Abraham Ihn Esra’s Einleitung zu seinem Pentateucli-Commentar.
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Wissenschaften die Lehrsätze ohne Beweise in ihren Schriften
vor; ja Manche von ihnen kannten nicht einmal die Methode
der alten Gelehrten und ebensowenig den Ursprung der von
diesen citirten Sätze.'
Wie sehr Ihn Esra in seiner eigenen Exegese bestrebt
war, den letztem Vorwurf nicht auf sich zu lenken, beweist
eine Stelle in einem seiner ältesten Commentare, dem zu Ko-
heleth, woselbst er nach einer kurzen Darstellung der bekannten
Dreiseelentheorie sich folgendermassen vernehmen lässt: ,In
dessen ist diese Schrift nicht der geeignete Ort, um über die
tiefen Geheimnisse der Seelenlehre zu sprechen. Die Wahrheit
über dieselben erlangt der Einsichtige erst nach dem Lesen
vieler Bücher. Und wäre ich nicht genöthigt gewesen, zum
Zwecke der Schrifterklärung von den verschiedenen Theilen
der Seele zu sprechen, so hätte ich weder im Allgemeinen,
noch im Speciellen darauf hingewiesen'. 1 Mit diesen Worten
gibt Ibn Esra ein für alle Male eine Rechtfertigung aller Stellen
in seinen exegetischen Schriften, an denen er scheinbar die
perhorrescirte Manier der Geonim sich selbst zu Schulden
kommen lässt. Ihm dienen die Anführungen aus anderen
Wissenschaften nur als Mittel zum Zwecke des tiefern Bibel
verständnisses, während die weitläufigen gelehrten Episoden in
den gaonäischen Commentaren nur ganz lose und äusserlich
mit den betreffenden Schriftstellen Zusammenhängen.
Was nun das Urtheil Ibn Esra’s über diese Seite der
gaonäischen Exegese betrifft, so fehlen die Mittel, uns durch
Autopsie von der Richtigkeit derselben zu überzeugen. Die
Commentare, aus denen er die Beispiele für seine Behauptung
anführt, sind ein Raub der Zeit geworden. Die zwei Bücher,
welche — nach Ibn Esra — der gelehrte Arzt und Philosoph
1 Es ist bemerkenswert!;, dass Ibn Esra die angeführte Stelle — zu Koh.
7, 3 — mit den Worten beginnt: ni'KTI , 03n 11(0 ”03, gewissermassen
um damit anzudeuten, dass die von ihm zu erwähnenden Sätze auf
wissenschaftlicher Beweisführung beruhen. Sonst bezeichnet er in der
gleichen Fällen seine Gewährsmänner nach den betreffenden Wissen
schaften (nnon '»an Exod. 23, 20; jnwrtm nnan ’ü’jn Kohel. 1, 5;
nniatn '»an Exod. 20,4; nrpsen '»an, Eini. und Gen. 1,16; nnbinn 'rr
und rvteinn TI Exod. 18, 13) oder nach ihrer Nationalität (|V ’ÖSPI Levit,
12, 2; Gen. 1, 31; Hin ’ÖSn Exod. 19, 9; Levit. 25, 9),