Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 64. Band, (Jahrgang 1870)

Asch h a c h 
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Auch nach dem Sturze des weströmischen Kaiserreiches bewahr 
ten sie noch ihre Macht und ihr Ansehen: sie vertrugen sich mit den 
in Italien herrschenden germanischen Königen wie auch mit den by 
zantinischen Kaisern. Indem es dem Ehrgeiz und der Eitelkeit der 
Vandalen- und Gothenkönige nicht wenig schmeichelte mit den Arn- 
ciern durch Heirath in Verwandtschaft zu stehen, legten Kaiser in 
Constantinopel sich den Anieischen Namen bei, gleichsam um anzu 
deuten, als wären sie aus der illustren Familie entsprossen. In jener 
Zeit war es auch, wo Abkömmlinge aus diesem Geschleckte die höch 
ste geistliche Würde im Abendlande, das römische Pontificat, beklei 
deten. — Die Anicier entbehrten auch nicht des Hutes und des 
Glanzes auf litterarischem Gebiete, in einem Zeitalter, wo die Wissen 
schaften und Künste sichtbar dem Verfalle zueilten: ihrer Familie ge 
hörten an der fromme Sänger Paulinus, Bischof von Nola, der 
berühmte Philosoph Boethius, ‘die römische Dichterin Faltonia Proba: 
es waren schriftstellerische Notabilitäten, welche durch die Bewah 
rung von mancherlei Reminiscenzen aus dem classisehen Alterthum 
nicht ohne Einfluß blieben auf gewisse geistige Richtungen im Mittel- 
alter. 
Der neueste Erforscher der Geschichte der Stadt Rom in der 
Kaiserzeit und im Mittelalter, welcher die historische Bedeutsamkeit 
des Anieischen Geschlechtes wohl erkannt hat, beklagt, dass dessen 
Geschichte noch sehr im Argen liege. Dieselbe aufzuklären, soweit 
es die spärlichen und fragmentarischen Nachrichten gestatten, dürfte 
nicht ein überflüssiger Versuch sein, jedenfalls dazu einen Beitrag lie 
fern, einige noch nicht ganz aufgehellte Punkte in der römischen Ge 
schichte näher zu beleuchten. 
Früheste Nachrichten über die Anicier in den Zeiten 
der Republik. 
Der erste nachweisbare Anicier, der als Ahne des Anieischen Ge 
schlechtes in Rom zu betrachten ist, war Q. Anicius Gallus, dem 
auch der Beiname Praeuestinus gegeben wird, weil er aus dem 
latinischen Municipium Praeheste stammte. <) Diese Stadt, an deren 
*) ln Praeneste wurde eine Anzahl Inschriften mit dein Namen der Anicier gefunden. 
Mominsen Inscr. lat. antiquiss. p. 28 11. n. 73 — 77. Der Name wird in Inschriften 
auch Anitius und Anicio geschrieben.
	        
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