384 (Inge r. Wer wird es dem vom Missgeschicke Verfolgten, von Noth Kummer und Sorge Gequälten verargen, sich mit der hoffnungsvollsten Hingebung diesem Friedensengel in die Arme zu werfen; ja findet nicht selbst der Glückliche im momentanen Abtreten von der geräusch vollen ihm widerwärtig gewordenen Schaubühne einen neuen Reiz für „die süsse Gewohnheit des Lebens?“ Ohne Zweifel ist es das segenreiche Bild des Schlafes und des Traumes, welches den Instinct des Menschen anspornte, jene Mittel ausfindig zu machen, diese ihm von der Natur zu seiner Erholung und Wiedergeburt dargebotene Gabe möglichst zu sichern und mit den wonnigsten Bildern zu beleben. Ich irre kaum wenn ich behaupte, dass das Bestreben die beseligenden Zustände und Traumbilder sich voll kommen dienstbar zu machen, nach den ersten gelungenen Versuchen das ganze Verlangen des Menschen erfüllt haben. Und so sehen wir in der That,wie der Mensch unter allen Zonen sich sein Universalmittel gegen Schmerz, Sorge und Kummer so wie gegen die eben so uner trägliche Farblosigkeit des Lebens zu verschaffen gewusst hat, und wir können gegenwärtig nur seine Ausdauer bewundern, mit der jene Entdeckungen gemacht und den Scharfsinn, mit dem er jene Erobe rungen zu erhalten und zu erweitern verstanden hat. Der roheste Wilde und der civilisirteste Weltmann von demselben Bedürfnisse erfüllt, reichen sich hierin die Hände. Und dies Mittel, diese Panacee des Lebens, wo ist sie wohl anders hergenommen, als aus jenem Reiche der Natur, die wir eben früher als eine allem Lebenden gemeinsame Mutterbrust kennen lernten. Das Pflanzenreich ist es, und nur dieses, in dessen vielge staltigem und vielvermögendem Laboratorium merkwürdig genug jene Säfte bereitet werden, die uns nach Sicherung der leiblichen Existenz auch zu erheitern und zu beleben, ja im süssen Rausche der Empfin dungen selbst über die Schranken unseres kummervollen oder gleich- giltigen Daseins zu erheben im Stande sind. Wer jene sorgenbrechenden Kräuter zuerst entdeckt, wer ihre Anwendung zu jenem Zwecke gelehrt, wer sie verbreitet und ver edelt hat, darüber schweigt die Culturgeschichte fast gänzlich; hat sich doch selbst die Entdeckung und Verbreitung der viel wichti geren Nahrungspflanzen, wie wir sahen, grösstentheils im Nebel der Sage und des Mythus verloren. Nur von einigen wenigen Pflanzen der Art. die sich bereits über die ganze Erde Balm gebrochen haben