Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

Beiträge zu einer Chronik der archäolog'. Funde in d. österr. Monarchie. 217 
die ungewöhnliche Menge der aufgefundenen und noch aufzufindenden 
Monumente durch die grosse Ausdehnung des Kaiserstaates bedingt, 
so sichert die eigeiithümliche Zusammensetzung desselben aus so 
fremdartigen Elementen dieser ungewöhnlichen Menge zugleich eine 
seltene Mannigfaltigkeit und Charakterverschiedenheit. Die Grenzen 
des Ländercomplexes, der unser heutiges Österreich bildet, reichten 
im Süden einerseits bis nahe an die Marken von Italia propria, ande 
rerseits durch den Küstenstrich von Illyricum in die unmittelbare 
Nachbarschaft Griechenlands. So drang der Wellenschlag etruski 
scher Cultur durch Gallia cisalpina herauf bis in die Alpenthäler von 
Tirol, während die Inseln des Adriatermeeres durch den Typus ihrer 
Münzen schon das Gebiet der griechischen Numismatik berühren. 
Die ungeheuere Strecke zwischen Gallia transalpina im Westen und 
Sarmatia im Osten bot den wandernden Scharen, wie den zeitweilig 
sesshaften Fürsten des grossen Keltenvolkes Raum genug, um allent 
halben Spuren ihrer Herrschaft und ihrer eigenthümlichen Entwicke 
lung zurückzulassen. Vom Norden her aus Germania magna wälzte 
sich die drohende Gefahr, gegen welche die Römer an unserer Donau 
ihre Wartthürme und Castelle errichteten. Unser Marchfeld ward 
schon damals zu der blutigen Rolle eingeweiht, die es in den nach 
folgenden Jahrhunderten zweimal auf eine für. Österreich entschei 
dende Weise zu spielen hatte. Nebstbei tauchten im Norden und 
Nordosten die räthselhaften Gebilde des alten Slawenthumes auf, 
während von Südosten über Dacien her ein abenteuerliches Gemisch 
von barbarischer Originalität und unbehilflicher Nachahmung classi- 
scher Muster sich Rahn brach. So kam es, dass, während andere 
Länder durch ihre Monumente nur ein Volk in verschiedenen Perio 
den charakterisiren, Österreich durch seine Denkmäler in jeder 
Periode verschiedene Völker zu vertreten hat. Gross ist daher die 
Menge dessen, was in Österreich bereits zu Tage gefördert worden 
ist, eine noch grössere Menge aber würde den Augen sich zeigen, 
wenn man durch die Decke der Oberfläche, wie durch den Spiegel 
des Meeres auf eine versunkene Vineta, hinabsehen könnte in die 
Tiefen unseres heimischen Bodens, der durch dasjenige, was er uns 
bisher fast ohne unser Zuthun gegeben hat, uns ahnen lässt, wie 
reich er allenthalben, selbst in unserer nächsten Nähe, ein emsiges 
Forschen nach dem kostbaren Vermächtnisse der Vergangenheit be 
lohnen würde.
	        
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