Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 38. Band, (Jahrgang 1861)

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A. G i n d el y, Zur Geschichte der Einwirkung Spaniens auf die 
gewann und die neutralen Cardinäle denselben Impulsen folgten, 
von denen die Päpste geleitet waren. So oft irgend ein Papst von 
demselben feurigen Eifer geleitet, wie Paul IV. (CarafFa 1555 bis 
1559) erklären mochte, dass die Befreiung Italiens eine heilige 
Sache sei, so oft erzitterte die spanische Herrschaft in den Grund 
vesten. 
Die inneren Zwistigkeiten, welche in Frankreich unter den 
letzten Königen aus dem Hause Valois ausbrachen und welche 
zuletzt zur Herrschaft eines protestantischen Königs in der Person 
Heinrich’s IV. zu führen schienen, liessen mit einem Male Spanien 
als die einzige Stütze des Katholicismus erscheinen und schon 
unter dem klugen Sixtus V. begann Philipp II. in Rom einen so 
übermächtigen Einfluss zu gewinnen, dass er mit Recht hoffen 
konnte, die künftige Papstwahl nach seinem Willen zu leiten. Dies 
war um so nothwendiger, als er die Zwistigkeiten in Frankreich 
dazu ausnützte, um auf den Thron mit Hilfe der katholischen Liga 
seine eigene Familie zu bringen; seine Macht war jedoch nicht 
ausreichend hiezu, wenn nicht der Papst sich ihm mit allen geist 
lichen und weltlichen Waffen auf das innigste verband. Schon 
Sixtus V. that viel für ihn, lange aber nicht so viel, als er verlangte 
und als es nöthig erschien. Als Sixtus starb, hing es von der 
Persönlichkeit des neu zu wählenden Papstes ab, ob Frankreich in 
das Netz spanischer Politik werde hineingezogen werden oder ob es 
seine Selbstständigkeit behaupten werde. 
Im Cardinaiscollegium standen sich bei der Wahl nur zwei 
Parteien gegenüber, die spanische und die des Cardinais Montalto, 
des Neffen Sixtus’ V. Es ist bekannt, dass im XVI. Jahrhundert 
der Nepotismus im Kirchenstaat immer noch fortwucherte. Regel 
mässig hing die Ausspendung aller Gnaden eines Papstes von einem 
seiner Neffen ab, die er mit dem Purpur bekleidet hatte, namentlich 
war die Ernennung der Cardinäle so sehr Werk dieses Nipoten, 
dass bei der Sedisvacanz sich sämmtliche Cardinäle des letzten 
Papstes um ihn schaarten, um der folgenden Wahl einen ihren 
Interessen zusagenden Ausschlag zu geben. Diejenigen Cardinäle, 
die ihre Ernennung früheren Päpsten dankten und nicht im Solde 
einer der katholischen Mächte standen, bildeten die neutrale Partei, 
die jedoch in der Regel so klein war, dass sie nicht den Ausschlag 
geben konnte, wenngleich regelmässig die Päpste aus ihrer Mitte
	        
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