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Werner.
(frig'us interuperatum excellens) zur Erzeugung von Reif und
Schnee. Reif und Schnee werden aus warmen Dünsten ge
bildet, jedoch mit dem Unterschiede, dass im Reife der Dunst
gefriert, ehe er zu einer Wolke sich verdichten konnte, wäh
rend der Schnee aus Wolken sich bildet; da ferner der Reif
durch plötzliche Austreibung der Wärme aus der Dunstmasse
entsteht, so ist er hart gefroren, während der Schnee unter
allmäliger Verdrängung der Wärme aus warmen Wolken
sich bildet, und demzufolge weich ist und auch der Wärme
nicht völlig entbehrt. Die causa materialis des Regens sind
kalte Wolken, die causa materialis des Thaues ein Dunst von
gemässigter mittlerer Temperatur. Der Hagel bildet sich durch
Infrigidation wärmster Wolken; da diese ihrer Natur nach am
höchsten steigen, so muss der Hagel sich hoch über der Erde
bilden. Da jedoch wärmste Dünste auch in tieferen Luft
räumen einer plötzlichen Infrigidation ausgesetzt sein können,
so ist Aristoteles nicht im Widerspruch mit sich selbst, wenn
er an zwei verschiedenen Stellen seiner Meteora zwei verschie
dene Entstehungsorte des Hagels, einmal hoch oben in der
Luft, das andere Mal in der Nähe der Erde angibt.
Mit der Erklärung der Ursachen des Regens verbindet
Wilhelm Erörterungen über das Phänomen des Regenbogens.
Wir linden hier neuerdings die bereits wiederholt aufgestossene
Wahrnehmung bestätigt, dass, während Beda auf Plinius sich
stützt, 1 Wilhelm aus Seneca sich Raths erholt. Aus Seneca
Quaestt. Nat. I, 3 ff. kennt er den Streit, der sich darauf be
zieht, ob das Farbenbild des Regenbogens auf einer wirklichen
Färbung der von der Sonne beglänztcn Wolken beruhe, oder bloss
ein unserem Auge vielfarbig erscheinendes Reflexbild der Sonne
1 Bei Beda lautet die Erklärung des Regenbogens: Arcus in aere quadri-
color ex sole adverso nubibusque formatur, dum radius solis immissus
cavae nubi repulsa acie in solem refringitur (Nat. Rer., c. 31). Man
vergleiche damit Plinii Hist. Nat. TT, 59, 60: Manifestum est radium solis
immissum cavae nubi repulsa acie in solem refringi colorumque vaiietatem
mixtura nubium, ignium aeris fieri. Wenn Beda seinen vorstehend
angeführten Worten noch den Beisatz anfiigt: instar cerae, imaginem
annuli reddentis — so ist für dieses Bild auf Isidor. Nat. Rer. c. 31
zurückzuverweisen, woselbst es als Citat aus den clementinischen Re-
cognitionen (Recogn. VIII, 42) erscheint.