Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 130. Band, (Jahrgang 1894)

Kritische Studien zu den Naturales Quaestiones Senecas. 
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etiamsi non susceperis vota, non ßet.‘ Falsa est ista interrogatio, 
quia illam mediam inter ista exceptionem, praeteris: futurum 
hoc est, sed si Vota suscepta fuerint. So liest man die Stelle 
nach Codex B in den älteren Ausgaben und bei Haase. Fickert 
war dem Codex E gefolgt, in welchem das zweite Glied des 
Syllogismus fehlt: si futurum est, fiet, etiamsi vota non fient. 
Falsa est etc. Das Weitere war ihm als fremder Zusatz ver 
dächtig. Und es fehlt zum Verdachte nicht an Gründen. Zu 
nächst ist augenscheinlich, dass sich etiamsi vota non suscipis 
und etiamsi non susceperis vota nicht mit einander vertragen. 
Denn der Syllogismus ist nur correct und bindend, wenn das 
positive wie negative Glied gleichmässig entweder von der 
Abwendung eines Uebels oder von der Zuwendung von Hilfe 
gegen ein Uebel verstanden werden, nicht darf der negative 
Satz si non est futurum, etiamsi non susceperis vota, non fiet 
vom Uebel verstanden werden, wenn das positive si futurum 
est, fiet, etiamsi vota non suscipis von der Hilfe zu verstehen 
ist. Darum ergibt sich mit Nothwendigkeit, dass die Negation 
entweder im ersten oder im zweiten Gliede zu streichen, also 
entweder etiamsi vota suscipis oder etiamsi susceperis vota zu 
lesen ist. Die Schlussworte illam mediam inter ista exceptionem 
praeteris: futurum hoc est, sed si vota suscepta fuerint zeigen, 
dass die Negation im ersten Gliede als richtig anerkannt werden 
muss, mithin wäre sie im zweiten Gliede zu tilgen. 
Das ist jedoch allein nicht geeignet, Verdacht gegen die 
Echtheit des ganzen Gliedes zu begründen. Vielleicht aber 
ist es die Unebenheit, welche im Praesens suscipis und im 
Wechsel des Tempus suscipis — susceperis liegt? Letzteres, 
der Wechsel im Tempus, findet sich anderwärts, 1 wie bei 
Seneca zu oft und mannigfaltig, als dass er Anstoss erregen 
dürfte: Dial. 6, 1, 3 quam diu in pretio fuerit Romana cognosci, 
quam diu quisquam erit, qui reverti velit ad acta maiorum. 
(Vgl. ad Polyb. 2, 6 Quam, diu fuerit ullus litteris honor, quam 
diu, steterit aut Latinae linguae potentia aut Graecae gratia). 
De benef. 5, 19, 1 Si agrum tuum coluero, tibi beneficium 
dedero; si domum tuam ardentem restinxero . . . tibi beneficium 
1 S. Stil des älteren Plinius, S. 63. Wochenschrift f. dass. Philologie 1888, 
Nr. 28, S. 880.
	        
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