Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 81. Band, (Jahrgang 1875)

Abraham Ihn Esra’s Einleitung zu seinem Pentateucli-Commentar. 
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Wissenschaften die Lehrsätze ohne Beweise in ihren Schriften 
vor; ja Manche von ihnen kannten nicht einmal die Methode 
der alten Gelehrten und ebensowenig den Ursprung der von 
diesen citirten Sätze.' 
Wie sehr Ihn Esra in seiner eigenen Exegese bestrebt 
war, den letztem Vorwurf nicht auf sich zu lenken, beweist 
eine Stelle in einem seiner ältesten Commentare, dem zu Ko- 
heleth, woselbst er nach einer kurzen Darstellung der bekannten 
Dreiseelentheorie sich folgendermassen vernehmen lässt: ,In 
dessen ist diese Schrift nicht der geeignete Ort, um über die 
tiefen Geheimnisse der Seelenlehre zu sprechen. Die Wahrheit 
über dieselben erlangt der Einsichtige erst nach dem Lesen 
vieler Bücher. Und wäre ich nicht genöthigt gewesen, zum 
Zwecke der Schrifterklärung von den verschiedenen Theilen 
der Seele zu sprechen, so hätte ich weder im Allgemeinen, 
noch im Speciellen darauf hingewiesen'. 1 Mit diesen Worten 
gibt Ibn Esra ein für alle Male eine Rechtfertigung aller Stellen 
in seinen exegetischen Schriften, an denen er scheinbar die 
perhorrescirte Manier der Geonim sich selbst zu Schulden 
kommen lässt. Ihm dienen die Anführungen aus anderen 
Wissenschaften nur als Mittel zum Zwecke des tiefern Bibel 
verständnisses, während die weitläufigen gelehrten Episoden in 
den gaonäischen Commentaren nur ganz lose und äusserlich 
mit den betreffenden Schriftstellen Zusammenhängen. 
Was nun das Urtheil Ibn Esra’s über diese Seite der 
gaonäischen Exegese betrifft, so fehlen die Mittel, uns durch 
Autopsie von der Richtigkeit derselben zu überzeugen. Die 
Commentare, aus denen er die Beispiele für seine Behauptung 
anführt, sind ein Raub der Zeit geworden. Die zwei Bücher, 
welche — nach Ibn Esra — der gelehrte Arzt und Philosoph 
1 Es ist bemerkenswert!;, dass Ibn Esra die angeführte Stelle — zu Koh. 
7, 3 — mit den Worten beginnt: ni'KTI , 03n 11(0 ”03, gewissermassen 
um damit anzudeuten, dass die von ihm zu erwähnenden Sätze auf 
wissenschaftlicher Beweisführung beruhen. Sonst bezeichnet er in der 
gleichen Fällen seine Gewährsmänner nach den betreffenden Wissen 
schaften (nnon '»an Exod. 23, 20; jnwrtm nnan ’ü’jn Kohel. 1, 5; 
nniatn '»an Exod. 20,4; nrpsen '»an, Eini. und Gen. 1,16; nnbinn 'rr 
und rvteinn TI Exod. 18, 13) oder nach ihrer Nationalität (|V ’ÖSPI Levit, 
12, 2; Gen. 1, 31; Hin ’ÖSn Exod. 19, 9; Levit. 25, 9),
	        
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