Prof. Hofier,
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SITZUNG VOM 12. DECEMBER 1860.
Vorgelegt:
Über Johannes genannt Porta de Avvoniaco.
Eine bisher unbekannte Quelle zur Geschichte des Römerzuges Kaiser Karl's IV.
Von Prof. Dr. Eöfler.
Seit in den Tagen Otto’s I. das Kaiserthum von den romanisch
gewordenen Karolingern an die sächsischen Fürsten gekommen war,
962, stand die deutsche Nation an der Spitze der übrigen und schied
das deutsche Reich, Deutschland und Italien umfassend, den romani
schen Westen vom slavischen Osten. Die Kaiserkrone ruhte auf der
deutschen, auf der italischen, dann auch auf der arelatischen, indem,
um die Mitte Europa’s zu behaupten, die staatliche Verbindung
romanischer und deutscher Völker eingeleitet werden musste. Später,
als die deutsche Geschichte im Gegensätze zu ihrer Glanzperiode nur
die Richtung zu kennen schien, sich auf sich selbst zurückzuziehen
und die romanischen Aussenwerke den Reichsfeinden preiszugeben,
erlangte die Kaiserkrone an der böhmischen Königskrone eine neue
Unterlage und galt im XVII. Jahrhunderte der Grundsatz: die Kaiser
krone gehöre auf die böhmische. Die staatsrechtliche Verbindung des
Reiches mit den Westslaven löste in der zweiten Hälfte der deutschen
Reichsgeschichte, seit Karl IV., die Verbindung mit den Romanen ab,
welche in der ersten Hälfte überwiegend gewesen war.
Es verstand sich aber in den besseren Tagen der deutschen
Geschichte von selbst, dass, nachdem der deutsche König die Krönung
zu Aachen erlangt, er nach Rom ziehe, um vollgiltiger Nachfolger
Karl’s d. Gr. zu werden und mit der Kaiserkrone die Hegemonie des