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Roclcinger.
Je grösser nun die Uebereinstimmung der Handschriften
der' älteren Gestalten des sogenannten Schwabenspiegels in
dieser Hinsicht ist, eine Uebereinstimmung, welche eben
so zu sagen ausnahmslos dasteht, um so mehr verdient
gewiss eine Handschrift des Landrechtes dieses Rechtsbuches
Berücksichtigung, welche gerade in diesem Punkte von
der gewissermassen unbestrittenen Regel abweicht.
Ich meine den ältesten Codex des Stadtarchives von
Brünn, wohl aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, auf
Pergament, von welchem seinerzeit Rössler in der Einleitung
zum zweiten Bande seiner deutschen Rechtsdenkmäler aus
Böhmen und Mähren S. CXXVIII—CXXXI Nachricht gegeben,
eine Handschrift, welche allerdings insoferne mit den übrigen
bekannten älteren Formen des vollständigen Rechtsbuches
zusammenstimmt, als sie — was das Landrecht betrifft — auch
dessen dritten Theil enthält, und zwar in einer der volleren
Formen desselben, welche aber auf der anderen Seite die
Capitel des zweiten Theiles L118—144b einschliess
lich nicht an der sonst gewöhnlichen Stelle bringt,
sondern selbe an das Ende des ganzen Werkes
gefügt hat.
Bietet diese Handschrift schon theilweise durch ihr Alter,
wie ihre schöne Ausstattung und ihren wohl anfänglich schon
zur Abscheidung der einzelnen Stücke bestimmten Bilder-
schmuck 1 ein gewisses Interesse, welchem sie es auch wohl
1 Ich überlasse natürlich die genauere Beschreibung wie die Würdigung
desselben den Kunstkennern, und bemerke hier nur im Allgemeinen
über die fünf je auf einem besonderen Pergamentblatte gemalten Bilder
Folgendes.
Das erste, zugleich das Titelbild der Handschrift, stellt Christus in
der Glorie dar, auf beiden Seiten von je einem Cherubim, unten und
oben in den Ecken von den Sinnbildern der vier Evangelisten umgeben.
Das zweite zeigt die Verkündigung der Geburt des Heilandes an die
Hh'ten durch drei aus dem Himmel stürzende Engel. Im dritten, nach
dem Schlüsse des sogenannten Schwabenspiegels, vor den magdeburger
Rechten, begegnet eine Darstellung der Seligen in Abrahams Schoss und
des reichen Prassers in der Hölle. Das vierte stellt die Verkündigung
Marias dar, welche daselbst mit der Spindel erscheint. Im fünften endlich
tritt Christi Geburt in zwei Abtheilungen entgegen, deren obere die
Maria im Bette zeigt, wie ihr eben ein Trank gereicht wird, während in