Der Streit um die geistlichen Güter und das R.estitutionsedict (1629).
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Und doch war selbst diese Aussicht nicht im Stande,
Waldstein in einen Freund der Restitutionspläne umzuwandeln.
Nach seiner Meinung genügte zur Besitznahme der Stifter
Magdeburg, Halberstadt, Bremen u. s. w. das einfache Kriegs
recht: man konnte sie behalten, weil man sie erobert hatte. 1
Waldstein betrachtete daher eine Entscheidung, welche sich auf
alle geistlichen Güter bezog, nicht nur als unnöthig, sondern
auch als gefährlich; der Kaiser konnte nach seiner Ansicht
nicht mehr gewinnen, als er ohnedies schon besass, und hatte
demungeachtet, wenn keinen andern, wenigstens den Nachtkeil,
dass ein grosser Theil des Heeres nicht gegen die auswärtigen
Feinde verwendet werden konnte, weil er zur Ueberwachung
der Unzufriedenen im Reiche selbst nöthig war.' 2 Mit anderen
Worten: Waldstein befürwortete die Einsetzung eines katho
lischen Erzbischofs oder Bischofs statt des evangelischen nur
in dem Falle, wenn der Einzusetzende ein kaiserlicher Prinz
war; er wollte Restitution, aber nur eine theilweise, keine all
gemeine ; er wollte sie so, dass sie zwar dem Kaiser und noch
mehr dem kaiserlichen Heere, welches aus den Stiftern seine
Verpflegung erhalten sollte, zu Gute kam, aber nicht den Li
gisten, jenen Ligisten, welche ihre Freundschaft für den Kaiser
fortwährend dadurch bethätigten, dass sie mit allen Kräften
auf die Zerstörung des kaiserlichen Heeres hinarbeiteten. Für
den kaiserlichen Feldherrn stand die Erwerbung von Magde
burg, Bremen, Halberstadt u. s. w. auf gleicher Linie mit der
Vertreibung der mecklenburgischen Herzoge, der Confiscation
braunschweigischer Aemter und ähnlichen Besitzwechseln, welche
er ebenfalls gut hiess, und zwar darum, weil sie die Macht des
Kaisers und seiner Generale erhöhten, die seiner Gegner
1 Waldstein an den Kaiser, 26. Januar 1629 (Chlumecky, Keg., Anhang
Seite 94).
Dieser Gesichtspunkt tritt sehr stark und an verschiedenen Stellen der
von Chlumecky veröffentlichten Briefe hervor, freilich durchwegs in solchen,
welche erst nach dem Kestitutionsedict geschrieben sind und welche es
daher ungewiss lassen, ob Waldstein die Aufregung, welche das Edict
unter den Evangelischen hervorbrachte, und die dadurch entstandenen
Gefahren schon vor Erlassung desselben vorausgesehen hat (Chlumecky,
Reg., Anhang S. 144, 179, 182, 190, 192, 209, 219; vgl. auch Klopp,
Tilly II, S. 82).