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G. h. F. Tafel.
sehr bedeutende Lücke des Originaltextes ausgefüllt werden kann.
Dasselbe gilt von dem Schlüsse unserer Chronographie, welche,
was selbst dem Scharfblicke eines Combefis entging, mit einer Pe
riode schliesst, die zwar angefangen, aber nicht zu Ende geführt
worden ist; das nun vollständig gedruckte Geschichtswerk des Leo
Grammaticus, welcher nach Theophanes lebte, gibt aber dieses
Ende des Satzes vollständig richtig. Auf gleiche Weise findet sich
das verstümmelte Ende der Chronik des syrischen Griechen Johannes
Malalas, welche nach meiner Überzeugung ursprünglich weiter als
nur bis zur Mitte von Justinian’s I. Regierung gereicht haben muss
(dasselbe lässt sich auch von der Paschalchronik vermuthen), bei
Theophanes wohl erhalten, ohne dass sie auf diesem Wege von den
Herausgebern ergänzt worden wäre. Dass endlich die Theophani-
schen Abschnitte, welche von Muhammed und den nächsten Chalifen
handeln, auf eine syrisch-griechische Quelle zurückdeuten, ist von
Reiske in seinem Commentar zu Abulfeda’s moslimischen Jahr
büchern sehr wahrscheinlich gemacht worden; möglich, dass wir
hier gerade an einen ehemals vollständigeren Malalas, dessen Name
für sich schon an Syrien erinnert, zu denken haben.
Diese wenigen Bemerkungen mögen genügen, um einleuchtend
zu machen, wie wünschenswert und zeitgemäss, ja wie notwendig
es sein dürfte, endlich einmal die Quellen der byzantinischen Histo
riographie in genauere Untersuchung zu nehmen, und bei diesem
Geschäft vor der Hand mit einer der obenbezeichneten Gruppen den
Anfang zu machen, wäre es auch nur, um neues Material zur Ver
vollständigung und Berichtigung der meist sehr hiilfsbedürftigen
Texte zu gewinnen, da bekanntlich dieser Theil der mittleren Lite
ratur sich keiner grossen Handschriftenfülle rühmen kann. Ich
glaube aber, dass der Nutzen einer solchen Operation, wenn die
selbe in kundige Hände gelangt, unfehlbar zu etwas weiterem füh
ren dürfte, als was man eine blosse Wortkritik zu nennen pflegt.
Wie in der ganzen Annalistik des Mittelalters, so nicht zum minde
sten in der byzantinischen, sind gewisse Geschichtsperioden von
den verschiedensten Autoren mit solchen Wiederholungen vorge
tragen worden, dass der Leser nur zu oft sich eine Sichtung des
lästigen Materials wünschen muss, um jedesmal aus der umringen
den Masse des Einerlei sich zum Quell und Kern der einzelnen Er
scheinungen emporzuarbeiten. Diese Sichtung oder Lichtung scheint