Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 71. Band, (Jahrgang 1872)

Ueljer das md. Arzneibuch des Meisters Bartholomaeus. 
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Tegernseer Arzneibuch im Anfänge selbst methodisch ge 
ordnet; nach der Vorrede kommt die Lehre vom Harne, für 
die Aerzte jener Zeiten so besonders wichtig; hierauf folgt eine 
Gynäkologie, und im übrigen Texte selbst sind zusammen 
gehörige Gruppen leicht zu beobachten. 
Dadurch, dass er die übrigen ihm bekannten Hss., die 
freilich nur die wenigsten der vorhandenen sind, unbesehen 
zur Seite schob, hat er sogar an vielen Stellen nur Unsinn zu 
Tage gefördert, z. B. S. 128, 25 lässt er drucken: ,Hat daz 
harn ein dicken chreiz al umbe in dem glase, so ist daz houbet 
tapher unde swaere siech/ Mehr als eine der Hss., die wir 
nachher werden vor Augen bekommen, lesen hier ,tamphec' 
oder ,templiec' und jeder sieht, dass nur dies einen Sinn ge 
währt. Ferner steht S. 144, 33: ,Sweme aver sus turlem in 
den oren oder we sh, welches ,turlem' der Herausgeber im 
Glossar S. 191 nicht zu erklären vermag. Sehr begreiflich! 
Es muss mit den meisten anderen Hss. ,turlent' gelesen werden. 1 
Die Stelle S. 149, 29 ,nim meischez smalz' erläutert er im 
Glossar S. 180 ,meisch, in heiszem Wasser umgerührtes Malz' 
und bemerkt ,das adj. ist unbelegt und auffallend/ Ich glaube 
das gerne, doch nur in der Bedeutung, die ihm Fr. Pfeiffer 
giebt. Richtig haben es schon H. Hoffmann und W. Wacker 
nagel eben aus der Breslauer Hs. des Arzneibuches in 
ihrem Glossar Fundgruben I. 383 erklärt ,meigesch adj. meische 
puter Maibutter/ 
Doch genug! Aus dem was hier bereits beigebracht ist 
und im Verlaufe dargelegt werden soll, wird jedem einleuchten, 
dass die deutschen Arzneibücher des Mittelalters trotz oder 
vielmehr durch Fr. Pfeiffer im Argen liegen, oder richtiger 
im Staub der Bibliotheken vergraben sind. 
Wer schon gesehen hat, welches unbestrittenen Ansehens 
sich gerade diese Arzneibücher bei den Gennanisten erfreuen, 
wird sich über die folgende Stelle in W. Wackernagels 
Literaturgeschichte auch nicht mehr verwundern. Dieselbe 
steht S. 341—342 zu lesen und ich füge sie hier mit den 
Noten ein, da ich oft werde auf sie zurückweisen müssen. 
1 Die Wiener Hs. 3217 liest: Swem aber sust we sei in den oren oder 
daz im tuermel drinne . . In anderen Wiener Hss. ein adj. türmel.
	        
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