Aetenstiicke zur Aufhellung der ungarischen Geschichte. 363
konnte, spaltete und schwächte. Dahin richteten sich also vorzugs
weise die Bestrebungen seiner Feinde.
Um zu einem Überblick zu gelangen, ist es nothwendig etwas
weiter auszuholen und eine Überschau der Gesammtlage des öster
reichischen Staatencomplexes zu geben. Bis zu einem gewissen
Grade gibt uns hierzu der neueste Band der Geschichte Ferdinand’s
von Hurt er vollkommenes Materiale. Man kann sagen, dass nach
dem Tode des K. Mathias, 20. März 1619, die Gesammtmonarchie,
wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf, den Keim ihrer vollstän
digen Auflösung in sich trug. Böhmen seit Monaten im vollen Auf
ruhr, ja beinahe schon verloren, Ferdinand der rechtmässige König
entsetzt, gegen ihn Friedrich von der Pfalz zum Könige gewählt,
der grösste Theil der Nation erbittertster Feind des katholischen
Herrschers, die Stände der österreichischen Erzherzogtümer dem
Erzherzoge Ferdinand abhold, hartnäckig darauf beharrend, die
Abtretung des Erzherzogs Albert als rechtmässigen Nachfolgers
K. Mathias an Ferdinand zu verwerfen, durch die Religionswirren
in zwei Parteien gespalten, in Folge des Religionsstreites grossen
Theils zu den Böhmen haltend. Ebenso ganz Deutschland zerrissen
durch den ausbrechenden Religionskampf, Ferdinand ohne Mittel
als die Hilfe des entlegenen, gehassten Spaniens, trotz der Aussicht
zum römischen Kaiser gewählt zu werden, verlassen von dem gröss
ten Theile Deutschlands, während seine Feinde •— die nichtkatho
lische Partei — rührig durch That, Wort und Schrift, alle Bestre
bungen aufbot, die gegen ihn — den gehassten Schirm des katho
lischen Glaubens — entstandene Conföderation zu stärken und zu
vergrössern. Krieg und Feinde von allen Seiten und keine Macht,
so trat Ferdinand die Regierung seiner Länder an. Nur Ungern war
trotz der bereits heftigen Reibungen in Religionssachen noch ruhig.
Es würde zu weit führen, in diese bekannten Verhältnisse hier weiter
eingehen zu wollen. Es war die Zeit des Ausbruches des dreissig-
jährigen Krieges der mit dem Religionskampfe begann, politischer
Zwecke wegen seinen Fortgang nahm und endlich mit der gänz
lichen Zertrümmerung der Macht und Existenz des deutschen Reiches
endete.
Wie bereits erwähnt, lag es nahe und im höchsten Interesse
der Feinde Ferdinand's, Ungern von ihm abwendig zu machen, einer
seits um ihn von dort anzugreifen, andererseits um ihn zu lähmen,