Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 84. Band, (Jahrgang 1876)

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Maas 8 en. 
Altar gegen Altar aufrichte und auf diese Weise gegen Gott, 
die Kirche, die Bischöfe und die Gewalt des römischen Papstes 
sich vergehe. 
Die Glosse zu c. 7 der decreta Leonis papae (n. 1) end 
lich giebt nur mit andern Worten wieder, was im Text 
selbst gesagt ist. 
In diesen Aeusserungen ist nichts von einem Einfluss 
specifisch pseudoisidorischer Tendenzen wahrzunehmen; sie 
sind lediglich der Ausdruck einer auf die ächten Quellen und 
die thatsächlicheu Verhältnisse begründeten Rechtsanschauung. 
Direct beweisend gegen die Bekanntschaft mit den falschen 
Decretalen scheint mir aber eine Stelle zu sein, wo allgemein 
von den autoritativen Grundlagen des kirchlichen Lebens ge 
handelt wird. Ich meine den Schluss der Glosse zu c. 20 der 
decreta Coelestini papae (n. 1), der folgendermassen lautet: 
Omne enim, quod in aeclesia agitur, aut ex auctoritate scriptu- 
rarum canonicarum aut mysticis in Christo figuris mysteriorum 
aut usu apostolicae antiquitatis aut sanctorum illorum patrum 
fiele, quos constat Deum clarificasse in gloria aeternitatis suae. 
Das pseudoisidorische System würde hier noch die Anführung 
der römischen Kirche erforderlich machen, welche — so lautet 
in ähnlichem Zusammenhang die stehende Phrase — per Dei 
omnipotentis gratiam a tramite apostolicae traditionis nunquam 
errasse probabitur. 1 Wie ist daher das Schweigen der Glosse 
von der Autorität der römischen Kirche anders zu erklären 
als aus der Nichtkenntniss der falschen Briefe? Hätte es seinen 
Grund in einem bewussten Gegensatz gegen pseudoisidorische 
Doctrinen, so würde dieser an irgend einer Stelle doch auf 
positive Weise sich erkennbar machen, während wir eher um 
gekehrt einen Zug von innerer Verwandtschaft wahrnehmen. 
In der ganzen Glosse ist keine Spur der characteristi- 
schen Gebilde des grossen Impostor zu entdecken. Dass ohne 
die Zustimmung des Papstes keine Concilien berufen werden 
dürfen, dass kein Bischof anders als vom Papst abgesetzt, 
dass gewaltsam entsetzte Bischöfe vor geschehener Restitution 
nicht angeklagt werden können, von alledem findet sich nichts, 
1 So Pseudo-Lucius bei Hinsehius p. 179, Pseudo-Felix I. p. 205, Pseudo- 
Marcus p. 454.
	        
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