Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 90. Band, (Jahrgang 1878)

Deutsche Studien. 
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Jahres datirt. Den Fürsten von Anhalt gegenüber, welche die Re 
formation in Dessau eiDgefiihrt hatten, vergleicht er die Tyrannei, 
unter der das göttliche Wort jetzt leide, mit der Tyrannei des 
Holofernes; aber er meint, ,der liebe Gott werde den Gotlosen 
Holofernem, durch seine liebe Judith, durch jr bekentnis, ehe 
man es meinet, einmal stürtzen vnd vmbbringen'. Prolog und 
Epilog schärfen Glauben und Vertrauen auf Gott ein. Das 
Wort Gottes sei jetzt sehr verbreitet: 
Man schreibts, man lists, man singts vns für 
Man sihts gemalt an jdermans thür, 
Es wird gepredigt vberall 
Man spilts vns auch für zum offtermal 
aber das Alles helfe nichts. Wir seien so ungläubig wie Türken 
oder Heiden. Gott werde das auf die Länge nicht dulden, es 
wird uns wie dem Holofernes ergehen. 
Diese Judith ist die älteste mir bekannte dramatische 
Behandlung des Stoffes, schwerlich die erste. Vgl. Sixt Birck 
1539 (lateinisch Dramata sacra, Basil. 1547, Bd. 2 S. 207), 
woraus mit Erweiterungen ein anonymes Stück, Strassb. 1564, 
hervorgegangen; Hans Sachs 1551 (Keller 6, 56); Schonaeus 
Terent. Christ. (Amstelod. 1646) 1, 296; Martinas Bohemus 
1618; unbekannt ist mir Sam. Hebel 1566 (Goedeke S. 335 
Nr. 385). 
Der Stoff hat die selbstschaffende Phantasie wenig an 
geregt. Alle wesentlichen Uebereinstimmungen gehen auf die 
Bibel zurück; nur ein paar Scenen zeichnen sich aus und 
scheinen typisch: wie Achior angebunden wird und das Gelage 
vor Plolofernes’ Ermordung. 
Die Anbindung und Losbindung Achiors stellen Alle, 
ausser Hans Sachs, etwas breiter dar; näher verwandt zeigen 
sich dabei Schonaeus und Bohemus (Schon. I. 3. 4. S. 304; 
Boh. I. 4. S. 20). Bei Greff (I. 3. II. 1) ist sie recht lebendig 
ausgeführt; freilich dreht sich der Dialog der beiden Wächter 
um die Frage, ob dem Gefangenen die Hände hinten oder vorn 
gebunden werden sollen und ob die Stricke fest halten. Dann 
aber, nachdem sie geflohen sind, werden uns in Bethulia Nathan 
und Joach als Gegensätze vorgestellt: jener ist besorgt, dieser 
getrost; jener fürchtet die Absperrung der Brunnen, dieser würde
	        
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