Brunner. Das gerichtliche Exemtionsr echt der Babenberger.
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Das gerichtliche Exemtionsrecht der Babenberger.
Von Dr. Heinrich Brunner.
Im Gegensätze zum modernen Staate, den die Fülle seiner posi-
tiren Staatszwecke kennzeichnet, lässt sich der mittelalterliche Staat
als Kriegs- und Rechtsanstalt definiren. Seine Aufgabe war vorwie
gend negativer Natur. Das Schwert, das der Richter wie der Krieger
führte, erschien als Sinnbild der staatlichen Gewalt. Die Staatshoheit
fiel nach der innern Seite des Staatslebens mit der Gerichtshoheit
zusammen.
Bekanntlich ging das deutsche Reich daran zu Grunde, dass
innerhalb desselben staatliche Neubildungen aufwucherten, dass das
Fürstenthum allmählich die Rechte des Königthumes aufsog, bis in
den einzelnen Territorien die Landeshoheit an die Stelle der Reichs-
gewalt getreten war. Diesen Auflösungsprocess bis in seine frühesten
Stadien zu verfolgen, muss nach dem oben Gesagten die Betrachtung
jener Verhältnisse, in welchen die Gerichtshoheit zum Ausdrucke
kam, die wesentlichsten Anhaltspuncte bieten.
Oberster Gerichtsherr war im deutschen Reiche der König.
Von ihm ging alle richterliche Gewalt aus. Da er die Rechtspflege
nicht überall selbst handhaben konnte, so äusserte sich seine Ge
richtshoheit hauptsächlich in der ausschliesslichen Übertragung der
Gerichtsbarkeit aufAndere. Die vom Könige bestellten Richter waren
ursprünglich blos Beamte desselben, die zur Entlohnung für ihre
Dienste mit Lehnsgut ausgestattet wurden. Im Laufe der Zeit ver
wuchs das Amt mit dem Lehen, die nutzbare Seite der Gerichts
barkeit trat in den Vordergrund. Die Pflicht wurde ein Recht und
aus dem Richteramte entstand das Gerichtslehen, ein Product von
Amt und Lehen, in dem der eine Factor sich in soferne zur Geltung