Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 107. Band, (Jahrgang 1884)

Idealistische Theorien des Schönen. 
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Dass liier eine vom realistisch-empiristischen Standpunkte 
aus unternommene Reduction der in Manzoni’s Dialogo ent 
wickelten Gedanken über künstlerische Erfindung vorliegt, 
bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Die Auffassung des 
Göttlichen als des Unendlichen hat Conti mit Rosmini und 
Gioberti gemein; das Fussen auf dieser vorwiegend negativen 
Idee des Göttlichen war Ursache, dass weder Rosmini noch 
Gioberti die Philosophie des Schönen zu einem befriedigenden 
Abschlüsse zu bringen vermochten; der dem tlieistisch-christ- 
lichen Standpunkte angemessene speculative Begriff des Schönen 
hat seine Hinterlage in der Idee des göttlichen Seins als der 
absoluten Urform alles Schönen; einzig unter dieser Voraus 
setzung kann das in der sinnlichen und geistigen, natürlichen 
und übernatürlichen Wirklichkeit gegebene Schöne nach seiner 
wahren Bedeutung gewürdiget, und das von göttlichen Ideen 
inspirirte künstlerische Schaffen als eine Nachbildung des 
göttlichen Schaffens und Wirkens begriffen werden. Rosmini 
und Gioberti hielten am creativen Charakter der menschlichen 
Kunstthätigkeit fest, ohne das eigentliche Wesen desselben zu 
erweisen; Conti welcher die Natur zur principalen Lehrmeisterin 
des Künstlers macht, lässt ihn fallen, und substituirt ihm jenen 
des ingeniösen Findens und Erfindens. Das ingeniöse Finden 
ist indess nur eine Vorbedingung des künstlerischen Schaffens 
actes, das ingeniöse Erfinden kann bei einem wahrhaften Kunst 
werke sich nur auf die frei zu wählenden Mittel zur Ver 
anschaulichung der künstlerischen Idee beziehen; diese selber 
wird weder gefunden, noch erfunden, sondern tritt aus den 
Tiefen des künstlerisch angelegten Geistes, in welchem sie als 
Reflex einer göttlichen Idee aufleuchtet, als Conception seines 
selbstthätigen Denkens ins Licht der geistigen Anschauung, 
um aus dieser zuerst empfangenen Form durch die Schaffens- 
thätigkeit des Künstlers im künstlerischen Werke in die sinnlich 
vernehmbare anschauliche Wirklichkeit umgesetzt zu werden.
	        
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