Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 32. Band, (Jahrgang 1859)

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Julius F e i f a I i k 
Soldaten, von der Prinzessinn trennen und selbstverständlich nicht 
geringe sind. Aus einer ähnlichen Erzählung nun mag das Schwert 
in das Volksbuch übergangen sein 18 ). Desto entschiedener aber haben 
aus diesem die Märchen die nicht seltenen Erwähnungen des Greifs 
oder des Magnetberges entlehnt. 
Wenden wir uns von den Russen zu den südlichen Slavenstäm- 
men, so scheinen diese der Kenntniss unsers Volksbuches zu ent 
behren; wenigstens haben Nachforschungen dortiger Freunde bisher 
nur zu einem negativen Resultate geführt. Dennoch sollte man meinen, 
dass auch zu ihnen die Sage möchte gedrungen sein, erwägt man, in 
welch engem Zusammenwirken die Südslaven mit den Magyaren stun 
den. Auch die Magyaren nämlich besitzen, um dies noch zuletzt zu 
erwähnen, ihre „Zwei Chroniken von Stillfried und Brunewig, Köni 
gen der Böhmen“ (Ket krönika Stilfrid es Brunczvtk, esehek 
kirälyiröl) und auch bei ihnen ist dieses Buch bis heut zu Tage höchst 
beliebt. Wie beim russischen, so lehrt auch bei diesem magyarischen 
Volksbuche, über welches ich Nachricht Hrn. Dr. Franz Toldy ver 
danke, der blosse Titel, dass es einem böhmischen Originale entfloss. 
Und der Inhalt bestätigt dies vollkommen und zeigt uns seine voll 
ständige Übersetzung. In der ersten Chronik zieht König Stillfried 
verkleidet aus Prag weg, um sein silbernes Wappen in ein goldenes 
zu verwandeln. Er kämpft am Hofe des Königs Astronomus von Neapel 
mit den zwölf Recken des Königs Philosophus von England und 
gewinnt durch deren Besiegung sich einen schwarzen Adler in gül 
denem Felde, seinem Sohne die Hand der neapolitanischen Prinzessinn 
Neomenia. Dieselbe Übereinstimmung zeigt die zweite Chronik. Es 
wird diese magyarische Übersetzung wahrscheinlich durch die slova- 
kischenBewohner des nördlichen Ungerns vermittelt worden und wohl 
bald nach dem ersten böhmischen Drucke, also vielleicht schon im 
Anfänge des 16. Jahrhunderts 19 ) entstanden sein. Auf dieselbe Zeit 
lß ) Auffallende Ähnlichkeiten mit der Reinfrit-Sage hietet das litauische Märchen von 
der goldenen Brücke in seinem zweiten Theile, hei Schleicher a. a. 0. S. 103 fl. 
I9 ) Denn dass die älteste bekannte Ausgabe des böhmischen Romans von 1563, deren 
ich in meiner letzten Abhandlung S. 84 (4), Anmerkung 2 gedachte, nicht die älteste 
überhaupt sei, dass dieser vielmehr schon so manche voran gegangen sein müsse, 
ergibt sich schon ans der eben dort besprochenen Äusserung Prefats von Vlkanov 
(i !>63), welche uns das Buch in Böhmen schon als ausserordentlich verbreitet zeigt. 
Und dass die Sage schon am Ende des 14. Jahrhunderts in Böhmen sehr bekannt und 
beiie!>t gewesen sein muss, zeigt das Vorkommen des Namens Bruncvik als
	        
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