Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 95. Band, (Jahrgang 1879)

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M ay i‘. 
beurtheilt/ 1 So stellt er auch in der Vorrede zu seinem Essai 
dem Bischöfe das Zeugniss aus, dass er in der von ihm be 
handelten Partie der Universalgeschichte deren wahrhaften 
Geist erfasst habe, mindestens dort, wo er vom Römerreiche 
spreche. 2 
Nächst Bossuet achtet er am meisten Fleury, den Kirchen 
historiker. Seine Einleitung könnte man für das Werk eines 
Philosophen halten, seine eigentliche Geschichte allerdings 
nicht, obwohl sie die beste sei, die jemals geschrieben worden. 3 
Von Daniel dagegen, dem Jesuiten und Historiographen Frank 
reichs, weiss er fast gar nichts Gutes zu sagen. ,Man wirft 
ihm vor', sagt er, ,dass seine Diction nicht immer rein, sein 
Stil allzu kraftlos sei, dass er nicht zu interessiren, nicht 
darzustellen wisse, dass er die Gebräuche, Sitten, Gesetze 
nicht ausreichend kennen lehre; dass seine Geschichte nur 
Details über kriegerische Operationen enthalte, bezüglich deren 
ein Historiker seines Standes fast immer irre . . . Graf 
Boulainvilliers sagt, man könne Daniel zehntausend Irr- 
thümer nachrechnen; das ist viel; jedoch hat es mit diesen 
Irrthümern glücklicher Weise eben so wenig auf sich, als mit 
den Wahrheiten, die er hätte an deren Stelle setzen können . . 
Sein Hauptfehler ist, dass er von den Rechten der Nation nichts 
gewusst oder über dieselben absichtlich geschwiegen hat. So 
hat er die berühmten Reichsstände von 1355 völlig bei 
Seite gelassen. Von den Päpsten, und zumal dem grossen und 
guten König Heinrich IV., redet er nur als Jesuit; 1 erbesitzt 
1 Siede de Louis XIV, c. 32. 
2 Seine Kritiklosigkeit wirft Voltaire dem Bischöfe oftmals vor, z. B.: 
Defense de mon oncle, c. 9; aber eben nur hinsichtlich des Einzelnen. 
Eine schwerere Anklage findet sich in einem Briefe an d’Olivet: ,en 
France on ne j^eut pas la (la v6rit6) dire. Bossuet a raenti avec une 
eleganc.e et une force admirables. (6. Jänner 1736.) 
3 Siede de Louis XIV. Liste raisonnee s. v. Fleury. — Pyrrhonisme de 
l’hist., c. 3. 
4 Un liomme qui ne saurait pas que Daniel est un jesuite, le prendrait pour 
un sergent de bataille. Cet homme ne vous parle jamai que d’aile droite et 
d’aile gauclie. On retrouve enfin le jesuite quant il est ä Henri IV et 
c’est encore bien pis. (A Formont, 19. Juni 1755.) La marquise clierchait 
daus Daniel l’histoire du grand Henri IV et eile y trouvait celle du jesuite 
Coton. (Remarques I.) — Vgl. Lettre ä M. Du Deftänd, 18. Aug. 1761.
	        
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