Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 95. Band, (Jahrgang 1879)

Voltaire-Studien. 
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Voltairo’s Theismus ist keine leere Zukunftshoffnung, 
sondern hat eine Vergangenheit und eine respectable Gegen 
wart. In seinem Sinne sollen die höheren Classen, insbesondere 
die Regierungen, denken und handeln. Den positiven Religionen 
soll nicht durch aggressive Gewaltmaassregeln Abbruch gethan 
werden; auch die Cabalenmacherei verschmäht Voltaire’s edler 
Sinn: die unbehinderte Wirkung auf die Geister allein be 
hält er dem Aufklärungsbekenntnisse vor. 1 Die Staatsgewalt 
ehez tous les honnetes gens le seul antidote dans ces maladies 5pi- 
demiques. (Art. Confession.) — La Superstition excita les orages et la 
Philosophie les apaise. (L’A, B, C; 16 mo entretien.) — L’intoldrance 
chretienne a seule cause ces horribles desastres; il faut donc que la 
tolerance les repare. (Paix perpetuelle, c. 4.) — II n’est d’autre remede 
ä cetto maladie epiddmique que l’esprit philosophique . . Les lois et la 
religion ne suffisent pas contre la peste des ämes. (Art. Fanatisme, 
S. II.) ■— II me semble qu’eux seuls (les philosophes) ont uu peu adouci 
les moeurs des hommes, et que sans eux nous aurions deux ou trois 
Saint-Barthelemy de sifecle en si&ele. (A Dalembert, 9. Nov. 1764.) 
1 Adorer Dieu; laisser ä chacun la libertä de le servir selon ses idees; 
aimer ses semblables, les eclairer s’il on peut, les plaindre s’ils sont 
dans l’erreur: . . voilä ma religion qui vaut mieux que tous vos systemes 
et tous vos symboles. (A M., 5. Jänner 1759.) — Ueber die Aufklärung 
der Massen vgl. Jusqu’ä quol point on doit tromper le peuple (1756). — 
Fragment d’une lettre de Bolingbroke (1761?): L’honnete homme sera 
vdritablement religieux en dcrasant la Superstition. Son exemple influera 
sur la populace. — Nous ne pretendons pas ddpouiller les pretres . . 
mais nous voudrions que ces pretres . . se joignissent k nous pour 
precher la vdrite. (Sermon des Cinquante, 3 me point.) — Traite sur la 
tolerance, c. 20. — Wie sich Voltaire zur Action der Aufklärungspartei 
verhält, geht vornehmlich aus seinem Briefwechsel mit Dalembert hervor. 
Voltaire war kein Gegner der Volksaufklärung, wie aus seinen Schriften 
klärlichst hervorgeht. Mit einzelnen Briefstellen, die er gelegentlich im 
Zorne niederschrieb, wird man dem nicht widersprechen können. So 
schreibt er einmal an Friedrich II.: ,La Canaille, qui n’est pas digne 
d’etre eclaire et ä laquelle tous les jougs sont propres“. Voltaire reflec- 
tirt denn da doch nur auf den thatsächlichen Zustand der Canaille, ohne 
die Pflicht der Volksaufklärung in Abrede zu stellen. Fiir die Dinge, 
wie sie lagen, war die Wirkung auf die Massen zu weit aussehend, zu 
problematisch in ihren Erfolgen. Er betrachtete die Organisation der 
erfahrenen Philosophenpartei "und die Aufklärung der ,honnetes gens“ als 
die zunächst erforderlichen Leistungen, damit sie der Menge als Stütze 
und Leitung dienen könnten. Jedenfalls würde man gut tlmn, sich 
seinen Voltaire immer genau anznsehen. So wandert z. B. der Satz: 
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