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Vahlen. Ueber eine Stelle in Aristoteles’ Schrift von der Seele. 419
Ueber eine Stelle in Aristoteles’ Schrift von der
Seele.
Von
J. Vahlen,
wirkl. Mitglied der kaiserl. Akademie der Wissenschaften.
Oer letzte Herausgeber der Aristotelischen Schrift über
die Seele, Ä. Torstrik, hat sich das grosse Verdienst erworben,
für einen erheblichen Theil des zweiten Buches eine zweite
Redaction ari’s Lieht zu ziehen und hat beide Fassungen in
einer Weise neben einander gestellt, die eine nach mehreren
Seiten anziehende Vergleichung und Prüfung ermöglicht.
In dieser urkundlich festgestellten Thatsache, dass von
der Schrift über die Seele im Alterthum eine doppelte Recen-
sion vorhanden war, beide, wie man annimmt, von Aristoteles
selbst herrührend, hat Torstrik geglaubt, den Schlüssel zu ge
winnen zur Lösung der vielen und grossen Schwierigkeiten, welche
namentlich das dritte Buch dem Verstiindniss entgegensetzt: er
nimmt an, dass an einer Reihe von Stellen Klarheit und Zu
sammenhang der Aristotelischen Erörterung dadurch gestört und
getrübt sei, dass zwei verschiedene Redactionen derselben
Stelle in Eins verarbeitet seien. Auf Grund dieser Hypothese
hat er, ohne den Text selbst umzugestalten, in den kritischen
Anmerkungen mehrfach die nach seiner Meinung in einander
geflossenen Redactionen gesondert und das der prior editio und
der posterior editio Angehörige neben einander gestellt.
Gegen diese Annahme und das darauf gegründete Ver
fahren, das bei Mehreren Beifall und Zustimmung gefunden, ist
von anderen Seiten Einspruch erhoben worden, meist aus allge
meinen Gründen, deren sich verschiedene geltend machen lassen,
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