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B üdinger.
nehmen und sich um die Strategie für 422/1 zu bewerben. Ob
er sich nun gerade selbst das Commando in Thrakien gewünscht
und ausgesucht hat, 1 ist doch sehr zweifelhaft, und was neuer
lich mit Rücksicht auf seine thrakische Politik dafür geltend
gemacht worden ist, 2 wenig überzeugend.
Immerhin hat er nach Thukydides’ Relation, die auch
hier für Kleon’s Vertheidiger ganz unabhängig von des Autors
eigenem Urtheil gestaltet ist, bis fast zur Katastrophe mili
tärisch und diplomatisch seine Pflicht gethan. Er hat die ent
behrlichen Mannschaften des Belagerungscorps von Skione an
sich gezogen, in rühmlicher Weise Torone erobert und dort
zwei Siegeszeichen aufgestellt. 3 Dann hat er die entsprechen
den Vorbereitungen 4 zum Wiedergewinne von Amphipolis ge
troffen, zunächst militärisch durch Berennungen zweier an den
Eingängen des strymonischen Golfes gelegenen, von den Feinden
besetzten Plätze, von denen ihm die von Stageira im Westen
fehlschlug, von Galepsos im Osten gelang. Dann forderte er
den Makedonerkünig auf, sein vertragsmässiges Hilfscontingent
zu senden und liess, wohl auch in Erinnerung an die nütz
liche Verwendung leichter Truppen auf Sphakteria, Söldner bei
den Thrakern werben. So gedachte er nach einiger Zeit mit
überlegenen Kräften Brasidas anzugreifen.
Aber er war seiner eigenen, ihm persönlich abgeneigten
und nur ,widerwillig mit ihm ausgezogenen', dazu in Körper-
und Waffenhaltung schlecht gedrillten 5 Truppen nicht Herr.
Es ist denn doch der stärkste Vorwurf, der sich gegen seine
Feldherrenschaft erheben lässt, dass er sich von seinen Soldaten
,zwingen' liess, 11 gegen seine bessere Ueberzeugung aus seiner
sichern Garnison in Eion ins Feld zu rücken. Die Truppen
stellten für ihn wenig schmeichelhafte Vergleiche zwischen
ihrem und dem feindlichen Feldherrn an und rotteten sich
1 Grote VI, 239.
2 Gilbert 202. — ’AOrjvalous Tzeha; bei Thuk. V, 2 beweist natürlich nichts
für das Commando.
3 V, 2, 4.
4 Y, 6, 1 und 2.
5 V, 7, 2; 10, 5.
6 ^vayy.aaOrj V, 7, 1.