Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 93. Band, (Jahrgang 1879)

Beiträge zur Diplomatik VIT. 
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die Ergebnisse selbsteigener Forschung veröffentlicht hatte, hat 
er in der Verfassungsgeschichte mit Benutzung aller ein 
schlägigen Arbeiten die Entwicklung des Amts zu schildern 
gesucht. Die allmähliche Fortbildung desselben und die 
Organisation in ihren Phasen stehen da natürlich im Vorder 
gründe. Daneben hat allerdings auch die formale Behandlung 
der Geschäfte in einigen Bemerkungen Berücksichtigung ge 
funden, doch zu einer eigentlichen zusammenhängenden Dar 
stellung derselben hat es auch Waitz nicht bringen können, 
da ihm fast noch gar nicht vorgearbeitet war. Indem ich somit 
eine diesen Autoren nicht zur Last fallende Lücke in den be 
treffenden Abschnitten ihrer Werke constatire, bemerke ich 
zugleich, dass ihre und Anderer Arbeiten mir es wesentlich 
erleichtert haben, die Lücke auszufüllen. 
Die Kanzlei in ihrer eigentlichen Berufsarbeit zu beob 
achten, das war und ist noch heute Aufgabe derer, welche 
sich speciell mit den Diplomen als den Denkmälern der Thätig- 
keit der Kanzler und ihrer Untergebenen befassen. Und 
welchen Weg wir dabei einzuschlagen haben, das hat uns 
wiederum der Meister Mabillon gelehrt. Denn er zuerst ver 
suchte eine Geschichte des Amtes und der Amtstätigkeit zu 
schreiben und verwertete zu dem Behufe nicht allein die 
Namen und Titel in den Urkunden, sondern auch deren directe 
Aussagen über die Functionen und was sich aus den ver 
schiedenen Formen der Vollziehung der Diplome folgern lässt. 
Jede seiner Wahrnehmungen oder Bemerkungen über die iussio 
regis, über dictare, scribere, offerre, recoguoscere, subscribere, 
sigillare u. s. w. bekundet den angebornen und in langer 
Detailforschung entwickelten Scharfblick, und gelang es Ma 
billon trotzdem nicht, zu vollem Verständniss der Dinge vor 
zudringen, so hatte das seinen Grund lediglich darin, dass die 
wenigen ihm zu Gebote stehenden Daten noch nicht genügen 
konnten, die verschiedenen Phasen der Entwicklung und den 
Gang derselben durch viele Jahrhunderte hindurch erkennen 
zu lassen. Dann aber, als das Material reichlicher floss, wurde 
eine geraume Zeit der Vorgang Mabillon’s kaum beachtet und 
noch weniger nachgeahmt. 
So wollen wir Diplomatiker in Deutschland in seine Fuss- 
tapfen zu treten suchen. Sind wir doch mit der urkundlichen 
Silzungsber. d. phil.-liist. CI. XCIII. B'd. IV. Ilft. 42
	        
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