Wilhelm von Schröder.
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Orte untergraben; sollen die Untertanen nicht zugrunde gehen,
dann darf der Monarch die Quellen seiner Einnahmen nur dort
suchen, wo reiche Mittel in ausgedehntem Maße vorhanden
sind. Ich meine, diese Gedanken lassen sich etwa folgender
maßen fassen: Der Staat, den für Schröder der Fürst reprä
sentiert, hat neben der Pflicht der Selbsterhaltung eine Reihe
hoher Aufgaben zu erfüllen und muß sich die Sachgüter zur
Erreichung des Staatszweckes, die Staatsnotwendigkeiten, ver
schaffen; gegenwärtig ist das arme Volle durch viel zu harte
Abgaben bedrückt, nur eine gerechte Verteilung der Staats
lasten, eine Erleichterung der niederen, eine bedeutend stärkere
Heranziehung der gutsituierten höheren sozialen Schichten kann
der Erfüllung des göttlichen Willens näher kommen und den
Bedürfnissen des Fürsten und des Volkes gerecht werden.
Wird man nun die Beispiele vom Hausvater, der seinen
Acker düngen und pflügen muß, um zu ernten, der die Teiche
mit Brut besetzen muß, um fischen zu können, und der das
Vieh mästen, die Kühe futtern muß, um schlachten zu können
und Milch zu erhalten, noch als ,rein fiskalisch 11 ansehen und
wird man nicht sie sowie den Titel des Werkes ,Fürstliche
Schatz- und Rentkammer' vielmehr aus der Staatslehre Schrö
ders erklären, die eben dem ‘Fürsten die Staatspersönlichkeit
und damit auch die Rechte und Aufgaben derselben zuschreibt?
Jene Vergleiche sind doch wohl vielmehr nur ein Beweis dafür,
daß wir dem Schröderschen Staate neben dem Beinamen des
theokratischen noch eine zweite Bezeichnung heilegen müssen,
die des patriarchalischen. 2
1 Roscher, a. a. 0.; vgl. auch z. B. H. Rizzi, Das österreichische Gewerbe
im Zeitalter des Merkantilismus, Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozial
politik und Verwaltung, 12. Bd., S. 76: ,Schröder war durch und durch
Fiskalist 1 ; ferner M. Adler, Die Anfänge der merkantilistischen Gewerbe
politik in Österreich (Wiener staatswissenschaftl. Studien, IV./3.), S. 42:
,Schröder behandelt die ökonomischen Angelegenheiten des Landes vom
rein fiskalischen Standpunkte 1 .
2 Viel zutreffender als das Urteil Roschers ist das Adolf Wagners (Finanz
wissenschaft, 1. Bd., 3. Auf!., Leipzig 1883, im Lehr- und Handbuch der
politischen Ökonomie, herausg. v. Ad. Wagner, 4. Abt., 1. Bd., S. 34 f: ,In
vieler Beziehung ein Zerrbild der patriarchalischen Auffassung der Volks
wirtschaft und des Finanzwesens erscheint in Schröders Schatz- und
Rentkammer. Dennoch ist mehr die Ausdrucksweise als die Volkswirt-