Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 74. Band, (Jahrgang 1873)

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H 6 fl er. 
Politik der freien Hand zu spielen, d. h. keine anderen Rück 
sichten zu kennen, als die des Vortheils und der Habsucht. 
Wenn man seihst täuschen will, ist die Furcht, getäuscht zu werden, 
rasch vorhanden und fehlt es nie an Vorwänden sich und An 
dere zu berücken. Die Gelegenheit, die deutsche Krone zum 
Vortheile des Hauses Brandenburg zu versteigern, war zu 
günstig; warum sollte man sie nicht ergreifen; man durfte sich 
ja nur über etwas Cynismus hinwegsetzen. 
§ 3. 
Heinrich VIII., König von England, sucht römischer 
König zu werden. 
Die Aussichten Karls trübten sich so rasch, dass der 
englische Gesandte in Paris, Sir Thomas Boleyn, schon am 
9. Februar 1519 seinem Herrn schreiben konnte, König Franz 
habe ihn an ein Fenster geführt und ihm mitgetheilt, mehrere 
von den Churfürsten hätten sich auf den Wunsch Maximilians, 
es möge, da er selbst alt, krank und in Lebensgefahr 1 sich 
befinde, ihm der katholische König naclifolgen, für den fran 
zösischen König ausgesprochen. Sie rechneten auf seine 
grösseren Dienste, die er gegen die Osmanen zu leisten ver 
möge, sowie auf das Gute, was es unter den christlichen Für 
sten hervorbringen werde. Er habe von vier Churfürsten die 
Versprechungen mit Hand und Siegel; er hoffe Cöln und Trier 
mit Hülfe des Herzogs von Geldern zu gewinnen. 2 
Der französische König hatte insofern auch schon einen 
Vorsprung über seinen spanischen Rivalen, dass er die Nach 
richt von dem Tode Maximilians früher erfuhr, als letzterer. 
Nach Spanien war die Nachricht am 2. Februar gekommen. 
Am 17. überreichte der englische Gesandte dem Könige in Ge 
genwart des Cardinais von Tortosa das Beileidschreiben Wolsey’s 
1 By reason of a ruiming. 
2 Brew. III. 1. n. 70,
	        
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