Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 72. Band, (Jahrgang 1872)

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aus einer dialogisch abgefassten, mehr populär gehaltenen und 
für ein grösseres Publicum bestimmten Schrift des Aristoteles. 
Es ist einleuchtend, welches Gewicht für die Entscheidung der 
Controverse über die exoterisehen Reden es haben müsse, wenn 
der Nachweis, dass hier Citat und noch erkennbare dialogische 
Form auf Einem Punkt vereinigt seien, als gelungen zu be 
trachten ist. Allein wiederholte Prüfung, zu welcher Bernays’ 
überaus sinnreiche und anziehende Ausführung wie von selbst 
einlud, hat allmählich trotz der bestechenden und gewinnenden 
Art, mit der er seine Sache zu führen weiss, gegen diese Auf 
fassung des Capitels überhaupt sowie gegen die Behandlung 
einiger Einzelteilen desselben Bedenken angeregt, deren un 
befangene Darlegung vielleicht auch dazu beitragen wird, die 
Aufmerksamkeit der Gelehrten auf die immer noch nicht all 
seitiger und völlig befriedigender Erledigung zugeführte Frage 
über den Sinn der exoterischen Reden von Neuem zu lenken. 
In die verschiedenen Gänge dieser vielverzweigten Controverse 
selbst einzudringen ist nicht die Absicht dieses Aufsatzes, der 
sich nicht über die hermeneutische Behandlung jenes einen 
Capitels hinaus erstrecken wird, und da der Verfasser mit 
Bernays' kunstreicher Darstellung zu wetteifern weder den 
Wunsch noch das Vermögen besitzt, so sollen in paraphrasi- 
rendern Anschluss an den Text des Aristoteles die gram 
matischen, kritischen, exegetischen Fragen, wie sie sich bieten, 
mehr in der Form eines Commentars zu einem begrenzten 
Abschnitt einer Aristotelischen Schrift der Besprechung unter 
zogen werden. 
Aristoteles geht davon aus, dass die Untersuchung der 
besten Staatsverfassung voraussetze die Beantwortung der Frage 
nach dem besten d. h. wünschenswerthesten Leben: denn jene 
könne nicht gefunden werden ohne dieses, da man ja von dem 
besten Staat mit Recht erwarte, dass es den Menschen, die 
darin leben, auch am besten gehe. Zwei Fragen seien also 
vor allem zu beantworten, welches der für alle Menschen 
wünschenswertheste Zustand des Lebens sei, und zweitens, ob 
dieser für Einzelne und für Gesammtheiten ein und derselbe 
oder ein verschiedener sei:
	        
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