Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 90. Band, (Jahrgang 1878)

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Keller. 
per I maiusculum scriptum, est, quod fere vel eis vel es notat. 
Ceteri scripti habent sermonis. Ich' kenne die Handschriften 
nicht, in welchen das lange I durch ein I maiusculum be 
zeichnet wird. Dass da und dort ein grosses I bei sonstiger 
Minuskelschrift sich findet, ist ja bekannt. Aber seit wann 
wird es in den Handschriften zur Unterscheidung des langen I 
vom kurzen oder gar vollends zur Bezeichnung von e ver 
wendet? Und warum muss es nach Cruquius zur Bezeichnung 
von e dienen? Weil in c. III 8, 5 eben ein e nothwendig ist 
und also auch in den blandinischen Handschriften ein e über 
liefert sein muss. Das ist in der That eine Basis für die 
Horazkritik, diese blandinischen Handschriften und diese 
cruquischen Collationen und Fictionen: difficile est satiram non 
scribere! Und wie ist man über uns hergefallen, weil wir es 
einst wagten, gegen das Evangelium von Haupt und seinen 
Anhängern aufzutreten! Wahrhaftig, Th. Bergk hatte nicht 
Unrecht, wenn es auch vielleicht stark ausgedrückt war, wenn 
er sagte: ,Die Angaben des Cruquius über die von ihm be 
nützten Handschriften des Horaz beruhen zum Theil auf 
Fälschung: wie man darauf die Kritik des Dichters basieren 
kann, ist mir nie begreiflich erschienen. Mir fällt nicht ein, 
die Existenz jener Handschriften oder ihre Benützung durch 
Cruquius zu leugnen, sondern ich behaupte nur, dass man 
darauf nicht die Kritik im Horaz gründen dürfe, weil sich 
sowohl in den Angaben der Lesarten als auch in den Scholien 
bei Cruquius handgreifliche Fälschungen finden'. 1 
1 Ich habe im Vorstehenden eine Bemerkung mir zu wiederholen erlaubt, 
welche ich schon vor Jahren im Rheinischen Museum gelegentlich ver 
öffentlicht habe. Ich glaubte sie hier ergänzt und modificiert und doch 
wesentlich gleich der früheren Fassung wiederholen zu müssen, um nicht 
in den Verdacht zu fallen, als ob ich hier absichtlich an einer Haupt 
beweisstelle gegen die Zuverlässigkeit des Cruquius vorübergehe, weil 
ich von der Unrichtigkeit meiner alten Ansicht durch die verschiedenen 
Einwürfe, welche man mir gemacht hat, überzeugt sei. Allein jene Ein 
würfe, besonders von Zangemeister, betrafen nur Nebensachen, und nach 
dem ich alles wieder auf das reiflichste und gewiss ohne jede Partei 
lichkeit und unter Benützung eines grösseren Materials als damals er 
wogen habe, komme ich doch wieder auf jenen Standpunkt zurück, den 
ich damals einnahm, und manche der folgenden Bemerkungen werden 
eben dazu dienen, gleichfalls die Unsicherheit und Werthlosigkeit
	        
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