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SITZUNG VOM 29. NOVEMBER 1848.
Das correspondirende Mitglied, Herr Professor Rem eie, liest
folgenden Aufsatz: Über die Identität der Magyaren und
Jazyger.
Seit Jahren bildet die ungrische Sprache und Literatur, sowie
deren Geschichte mein Hauptstudium, und ich kann mit innerster
Überzeugung sagen, dass mein Forschen nicht fruchtlos war. —
Wenn wir gleich mit der Kenntniss über den Ursprung der Magyaren
•— die ich jedoch vorerst nicht nach der beliebt gewordenen Manier,
als ein von den Ungern verschiedenes Volk zu denken bitte — noch
nicht auf dem rechten Weg zur Gewissheit zu sein scheinen, da die
Forschung dahin zu gelangen, die Schwierigkeit vermehrt, statt
vermindert; so steht doch in Ungern noch, wie bei allen ihrer
Nationalität bewussten Nationen Leben, Sprache und Ge
schichte im innigsten Verbände, und jeder Versuch der Trennung
hat diesen Verband erstarkt, statt gelockert.
Ein veralteter Streit unter den Gelehrten ist die Frage, ob
Hunnen, Avaren und Magyaren oder Ungern einem und demselben
Volke angehörten? Ausgezeichnete Gelehrte, und ebenso durchaus
ehrenhafte Charaktere kamen auf dem Wege der eifrigsten For
schungen zu gerade entgegengesetzten Resultaten. Und doch fühle
ich mich gedrungen, bevor ich die Sprache und Schreibart der
Ungern behandle, jene Völker zu nennen, die vermög gleicher
Sprache einem und demselben Stamme anzugehören scheinen; dann
aber die Dialekte zu nennen, die mit dem Ungrischen verwandt
sind.
Wenn sich rohe, ungebildete Völker, die sich früher entrückt
und fremd waren, mit einmal, ohne wesentliche Aussichten auf Vor
theile verbanden, so war es gewöhnlich die gemeinsame Sprache,
die sie zu einander führte — Nun aber zeigt die Geschichte, dass
die Jazyger, Hunnen, Avaren und Magyaren sich beim ersten Be
gegnen erkannten, und — vereinten, wozu sie nur die gemeinsame
Sprache führen konnte. Es ist demnach die Behauptung keineswegs
zu gewagt, wenn ich aus dem innigen Anschlüsse dieser Völker anf
gleiche Herkunft und Sprache schliesse.