Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 110. Band, (Jahrgang 1885)

Kant und Comte in ihrem Verhilltniss zur Metaphysik. 
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Wie man sieht, trägt keine der drei letztgenannten Wissen 
schaften, Logik, Ethik und Politik, normativen, sondern tragen 
alle drei ausdrücklich empirischen Charakter an sich. Da der 
Inhalt der Empfindungen als solcher das Wahre ist, die auf 
induetivem Wege entstehenden Begriffe, Urtheilc und Schlüsse 
des Verstandes aber nur natürliche Transformationen der Em 
pfindungen und als solche gleichfalls wahr sind, so hat die Logik 
nichts anderes zu thun, als den naturgeinässen Vorgang des 
Hervorgehens dieser aus jenen (die Induction) zu beschreiben, 
um damit die Art, wie Erkenntnisse (richtige Begriffe, gütige 
Urtheilc und Schlüsse) zu Stande kommen, angegeben zu haben. 
Dieser Vorgang aber, die Transformation ursprünglicher Empfin 
dungen, Wahrnehmungen und Anschauungen in Begriffe, Ur 
theilc und Schlüsse, ist ein psychologischer, im Bewusstsein nach 
dessen Naturgesetzen sich vollziehender, die Logik als Beschrei 
bung desselben daher nichts weiter als ein Capitel der Psycho 
logie oder im weiteren Sinne der Anthropologie und sonach, 
da diese beiden empirische Wissenschaften sind, gleich ihnen 
eine reine Erfahrungswissenschaft. 
Nicht anders verhält es sich mit der sogenannten Ethik. 
Denn da die Willensbewegungen die natürliche Folge von Em 
pfindungen, unter diesen aber nur diejenigen, deren Inhalt durch 
das Object der Erfahrung erzeugt ist, die wahren sind, so folgt, 
dass die guten Willcnsbcwegungcn natürliche Folgen wahrer 
Empfindungen sein, d. h. sich aus diesen mit Nothwendigkeit 
von selbst ergeben werden. Der Process, durch welchen das 
ethische Wollen zum Vorschein kommt, ist daher ein rein psycho 
logischer, nach Naturgesetzen sich vollziehender, die Wissen 
schaft, welche denselben und dadurch das ,gute‘ Wollen zum 
Gegenstände hat, ist daher nichts weiter als eine beschreibende, 
ein Capitel der Psychologie oder im weiteren Sinne der Anthro 
pologie, beide als empirische Wissenschaften gedacht, und sonach 
selbst nichts anders als reine Erfahrungswissenschaft. 
Es kann beinahe von Uebcrfluss scheinen, die analoge 
Consequenz rücksichtlich der letzten der genannten Wissen 
schaften, der Politik, zu ziehen. Es leuchtet ein, dass der 
Unterschied derselben von der sogenannten Ethik lediglich in 
dem Inhalte dos einmal auf andere bezogenen, das andere mal 
auf solche nicht bezogenen Wollens, d. i. in dem Umstande,
	        
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