Full text: Sitzungsberichte der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 24. Band, (Jahrgang 1857)

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(Inge r. 
Wer wird es dem vom Missgeschicke Verfolgten, von Noth 
Kummer und Sorge Gequälten verargen, sich mit der hoffnungsvollsten 
Hingebung diesem Friedensengel in die Arme zu werfen; ja findet 
nicht selbst der Glückliche im momentanen Abtreten von der geräusch 
vollen ihm widerwärtig gewordenen Schaubühne einen neuen Reiz für 
„die süsse Gewohnheit des Lebens?“ 
Ohne Zweifel ist es das segenreiche Bild des Schlafes und des 
Traumes, welches den Instinct des Menschen anspornte, jene Mittel 
ausfindig zu machen, diese ihm von der Natur zu seiner Erholung und 
Wiedergeburt dargebotene Gabe möglichst zu sichern und mit den 
wonnigsten Bildern zu beleben. Ich irre kaum wenn ich behaupte, dass 
das Bestreben die beseligenden Zustände und Traumbilder sich voll 
kommen dienstbar zu machen, nach den ersten gelungenen Versuchen 
das ganze Verlangen des Menschen erfüllt haben. Und so sehen wir in 
der That,wie der Mensch unter allen Zonen sich sein Universalmittel 
gegen Schmerz, Sorge und Kummer so wie gegen die eben so uner 
trägliche Farblosigkeit des Lebens zu verschaffen gewusst hat, und 
wir können gegenwärtig nur seine Ausdauer bewundern, mit der jene 
Entdeckungen gemacht und den Scharfsinn, mit dem er jene Erobe 
rungen zu erhalten und zu erweitern verstanden hat. Der roheste 
Wilde und der civilisirteste Weltmann von demselben Bedürfnisse 
erfüllt, reichen sich hierin die Hände. 
Und dies Mittel, diese Panacee des Lebens, wo ist sie wohl 
anders hergenommen, als aus jenem Reiche der Natur, die wir eben 
früher als eine allem Lebenden gemeinsame Mutterbrust kennen 
lernten. Das Pflanzenreich ist es, und nur dieses, in dessen vielge 
staltigem und vielvermögendem Laboratorium merkwürdig genug jene 
Säfte bereitet werden, die uns nach Sicherung der leiblichen Existenz 
auch zu erheitern und zu beleben, ja im süssen Rausche der Empfin 
dungen selbst über die Schranken unseres kummervollen oder gleich- 
giltigen Daseins zu erheben im Stande sind. 
Wer jene sorgenbrechenden Kräuter zuerst entdeckt, wer ihre 
Anwendung zu jenem Zwecke gelehrt, wer sie verbreitet und ver 
edelt hat, darüber schweigt die Culturgeschichte fast gänzlich; hat 
sich doch selbst die Entdeckung und Verbreitung der viel wichti 
geren Nahrungspflanzen, wie wir sahen, grösstentheils im Nebel der 
Sage und des Mythus verloren. Nur von einigen wenigen Pflanzen 
der Art. die sich bereits über die ganze Erde Balm gebrochen haben
	        
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