Full text: Die Staatsbahn von Wien bis Triest mit ihren Umgebungen

ren Dosen einzunehmen. Dem kunbdigen und beredten Führer, der es übernom⸗ 
men hat, unsere Reisenden vom praktischen Standpunct aus zu orientiren, einen 
Zwischenredner beizugesellen, der das Jetzt an das Einst anknüpfte und die poeti⸗ 
schen Momente in Betracht zoͤge, welche sich im Vorüberfluge darbieten, schien 
demgemäß nicht unpassend. 
Man ersuchte mich, diese Rolle zu übernehmen. Ich kenne die schöne Steier⸗ 
mark, in der ich die zwoölf glücklichsten Jahre meines Lebens zugebracht habe, ihren 
unveraͤnderlichen Umrissen und ihren poetischen Fonds nach fast eben so genau, 
als mein verehrter Miterklärer in allen andern Beziehungen sie kennt. Ich habe 
selbst einmal das Land zum Behuf einer malerisch-romantischen Schilderung“) in's 
Auge gefaßt, und halte in Ber)uͤcksichtigung der veränderten Zeitrichtung einem 
andern werthen Freunde“**) gern es zu gute, daß er, im Hinblick auf das Be⸗ 
dürfniß der Gegenwart meinen Text als Palimpsest zu behandeln sich anschickte, 
von dem er die Poesie abstreift, um die noch leserliche Prosa den Leuten mund— 
gerechter zu machen. So will ich denn, trotz meiner sonstigen Zurückgezogenheit 
und Oeffentlichkeitscheue, den Reisewagen in Gottesnamen noch einmal besteigen, 
um da und dort, wo Jemand aus der Gesellschaft den Wunsch darnach möchte 
laut werden lassen, mit aller Bescheidenheit als Poet dazwischen zu treten und 
dies und jenes aus meinem früher gesammelten Vorrathe, wie's eben kommt, zum 
ersten oder andern Male preiszugeben. Daß ich mich entschloß es zu thun, ist, 
weiß Gott! nicht Eitelkeit, sondern gewissermaßen Dankbarkeit für die freundliche 
Meinung derjenigen, welche selbst bei Begründung eines mehr fuͤr das industrielle 
und praktische Publicum berechneten Unternehmens dem Poeten eine Freikarte 
gönnen und ihn einladen, an passender Stelle ein Wort mitzusprechen. Dieser Ein⸗ 
ladung mit der nöthigen Zurückhaltung Folge zu leisten, gebietet mir sowohl der 
zeitgemaͤße Ton des Ganzen, den ich durch unzeitiges Vordrängen nicht alterieren 
darf, als das Bewußtsein, daß ich mich früher zu viel ausgegeben habe, um mir 
nicht selbst gestehen zu muͤssen, es klinge viel von dem, was ich geben kann, nur 
neu, weil es schon vergessen ist. Uebrigens dürfte doch Manches von dem, was 
ich gebe, dazu beitragen, den flach am Boden hinstreifenden Eisenbahnflug durch's 
Land so weit zu heben, daß er annäherungsweise zu einer An-⸗, Um⸗ und Ueber⸗ 
sicht aus der Vogelperspective wird, aus der man da⸗ und dorthin seitwärts in 
die Thaleinschnitte hinein- und uͤber Wasser und Alpen hinwegblickt und einen 
beiläufigen Vorgeschmack dessen gewinnt, was an poetischen Elementen abseit 
) »Wanderungen durch CTrirol und) Steiermark« (für das »malerische 
und romantische Deutschlande 2 Bde. mit 60 Stahlstichen. Leipzig 1840. G Wigand 
— 2. Aufl. 1 Band. Ebend. 1845. Händel. 
**) »Dr. F C Weidmann Handbuch für Reisende durch Tirol und Vorarlberg 
z. gänzlich umgearb. Aufl.« »J. G Seidls Tirol Mit 30 Stahlst. Leipzig 1884, Händel« 
das eine ähnliche Umarbeitung meiner »Wanderungen durch Steiermark« in Aussicht stellt.
	        
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