Grab gepflanzt, be 
ginnen solche Stäbe wieder zu grünen, blühen und Früchte zu 
tragen 8 ). 
Diese Beispiele belegen, dass nicht nur Personen der Laien-, 
sondern auch der geistlichen Welt sowohl des Morgen- 9 ) als 
Abendlandes sich auf Reisen der Gehstäbe bedienten. 
Die Redeweise: „nach dem Stabe greifen,” wird sich also in 
den meisten Fällen als gleichbedeutend mit: „sich auf den Weg 
machen 10 ),” „sich in Bewegung setzen” erweisen. Es dürften daher 
die Zeilen des wanderlustigen Walther’s y. d. Vogelweide: 
8 ) Per pagum Tullensem iter carpens — colurnam, quam forte manu gestabat, 
virgam humi defixit. Explicata praedicatione — ramusculos iam frondesque 
produxerat. Haec in eius testimonium sanctitatis in corylum roboris immensi 
convaluit, atque usque hodie ingenti ab omnibus cautela veneratur, ne aut 
ramum quis ex ea decerpere, aut indencens quidpiam sub illa, aut circa illam, 
audeat perpetrare. Is locus nunc quoque vulgariter, ad cambutam S. 
Germani, dicitur. S. Herici (S. XI) Vit. S. Germani A. S. S. Jul. 7, 257, f. 
Gleiches von einem Buchenstabe — Ecclesia secus arborem est eius 
insignis nomine; locusque idem. Ad fagum S. Germani, populariter 
nuncupatur. ibd. 258, a. 
Cum ergo vir Dei exiisset de corpore, secundum praeceptum eius sancti 
patres plantaverunt baculum eius super sepulcrum ipsius, et fronduit, 
accedenteque tempore protulit fructum. Rosweyd. Vit. patr. p. 500, 
cl. 2. cnf. Heriger (f 1007) Gest, episcop. Leod. ap. P. M. Germ. 9, 178, 
1. 34. cnf. Anmerk. 51. 
An solche Sagen knüpfen sich zuweilen Ortsnamen, cnf. Vit. S. Ke- 
nelmi. Auct. (c. S. XII—XIV) A. S. S. Jul. T. 4, 300, d. cnf. Anmerk. 16, 88. 
9 ) Sumpto itaque baculo et pera, ut illic cunctis viam ingredientibus mo- 
nachis moris est, ad civitatem nos suam — itineris dux ipse perduxit. 
Cassian (f p. 432) Collat. 11, c. 3, 397. edt. Lips. 1733. cnf. ibd. p. 11. 
10 ) Quo audito, senex B. Macarius exurgens arrepto baculo in designatam per- 
venit civitatem. Rosweyd. Vit. patr. p. 515, nr. 97. Quo audito, senex
	        
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