M ii I I e r, Eraniea.
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Kv
Eräniea.
Vou Dr. Friedrich Müller,
Professor an der Wiener Universität.
I. Das Auslaut- und Betonungsgesetz des Neu
persischen.
Wie die Vergleichung der neupersischen Schriftsprache mit
den beiden uns überlieferten Dialekten des alten Erän zeigt, geht
dieselbe nicht so sehr auf das Altbaktrische (Ost-Eränische) als viel
mehr auf das sogenannte Altpersische (die Sprache der achämenidi-
schen Keilinschriften) zurück. Damit ist aber keineswegs behauptet,
dass man das Neupersische als unmittelbare Fortsetzung der Sprache
der Keilinschriften betrachten müsse, sondern es ist im hoben Grade
wahrscheinlich, dass jener alte Dialekt, auf welchen das Neupersische
zurückgeht, uns ganz verloren gegangen ist.
Wenn wir die Gesetze dieses alten Dialektes in Betreff des
Auslautes der einzelnen Formen uns vergegenwärtigen sollen, so
werden wir nicht allzusehr irren, wenn wir für dieselben, da sie uns
unbekannt sind, jene der Sprache der Keilinschriften substituiren.
Denn es scheint, dass die Abweichungen des hinter dem Neuper
sischen steckenden Dialektes von der Sprache der Keilinschriften
nicht so sehr auf die grammatischen Formen, als vielmehr auf den
Sprachschatz sich bezogen. Im tiefsten Grunde weicht ja auch das
Altbaktrische von der Sprache der Keilinschriften mehr im Lexikon,
als in der Grammatik ab.
Sitzh. d. phil.-hist. CI. LXVI. B<1. Ml. Hft.
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