Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 2. Band, (Jahrgang 1849)

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das man mit Wahrheit ein Naturrecht neunen darf, — die 
Grundlage, die Wurzel des bürgerlichen Verkehrs und Ver 
bandes. „Jedem das Seine!” so lautet der Spruch des Urrech- 
tes, — aus dem Munde der Natur. 
Philosophen, welche geschichtlich auf die Spur der Ein 
richtung zu kommen hofften, die sich zum gemeinschaftlichen 
Lehen der Menschen auf der Erde gebildet hat, gingen von der 
Annahme eines Urvertrages aus. Die Geschichte bietet kein 
Mittel an, eine solche Annahme irgend nachzuweisen, zu be 
kräftigen oder auch nur zu unterstützen; sie lässt nirgends 
eine Spur wahrnehmen, die auf eine solche Verabredung zwi 
schen den Menschen hindeuten könnte; im Gegentheile, sie 
bildet jetzt noch, unter unsern Augen, möchte man sagen, — 
Urstaaten ohne Vertrag. Ein Urvertrag müsste auf ein Wort 
halten hin abgeschlossen worden sein; woher denn der Rechts 
anspruch, das Wort zu halten, — vor der Entstehung eines 
Rechtsbegriffes? woher die Pflicht, den Vertrag zu halten, 
ohne welchen alle aus ihm hervorgegangenen Pflichten null 
und nichtig sind? mit einem Worte: was machte diesen Vertrag 
zu einem gültigen? Diese Frage hätte der Vertheidiger des 
Urvertrags zu beantworten. 
Philosophen, welche es vorziehen, theoretisch zu verfahren, 
hegen eine andere Vorstellung von dem, was auch sie Ur 
vertrag nennen; — eine Vorstellung, die mit den natürlichen 
Verhältnissen weit mehr zusammen zu stimmen scheint. Sic 
versichern nämlich, keinen zeitlichen, geschichtlichen, keinen 
mit Worten ausgesprochenen Vertrag im Auge zu haben; — 
sondern die durch die Vernunft nothwendig vorauszusetzendc 
innerliche Uebereinstimmung des Bedürfnisses und des Willens 
der Einzelnen; gleichsam ein der Gesellschaft innewohnendes, 
unbewusstes Gesetz, — von welchem der positive Vertrag 
nur das Abbild, die Verwirklichung nach Aussen darstelle. Sie 
hätten sich übrigens diesen Umweg durch ein Gleichniss er 
sparen können, wenn sie das Verhältniss eines aus natürlichen 
Gegensätzen sich ergebenden Gleichgewichtes gleich unmittel 
bar in den Vorgängen der Natur vorausgesetzt hätten? 
Also: Schutzrecht für Arbeit und ihre Frucht! über seinen 
Ursprung, seine natürliche Begründung sollte kein Zweifel
	        
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