Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 88. Band, (Jahrgang 1877)

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Gotthard. 
Schlussbemerkung. 
Zum Schlüsse will ich darauf aufmerksam machen, dass die böh 
mische Sprache unter allen slavischen Sprachen den schlagendsten Be 
weis der Entstehung der Possessiv-Adjectiva auf out», ovci, ovo aus dem 
Genitiv Plur. auf ov?> liefert, indem alle lautlichen Veränderungen, die 
den Genitiv Plur. auf ov7» treffen, in demselben Momente auch das Ad- 
jectiv auf ovi ergreifen. Da das Adjectiv auf ovö nach den Substantiven 
ursprünglich declinirt wurde (die pronominalen Casus sind wohl später ein 
getreten), und die Substantiva auf ov?> (krov, rov, hrhitov) keine Länge des 0, 
keinen Uebergang in uo oder ü und keinen Abfall des v zulassen, so würde 
man auch beim Adjectiv auf ov?> keine Aenderung erwarten. Jedoch richten 
sich die Adjectiva auf out» durchgeliends nach dem Genitiv Plur. auf ov?>. Der 
Genitiv Plur. der a- und w-Stämme liebt in der ältesten Zeit die Kürze derart, 
dass das Casussuffix mit dem Auslaute des Stammes im Altslavischen blos den 
Halblaut 1 zurückliess, und dass im Böhmischen, wo dies 7» gänzlich schwindet, 
in der Wurzelsilbe keine Dehnung zugelassen wird: golab7» oder golabov7>, 
much?>, slov?> — holub und holubov, much (aber im Nominativ jetzt moucha), 
slov. Daraus kann man mit Recht schliessen, dass das ov im Altböhmischen 
ursprünglich kurz war; wann die Länge hier eintrat, kann Niemand bestimmen, 
weil die Länge des 0 in altböhmischen Schriften nicht bezeichnet wird. Nur 
auf Grundlage des späteren Verlaufes der Sprache, da uo oder u ein langes 6 
voraussetzt, wird heutzutage in altböhmischen Schriften durchgehends 6 ge 
schrieben. Wie nun im Genitiv Plur. ov in ov gedehnt wird und eben in 
Folge dessen uov sich zu entwickeln anfängt, so dass im 15. Jahrhundert ov 
(ohne Bezeichnung) neben uov geschrieben wird, so findet auch derselbe Vor 
gang bei dem Adjectiv auf ov statt. Doch wie kam der Genitiv zu der Dehnung 
des ov? Die abgeriebenen Genitive ohne Casussuffix waren der Sprache un 
bequem, und deshalb griff sie bei der weichen Declination zu i: srdcl, junosi 
statt srdeCy junos, das sie aus dem Dual (oci, u$i, dusi aus du$u) entlehnte. 
Da nun bei den männlichen Substantiven im Nominativ Plur. das ov derart 
mit dem e verschmilzt, dass die Sprache ove als Casussuffix betrachtet, so 
fühlt sie im Laufe der Zeit auch das ov im Genitiv als Casussuffix; und da 
die Casusendungen i und ü in den Genitiven lang waren, so liess die Sprache 
auch in ov die Dehnung eintreten. Als nun ferner nach Entwickelung des uov 
das v im Genitiv auch abgeworfen und uo wie ü ausgesprochen ward, so wurde 
bei den Schreibern in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sowohl in den
	        
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