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J. F e i f a I i k.
SITZUNG VOM 9. DECEMBER 1857.
Vorgelegt:
Über König Wenzel von Böhmen als deutschen Liederdichter;
— und über die Unechtheit der altböhmischen Piseh milostnä
Jcräle Väclava I.
Zwei literar - historische Studien
von Julius Fcifnlik.
I.
Es ist bekannt genug, dass irgend ein König Wenzel von Böhmen
wegen dreier Liebesgedichte welche die Pariser Handschrift mittel
hochdeutscher Lieder unter der Aufschrift König Wenzel von
15 e h e i n aufführt, unter die Zahl der deutschen Minnesinger gerechnet
wird. Ebenso bekannt ist es, dass das böhmische Nationalmuseum
zu Prag ein Pergamentblatt aufbewahrt, welches den Inhalt des ersten
dieser Lieder „Uz höher äventuire“ in altböhmischer Sprache
gibt. Über das Verhältniss dieses altböhmischen Liedes zu dem
deutschen zu sprechen, ist hier meine Absicht nicht; auch kann ich
die Frage, ob das deutsche oder böhmische Gedicht das Original, und
welches Übersetzung sei, um so eher als erledigt betrachten, seit
Moriz Haupt in meisterhafter und musterhafter Weise es nach
gewiesen hat Ü und es seither unbestritten fest steht, dass das
böhmische Lied nur eine ziemlich klägliche Übertragung des
deutschen sei. Mir kommt es hier vorerst vielmehr auf eine andere
Untersuchung an, auf die nämlich: welcher von beiden Königen mit
In seiner Abhandlung in den Berichten über die Verhandlungen der k. sächsischen
Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Bd. I, S. 257—265.