Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 88. Band, (Jahrgang 1877)

Die Idee des deutschen Erbreichs und die ersten Habsburger. 
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des Ptolomäus auch grösseres Vertrauen entgegen gebracht, 1 
und das, wie ich glaube, und hier darthun möchte, mit vollem 
Recht. 
Die Ereignisse der letzten Jahrzehnte vor dem Pontificat 
Nicolaus III. hatten die Ordnungen, auf denen bisher, theore 
tisch wenigstens, das Staatsleben des christlichen Abendlandes 
beruhte, auf das tiefste erschüttert. Das Kaiserthum, das früher 
riehen dem Papstthum als zweite Grundsäule der Universitas 
Christiana gegolten, war seit dreissig und mehr Jahren erledigt 
— wir finden wiederholt bei Geschichtsschreibern Italiens zu 
Ende des dreizehnten Jahrhunderts die Ueberzeugung ausge 
sprochen, dass das Kaiserthum mit Friedrich II. definitiv sein 
Ende erreicht habe. 2 Die alte Ordnung war vernichtet, ihre 
einfache Wiederherstellung durch die geänderten Verhältnisse 
erschwert, so dass wie von. selbst der Gedanke sich nahe legen 
konnte, die zerstörte alte Ordnung durch eine neue zu ersetzen. 
Einen Entwurf für eine solche neue Ordnung kennen 
wir. Ein Dominikaner, Humbertus de Romanis, hat denselben 
gemacht in einer Denkschrift, die er wie Andere, wie nament 
lich Bruno von Olmütz, bei Gelegenheit des Concils von Lyon 
auf Wunsch Gregor X. für den Papst ausgearbeitet hatte. 
Seine Vorschläge gingen dahin, Deutschland aus einem Wahl 
reich zu einem Erbreich zu machen, die deutsche Herrschaft 
in Italien zu beseitigen, und an deren Stelle hier einen oder 
zwei Könige treten zu lassen, die von den geistlichen Grossen 
und von den Städten zu wählen wären. Dem päpstlichen Stuhl 
1 So Lorenz deutsche Geschichte II, 286, der meint: ,wenn Nicolaus 
nicht selbst Urheber dieses politischen Projectes war, so ist es doch ganz 
gewiss in seiner Nähe entstanden 1 , und in der Erörterung über das 
Project viel Treffendes vorbringt. Eiickhaltsloser sprach sich für das 
von Ptolomäus Berichtete, als gewiss nicht aus der Luft gegriffen, aus 
Ficker Ueberreste des Reichsarchivs zu Pisa, S. A. S. 3ö Anm., und 
wieder Forschungen 1 II, 461. Ich selbst habe das Theilungsproject des 
Kaiserreichs ernst genommen und darüber gehandelt Ko pp Eeiclisge- 
schichte II, 3 S. 165 ff. 190 ff., ohne bei der Anlage des Kopp’schon 
Werks, die jedes ltaisonnemeut ausschloss, das Ganze da erschöpfen zu 
können. Inzwischen glaube ich einige neue für die Frage nicht un 
wichtige Gesichtspunkte aufgefunden zu haben. 
2 Ich verweise auf Salimbene, der diese Ansicht mehrfach ausspricht.
	        
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