Idealistische Theorien des Schönen.
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Dass liier eine vom realistisch-empiristischen Standpunkte
aus unternommene Reduction der in Manzoni’s Dialogo ent
wickelten Gedanken über künstlerische Erfindung vorliegt,
bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Die Auffassung des
Göttlichen als des Unendlichen hat Conti mit Rosmini und
Gioberti gemein; das Fussen auf dieser vorwiegend negativen
Idee des Göttlichen war Ursache, dass weder Rosmini noch
Gioberti die Philosophie des Schönen zu einem befriedigenden
Abschlüsse zu bringen vermochten; der dem tlieistisch-christ-
lichen Standpunkte angemessene speculative Begriff des Schönen
hat seine Hinterlage in der Idee des göttlichen Seins als der
absoluten Urform alles Schönen; einzig unter dieser Voraus
setzung kann das in der sinnlichen und geistigen, natürlichen
und übernatürlichen Wirklichkeit gegebene Schöne nach seiner
wahren Bedeutung gewürdiget, und das von göttlichen Ideen
inspirirte künstlerische Schaffen als eine Nachbildung des
göttlichen Schaffens und Wirkens begriffen werden. Rosmini
und Gioberti hielten am creativen Charakter der menschlichen
Kunstthätigkeit fest, ohne das eigentliche Wesen desselben zu
erweisen; Conti welcher die Natur zur principalen Lehrmeisterin
des Künstlers macht, lässt ihn fallen, und substituirt ihm jenen
des ingeniösen Findens und Erfindens. Das ingeniöse Finden
ist indess nur eine Vorbedingung des künstlerischen Schaffens
actes, das ingeniöse Erfinden kann bei einem wahrhaften Kunst
werke sich nur auf die frei zu wählenden Mittel zur Ver
anschaulichung der künstlerischen Idee beziehen; diese selber
wird weder gefunden, noch erfunden, sondern tritt aus den
Tiefen des künstlerisch angelegten Geistes, in welchem sie als
Reflex einer göttlichen Idee aufleuchtet, als Conception seines
selbstthätigen Denkens ins Licht der geistigen Anschauung,
um aus dieser zuerst empfangenen Form durch die Schaffens-
thätigkeit des Künstlers im künstlerischen Werke in die sinnlich
vernehmbare anschauliche Wirklichkeit umgesetzt zu werden.