Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 38. Band, (Jahrgang 1861)

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Dr. Sickel, Tironische Noten. 
etwa vir scinus statt vesanus, homutins stalt homuncio setzt, dass 
er balat (blöken, wie das vorhergehende mngit beweist) mit ha Hat 
(tanzen) verwechselt und von jenem ballator, ballatrix bildet. Zu 
meist werden sich die Fehler aus dem Zusammenhänge verbessern 
lassen. So findet sich G. 119 mololentum, wofür bei Gr. 163 und 
im Cod. Cass. mololitum steht, Tironisch M(o)L(U)um, was Kopp 
veranlasste, mololitum zu erklären; nimmt man aber das im Cod. 
Gotw. folgende hololentum dazu, so liegt es näher an govohdog, 
öXöXidog zu denken. Dass Kopp auf die Reihenfolge, in welcher die 
sonst nicht nachweisbaren Wortformen Vorkommen, nicht Rücksicht 
genommen hat, erregt gegen die von ihm vorgeschlagenen Erklä 
rungen Bedenken. Für vacuarium (K. 653, Gr. 54, G. 43) will er 
Vacorium lesen, aber Ortsnamen kommen in diesem Theil der Samm 
lung nicht vor. Aus gleichem Grunde kann ich ihm nicht beistimmen, 
wenn er für metosidum in Gr. 146, K. 233 und 623 Mediosedum, 
für samos in Gr. 156 Samos vorschlägt. Statt jenem steht in G. 111 
das mir gleichfalls unverständliche meglosidum, statt diesem G. 116 
saumon, saumontalia und zwar letzteres zwischen dolium, cupa, 
cauda, dorsum, wo also füglicher sagma, sauma, saumadalia zu 
verbessern wäre. Jedesfalls ist es bezeichnend und weist auch auf 
gemeinschaftliche Quelle unserer Lexica hin, dass die unverständ 
lichen Wortformen zumeist in allen Handschriften gleich verunstaltet 
erscheinen. So finden sich auch in unserem Codex (cf. K. 523 , 98, 
154) ignobilis cognitorum, prima palatio (etwa primas palatii?'), 
gut — oder vertundo (K. 143: verhindern), prurefragium (etwa 
prorefragium? K. 274: prodifragiüm) u. a. Daneben enthält die 
Göttweiger Handschrift aber auch manche, wenn auch sonst noch 
nicht nachgewiesene, so doch ganz normal gebildeteFormen, die zur 
Bereicherung des mittelalterlichen Wortvorrathes dienen können, 
wie conjaculum, collibertinus, extaesum, inauricula u. s. w. Ich 
will durch diese Beispiele nur andeuten, dass sich auch in sprach 
licher, namentlich lexikographischer Hinsicht aus dieser wie aus den 
anderen Tironischen Sammlungen noch einiger Gewinn ziehen lassen 
wird; die Ausbeute selbst muss ich Sprachkundigeren überlassen.
	        
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