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Gotthard.
Schlussbemerkung.
Zum Schlüsse will ich darauf aufmerksam machen, dass die böh
mische Sprache unter allen slavischen Sprachen den schlagendsten Be
weis der Entstehung der Possessiv-Adjectiva auf out», ovci, ovo aus dem
Genitiv Plur. auf ov?> liefert, indem alle lautlichen Veränderungen, die
den Genitiv Plur. auf ov7» treffen, in demselben Momente auch das Ad-
jectiv auf ovi ergreifen. Da das Adjectiv auf ovö nach den Substantiven
ursprünglich declinirt wurde (die pronominalen Casus sind wohl später ein
getreten), und die Substantiva auf ov?> (krov, rov, hrhitov) keine Länge des 0,
keinen Uebergang in uo oder ü und keinen Abfall des v zulassen, so würde
man auch beim Adjectiv auf ov?> keine Aenderung erwarten. Jedoch richten
sich die Adjectiva auf out» durchgeliends nach dem Genitiv Plur. auf ov?>. Der
Genitiv Plur. der a- und w-Stämme liebt in der ältesten Zeit die Kürze derart,
dass das Casussuffix mit dem Auslaute des Stammes im Altslavischen blos den
Halblaut 1 zurückliess, und dass im Böhmischen, wo dies 7» gänzlich schwindet,
in der Wurzelsilbe keine Dehnung zugelassen wird: golab7» oder golabov7>,
much?>, slov?> — holub und holubov, much (aber im Nominativ jetzt moucha),
slov. Daraus kann man mit Recht schliessen, dass das ov im Altböhmischen
ursprünglich kurz war; wann die Länge hier eintrat, kann Niemand bestimmen,
weil die Länge des 0 in altböhmischen Schriften nicht bezeichnet wird. Nur
auf Grundlage des späteren Verlaufes der Sprache, da uo oder u ein langes 6
voraussetzt, wird heutzutage in altböhmischen Schriften durchgehends 6 ge
schrieben. Wie nun im Genitiv Plur. ov in ov gedehnt wird und eben in
Folge dessen uov sich zu entwickeln anfängt, so dass im 15. Jahrhundert ov
(ohne Bezeichnung) neben uov geschrieben wird, so findet auch derselbe Vor
gang bei dem Adjectiv auf ov statt. Doch wie kam der Genitiv zu der Dehnung
des ov? Die abgeriebenen Genitive ohne Casussuffix waren der Sprache un
bequem, und deshalb griff sie bei der weichen Declination zu i: srdcl, junosi
statt srdeCy junos, das sie aus dem Dual (oci, u$i, dusi aus du$u) entlehnte.
Da nun bei den männlichen Substantiven im Nominativ Plur. das ov derart
mit dem e verschmilzt, dass die Sprache ove als Casussuffix betrachtet, so
fühlt sie im Laufe der Zeit auch das ov im Genitiv als Casussuffix; und da
die Casusendungen i und ü in den Genitiven lang waren, so liess die Sprache
auch in ov die Dehnung eintreten. Als nun ferner nach Entwickelung des uov
das v im Genitiv auch abgeworfen und uo wie ü ausgesprochen ward, so wurde
bei den Schreibern in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sowohl in den